Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt



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Transkript:

Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt Auftraggeber: Bundesverband Erneuerbare Energie e.v. (BEE) AGFW Der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e.v. Auftragnehmer: Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM Abteilung Energiesystemanalyse in Bremen (Projektnummer: 214167) www.ifam.fraunhofer.de Autoren: Wolfgang Schulz, Christine Brandstätt Unter Mitwirkung von Andreas Hagemeister, Timo Holzfuss, Jürgen Gabriel Kontakt: wolfgang.schulz@ifam.fraunhofer.de 0421-2246 -7022

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt ISBN-13: 978-3-920328-66-9 CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek: Wolfgang Schulz, Christine Brandstätt, Andreas Hagemeister, Timo Holzfuss, Jürgen Gabriel: Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt. Eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM Abteilung Energiesystemanalyse in Bremen Ponte Press, Bochum, Dezember 2013 Ponte Press Verlags GmbH, Stockumer Str. 148, D-44892 Bochum www.ponte-press.de Kein Teil dieser Studie darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags als Mikrofilm oder in anderer Weise reproduziert werden. No part of this book may be reproduced in any form by photostat, microfilm, or any other means, without a written permission from the publisher. Print: Druckerei POMP, Bottrop Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier, CO 2 -neutraler Druck Printed in Germany 2

Vorstellung der Projektpartner Abteilung Energiesystemanalyse am Fraunhofer IFAM Die Abteilung»Energiesystemanalyse«am Fraunhofer- Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM) widmet sich aktuellen Fragestellungen der nachhaltigen, bezahlbaren und sicheren Energieversorgung. Die Abteilung ist im September 2013 aus dem Bremer Energie Institut entstanden, das den Wandel in der Energieversorgung bereits seit 1990 mit Forschung und Beratung begleitet. Im Fokus stehen die wissenschaftliche Analyse von Energiesystemen sowie die zielgerichtete Weiterentwicklung energiewirtschaftlicher Rahmenbedingungen. Das interdisziplinäre Team mit Experten aus Ingenieurwesen, Wirtschafts- und Politikwissenschaften, Architektur, Geografie und Physik forscht zu innovativen und nachhaltigen Energieanwendungen; erstellt Energieversorgungs- und Klimaschutz- Konzepte, Potenzialstudien und Marktanalysen; entwickelt Handlungsempfehlungen für Politik und Wirtschaft. Themenschwerpunkte sind erneuerbare Energien, Kraft-Wärme-Kopplung, Elektromobilität, energieeffiziente Gebäude, Energiespeicher sowie Wärme- und Stromnetze. Zu den Auftraggebern und Forschungsförderern gehören die Ministerien des Bundes und der Länder, Energieversorger, Wohnungsbaugesellschaften, Verbände und Stiftungen sowie andere Akteure der Energiewirtschaft. Bundesverband Erneuerbare Energie e.v. (BEE) Als Dachverband der Erneuerbare-Energien-Branche bündelt der BEE die Interessen von 25 Verbänden und Organisationen mit 30.000 Einzelmitgliedern, darunter mehr als 5.000 Unternehmen. Ziel des BEE ist die vollständige Umstellung der Energieversorgung auf Erneuerbare Energien in den Bereichen Strom, Wärme und Kälte sowie Mobilität. Hierzu setzt sich der Verband insbesondere für die Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für Erneuerbare Energien ein. AGFW Der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e.v. Der AGFW fördert seit über 40 Jahren als unabhängiger, neutraler und leistungsfähiger Energieeffizienzverband die Entwicklung und den Ausbau der Fernwärme und KWK auf nationaler und internationaler Ebene. Der AGFW vereint dabei rund 500 Fernwärme und Kälteversorger sowie Industriebetriebe der Branche aus Deutschland und Europa. Hierzu gehören regionale, kommunale sowie private Versorgungsunternehmen die Dritte gewerblich mit Wärme versorgen, KWK-Anlagen betreiben und Unternehmen die mit der Planung, Entwicklung und Herstellung von Wärmeerzeugungs- und Verteilungsanlagen befasst sind. Der Verband standardisiert Branchenmindestanforderungen über die gesamte Prozesskette. Sie fließen als Stand der Technik in das AGFW-Regelwerk ein. Die mit Branchenvertretern besetzten Arbeitsgremien behandeln alle Fragen der technischen Prozesskette Fernwärme und führen Weiterbildungsveranstaltungen durch. Der AGFW betreibt eine aktive und erfolgreiche Zukunftsplanung über energiewirtschaftliche Systemstudien (u.a. Wärmebedarfsanalysen) und übergreifende Entwicklungsvorhaben auf dem Gebiet der Wärme- und Heizkraftwirtschaft. Er dokumentiert nationale und internationale Forschungsergebnisse. Der AGFW vertritt die deutsche Fernwärmebranche im Implementing Agreement District Heating and Cooling der IEA und ist als Operating Agent tätig. Weiterhin ist der AGFW in der europäischen Technolgieplattform District Heating Cooling+ und im wissenschaftlichen Beirat des International Symposium on District Heating and Cooling vertreten. Seit vielen Jahren beschäftigt sich der Verband in konkreten Projekten mit den Einsatzmöglichkeiten Erneuerbarer Energien in Wärmenetzen. Durch seine Arbeitsgremien identifiziert und spiegelt der Verband aktuelle Fragestellungen der Fernwärmebranche und kann auf eine breite Datenbasis zugreifen. 3

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt Inhaltsverzeichnis Vorstellung der Projektpartner... 3 Inhaltsverzeichnis... 4 Tabellenverzeichnis... 6 Abbildungsverzeichnis... 7 Vorwort... 9 1 Hintergrund... 10 1.1 Ausgleichsbedarf im Stromsektor... 10 1.2 Ansprüche an den Umbau der Wärmeversorgung... 12 1.3 Fokus dieser Untersuchung... 13 2 Herangehensweise... 15 3 Ermittlung der wirtschaftlichen Ansprüche der Flexibilitätsoptionen... 18 3.1 Flexibler Einsatz von KWK-Anlagen... 18 3.1.1 Ausgewählte Modellfälle... 18 3.1.2 Wärmegeführte Fahrweise... 19 3.1.3 Stromgeführte Fahrweise... 20 3.1.4 Ergänzung eines Wärmespeichers... 22 3.1.5 Simulation der stromgeführten Fahrweise der KWK-Anlagen... 25 3.1.6 Simulation der stromgeführten Fahrweise der KWK-Anlagen unter Berücksichtigung der Einbindung von Elektroheizern (Power-to-Heat)... 27 3.1.7 Simulation des Falls einer vollen Abdeckung der positiven Residuallast durch KWK-Anlagen... 29 3.1.8 Simulation des Falls einer vollen Abdeckung der positiven und negativen Residuallast durch KWK-Anlagen und Elektroheizer... 32 3.1.9 Anhebung der Eintrittsschwelle bei positiver Residuallast für die KWK-Anlage... 33 3.2 Stromerzeugungskosten der KWK-Anlagen und der alternativ möglichen Kraftwerke bei voller Abdeckung der Residuallast im Vergleich... 34 3.3 Berücksichtigung von Elektro-Wärmepumpen... 35 3.3.1 Analyse der flexibilisierten Betriebsweise von dezentralen Elektro-Wärmepumpen... 35 3.3.2 Wirtschaftlichkeit des Wärmepumpeneinsatzes... 40 3.3.3 Simulation des Ausgleiches durch KWK-Anlagen und Wärmepumpen bei voller Abdeckung der positiven und negativen Residuallast... 41 3.3.4 Schlussfolgerungen zum Wärmepumpeneinsatz gemäß Modellbetrachtungen... 42 3.4 Integration von Solarthermie... 42 3.5 Strombedarfsgerechte Fahrweise von Biomasseanlagen... 44 3.6 Im Rahmen von Wärmenetzen aktivierbare Ausgleichspotenziale... 45 3.7 Ausgleichspotenziale sonstiger KWK-Konzepte... 48 3.7.1 Dezentrale KWK-Konzepte in den Bereichen GHD und Wohnen... 48 3.7.2 KWK-Konzepte in der Industrie... 49 3.8 Sonstige Ausgleichspotenziale aus dem Wärmemarkt... 49 4

4 Energiewirtschaftliche Rahmenbedingungen für mehr Flexibilität... 50 4.1 Förderung von Wärmetechnologien... 50 4.2 Stromhandel... 53 4.3 Einsatzplanung am Beispiel Skagen... 57 4.4 Steuern und Abgaben... 58 5 Fazit... 61 6 Handlungsempfehlungen... 63 6.1 Erhalt und Ausbau der für die Flexibilität erforderlichen Strukturen... 63 6.2 Förderung stärker auf flexible Betriebsweise ausrichten... 63 6.3 Förderung stärker auf die Anlagenauslegung ausrichten... 64 6.4 Bedingungen für die leitungsgebundene Wärmeversorgung verbessern... 65 6.5 Preise für Überschussstrom verringern und flexibilisieren... 65 6.6 Zugang zum Regelenergiemarkt flexibilisieren... 66 7 Literatur... 67 5

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Grunddaten der ausgewählten Modellfälle... 19 Tabelle 2: Kenndaten der in den Modellfällen gewählten Wärmespeicher... 25 Tabelle 3: Wärmegeführte Fahrweise versus stromgeführte Fahrweise: jährliche Vollbenutzungsstunden, Wärmekosten, Stromerlöse und Anteil des Spitzenkesseleinsatzes... 26 Tabelle 4: Effekte der kombinierten Wärmeerzeugung aus KWK und Elektroheizer... 28 Tabelle 5: Effekte der kombinierten Wärmeerzeugung aus KWK und Elektroheizer... 29 Tabelle 6: Effekte einer vollständigen Abdeckung der positiven elektrischen Residuallast und des Wärmebedarfs mittels KWK-Anlagen, Heizkesseln und Wärmespeicher (Schwarmbetrachtung)... 31 Tabelle 7: Einfluss des Wärmespeichers auf den KWK-Anteil und den Wärmedeckungsgrad... 31 Tabelle 8: Effekte einer vollständigen Abdeckung der positiven elektrischen Residuallast und des Wärmebedarfs der Modellfälle mittels KWK-Anlagen, Heizkessel, Elektroheizer und Wärmespeicher (Schwarmbetrachtung) im Vergleich zu der Variante ohne Elektroheizer... 32 Tabelle 9: Brennstoffeinsatz und Wärmeerzeugung im Rahmen der KWK-Anlagen und der ungekoppelten Alternative bei identischer Stromerzeugung (1,15 GWh/a) und Wärmeerzeugung der Elektroheizer (0,32 GWh/a)... 33 Tabelle 10: Effekt auf die Vollbenutzungsstunden und erforderlichen Stromerlöse der KWK-Anlage (1 MW-BHKW), falls deren Betrieb davon abhängt, dass eine bestimmte positive Residuallast überschritten sein muss... 33 Tabelle 11: Berücksichtigte Kostendaten der in den Modellfällen als optimal erachteten Wärmepumpen... 40 Tabelle 12: Effekte einer vollständigen Abdeckung der positiven elektrischen Residuallast und des Wärmebedarfs der Modellfälle mittels KWK-Anlagen, Heizkessel, Wärmepumpe und Wärmespeicher (Schwarmbetrachtung) im Vergleich zu der entsprechenden Variante mit Elektroheizer statt Wärmepumpe... 41 Tabelle 13: Zuschnitt der Fernwärmeerzeugungsoptionen sowie des enthaltenen nationalen Potenzials an elektrischer Leistung für 2030... 48 Tabelle 14: Zuschläge laut KWKG... 51 Tabelle 15: Dreigliedrige KWK-Vergütung in Dänemark (zum 1. Januar 2012)... 52 Tabelle 16: Vergleich der Entgelte und Abgaben auf Strom zur Verwendung in Elektroheizern und Wärmepumen in Deutschland und Dänemark... 59 6

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: BEE-Stromerzeugungsszenario. Quelle: Krzikalla 2013... 10 Abbildung 2: Zu erwartende Verläufe von Stromnachfrage, EE-Einspeisung und der resultierenden Residuallast. Quelle: Krzikalla 2013... 11 Abbildung 3: Geordnete Dauerlinie der elektrischen Residuallast für 2030. Quelle: eigene Darstellung gemäß [Krzikalla 2013]... 11 Abbildung 4: Systematik der Ermittlung von Effekten einer durch Flexibilitätsanforderungen bewirkten Minderauslastung von KWK-Anlagen auf die Stromerzeugungskosten... 16 Abbildung 5: Jahresprofil des Wärmebedarfs anhand eines Praxisbeispiels... 20 Abbildung 6: Jahresdauerlinien der Wärmelast... 20 Abbildung 7: Abhängigkeit der Wärmekosten von der Auslastung der KWK-Anlage... 21 Abbildung 8: Abhängigkeit der Stromerzeugungskosten von der Auslastung der KWK-Anlage... 22 Abbildung 9: Volllaststunden des BHKW in Abhängigkeit von dem Wärmespeichervolumen bei stromgeführter Fahrweise... 23 Abbildung 10: Spezifische Investitionskosten für drucklose Wärmespeicher... 24 Quelle: eigene Erhebung... 24 Abbildung 11: Kosteneffizienz des Wärmespeichers in Hinblick auf den Zuwachs von Vollbenutzungsstunden des BHKW... 24 Abbildung 12: Spezifische Kosten für dezentrale drucklose Wärmespeicher. Quelle: Preisatlas Ableitung von Kostenfunktionen für Komponenten der rationellen Energienutzung, IUTA (2002)... 25 Abbildung 13: Strom-und Wärmeerzeugung des hier berücksichtigten 100 MW-GuD-HKW... 30 Abbildung 14: Abhängigkeit der Stromerzeugungskosten der betrachteten KWK-Anlagen und der alternativ geeigneten Kraftwerke in Abhängigkeit von deren Auslastung... 34 Abbildung 15: Wärmeerzeugungsanteil der Elektro-Wärmepumpe in Abhängigkeit von der Wärmepumpenleistung im Fall eines Einfamilienhauses (urspr. Einsatzfall des 1 kw-bhkw).... 36 Abbildung 16: Wärmeerzeugungsanteil ( ) sowie jährliche Auslastung ( ) der Elektro- Wärmepumpe in Abhängigkeit von der Wärmepumpenleistung im Fall eines 64 kw-wärmeversorgungsfalls (Wärmepumpe als Alternative zum 20 kw BHKW)... 37 Abbildung 17: Effekt der Speichergröße auf die Vollbenutzungsstunden der Wärmepumpe (Versorgungsfall 64 kw, Wärmepumpe 28 kw)... 37 Abbildung 18: Effekt der Einsatzgrenze auf die Vollbenutzungsstunden und den Erzeugungsanteil der Wärmepumpe (Versorgungsfall 64 kw, Wärmepumpe 28 kw, Wärmespeicher 2 m³)... 38 Abbildung 19: Wärmeerzeugungsanteile der Wärmepumpe und des Heizkessels ( ) sowie jährliche Auslastung ( ) der Wärmepumpe in Abhängigkeit von der Wärmepumpenleistung im Modellfall des niedrig ausgelegten 1 MW-BHKW (6.000 Vh/a)... 38 Abbildung 20: Wärmeerzeugungsanteile der Wärmepumpe und des Heizkessels ( ) sowie jährliche Auslastung ( ) der Wärmepumpe in Abhängigkeit von der Wärmepumpenleistung im Modellfall des hoch ausgelegten 1 MW-BHKW (4.000 Vh/a)... 39 7

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt Abbildung 21: Erzeugungskosten der Elektro-Wärmepumpen in den Modellfällen in Abhängigkeit von deren Auslastung... 40 Abbildung 22: Betriebsprotokoll der Fernwärmeversorgung in Ringköbing... 43 Abbildung 23: Mögliches Ergebnis einer forcierten Fernwärmeausbaupolitik gemäß M. Blesl, IER Stuttgart 2010... 45 Abbildung 24: Mögliche Residuallastabdeckung bei einer vollen Ausschöpfung der Wärmenetzpotenziale gemäß Abbildung 23... 47 Abbildung 25: Üblicher Preis an der Börse zwischen 2000 und 2013. Quelle: BKWK 2013... 50 Abbildung 26: Preisniveau der Strommärkte in Deutschland und Westdänemark. Quelle: eigene Darstellung basierend auf Daten von Nordpool, EEX und regelleistung.net... 55 Abbildung 27: Extreme Spotpreise in Deutschland und Westdänemark. Quelle: eigene Darstellung basierend auf Daten von Nordpool, EEX und regelleistung.net... 56 Abbildung 28: Minutenreservemarkt in Deutschland und Westdänemark. Quelle: eigene Darstellung basierend auf Daten von Nordpool, EEX und regelleistung.net... 57 Abbildung 29: Anlageneinsatz des Fernwärmesystems Skagen 25.4.-8.5.13. Quelle: emd.dk... 58 8

Vorwort Wir freuen uns sehr, mit der vorliegenden Studie das Scheinwerferlicht auf ein wesentliches, jedoch bislang eher unbekanntes Kapitel der Energiewende richten zu können: auf das Zusammenspiel zwischen Erneuerbaren Energien, KWK-Anlagen, Wärmepumpen und den verbindenden Fernwärmenetzen. Im Ergebnis zeigt sich, dass der Einsatz von überschüssigem EE-Strom im Wärmebereich eine sinnvolle und kostengünstige Verwendung darstellt und wie bei unserem Nachbarn Dänemark trotz aller Unterschiede zwischen den beiden Ländern ausbauwürdig ist. Schon frühere Untersuchungen des AGFW Der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e. V. und des BEE, dem Bundesverband Erneuerbare Energie e.v., hatten gezeigt, dass zur Energiewende nicht nur die Umstellung des Stromsystems gehört, sondern die weiteren Energiesektoren ebenfalls für die Erreichung der gesteckten Klimaschutzziele äußerst wichtig sind und enorme Potenziale bergen. Gerade die Nutzung von Interdependenzen zwischen den Bereichen öffnen Lösungswege, mit denen wir unseren gesellschaftlichen Anspruch erreichen können: Die kosteneffizienteste Transformation hin zu einem nachhaltigen und erneuerbaren Energiesystem. Wolfgang Schulz und sein Team vom Fraunhofer IFAM-Institut als ausgewiesene Kenner der Materie konnten uns nun in der hier vorgelegten Studie mit ihren Modellrechnungen den volkswirtschaftlichen und systemtechnischen Mehrwert der Nutzung von Wärmeflexibilitäten aufzeigen. Darüber hinaus ist es uns wichtig zu betonen, dass die Energiewende in unseren Augen kein Gegeneinander der konventionellen und neuen Akteure sein muss, sondern dass ein Zusammenspiel möglich ist. Gerade an Punkten, wo sich die Kompetenzen und Erfahrungen ergänzen, kann dieses Generationenprojekt erheblich schneller voran gebracht werden. Wir möchten uns bei den beteiligten Unternehmen und Mitgliedsverbänden sowie bei allen anderen Experten bedanken, die uns und dem Projekt finanzielle Ressourcen, ihre fachliche Sicht und ihre Zeit zur Verfügung gestellt haben. Nur in einem intensiven Austausch zwischen Unternehmen und Wissenschaft kann ein solch praxisnahes Projekt realisiert werden. Besonderen Dank möchten wir Herrn Daniel Hölder aussprechen, der als Initiator und Vermittler zwischen den Welten dieses Projekt von Anfang an begleitet und dabei viel Zeit und Kraft eingesetzt hat. Nun liegt es am Gesetzgeber, die entsprechenden Rahmenbedingungen zur Hebung dieser Potenziale zu schaffen. Erste Vorschläge geben wir mit den Handlungsoptionen am Ende dieser Studie in den politischen Diskurs. Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre. Dr. Fritz Brickwedde, Präsident des BEE Udo Wichert Präsident des AGFW 9

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt 1 1 Hintergrund Es ist inzwischen in das allgemeine Bewusstsein gerückt, dass der Einsatz fossiler Energieträger aufgrund zunehmender Ressourcenprobleme und zur Vermeidung der drohenden Erderwärmung möglichst bald ausklingen muss. Dabei geht es um einen Umbau der Energieversorgung hin zu einem System mit hohem Anteil Erneuerbarer Energien (EE) und einer hochgradigen Ausschöpfung von Energieeffizienzpotenzialen. Im Bereich der Stromversorgung haben EE bereits seit 2000 einen beachtlichen Zuwachs erfahren, so dass Konturen eines tragfähigen Systems bereits erkennbar sind. Der weit weniger in der Diskussion stehende Umbau der Wärmeversorgung verläuft dagegen eher schleppend und benötigt weitere Impulse. Diese Studie widmet sich Optionen, die das zukünftige Zusammenspiel dieser beiden Versorgungsbereiche verbessern und zugleich EE bei der Wärmeversorgung höhere Anteile verschaffen können. Dabei stehen die Ausgleichsmöglichkeiten, die im Rahmen der Wärmeversorgung für die Stromversorgung zur Verfügung stehen, im besonderen Fokus. 1.1 Ausgleichsbedarf im Stromsektor Die aufstrebende Entwicklung der Windkraft und Fotovoltaik in den vergangenen Jahren spricht dafür, dass sich diese in Deutschland zu den tragenden Säulen der Stromversorgung entwickeln werden. Sowohl die bestehenden Potenziale als auch die gesunkenen Produktionskosten können diese Einschätzung stützen. Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) geht davon aus, dass sich die steile Entwicklung dieser beiden Stromerzeugungsarten unvermindert fortsetzen könnte. Gemäß dem Stromszenario des BEE wird der Beitrag der Erneuerbaren Energien (EE) an der Stromerzeugung 2030 bereits 79% betragen (siehe Abbildung 1). Es wird sich allerdings die Herausforderung ergeben, die Lücken, welche die fluktuierende Erneuerbare Energieerzeugung (fee) übrig lässt, laufend aufzufüllen, und dafür zu sorgen, dass Überangebote nicht die Stromnetze überlasten. Der Anteil der erneuerbarer Erzeugung an der Stromversorgung betrug im Jahr 2012 in Deutschland bereits 22,9% (20,5% in 2011) [BMU 2013]. Im Winter 2011/12 wurden von den Netzbetreibern bereits für 3.700 Stunden Redispatch-Maßnahmen mit einem Volumen von über 2,2 TWh gemeldet [BMWi & BMU 2012] 1. Bei entsprechend höheren Anteilen von fee wird der zeitlich flexible Ausgleich von Erzeugung und Nachfrage in Zukunft eine zunehmend wichtige Rolle spielen. TWh 500 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 Biomasse Geothermie Photovoltaik Windenergie offshore Windenergie onshore Wasserkraft 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 Abbildung 1: BEE-Stromerzeugungsszenario. Quelle: Krzikalla 2013 1 Die absoluten Zahlen müssen hier mit Vorsicht interpretiert werden, da eine Maßnahme, die mehrere Leitungen bzw. Anlagen betrifft unter Umständen doppelt repräsentiert sein kann. 10

GW Szenario 2030 160 1 120 80 40 - (40) 1 352 703 1054 1405 1756 2107 2458 2809 3160 3511 3862 4213 4564 4915 5266 5617 5968 6319 6670 7021 7372 7723 8074 8425 (80) Last EE- Erzeugung Residuallast Abbildung 2: Zu erwartende Verläufe von Stromnachfrage, EE-Einspeisung und der resultierenden Residuallast. Quelle: Krzikalla 2013 Die durch bedingt steuerbare EE hinterlassene Unterdeckung also die Differenz aus der momentanen Stromlast (Abnahme durch Verbraucher) und dem Angebot der fee wird als positive Residuallast und der durch Überschüsse gekennzeichnete Zustand als negative Residuallast bezeichnet. Es stellt sich die Frage, welche qualitativen und quantitativen Voraussetzungen für die durch fee geprägte Stromerzeugung in der Zukunft zu erwarten sind. Hierzu bieten aktuelle Einspeiseprofile eine Einschätzung. Die für ein Kalenderjahr aufgezeichneten Stundenwerte müssen dann jeweils nur in ihren Schwankungen mit einem Faktor skaliert werden, der den Quotienten aus der zukünftig zu erwartenden Erzeugungskapazität und der aktuellen installierten Anlagenleistung berücksichtigt. Eine entsprechende Berechnung wird in dieser Studie nicht eigenständig Abbildung 3: Geordnete Dauerlinie der elektrischen Residuallast für 2030. Quelle: eigene Darstellung gemäß [Krzikalla 2013] 11

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt 1 durchgeführt, sondern es werden die von BET in der Studie Möglichkeiten zum Ausgleich fluktuierender Einspeisungen aus Erneuerbaren Energien [Krzikalla 2013] für den BEE erarbeiteten in Stundenwerte aufgelösten Jahresprofile übernommen. Die hieraus für 2030 zu erwartenden Lastverläufe, der Jahresverlauf der Einspeisung aus EE und der daraus resultierende Residuallastverlauf lassen sich aus Abbildung 2 entnehmen. Die kennzeichnenden Werte positiver und negativer Residuallast lassen sich am besten ablesen, wenn der Jahresgang nach der Leistung geordnet wird. Aus Abbildung 3 geht hervor, dass die mit der jährlichen positiven Residuallast verbundene Strommenge das 3 ½-fache der negativen umfasst und in 75% des Jahres zusätzlicher Strombedarf besteht. Kennzeichnende Werte der von BET eingeschätzten Residuallastverhältnisse für 2030 [Krzikalla 2013] sind: positive Residuallast in 6.384 h/a (73%), 163 TWh/a (78%) Residuallast = 0 in 92 h/a ( 1%) negative Residuallast in 2.284 h/a (26%), 45,6 TWh/a (22%) maximale positive Residuallast: 71 GW maximale negative Residuallast: - 84 GW zusammenhängende Stunden negativer Residuallast: Besonders häufig 5 bis 9 Stunden (am häufigsten 8 Stunden) maximale Gradienten negativer Residuallast: - 19 GW (besonders häufig: - 6 GW bis 2 GW). Die Aufgabe, eine Unterdeckung auszugleichen, ist demnach bedeutender als die Verwertung von Überschüssen. Nur in relativ wenigen Stunden des Jahres müssen hohe negative Residuallasten abgebaut werden. Für den erforderlichen Ausgleich stehen mehrere technische Möglichkeiten zur Verfügung. Eine entsprechende Übersicht steht mit der Ausarbeitung von BET [Krzikalla 2013] zur Verfügung. Die vorab von BET erarbeitete Studie Möglichkeiten zum Ausgleich fluktuierender Einspeisungen aus Erneuerbaren Energien [Krzikalla 2013] widmet sich einer Darstellung und eines Vergleichs der grundsätzlich zur Verfügung stehenden technischen Optionen zum Ausgleich dieser Residuallastschwankungen. Dabei hat sich ergeben, dass eine stärkere Verknüpfung mit der Wärmeversorgung im Vergleich zu den sonstigen Möglichkeiten (Pumpspeicher, Batteriespeicher, flexible Kraftwerke etc.) leicht umsetzbare und umfassende Flexibilitätspotenziale für die Stromversorgung enthält. Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK), Wärmespeicher, Elektroheizer (Power-to-Heat) und Elektro-Wärmepumpen stellen hierfür die Schlüsseltechnologien dar. 1.2 Ansprüche an den Umbau der Wärmeversorgung Da die öffentliche Diskussion zur Energiewende sehr stromorientiert geführt wird, ist es den meisten nicht bewusst, dass der Endenergiebedarf für die Wärmeerzeugung aktuell in Deutschland noch um den Faktor 2,5 höher als der Strombedarf ist. Der Anteil der EE an der Wärmeversorgung liegt im Bereich von nur 11%, wobei die Verwendung von Scheitholz in Kamin- und Heizkesselfeuerungen davon über 70% ausmacht [ZSW 2010]. Die energetische Sanierung des Gebäudebestandes verläuft so schleppend, dass die absolute Einsparung an Endenergie in Gebäuden seit 1990 lediglich 9% betrug [BMWi 2012]. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Treibhausgasemissionen für den Wärmebereich gemäß den Zielen der Bundesregierung bis 2050 gegenüber dem Jahr 1990 um 80 bis 95% gesenkt werden sollen. Wenn bedacht wird, dass Wärmeschutzaktivitäten eng an die Erneuerungszyklen der Bauteile zu knüpfen sind und national betrachtet entsprechend lange Zeiträume benötigen, dann wird bewusst, welche Herausforderung mit den definierten Zielen verbunden ist. Es spricht vieles dafür, mehr auf rationelle Wärmeversorgungstechniken und auf eine stärkere Entwicklung der EE zu setzen, anstatt darauf zu vertrauen, 12

dass der Gebäudebestand bis etwa 2050 überwiegend Passivhausstandard erhalten könnte. Das Kostenoptimum dürfte bei einem Mix aus Maßnahmen auf der Versorgungsseite und einer der heutigen Durchschnittspraxis entsprechenden Ausführung von Wärmeschutzmaßnahmen liegen, die zu einer Wärmebedarfsminderung von 30 bis 40% führen würde. Außerdem lassen sich versorgungsseitige Lösungen durch das Handeln weniger Akteure bewerkstelligen, während Wärmeschutzmaßnahmen von Entscheidungen einer Vielzahl von Hausbesitzern abhängig sind, die zudem zu einem großen Teil keine guten Voraussetzungen für die Durchführung der Maßnahmen zur Verfügung haben. Einer Intensivierung der EE-Beiträge gepaart mit einem rationellen Umgang vor allem der speicherbaren Energieträger kommt damit auch in der Wärmeversorgung eine große Bedeutung zu. Es ist bereits erkennbar, dass flexibel einsetzbare Brennstoffe wie die Biomasse ein knappes Gut darstellen werden, zumal diese auch im Mobilitätsbereich und zum Auffüllen der Stromerzeugungslücken benötigt werden. Übergangsweise eingesetztes Erdgas sollte ja langfristig auch durch EE ersetzt werden. Eine umfassende Realisierung des KWK-Prinzips und eine verbesserte Interaktion mit der EE-Stromerzeugung stellen hierfür wichtige Voraussetzung dar. Bei der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) handelt es sich um einen Prozess, bei dem die bei der Stromerzeugung anfallende Wärme systematisch nutzbar gemacht wird. Dies führt zu Brennstoffeinsparungen und damit zu einer Minderung des CO 2 -Ausstoßes gegenüber konventionellen Kraftwerken und Heizkesseln. Der Effekt fällt umso intensiver aus, je höher bei möglichst vollständiger Wärmenutzung der elektrische Wirkungsgrad ist. Weiterhin kommt dem verstärkten Einsatz von Solarthermie sowie der Einbindung von bislang ungenutzten Abwärmequellen, der optimierten Nutzung von Biomasse und der Tiefengeothermie eine hohe Bedeutung zu. So erwägen die Stadtwerke München die Tiefengeothermie als bedeutende zukünftige Erzeugungsbasis in die Fernwärmeversorgung einzubinden. Gerade München befindet sich in einer der geothermisch interessantesten Regionen Deutschlands. Die Solarthermie, die mit gewöhnlichen Flachkollektoren gegenüber der Photovoltaik einen bis zu 3 1/2-fachen Flächenertrag erbringen kann 2, wird hierzulande noch viel zu wenig und vor allem suboptimal eingesetzt. Der vorherrschende Einsatz zur Brauchwassererwärmung führt im Sommer zu hohen ungenutzten Wärmeüberschüssen und trotzdem nur zu einem mäßigen jährlichen Deckungsbeitrag bei der Brauchwassererwärmung. Die Einbindung großer Anlagen in Wärmenetze, wie sie in Dänemark bereits in einem großen Stil umgesetzt ist, führt dagegen zu einer annähernd vollständigen Ausnutzung der kostengünstig gewonnenen Solarwärme. Wärmenetze sind damit der Schlüssel für den Einsatz und die Nutzung von effizienten KWK-Anlagen, Wärmepumpen, Abwärme, Solarwärme und Tiefengeothermie. 1.3 Fokus dieser Untersuchung Die vorab von BEE initiierte BET-Studie Möglichkeiten zum Ausgleich fluktuierender Einspeisungen aus Erneuerbaren Energien [Krzikalla 2013] widmet sich einem Gesamtüberblick der zur Verfügung stehenden Ausgleichsmöglichkeiten fluktuierender EE-Einspeisungen. Es ist deutlich geworden, dass die direkten Stromspeicher- und Verlagerungsmöglichkeiten begrenzt sind und dass komplementäre Stromerzeuger benötigt werden, die von vornherein mit niedrigeren jährlichen Auslastungen als im heutigen Versorgungssystem konfrontiert sein werden. Dabei spricht einiges 1 2 Laut dänischen Erfahrungen ist bei aufgeständerten Anlagen für solarthermische Flachkollektoren eine jährlichen Ernte von 125 150kWh/m² Bodenfläche, für PV von 38 kwh/m², für Windkraftfelder von 20kWh/m², für Biomasse von 6 kwh/m² und für die Bioethanolerzeugung von 2 kwh/m² zu rechnen [Sörensen 2012]. 13

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt 1 dafür, diesen Ausgleich der überwiegend in der Fläche verteilten Erzeugung bereits in den unteren Netzebenen vorzunehmen. Hierfür sind flexible, spontan aktivierbare Stromerzeuger und Abnehmer für Überschussstrom sinnvoll, die sich möglichst nah an den fee-erzeugern befinden. Laut BET-Studie könnte dies mithilfe von KWK-Anlagen geschehen. Es würde darauf verzichtet werden, KWK-Anlagen laufen zu lassen, wenn ohnehin schon Überschüsse im Netz drohen. Gezielt eingesetzt würden sie hingegen, wenn eine Stromunterdeckung auszugleichen ist. Hier soll jetzt herausgefunden werden, unter welchen Umständen die zukünftige Wärmeversorgung und insbesondere auch die KWK und Überschussstrom nutzenden Wärmeerzeuger die erwünschte Flexibilität für die Stromseite bieten und zugleich die Effizienz und den EE-Beitrag bei der Wärmeversorgung steigern kann. Dabei werden die mit Wärmenetzen verbundenen Lösungen mit besonderer Aufmerksamkeit behandelt, zumal diese auch günstige Perspektiven für die Einbindung von Solarthermie, Energie aus Biomasse, Abwärme und Geothermie bieten. Aber auch die Betrachtung dezentraler Konzepte ist wichtig, weil Wärmenetze im ländlichen Raum sehr begrenzt realisierbar sind. Unter den Umwandlungstechniken stehen mithin die KWK, die Elektroheizer (Heizpatronen oder Elektroheizkessel) und die Wärmepumpen im Zentrum der Betrachtung. Brennstoffnutzende Heizkessel sind als komplementäre Wärmeerzeuger (Spitzenlastkessel bzw. Reservekessel) einbezogen oder werden als Referenzfall berücksichtigt, um den Brennstoffeinsparungseffekt der KWK zu ermitteln. Weiterhin wird die Flexibilität betrachtet, die Wärmespeicher dem Gesamtsystem zur Verfügung stellen können. 14

2 Herangehensweise Im Folgenden werden die Voraussetzungen der Flexibilisierung der Wärmeversorgung mithilfe von Modellbetrachtungen analysiert. Die Flexibilisierungsanforderungen orientieren sich an den für 2030 erwarteten Residuallastverläufen (siehe Abbildung 2). Dabei steht die Flexibilisierung der KWK-Anlagen aufgrund ihrer denkbaren Leistungsbeiträge und energetischen Effizienz zunächst im Vordergrund. So sind hierfür vier Wärmeversorgungsfälle eingeflossen, die sich als Anwendungsfälle für ein 1 kw-, ein 20 kw- und ein 1 MW-BHKW sowie für ein 100 MW-GuD-HKW 3 eignen, wobei die letzten beiden Fälle in Wärmenetze eingebunden sind. Es wird davon ausgegangen, dass hiermit das insgesamt vorhandene Spektrum an effizienten gasbetriebenen KWK-Anlagen in hinreichendem Maße eingeschätzt werden kann. Da es sich um einen Blick in die Zukunft handelt, werden beispielsweise kohlebetriebene Heizkraftwerke außer Acht gelassen. Die gleichen Wärmeversorgungsfälle werden anschließend unter Berücksichtigung der Einwirkung von Elektroheizern und auf der Basis des Einsatzes von Elektro-Wärmepumpen untersucht. Die Analyse der Flexibilisierungskosten der KWK basiert auf folgenden Überlegungen: Es gibt mit dem Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft- Wärme-Kopplung (KWKG) und dem Mini-KWK- Impulsprogramm bereits Förderprogramme, die einen Ausbau der KWK in dem Maße unterstützen sollen, dass sie bis zum Jahre 2020 einen Anteil an der Stromerzeugung von 25% erreichen kann. Das bestehende Fördersystem bietet in erster Linie einen Anreiz, die KWK-Anlage entsprechend des momentanen (stündlichen) Wärmebedarfs zu betreiben und die Lastanforderungen auf der Stromseite unbeachtet zu lassen 4, was als wärmegeführte Fahrweise bezeichnet wird. Flexibilisierung wird dem gegenüber zusätzlichen Förderbedarf auslösen bzw. einen Zusatzerlös erforderlich machen. Um den damit verbundenen finanziellen Anspruch zu separieren, werden die Erzeugungskosten des wärmegeführten Falls als Referenzfall genommen und mit den Erzeugungskosten der flexiblen Fahrweise verglichen. Es wird angenommen, dass die Erzeugungskosten des Referenzfalls am besten reflektiert werden, wenn die unmittelbar nach der letzten Novellierung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (KWKG2012) herrschende Förder- und Stromerlössituation als Basis gewählt wird; denn der Gesetzgeber hat damit den Vorteil definiert, die er den geförderten KWK-Anlagen gegenüber der konventionellen Erzeugung einräumen möchte. Dies schließt die Annahme ein, dass man bereit sein wird, der KWK ungeachtet der Flexibilisierungsansprüche auch zukünftig, also auch bis zum Betrachtungsjahr 2030, einen entsprechender Vorteil einzuräumen. 5 KWK-Anlagen und Wärmepumpen weisen aufgrund der hohen spezifischen Investitionskosten einen hohen fixen Jahreskostensockel auf, der die Erzeugungskosten erheblich ansteigen lässt, wenn er nicht auf viele jährliche Betriebsstunden (Volllaststunden) umgelegt werden kann. Bei den Gasheizkesseln und den Elektroheizern ist dieser Kostensockel dagegen so gering, dass er in dieser Studie vernachlässigt wird. Deren Erzeugungskosten werden weitgehend durch variable Jahreskosten und hier ins- 2 3 Bei dem GuD-HKW (Gasturbinen- und Dampfturbinen-HeizKraftWerk) handelt es sich um ein Konzept, bei dem eine Gasturbine und eine Dampfturbine hintereinander geschaltet sind und die bei diesem Kraftprozess entstehende Wärme genutzt wird. 4 Dies stellt vor allem für die großen KWK-Anlagen eine Vereinfachung dar, weil deren Fahrweise sich in der Regel bereits an momentanen Stromerlösmöglichkeiten orientieren; dies gilt insbesondere dann, wenn sich Anlagen nicht mehr im Förderregime befinden. 5 Dabei geht es nicht um eine Konstanz aller eingeflossenen Rahmendaten bis 2030 (Brennstoffpreis, Stromerlös etc.), sondern dies ist als ein definierter Vorteil in einem System zu verstehen, bei dem die Brennstoffpreise und Stromerlöse sehr wahrscheinlich über die Jahre weiter ansteigen, aber in einem bestimmten Verhältnis bleiben werden. Die Alternative wäre gewesen, Preisszenarien zu entwickeln, bei denen die Ergebnisse sehr von den Annahmen beeinflusst sein könnten. 15

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt 2 A B KWK-Anlage (wärmegeführt) 4.000 Vh/a KWK-Anlage (stromgeführt) (4.000 x) Vh/a Stromerlös (KWKG + Markt) Wärmeerzeugungskosten A Wärmeerzeugungskosten A Stromerzeugungskosten B Die Mehrkosten der Flexibilität ergeben sich dann aus der Differenz der Stromerzeugungskosten B und des Stromerlöses A Abbildung 4: Systematik der Ermittlung von Effekten einer durch Flexibilitätsanforderungen bewirkten Minderauslastung von KWK-Anlagen auf die Stromerzeugungskosten besondere durch Brennstoff- bzw. Stromkosten geprägt. Die Erzeugungskosten der KWK-Anlagen werden mittels Annuitätenmethode errechnet 6. Dies geschieht zunächst für den wärmegeführten Referenzfall. Unter Berücksichtigung der Stromerlöse 7 sind für die jeweiligen Anlagen spezifische Wärmekosten errechnet worden. Die eingeflossenen Stromerlöse stellen zugleich die Stromerzeugungskosten für den wärmegeführten Fall dar 8. Die gleichen Anlagen werden in den nächsten Schritten vor dem Hintergrund der für 2030 zu erwartenden Residuallastansprüche untersucht, indem stündliche Wärme- und Strombedarfe als Betriebssignale für die Simulation verwendet werden: stromgeführte Fahrweise ohne und mit Wärmespeicher; stromgeführte Fahrweise mit Wärmespeicher und Elektroheizer; stromgeführte Fahrweise mit Wärmespeicher und Elektro-Wärmepumpe. Dabei stehen die aufgrund verminderter Auslastung eintretenden Mehrkosten der KWK-Erzeugung im Zentrum des Interesses. Die Ergebnisse werden jeweils in Form von spezifischen Stromerzeugungskosten dargestellt. Dabei handelt es sich um die Stromerzeugungskosten, die sich ergeben, wenn die zuvor ermittelten spezifischen Wärmekosten der wärmegeführten Fahrweise als Gutschrift einfließen (siehe Abbildung 4). Mithilfe der Differenz der Stromerzeugungskosten zwischen wärmegeführter und flexibler, durch verminderte Auslastung gekennzeichnete Fahrweise lässt sich anschließend beantworten, welche Förderung oder zusätzlichen Erlöse die jeweiligen KWK-Anlagen benötigen, damit das erwünschte Maß an Flexibilität deren Betriebsergebnis nicht beeinträchtigt. Abweichend von der beschriebenen Systematik sind weiterhin in den Abbildungen 8 und 14 Stromerzeugungskosten in Abhängigkeit der Auslastung der betrachteten KWK-Anlagen dargestellt worden, bei denen ein im Vergleich zu den Erzeugungskosten von Gasheizkesseln anlegbarer Wärmepreis als Gutschrift eingeflossen ist. Dies wurde für eine allgemeine Darstellung der Verhältnisse für sinnvoll erachtet, weil 6 Die aus dem KWKG erhältlichen für 30.000 Vh gewährten Stromerlöszuschläge werden dabei mithilfe des finanzmathematischen Mittels gleichmäßig über die wirtschaftliche Lebensdauer verteilt. 7 Als Gutschrift sind ein sog. üblicher Preis (entspricht in etwa einem Marktpreis für Grundlaststrom) gemäß des EEX baseload-preises der Leipziger Strombörse sowie der aus dem KWKG sich ergebende Zuschlag verwendet worden. 8 Dies gilt unter der Maßgabe, dass die errechneten Wärmeerzeugungskosten als akzeptabel erachtet werden, selbst wenn der Bereich anlegbarer Wärmekosten, die mittels eines Heizkessels möglich wären, deutlich überschritten wird. 16

sonst zwischen den KWK-Fällen sehr unterschiedliche Wärmegutschriften das Gesamtbild verfälschen würden. Für die Elektroheizer und Gasheizkessel wird auf eine kostenmäßige Analyse von Auslastungseffekten verzichtet, weil deren Erzeugungskosten wenig davon beeinflusst werden. Für die Elektro-Wärmepumpen werden dagegen wegen des höheren fixen Jahreskostenanteils Erzeugungskosten in Abhängigkeit von den jährlichen Betriebsstunden (Volllaststunden) eingeschätzt, um zu beurteilen, ob aus den Modellsimulationen sich ergebende Einsätze grundsätzlich wirtschaftlich sinnvoll sind. Die Modellanalyse bietet anschließend eine gute Grundlage, sinnvolle Anlagenkonfigurationen vorzuschlagen und die dafür erforderlichen Rahmenbedingungen und Maßnahmen zu diskutieren. Hierfür werden darüber hinaus die in Dänemark herrschenden Voraussetzungen vergleichend gegenüber gestellt, wo entsprechende Flexibilitätsoptionen bereits in hohem Maße in der Praxis anzutreffen sind. Gaspreise o. Mineralölsteuer: Haushalte 7,7 ct/kwhhu 1 MW-BHKW 3,7 ct/kwhhu GuD-HKW 3,3 ct/kwhhu Strombezugspreis Haushalte: 27 ct/kwh 9. Der für die KWK-Stromvergütung wichtige sog. übliche Preis, der sich als Quartalsmittel des baseload- Preises der Leipziger Strombörse ergibt, wird unter Berücksichtigung des Durchschnittswertes der Quartale 1/2012 bis 2/2013 mit 4,376 ct/kwh berücksichtigt. Dieser gegenüber den aktuellen Verhältnissen höhere Wert wurde genommen, weil er die Wirtschaftlichkeitsbedingungen reflektiert, die bei der Novellierung des KWKG für den Ansatz der KWKG- Zuschläge maßgeblich gewesen sein könnte. 2 Eckdaten der Wirtschaftlichkeitsberechnungen Zinsannahme Es wird pauschal mit 3,5%/a Realzins gerechnet und auf eine Berücksichtigung von Risikoaufschlägen verzichtet. Energiepreise Hier werden die für 2012 verzeichnete Energiepreise berücksichtigt, die aus der für das Bundesumweltministerium erarbeiteten Studie Erarbeitung einer Integrierten Wärme- und Kältestrategie, Arbeitspaket 2 - Mittel- und langfristige Perspektiven der Technologieentwicklung für die Wärmeversorgung des Gebäudesektors [ISE et al 2013] übernommen wurden. 9 Dieser Preis ist um 2 ct/kwh höher als in der o. g. Studie angesetzt, weil kurz nach der Festlegung eine entsprechende Steigerung eingetreten ist. 17

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt 3 Ermittlung der wirtschaftlichen Ansprüche der Flexibilitätsoptionen 3 Es geht hier um die Flexibilitätsoptionen, KWK-Anlagen stärker stromorientiert zu betreiben die gekoppelte Wärmeerzeugung zu steigern, indem Wärmespeicher integriert werden Elektroheizer oder Elektro-Wärmepumpen zur Verwertung von Stromüberschüssen einzusetzen. Wie bereits genannt, sind dabei die Erzeugungsmehrkosten der KWK besonders zu beachten. Im Folgenden werden die Umstände ausgelotet, unter denen KWK-Anlagen sich technisch und wirtschaftlich sinnvoll in den notwendigen Ausgleich der Stromseite einfügen und dennoch hohe Deckungsbeiträge bei der Wärmeversorgung leisten. Daran anschließend werden Wärmepumpen, deren Betriebsphasen sich an negativen und gerade noch positiven Residuallastanforderungen orientieren, einer wirtschaftlichen Überprüfung unterzogen. 3.1 Flexibler Einsatz von KWK- Anlagen 3.1.1 Ausgewählte Modellfälle Die zu betrachtenden Modellfälle sind im Vorfeld unter Abstimmung mit dem Auftraggeber ausgewählt worden. Hiermit lässt sich eine Einschätzung für die gesamte Bandbreite an gasbetriebenen Anlagen erarbeiten (vgl. Tab. 1). Das Mikro-BHKW stellt einen Brennwertkessel dar, in dem ein Stirling-Motor enthalten ist. Es dient den Annahmen zufolge der Wärmeversorgung eines bestehenden Einfamilienhauses. Da es auch bei evtl. Motorstörung Wärme erzeugen, und eine volle Abdeckung der Wärmelast mit dieser Einheit unterstellt werden kann, wird in diesem Fall kein zusätzlicher Spitzenkessel benötigt. Um eine volle Abdeckung der Wärmelast zu ermöglichen, ist es bereits für die wärmegeführte Betriebsweise mit einem Wärmespeicher versehen. Das Mini-BHKW soll der Versorgung einer großen Wohnanlage dienen. Für diese beiden kleinen BHKW wird eine 30%-ige Eigennutzung der Stromerzeugung unterstellt 10. Das große BHKW und das GuD-HKW werden als Erzeuger im Rahmen von Wärmenetzen berücksichtigt, was mit einer hundertprozentigen Einspeisung der Stromerzeugung in das allgemeine Netz verbunden ist. Für die BHKW ist eine wirtschaftliche Lebensdauer von 15 Jahren und für das GuD-HKW von 20 Jahren angesetzt worden 11. Für die BHKW kann davon ausgegangen werden, dass die 1 MW-Klasse vorgewärmt binnen 5 Minuten ihre Nennleistung erreicht und kleinere Anlagen dies auch im Kaltstart schaffen. GuD-Konzepte benötigen dagegen 50 bis 85 Minuten für einen Heißstart 12, 3 Stunden für einen Warmstart 13 und 5 Stunden für einen Kaltstart 14. Kaltstarts werfen zudem höhere Verschleiß- und Brennstoffkosten auf. Der Gasturbinenteil des GuD-Konzepts, der i.d.r. etwa zwei Drittel der Leistung erbringt, würde solo fast so kurze Startzeiten wie BHKW ermöglichen. Unter normalen Umständen ergeben sich damit Mindestbetriebszeiten, die eingehalten werden müssen, um einen wirtschaftlichen Betrieb zu gewährleisten. Außerdem ergibt sich ein gewisser Spielraum, indem die Erzeugung des GuD zwischen Teillast- und Volllast pendeln kann. Die niedrigste Stufe liegt in einem Bereich von 30%. 10 Dem liegt die Annahme zugrunde, dass der Strombedarf des einzelnen Haushalts überwiegend deutlich unter 1 kw liegt und in Phasen, in denen leistungsstarke Verbraucher angeschaltet sind, lediglich eine Teildeckung möglich ist. 11 Die flexible Fahrweise vermindert einerseits die jährlichen Betriebszeiten und führt anderseits zu einem höheren Verschleiß der Anlagen. Vereinfachend wird davon ausgegangen, dass der Ansatz der Lebensdauer in Form von Jahren, in denen die Anlage betrieben wird, gegenüber der Angabe von Gesamtbetriebsstunden die tatsächlichen Verhältnisse besser trifft. 12 Dies bedeutet, dass davor maximal eine achtstündige Stillstandzeit bestanden haben darf. 13 Davor maximal fünfzig Stunden Stillstand. 14 Grimm (2007) 18

Tabelle 1: Grunddaten der ausgewählten Modellfälle Modellfälle Mikro-BHKW Mini-BHKW Groß- BHKW 1 GuD-HKW elektr. Leistung (kw ) el ( ) Kondensationsbetrieb Einfamilienhaus großes Mehrfamilienhaus Wärmenetz großes Wärmenetz 1 20 1.000 88.000 (100.000) therm. Leistung (kw th ) 5,7 32,7 1.122 80.000 3 Brennstoffleistung (kw ) FWL 7,0 60,6 2.439 190.000 elektr. Wirkungsgrad (η ) el 15% 33% 41% 46,3% (52,6%) therm. Wirkungsgrad (η ) th 81% 54% 46% 42,1% Gesamtwirkungsgrad (η ) ges 96% 87% 87% 88,4% Investition ( /kw) 16.000 3.400 1.050 1.000 Variable Betriebskosten ( /MWh ) el 20 28 12 3 Fixe Betriebskosten (% der Investition) 2% 3% 3% 2% Unter heutigen Umständen ist davon auszugehen, dass zumindest die BHKW entsprechend des Wärmebedarfs gefahren werden. Bei dem GuD-HKW ist hingegen aufgrund der Möglichkeit, teilweise im (Entnahme-) Kondensationsbetrieb zu fahren, von vornherein von einer stärkeren Stromorientierung auszugehen. Das aktuelle Fördersystem des KWKG unterstützt in erster Linie die nach dem Wärmebedarf orientierte (wärmegeführte) Fahrweise, da es die Kilowattstunde KWK-Strom unabhängig von den zeitgleichen Erfordernissen der Stromversorgung mit einem Zuschuss versieht. Für die Modellfälle sind in der Praxis gemessene Wärmebedarfsprofile in Stunden aufgelöst entsprechend Abbildung 5 angesetzt worden. Nach Leistung geordnet ergeben sich dann die in Abbildung 6 gezeigten Verhältnisse. Dabei kommt es in Abhängigkeit von der Leistungsklasse zu einer geringen Differenzierung, weil die Gleichzeitigkeit der Wärmeentnahmen mit zunehmender Anzahl der Wärmeabnehmer sinkt und im Fall der Wärmenetze Wärmeverluste aus dem Netz für einen Grundsockel des Wärmebedarfs sorgen. Im Folgenden soll erfasst werden, welche notwendige finanzielle Förderung dem gegenüber an die zukünftig erwünschte stromorientierte Fahrweise der KWK- Anlagen geknüpft ist. 3.1.2 Wärmegeführte Fahrweise Wie bereits genannt, dient die wärmegeführte Fahrweise als Vergleichsmaßstab zur Erfassung der Flexibilisierungskosten. Aus diesem Grunde werden die Modellfälle auf der Basis der Jahresdauerlinien der Wärmelast (siehe Abbildung 6) auf der Basis einer Auslegung auf 4.000 jährlichen Vollbenutzungsstunden (das 1 MW-BHKW außerdem auch mit 6.000 Vh/a) analysiert. Die erforderlichen Spitzenlastkessel, die den Annahmen zufolge die jeweilige Höchstlast abdecken können und sich somit auch zur Nutzung als Reserveheizkessel eignen, werden hinsichtlich ihrer Erzeugungskosten nicht näher betrachtet, weil deren Effekte auf die Flexibilisierungskosten als gering erachtet werden (siehe auch Abschnitt 2). Die gemäß der in Abschnitt 2 dargestellten Herangehensweise 19

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt 3 Abbildung 5: Jahresprofil des Wärmebedarfs anhand eines Praxisbeispiels ermittelten Wärmekosten bzw. notwendigen Stromerlöse lassen sich für den wärmegeführten Fall aus der oberen Hälfte der Tabelle 3 (S. 26) ablesen. 3.1.3 Stromgeführte Fahrweise Unter einer stromgeführten Fahrweise wird hier verstanden, dass die KWK-Anlage unter Beibehaltung des KWK-Prinzips nicht allein entsprechend des Wärmebedarfs gefahren wird, sondern dass in den Betriebsphasen auch positive Residuallastabdeckung 100% 80% 60% ab 1 MW - 2.300 Vbh/a 20 kw - 2.100 Vbh/a 1 kw - 1.900 Vbh/a 40% 20% 0% 0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000 7.000 8.000 Zeit t in h Abbildung 6: Jahresdauerlinien der Wärmelast 20

C erforderlich sein muss. D. h. wenn in der jeweils betrachteten Stunde Wärmebedarf und stromseitig eine negative Residuallast zusammen kommen, bleibt die KWK-Anlage ausgeschaltet und der Wärmebedarf wird mit dem Heizkessel abgedeckt. Dabei wird davon ausgegangen, dass sich in der Realität positive und negative Residuallasten in ihrer Höhe je intensiver sie Schwankungen unterworfen sind auf die Börsenpreise auswirken und dass die Steuerung eigentlich über erwartete Börsenpreise erfolgen wird. Es wird davon ausgegangen, dass die direkte Verwendung der Residuallast als Schaltsignal eine zulässige Vereinfachung der Modellsimulation darstellt. Die hinzu gekommene Stromorientierung wird zu einer verminderten Auslastung der KWK-Anlage und somit zu einer Anhebung der Erzeugungskosten führen, weil die fixen Kosten der Anlagen auf weniger Betriebsstunden zu verteilen sind. C Der Einfluss der jährlichen Vollbenutzungsstunden der KWK-Anlagen auf die Wärmekosten lässt sich aus Abbildung 7 ablesen. Der Ansatz höherer Zinsen als die berücksichtigten 3,5% würde den Effekt verstärken. Abweichend von der beschriebenen Systematik sind weiterhin in den Abbildungen 8 und 14 Stromerzeugungskosten in Abhängigkeit der Auslastung der betrachteten KWK-Anlagen dargestellt worden, bei denen ein im Vergleich zu den Erzeugungskosten von Gasheizkesseln anlegbarer Wärmepreis als Gutschrift eingeflossen ist. Dies wurde für eine allgemeine Darstellung der Verhältnisse für sinnvoll erachtet, weil sonst zwischen den KWK-Fällen sehr unterschiedliche Wärmegutschriften das Gesamtbild verfälschen würden. Ein entsprechendes Bild lässt sich auch bezogen auf die Stromerzeugungskosten generieren. Da aber die 3 400 350 300 Wärmekosten ( /MWh) 250 200 150 100 50 0 0 2.000 4.000 6.000 jährliche Vollbenutzungsstunden 1 kw BHKW 20 kw- BHKW 1 MW- BHKW GuD (KWK- Betrieb) Anmerkung: Hier sind vereinfachend die spezifischen Stromerlöse des wärme geführten Falls (entsprechend Tabelle 3) eingeflossen. Abbildung 7: Abhängigkeit der Wärmekosten von der Auslastung der KWK-Anlage 21

BEE Plattform Systemtransformation Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt 500 3 Stromerzeugungskosten /MWh 400 300 200 100 0 0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000 jährliche Vollbenutzungsstunden 1 kw- BHKW 20 kw- BHKW 1 MW- BHKW GuD (KWK- Betrieb) Anmerkungen: Als Wärmegutschrift sind hier nicht die spez. Wärmekosten eingeflossen, die sich in den betrachteten Fällen bei der wärmegeführten Fahrweise ergeben haben, sondern in allen Fällen gleiche anlegbare Wärmepreise. Für das 1 MW-BHKW und das GuD-HKW sind dabei außerdem 25 /MWh Wärmeverteilungskosten berücksichtigt. Abbildung 8: Abhängigkeit der Stromerzeugungskosten von der Auslastung der KWK-Anlage Wärmekosten zwischen den Modellfällen bereits im Auslegungsfall stark voneinander abweichen, wird für diese Darstellung eine für alle Modellfälle gleiche Wärmegutschrift in Höhe von 10 ct/kwh 15 berücksichtigt, die sich an den Erzeugungskosten von Gasheizkesseln orientiert. Für das 1 MW-BHKW und das GuD- HKW sind Wärmeverteilungskosten 16 in Höhe von 25 /MWh von der Wärmegutschrift abgezogen worden. Wie aus Abbildung 8 ersichtlich ist, kommt es unter dieser Maßgabe hinsichtlich der Stromerzeugungskosten der KWK-Anlagen zu einer noch stärkeren Spreizung zwischen den Modellfällen. Demnach reagieren die kleinen KWK-Anlagen besonders heftig auf den Verlust von Betriebsstunden, so dass ein akzeptabler Erzeugungskostenbereich leicht verlassen wird. 3.1.4 Ergänzung eines Wärmespeichers Ein Wärmespeicher ermöglicht je nach Kapazität eine Dämpfung des kostensteigernden Effekts, weil er eine Betriebsstundenzunahme der KWK-Anlage ermöglicht. Diese kostendämpfende Wirkung soll C C C 15 Dies liegt 30% über dem für Haushalte berücksichtigten Gaspreis (ohne Mineralölsteuer) von 7,7 ct/kwh und berücksichtigt damit Betriebskosten des Gasheizkessels sowie dessen Umwandlungsverluste. 16 Inkl. Kosten der Wärmeverluste. 22