Beitrag: Die Tricks mit dem Strompreis Verbraucher subventionieren EEG-Umlage



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Transkript:

Manuskript Beitrag: Die Tricks mit dem Strompreis Verbraucher subventionieren EEG-Umlage Sendung vom 17. September 2013 von Steffen Judzikowski und Hans Koberstein Anmoderation: Wir sind das Land der Energiewende! Den Orden heftet sich stolz die schwarz-gelbe Regierung an, seit sie den Atomausstieg verkündet hat: 2011, nach der Atomkatastrophe von Fukushima. Doch wie geht Energiewende nun? Wer muss dafür bezahlen? Alle Stromverbraucher mit der EEG-Umlage! Doch große Unternehmen kennen inzwischen alle Tricks, um sich zu drücken. Ihre Kosten müssen dann die kleinen Stromkunden mittragen. Dagegen will die Regierung etwas tun! Doch bei der Ankündigung blieb es denn auch. Steffen Judzikowski und Hans Koberstein über Stillstand und Tatenlosigkeit. Text: Die Energiewende ist ein Milliardenprojekt. Bezahlen müssen dafür alle Verbraucher. Mit der sogenannten EEG-Umlage auf der Stromrechnung. Für einen Durchschnittshaushalt waren das 2008 noch 40 Euro. Im Jahr 2013 schon 185 Euro. Weil die Industrie besonders viel verbraucht müsste sie eigentlich besonders viel zahlen. Doch davor schützt sie die Politik. Umso mehr müssen dafür die kleinen Verbraucher tragen. Ein wesentlicher Teil ihrer EEG-Umlage dient dazu, die Industrie zu subventionieren. Das macht 52 Euro pro Jahr und Haushalt. Wir treffen Felix Matthes vom Öko-Institut. Er ist einer der Experten für die Kosten der Energiewende. 52 Euro pro Jahr und Haushalt. Was hat es damit auf sich? O-Ton Felix Matthes, Öko-Institut: Wir entlasten einen Teil der Industrie von den Kosten für die

Erneuerbaren Energien. Das ist für Teile gerechtfertigt, für etwa die Hälfte bis vielleicht in Drittel nicht, weil diese Industrien nicht im internationalen Wettbewerb stehen und dann doch nicht zu hohe Energiekosten haben. Wir haben die Namen der Profiteure mal auf einer Liste ausgedruckt. Ziel der Politik war es, einzelne Betriebe vor zu hohen Kosten zu schützen. Das gilt vor allem für die stromintensive Industrie, etwa Aluminium oder Stahl. Doch die Bundesregierung hat immer mehr Unternehmen den großzügigen Rabatt gewährt die Liste wurde immer länger. Und länger. 2012 profitierten noch rund 700 Unternehmen. 2013 sind es schon mehr als doppelt so viel. Und für kommendes Jahr haben schon 2.400 Unternehmen den Rabatt beantragt, für den alle anderen Verbraucher bezahlen müssen. Etwa für diverse Raffinerien vom Ölmulti ExxonMobil, den Braunkohletagebau des Stromkonzerns Vattenfall, aber auch für die Schwarzwald Sprudel GmbH und jede Menge Schlachtbetriebe. Ein Beispiel: Die Schlachtfabrik von Vion in Emstek. Warum bekommen ausgerechnet Schlachthöfe diesen Rabatt? Bei Vion in Emstek treffen wir vor dem Werkstor Matthias Brümmer von der Nahrungsmittel-Gewerkschaft. Er erklärt uns den Trick: Der Rabatt hängt mit immer mehr Werkverträgen zusammen. Die nutzen Schlachtbetriebe, um Lohnkosten zu sparen. Das ist ganz einfach, man geht einfach hin, man tauscht die eigene Belegschaft gegen Werkvertragsunternehmen aus Osteuropa aus und dann ist man bei Stundenlöhnen zum Teil von unter fünf Euro. Mit den billigen Arbeitern aus Osteuropa will Vion Lohnkosten sparen, in Höhe von fast einer Millionen Euro allein in dieser Fabrik. Und dann kassiert Vion auch noch den Rabatt für stromintensive Betriebe. Und das funktioniert so: Bei der Rabattprüfung durch den Staat werden Lohnkosten normalerweise berücksichtigt. Werkverträge aber zählen nicht. Durch diesen Personaltrick steigt automatisch der Anteil der Stromkosten.

Das führt dazu, dass das Unternehmen Vion letztendlich über die Lohndrückerei und das Einführen von Werkverträgen bei der EEG-Umlage spart und somit sich rausrechnen kann, und als energieintensiven Betrieb sich darstellt. Die werden also auch noch belohnt? Die werden über die Bundesregierung zusätzlich dafür belohnt, dass sie Lohndumpingstrukturen hier aufbauen. Vion möchte dazu kein Interview geben. Schriftlich erklärt uns der Konzern: VION Emstek wie auch alle anderen Standorte des Unternehmens nutzen die gesetzlichen Möglichkeiten in Bezug auf das EEG - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Das bewerten wir als Schweinerei, weil eigentlich das Gesetz nicht dazu gedacht war, so etwas zu machen, sondern ganz im Gegenteil, es sollte ja dazu führen, dass energieintensive Betriebe hier gehalten werden, um auch hier die Arbeitsplätze zu halten. Über die Industrierabatte entscheidet das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle BAFA in Eschborn. Das musste wegen der Antragsflut 50 neue Planstellen schaffen. Dem Präsidenten sind die vielen Rabatte dank Lohndumping fast peinlich. Solche Unternehmen werden jetzt auch noch belohnt, dadurch dass sie sich vor den Kosten der Energiewende drücken dürfen. Finden sie das gerecht? O-Ton Arnold Wallraff, Präsident Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle: Ich finde das als Staatsbürger nicht gerecht. Uns ist einfach vorgegeben: Sämtliche Werkvertragskosten müssen wir abziehen. Das hat der Gesetzgeber so festgelegt. Da muss der Gesetzgeber, wenn er darin ein großes Problem sieht, eine Lösung für finden.

Auch Bundeskanzlerin Merkel hatte mit den vielen Rabatten ein Problem. Schon 2012 wollte sie das prüfen. O-Ton Angela Merkel, CDU, Bundeskanzlerin, am 16. Oktober 2012: Auch diesen Teil müssen wir uns noch mal anschauen, ob das jetzt eigentlich richtig war, dass wir so viele Unternehmen rausgenommen haben, denn es sind jetzt mehr als nur die, die im internationalen Wettbewerb stehen. Soviel muss man ganz einfach sagen. Der Bundesregierung ist das Ganze zwar unangenehm getan hat sie aber nichts. In Berlin wollen wir vom Bundesumweltminister wissen, warum. Eine Frage zu den Kosten der Energiewende, zu den privilegierten Unternehmen. O-Ton Peter Altmaier, CDU, Bundesumweltminister: Also, ich habe einen Wahlkampftermin und da muss ich hin, melden Sie sich an, dann kriegen Sie auch irgendwann einen Termin. Angemeldet hatten wir uns ein Interview gibt es nicht. Die Bundesregierung lässt die kleinen Verbraucher draufzahlen, damit immer mehr Unternehmen von den großzügigen Rabatten profitieren wie die Saarstahl AG in Völklingen. Deren Chef findet das völlig in Ordnung. Warum sollen eigentlich alle anderen bezahlen für die Energiewende, aber Sie nicht? O-Ton Karlheinz Blessing, Vorstandsvorsitzender Saarstahl AG: Weil wir Arbeitsplätze sichern. Dem Stahlkonzern aber reicht der Rabatt noch nicht er will am liebsten gar nichts zahlen. Das geht nur mit einem Trick: Die Saarstahl pachtet einfach den Uralt-Steinkohlemeiler in Ensdorf von RWE. Damit gilt der Stahlkonzern als Selbstversorger und ist laut Gesetz von der EEG-Umlage komplett befreit - für den hier produzierten, schmutzigen Kohlestrom. So werden die Kosten der Energiewende abgewälzt.

O-Ton Karlheinz Blessing Vorstandsvorsitzender Saarstahl AG: Es ist doch unser legitimes Anliegen, dass wir versuchen Arbeitsplätze zu halten, Kosten zu senken, insbesondere in einer Industrie, die mit dem Rücken zur Wand steht. Mit dem Rücken zur Wand? Tatsächlich konnte der Konzern eine Gewinnrücklage von 1,2 Milliarden Euro bilden. Außergewöhnlich viel für ein Unternehmen dieser Größe. Dem fehlt es also nicht an Geld. Wohl aber der Energiewende. Die kleinen Verbraucher bekommen keinen Rabatt, zahlen drauf, mit ihrer EEG-Umlage. Die erweist sich als Mogelpackung. Nur ein Teil der Umlage dient tatsächlich der Energiewende, dem grünen Strom aus Wind und Sonne. Für die eigentlichen erneuerbaren Anlagen zahlt jeder Haushalt 76 Euro im Jahr. Das ist ja nicht so viel. O-Ton Felix Matthes, Öko-Institut: Im Kern bezahlen wir die Hälfte von unserer EEG-Umlage für die Erneuerbaren Energien. Den Rest zahlen wir an andere, und nicht an die Energiewende. Das Problem ist der Politik bekannt. Entlastung der Verbraucher oder weitere Subventionen für die Industrie. Eine Entscheidung steht aus. Zur Beachtung: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der vorliegende Abdruck ist nur zum privaten Gebrauch des Empfängers hergestellt. Jede andere Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtgesetzes ist ohne Zustimmung des Urheberberechtigten unzulässig und strafbar. Insbesondere darf er weder vervielfältigt, verarbeitet oder zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. Die in den Beiträgen dargestellten Sachverhalte entsprechen dem Stand des jeweiligen Sendetermins.