Gefässchirurgie. Elektronischer Sonderdruck für. O. Gültig



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Transkript:

Gefässchirurgie Zeitschrift für vaskuläre und endovaskuläre Medizin Elektronischer Sonderdruck für Ein Service von Springer Medizin Gefässchirurgie 2012 17:187 193 DOI 10.1007/s00772-011-0984-1 Springer-Verlag 2012 zur nichtkommerziellen Nutzung auf der privaten Homepage und Institutssite des Autors Die Erfolgsgeschichte der Lymphologie und der komplexen physikalischen Entstauungstherapie (KPE) aktuelle Bedeutung www.gefaesschirurgie.springer.de

Leitthema Gefässchirurgie 2012 17:187 193 DOI 10.1007/s00772-011-0984-1 Springer-Verlag 2012 Lymphologic med. Weiterbildung, Aschaffenburg Die Erfolgsgeschichte der Lymphologie und der komplexen physikalischen Entstauungstherapie (KPE) aktuelle Bedeutung Bereits Ende des vorletzten Jahrhunderts (1892) veröffentlichte Alexander von Winiwarter (Wiener Chirurg. Abb. 1) ein komplexes physiotherapeutisches Behandlungsregime um in den elephantiastisch erkrankten Theilen angesammelte Gewebsflüssigkeit zu befördern und dadurch der übermäßigen Produktion von Bindegewebe Einhalt zu thun [1]. Entwicklung der Lymphologie im 20. Jahrhundert Dieses Wissen geriet jedoch in vollständige Vergessenheit. Erst durch die praktischen Erfahrungen von Vodder (Kopenhagen) erlebte die physiotherapeutische Behandlung von Schwellungen eine, zunächst bruchstückhafte, Renaissance. Der Begriff Manuelle Lymphdrainage (MLD) wurde von ihm in den 1930ern geprägt. In isolierter Form angewandt, konnten jedoch damit die bereits von Winiwarter beschriebenen lymphostatischen Ödeme noch nicht erfolgreich behandelt werden. Erst durch die klinischen Erfahrungen (Asdonk/Feldbergklinik) und dem bahnbrechenden parallelen Wissenszuwachs auf den Gebieten der lymphangiologischen Anatomie, Physiologie, Pathologie und Diagnostik der 1960er Jahre (Kubik, Földi, Clodius, Weissleder, Gregel und vielen anderen) wurde die Lymphologie und damit auch die KPE nach wissenschaftlichen Kriterien hoffähig. Jeder hat von jedem gelernt! [2]. Die Behandlungssystematik der einzelnen Maßnahmen der KPE bei den sehr unterschiedlichen akuten und chronischen lymphostatischen Ödemformen entwickelte sich aus den praktischen Erfahrungen unzähliger Therapeuten aus Fachklinik und Ambulanz zum heutigen Standard. Die Indikationsstellungen (kausal/symptomatisch) sind heute wissenschaftlich gesichert und international evaluierbar.» Die Indikationsstellungen zur KPE sind heute wissenschaftlich gesichert und international evaluierbar Indikationen der konservativen Therapie lymphostatischer Ödeme: F Primäre und sekundäre Lymphödeme, F phlebolymphostatische Ödeme ( Stadium II + III nach Widmer), F posttraumatische, postoperative Ödeme, besonders auch nach Abb. 2 8 Ambulante Entstauungsphase beim sekundären Armlymphödem nach 12 Tagen Behandlung, (mit frdl. Genehmigung von P. Wörmann, Hanau) Abb. 1 8 Alexander von Winiwarter (*22. April 1848 in Wien; 31. Oktober 1917 in Lüttich) [5] Gefässchirurgie 3 2012 187

Leitthema Abb. 5 8 Patientin nach Ablatio mammae, vor und nach 6-tägiger Behandlung mit der KPE, (mit frdl. Genehmigung von S. Hemm, Saarbrücken) Abb. 3 8 Der individuell aufgepolsterte lymphologische Kompressionsverband, (mit frdl. Genehmigung von Lohmann & Rauscher GmbH & Co KG, Rengsdorf/D) Abb. 4 8 Patientin nach Ablatio mammae, vor und nach 6-tägiger Behandlung mit der KPE, (mit frdl. Genehmigung von S. Hemm, Saarbrücken) Abb. 6 8 Zustand nach Saphenaektomie (mit frdl. Genehmigung von Dr. med. B. Netopil, Ödemklinik, Taunusklinik, Bad Nauheim) interventionellen gefäßchirurgischen Eingriffen, F Lipo-Lymphödeme/Phlebo-Lipo- Lymphödeme, F Ödematisierungen verursacht durch Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises (als wichtige Ergänzung zu anderen Therapiemaßnahmen), F Ödematisierung bei der Algodystrophie (Morbus Sudeck) mit anderen Maßnahmen kombiniert, F lymphostatische Enzephalopathie (in Kombination zu spezieller Atemgymnastik und ärztlichen Therapiemaßnahmen). Behandlungsregime der KPE Grundsätzlich teilt sich das Behandlungsprozedere mit den einzelnen Therapie 188 Gefässchirurgie 3 2012

Zusammenfassung Abstract maßnahmen der KPE immer in zwei Behandlungsphasen: Gefässchirurgie 2012 17:187 193 Springer-Verlag 2012 DOI 10.1007/s00772-011-0984-1 Phase I Die Erfolgsgeschichte der Lymphologie und der komplexen physikalischen Entstauungstherapie (KPE) aktuelle Bedeutung Zusammenfassung Die für eine erfolgreiche Behandlung lymphödematöser Schwellungen notwendigen Therapiemaßnahmen waren bereits Ende des 19. Jahrhunderts bekannt. Sie gerieten jedoch zunächst wieder in Vergessenheit. Vodder, Asdonk, Földi, Kubik, Weissleder und viele mehr waren und sind zum Teil bis heute Pioniere der Lymphologie des 20./21. Jahrhunderts. Nicht vergessen werden dürfen die Tausenden von engagierten Lymphtherapeuten, die mit der täglichen Anwendung der Maßnahmen der KPE erst die krankheitsspezifische Differenzierung und die klaren therapeutischen Behandlungskonzepte von heute ermöglichten. Bei lymphostatischen Ödemen ist die komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE) bis heute die Therapie der Wahl. Sie Die entstauende Phase I der KPE kann in der Regel zunächst unter ambulanten Bedingungen eingeleitet werden (. Abb. 2). Nur bei Ausbleiben eines Erfolgs oder bei besonderer Ausprägung und zusätzlichen Komplikationen und Komorbidität ist die Initiale stationäre Behandlung in einer lymphologischen Akut-/Fachklinik unverzichtbar. Die Maßnahmen der KPE (manuelle Lymphdrainage, lymphologischer Kompressionsverband, Hautpflege, Bewegungsübungen/Krankengymnastik) müssen in der Phase I mind. 1-mal täglich angewendet werden (mind. 5-mal wöchentlich). An den behandlungsfreien Wochenenden trägt der Patient den vom Lymphtherapeuten angelegten lymphologischen Kompressionsverband (LKV) weiter (. Abb. 3), oder er legt am behandlungsfreien Tag (manchmal auf den medizinische Kompressionsstrumpf) einen, das Behandlungsergebnis erhaltenden Verband an [3]. Die Technik des unterstützenden Selbstverbandes lernt der Patient vom fachkundigen Therapeuten. Die entstauende Phase I der KPE dauert je nach Ausprägung entsprechend der aktuellen Untersuchungen (H. Pritschow, Zentrum für manuelle Lymphdrainage, Waldkirch) durchschnittlich 12 Behandlungstage (. Abb. 4, 5). Schon zu Beginn der Phase I werden vom lymphkompetenten Arzt/Sanitätshaus flachgestrickte Kompressionsstrümpfe verordnet/angemessen und diese Vorabmaße zur Bewilligung bei den Kostenträgern eingereicht. Gegen Ende der Entstauungsphase wird mir Hilfe der aktualisierten Umfangsmaße, die notwendige medizinische Bestrumpfung beim Hersteller bestellt. In der Regel können diese nach spätestens 5 Arbeitstagen an den Patienten übergeben werden. Damit werden unnötige KPE-Behandlungen, bei denen keine weitere Ödemreduktion mehr erreichbar ist, vermieden. Lymphkompetente Sanitätshäuser üben das Anziehen der medizinischen Bestrumpfung mit dem Patienten und zeigen gegebenenfalls den Einsatz der verordnungsfähigen An- und Ausziehhilfen. Phase II gliedert sich in die erste entstauende und zweite erhaltende/optimierende Behandlungsphase. Nur durch die Synergie aller angewandten Maßnahmen der KPE können erstaunliche Erfolge erreicht werden. Die Lymphologie ist ein Paradebeispiel für Teamwork medizinischer Berufe. Insbesondere in den sich zahlreich entwickelten regionalen Lymphnetzen, können die erreichten Ergebnisse nach den Maßgaben von Qualität und Wirtschaftlichkeit dokumentiert und evaluiert werden. Schlüsselwörter Lymphostatisch bedingte Ödeme Teamwork der medizinischen Berufe Netzwerke Dokumentation Evaluation The success story of lymphology and the complex physical combined decongestive therapy current importance Abstract The therapy measures necessary for successful treatment of lymphedema were known as far back as the end of the nineteenth century, although they initially lapsed into oblivion. Among others Vodder, Asdonk, Földi, Kubik and Weissleder were and in some cases still are pioneers of twentieth and twenty-first century lymphology. The thousands of dedicated lymphology therapists who, with the daily implementation of combined decongestive therapy (CDT) measures, first made the current disease-specific differentiation and clear therapeutic treatment concepts possible, should also not be forgotten. The therapy of choice for lymphostatic edema is still CDT. It is structured into the first decongestion phase and the second maintenance/optimizing treatment phase. The astonishing success can only be achieved through the synergy of all the applied CDT measures. Lymphology is a prime example of teamwork among the medical professions. The results achieved can be documented and evaluated in terms of quality and economy in numerous lymph networks which have developed in particular at a regional level. Keywords Lymphostatic edema Combined decongestive therapy teamwork among medical professions Networks Documentation Evaluation Die Phase I der KPE geht dann bei den chronischen lymphostatischen Ödemformen nahtlos in die erhaltende und optimierende Phase II der KPE über. Bei akuten lymphostatischen Ödemen, z. B. nach Operationen/Traumen, ist eine Phase II der KPE nicht mehr erforderlich (. Abb. 6, 7, 8). Verordnung der KPE entsprechend der geltenden Heilmittelrichtlinien Bei den chronischen lymphostatischen Ödemen müssen die MLD, die Bewegungsübungen/Krankengymnastik und der LKV nach der jeweiligen Leitsympto Gefässchirurgie 3 2012 189

Leitthema Abb. 7 8 Passagere Lymphostase nach gefäßchirurgischem Eingriff vor und nach 5-tägiger ambulanter KPE-Behandlung (mit frdl. Genehmigung von R. Goerke, Chemnitz) Abb. 8 8 Passagere Lymphostase nach gefäßchirurgischem Eingriff vor und nach 5-tägiger ambulanter KPE-Behandlung (mit frdl. Genehmigung von R. Goerke, Chemnitz) matik der HMR und den Regeln von Qualität und Wirtschaftlichkeit weiter verordnet werden. Die Verordnung außerhalb des Regelfalls ist hier meistens erforderlich. Die Verordnungshäufigkeit orientiert sich jedoch immer ganz individuell an der persönlichen Situation und dem Zustand des Lymphödempatienten. Nach den geltenden Heilmittelrichtlinien (HMR, Stand 06/2011) werden diese mindestens einmal wöchentlich als notwendig angesehen. Es zeigt sich jedoch, dass dies bei schweren und ausgeprägten Fällen nicht ausreicht, jedoch Patienten mit geringen Lymphödemen unter Umständen weniger Verordnungen benötigen. Die enge Zusammenarbeit mit den Lymphtherapeuten, dem lymphkompetenten Sanitätshaus und die regelmäßige ärztliche Kontrolle des Lymphödempatienten ergeben durchaus auch häufiger Behandlungsunterbrechungen. Grundvoraussetzung ist hierfür aber immer, dass der Patient seinen medizinischen Kompressionsstrumpf/Strumpfhose über den Tag hinweg kontinuierlich trägt. Der verordnende Arzt erkennt diese gute Compliance am verschlissenen Material des Kompressionstrumpfs spätestens nach 6 Monaten! Es hat sich in vielen Regionen Deutschlands gezeigt, dass durch das Tragen des vom Therapeuten am Behandlungstag in der Phase II angelegten LKV die Gefahr einer Reödematisierung besonders wirkungsvoll verhindert werden kann. Damit wird eine Wiederholung der Phase I der KPE auch nach längerer Zeit überflüssig. Außerdem wird damit das Material der hochwertigen flachgestrickten medizinischen Kompressionsware geschont. Voraussetzungen für Qualität und Wirtschaftlichkeit in der lymphologischen Ambulanz F Lymphtherapeut (Physiotherapeut/ Masseur) mit 4-wöchiger Zertifikatsweiterbildung, der regelmäßig aktualisierende Fortbildungen und Kongresse in der Lymphologie besucht. F Niedergelassener Arzt (z. B. Allgemeinmediziner, Internist, Gynäkologe, Dermatologe, Gefäßchirurg, Angiologe, Phlebologe, Chirurg, plastischer Chirurg) mit curricularer Fortbildung in der Lymphologie (Ärztekammer anerkannt/3 Wochenenden) und regelmäßiger Teilnahme an Fachkongressen und Erweiterungsfortbildungen in der Lymphologie. F Lymphkompetentes Sanitätshaus deren Mitarbeiter die grundlegende Fortbildung für medizinische Flachstrickbestrumpfung in den Kursen der Bundesfachakademie für Orthopädietechnik in Dortmund ( Nebenstelle Landshut) absolviert haben und regelmäßig an den produktbezogenen Kursen der Hersteller (z. B. medi, Jobst und Juzo) teilnehmen. 190 Gefässchirurgie 3 2012

Fazit für die Praxis In Deutschland wurden in den vergangenen Jahrzehnten in der Lymphologie und KPE weit über 40.000 Angehörige der physiotherapeutischen Berufe weitergebildet. Seit über 10 Jahren haben inzwischen fast 400 niedergelassene Ärzte aus den unterschiedlichsten Fachgebieten die anerkannte curriculare Fortbildung Lymphologie absolviert (z. B. die Fortbildung unter der Schirmherrschaft der DLG von Lymphologic med. Weiterbildung ). Ebenso haben sich seit über 10 Jahren die Fortbildungen für die kompressionsanmessenden Mitarbeiter der Sanitätshäuser etabliert. Heute darf nur noch geschultes Personal bei der Verordnung von flachgestrickten medizinischen Kompressionstrümpfen/Strumpfhosen Maß nehmen. Nichts liegt deshalb näher, als in der jeweiligen Region ein kompetentes Lymphnetz zu gründen [4], dass gegenüber dem Patienten und dem Kostenträger die gleiche Sprache spricht. Die Dokumentation der erreichten Behandlungs- und Versorgungsergebnisse und deren Evaluation sind die tragenden Säulen der ambulanten Lymphologie. Aus diesen Gründen wurden im vergangenen Jahrzehnt von fortgebildeten Ärzten zusammen mit engagierten Therapeuten und lymphkompetenten Sanitätshäusern über 60 Lymphnetze gegründet. Die Einbeziehung der pflegenden Berufe, insbesondere in der häuslichen Pflege von Lymphödempatienten und Patienten mit chronischen Wunden muss der nächste Schritt sein! Literatur 1. Winiwarter A von (1893) Die chirurgischen Krankheiten der Haut und des Unterhautzellgewebes. Stuttgart 2. Pritschow H, Schuchhardt C (o J) Das Lymphödem und die Komplexe Physikalische Entstauungstherapie, 3. Aufl. Viavital, S 14 19 3. Weissleder H, Schuchhardt C (o J) Erkrankungen des Lymphgefäßsystems, 5. Aufl. Viavital, S 507 570 4. Gültig O, Pritschow H (2011) Lymphnetze goldener Schlüssel für die ambulante lymphologische Versorgung. LymphForsch 15(2):78 80 5. Pagel J (1901) Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, S 1864 Fachnachrichten Vorbild Raubwanze gegen den Schlaganfall Der Heinrich Pette-Preis der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) wurde in diesem Jahr an Privatdozent Dr. med. Christoph Kleinschnitz verliehen. Der 38-Jährige erhielt die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung für seine Arbeiten zu molekularen und zellulären Mechanismen bei der Entstehung des Schlaganfalls. Schon während seine Facharzt- Ausbildung von 2001-2007 hat Dr. Kleinschnitz mit seinen Arbeiten im Grenzgebiet Ischämie- Neuroinflammation erfolgreich die Brücke zur Grundlagenforschung geschlagen. Daraufhin habilitierte er sich bereits 2008 mit dem Thema In vivo Darstellung und therapeutische Beeinflussung der Infarktexpansion nach zerebraler Ischämie: Mechanismen der Thrombenbildung und Neuroprotektion. Seine Arbeitsgruppe Experimenteller Schlaganfall beschäftigt sich seit einigen Jahren unter translationalen Aspekten mit dem plasmatischen Gerinnungssystem, sowie neuen Mechanismen der Blutplättchen- vermittelten Thrombose. Seine Arbeit zur Rolle von Faktor XIIa bei pathologischer Blutgerinnung im Journal of Experimental Medicine 2006 hat große Beachtung gefunden. Aufgrund dieser Arbeiten wurde aus der Raubwanze Triatoma Infestans Infestin-4 isoliert, ein spezieller Faktor XIIa Inhibitor, der zukünftig in frühen klinischen Studien untersucht werden soll. Quelle: Deutsche Gesellschaft für Neurologie, www.dgn.org Korrespondenzadresse Lymphologic med. Weiterbildung Im Neurod 2, 63741 Aschaffenburg info@lymphologic.de Interessenkonflikt. Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Gefässchirurgie 3 2012 191