Mädchenwerkstatt Mannheim. Berufsorientierung für Mädchen 2008



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Transkript:

Mädchenwerkstatt Mannheim Berufsorientierung für Mädchen 2008

Die Mädchenwerkstatt, ein Angebot des Interkulturellen Bildungszentrums Mannheim ggmbh wird von der Stadt Mannheim (Beauftragter für kommunale Beschäftigungsförderung) und dem Land Baden- Württemberg gefördert. Sie wurde 1991 als Modellversuch der Bund-Länder-Kommission gegründet und ist eine Einrichtung der Jugendberufshilfe für Mädchen aus Haupt- und Realschulen zwischen 12 und 18 Jahren. Mädchenwerkstatt Mannheim F7, 22-23 68159 Mannheim Tel. 0621.10 67 94 Fax 0621.14 75 0 Mail maedchenwerkstatt@ikubiz.de 2

Die Ausgangslage Berufsorientierung unter neuen Bedingungen / Berufswahl im Spannungsfeld Mein Traumberuf ist Model Friseurin, was sonst? Ich will nicht Hausfrau wie meine Mutter werden Ich will nen gescheiten Beruf und viel Geld verdienen Warum soll ich mich in der Schule anstrengen? Ich will heiraten und Kinder kriegen Solche Aussagen hören wir häufig, wenn wir uns mit jungen Mädchen über ihre zukünftige Berufs- und Lebensplanung unterhalten. Aus diesen Aussagen spricht Unsicherheit, Unkenntnis und Verhaftung in alten Rollenmustern. Die Berufswahl im allgemeinen ist zunehmend schwierig geworden. Sei es durch die Globalisierung, den demographischen Wandel, eine rasant ansteigende Technisierung, geforderte Flexibilität und Mobilität, erhöhte Anforderungen an Sozialkompetenzen und Schlüsselqualifikationen Vor allem junge Frauen sind vor sehr vielschichtige Probleme bei der Berufswahl gestellt. In früheren Frauengenerationen waren die Frauen grundsätzlich für die Familie und die Haushaltsführung zuständig. Darüber hinaus konnten sie auch bis zur Heirat einen Beruf ausüben oder ihr Leben nach dem Drei-Phasen-Modell gestalten: Beruf-Familienpause-Wiedereinstieg. Heute stehen den jungen Frauen weitere Modelle zur Verfügung: keine Familie, sondern nur Berufszentrierung Berufstätigkeit beider Partner mit geteilter Familienarbeit der Partner bleibt als Hausmann zu hause, während die Frau ihrem Beruf nachgeht Das scheint eine große Freiheit zu schaffen, tatsächlich aber ist es so, dass viele dieser Lebensmodelle nur selten gelebt werden. Der Mann in der modernen Welt ist oft nicht mehr der alleinige Ernährer in der Familie, auch wenn das Rollenverständnis ein anderes sein sollte. Der Frau fällt somit eine Doppelrolle zu. So kann Berufswahl bei Frauen nur noch im Kontext mit der persönlichen Lebensplanung und dem gesamtpolitischen Geschehen gesehen werden. Viele Frauen möchten sich mit ihrem Beruf identifizieren, sich wohlfühlen, Anerkennung erhalten, soziale Kontakte haben und unabhängig sein 3

Dagegen muss man beachten, dass es den Beruf für s Leben nicht mehr gibt; Erwerbsbiographien sind heutzutage kurvig und von Orientierungsphasen unterbrochen junge Frauen immer noch ein sehr eingeschränktes Berufswahlverhalten zeigen sich 54,5 % der Frauen für nur 10 von ca. 450 Berufen entscheiden (aus: Statistisches Bundesamt, 2007) unter den zehn beliebtesten Ausbildungsberufen von Mädchen im Jahr 2008 kein einziger technischer Beruf zu finden ist, und das, obwohl die Nachfrage nach weiblichen Azubis in technischen Berufen steigt in technischen Studiengängen die Zahl der Frauen stagniert Frauen vorwiegend in den Bereichen Fürsorge, Dienstleistung und Pflege tätig sind immer weniger Mädchen direkt aus den allgemeinbildenden Schulen in Ausbildung gehen. Das bedeutet, dass junge Frauen vor allem Berufe wählen, die geringer bezahlt werden und kaum Aufstiegsmöglichkeiten bieten. Ungeachtet der Vielzahl an beruflichen Möglichkeiten wählen Frauen immer noch überwiegend die typischen Frauenberufe. Diesem Berufswahlverhalten liegen mehrere Faktoren zugrunde. Historisch gesehen war es schon immer so seit der Industrialisierung, dass sich Frauen in konjunkturschwachen Zeiten oder Zeiten hoher Arbeitslosigkeit auf ihre Familienrolle zurückbesonnen haben/oder mussten. Auch unsere aktuellen Beobachtungen zeigen, dass sich Mädchen vermehrt in die traditionelle Frauenrolle zurückziehen. Darüber hinaus beeinflusst die gesellschaftliche und kulturelle Zuschreibung geschlechtstypischer Kompetenzen das Berufswahlverhalten auf subtile Weise. Berufswahl orientiert sich nicht nur an eigenen Interessen und Fähigkeiten, sondern auch an festgelegten Bildern und Rollenzuschreibungen, die das typisch Weibliche bzw. das typisch Männliche definieren. Hierbei ist auch die multikulturelle Gesellschaft mit all ihren Einflüssen, seien es politische, religiöse oder soziokulturelle, nicht aus den Augen zu verlieren. Die Studie Berufswahl in Hamburg 2004 hat gezeigt, dass sich Jugendliche bei der Berufswahl vor allem auf den Rat der Eltern stützen. Das Problem dabei ist, dass sich das Vertrauen der Jugendlichen in den Rat der Eltern nicht auf deren Sachkompetenz gründet, sondern über die Beziehungsebene läuft. Das heißt, die Jugendlichen erhöhen die Beratungskompetenz ihrer Eltern idealistisch, die Eltern auf der anderen Seite sind nicht ausreichend über Berufswahlorientierung informiert oder beraten sehr einseitig. Das zeigt sich v.a. bei Mädchen: die Eltern leben oft die typischen Geschlechterrollen und geben diese in positiver wie in negativer Form und Auswirkung an ihre Töchter weiter. Aus der gleichen Studie geht hervor, dass der berufskundliche Unterricht an Schulen Mängel im Bereich der individuellen Ansprache aufweist und so nur einen geringen Einfluss auf das Berufswahlverhalten der Jugendlichen hat. Aus den verschiedenen Einflussfaktoren auf die Berufswahl lässt sich folgende Rangfolge ermitteln: 1. Eltern 2. Freunde / Peergroup 3. Berufsinformationszentrum 4. Verwandte 5. Medien und Trends 6. Lehrerinnen und Lehrer 4

Die Ziele der Mädchenwerkstatt Wir möchten...... mit der Arbeit in der Mädchenwerkstatt das Berufswahlspektrum über die traditionellen Frauenberufe hinaus erweitern, die Mädchen zu einer bewussten Lebensplanung ermuntern und ihnen den Zugang zu Ausbildung und Arbeit erleichtern. Eigene Erfahrungen und eigenes Erleben setzen Lernprozesse in Gang und können tradierte Rollenbilder ins Wanken bringen. Deshalb bieten wir den Mädchen zunächst in der Werkstatt die Möglichkeit, sich im handwerklich-technischen Bereich zu erproben und zu üben. Davon ausgehend, dass Eltern den größten Einfluss auf die Berufswahl ihrer Töchter haben und den Schulen immer mehr die Aufgabe der Vermittlung von Berufswahlreife zugeschrieben wird, setzen wir mit unserer Arbeit auch hier an. So ergeben sich drei Schwerpunkte für die Arbeit der Mädchenwerkstatt: Probierwerkstatt Kooperation mit Schulen Elternarbeit Probierwerkstatt Ausgehend von der Analyse, dass die persönliche Umgangsweise mit der beruflichen Entscheidung für die Berufswahlrichtung bei Mädchen anders verläuft als bei Jungen, aber auch ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt sich nach wie vor unterscheiden, hat die Mädchenwerkstatt ein geschlechtsspezifisches pädagogisches Konzept entwickelt. Entstanden aus der ursprünglichen Zielsetzung des Modellprojektes, Mädchen in handwerkliche Berufe zu vermitteln, ist das Zentrum des Angebotes immer noch der handwerkliche Bereich. Die Erfahrung aus fast 15 Jahren Praxis zeigt, dass das Erlernen von Techniken einer vermeintlichen Männerdomäne viele positiven Effekte zeigt, die letztendlich die Möglichkeit für die Mädchen bieten, selbstbewusst und mit Unterstützung eine individuell sinnvolle Berufswahlentscheidung zu treffen. Die Mädchen eignen sich die selbstverständliche Handhabung von Werkzeugen und Maschinen an. Sie bearbeiten Materialien und stellen nützliche und schöne Gebrauchsgegenstände her. Sie erlernen dabei, über einen längeren Zeitraum an einer Sache zu bleiben, ihr kreatives Potential zu aktivieren und ihren Fähigkeiten und Kräften zu vertrauen. Sie erleben mit der Fertigstellung des Produkts, dass sich Durchhaltevermögen und Selbstvertrauen lohnen. Denn sie haben sich in fremdem, aber gesellschaftlich anerkanntem Terrain bewährt und ernten deshalb in ihrer Umgebung viel Anerkennung. Sie erfahren sich selbst autonom und von männlicher Hilfe unabhängig. Die Aneignung der für den beruflichen Einstieg so wichtigen Schlüsselqualifikationen, wie soziale Kompetenz, Flexibilität, Teamfähigkeit, Geduld, Kreativität usw. erfolgt über verschiedene Schienen. Die Herstellung eines gemeinsamen Produkts, die Nutzung des Internetzuganges in der Gruppe, das Agieren in den Mädchenzusammenhängen und die Auseinandersetzung mit den erwachsenen Frauen entwickeln die Fähigkeiten zu Kooperation, Teamarbeit und sozialen Kompetenzen. Die Behandlung von Oberflächen eines Produkts lehrt Geduld und Durchhaltevermögen, der Entwurf eines Schmuckstücks schult Kreativität, die klaren Regeln der Werkstatt unterstützen Zuverlässigkeit und bei alledem wächst Selbstvertrauen und der Mut sich neuen Aufgaben und Anforderungen zu stellen. 5

Kooperation mit Schulen Persönlichkeitsbildung, welche ein wichtiges Kriterium bei der Berufswahlkompetenz ist, kann nur in einem längerfristigen und kontinuierlichen Prozess stattfinden. Das kann am effizientesten und zuverlässigsten in der Schule passieren. Auch der Bildungsplan für Hauptschulen in Baden-Württemberg fordert in den Leitgedanken zu dem Fächerverbund Wirtschaft-Arbeit- Gesundheit eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den Aspekten des Berufslebens, die Bedeutung lebenslangen Lernens sowie die Förderung von persönlichkeitsstärkenden Maßnahmen. Nun obliegt den Schulen und ihren Lehrer/innen eine Vielzahl an Lerninhalten und Kompetenzerweiterungen die Vermittlung von Berufswahlreife ist nur eine von vielen. Die Studie Berufswahl in Hamburg 2004 hat festgestellt, dass der berufskundliche Unterricht an Schulen nur gering die Berufswahl der Jugendlichen beeinflusst. Unterricht hat dort Mängel bzw. Defizite, wo es um individuelle Ansprache geht, und er liegt in seiner Effizienz für die Vermittlung von Informationen hinter der Wirksamkeit von Zeitschriften, Internet, Eltern und Peergroup. Hier kann die Mädchenwerkstatt unterstützende Maßnahmen zur differenzierten, geschlechtsspezifischen Berufsorientierung anbieten und so zu einem wichtigen außerschulischen Kooperationspartner werden. Elternarbeit Die Mädchenwerkstatt möchte die Eltern als wichtigste Instanz bei der Berufswahlorientierung ihrer Töchter von Anfang an miteinbeziehen. Ziel dabei ist es, ihnen durch individuelle Ansprache zunächst bewusst zu machen, welche Rolle sie bei der Berufsfindung und Orientierung ihrer Kinder einnehmen. Darüber hinaus sollen sie über die vielfältigen Möglichkeiten bei der Berufs- und Lebensplanung informiert werden. 6

Fachliche Umsetzung Probierwerkstatt Zielgruppe Die Zielgruppe sind Mädchen aus Haupt- und Realschulen ab Klassenstufe 6, wobei auf eine schulische aber auch kulturelle Mischung geachtet wird, um interkulturelles Lernen und Integrationsprozesse zu fördern. Das Angebot der beruflichen Orientierung setzt früh ein (12 Jahre) und trägt damit wissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung, die beschreiben, dass bei Mädchen vor der Pubertät eine höhere Offenheit für Erfahrungen unabhängig von Geschlechterrollen besteht und das Berufswahlspektrum individuell noch nicht so eingeengt ist, als mit 14 Jahren. Geschlechtshomogene Gruppen und Anleitung durch Fachfrauen Die Aufhebung der Koedukation ermöglicht die Erkundung und Entwicklung handwerklicher Interessen und Fähigkeiten ohne männlichen Konkurrenzdruck und damit die Entwicklung neuer Verhaltensmuster. Sie gibt Raum für die Umsetzung mädchenspezifischer Interessen und Herangehensweisen und gleichzeitig für deren Weiterentwicklung. Das Verfügen über mädcheneigene Räume ermöglicht auf der individuellen und der Gruppenebene die Bearbeitung von Konflikten unter Mädchen, die aus der gesellschaftlichen Abwertung der eigenen Rolle entstehen (Umgang mit Konkurrenz und Abwertung, Konfliktlösungsmuster und die Entwicklung von Selbstwertgefühl). Die Mädchen werden von Fachfrauen mit handwerklicher und pädagogischer Qualifikation angeleitet, die sich mit dem Ansatz einer geschlechterspezifischen Pädagogik identifizieren. Die Anleitung durch Frauen ermöglicht Lernen über Vorbilder, eine besonders wichtige Variante in beruflichen Bereichen, wo Frauen rar sind. Computer- und Medienangebote Die Mädchen erhalten auch die Möglichkeit, verschiedene Bild- und Textbearbeitungsprogramme zu erlernen, bzw. über das Internet zusätzliche Medienkompetenzen zu erwerben, die für Lebens- und Berufswege von Vorteil sein werden. Dieses Angebot wurde sukzessive ausgebaut, da die Entwicklung in Schule und Arbeitsmarkt diese Kompetenzen fordert und damit Startchancen erhöht und Zugänge zu neuen Berufen ermöglicht werden. Sozialpädagogische Begleitung und Unterstützung der Lebensplanung Grundvoraussetzung für die Berufsorientierung in der Mädchenwerkstatt ist der Aufbau einer tragfähigen Beziehung zwischen Anleiterinnen und Mädchen. Die Pädagoginnen erfüllen eine Vorbildfunktion, da ihr Lebensentwurf dem traditionellen Frauenbild entgegensteht und den Mädchen eine Alternative zu den oftmals nach alten Mustern konstruierten Lebensläufen anderer weiblichen Vorbilder bietet. Durch die Anleiterinnen werden die Mädchen zum Umgang mit den ihnen fremden Werkzeugen und Maschinen ermutigt und Berührungsängste werden überwunden. Die Mädchen werden zur Entwicklung eigener Ideen angeregt und ermutigt. Es wird ihnen die Möglichkeit geboten, frei von festgelegten Frauenrollen ihre eigenen Interessen zu formulieren und vorhandene Fähigkeiten zu entdecken und auszubauen. Damit einhergehend werden Vorurteile abgebaut ( Frauen sind handwerklich unbegabt, Technik ist Männersache ) und ein neues Selbstbewusstsein gebildet. Die Auseinandersetzung mit der Arbeitswelt und deren Bedeutung für die eigene Lebensplanung als Frau wird gefördert. Die Mädchen werden über verschiedene Berufsbilder informiert und bei der Praktikums- und Ausbildungsplatzsuche beraten und unterstützt. Auf diese Weise erkennen sie, dass ihnen mehr als nur zehn Berufe zur Wahl stehen. 7

Öffentlichkeitsarbeit Die Öffentlichkeitsarbeit der Mädchenwerkstatt hat zwei übergeordnete Ziele. Zum einen soll der Bekanntheitsgrad der Werkstatt im Einzugsgebiet erhalten bleiben und erweitert werden. Zum anderen soll auf die spezifische Situation von Mädchen auf dem Arbeitsmarkt hingewiesen werden. Die Öffentlichkeitsarbeit findet über Aktionen und Veranstaltungen wie z.b. Ferienprogramme und Weihnachtsmarkt statt. Wichtige Kooperationspartner der Mädchenwerkstatt sind: Mannheimer Haupt- und Realschulen ortsansässige Ausbildungsbetriebe Agentur für Arbeit, Mannheim Landesmuseum für Technik und Arbeit Vernetzung Die Mitarbeit in verschiedenen Gremien sowie die Vernetzung mit anderen Einrichtungen und Institutionen hat auch zum Ziel, auf die Lebenssituation von Mädchen und jungen Frauen aufmerksam zu machen. Über gemeinsame Veranstaltungen und Beteiligungsprojekte erhalten die Mädchen die Möglichkeit, ihre Interessen auf einer öffentlichen Plattform selbst zu vertreten und darzustellen. Darüber hinaus dient die Vernetzung dem fachlichen Austausch und der Auseinandersetzung mit neuen Entwicklungen und Anforderungen in der Mädchenarbeit. Die Mädchenwerkstatt ist vernetzt mit: Netzwerk Mädchenarbeit, Mannheim (NEMA) LAG Mädchenpolitik, Stuttgart Mannheimer Netzwerk Frau und Beruf (MN) 8

Kooperation mit Schulen Um der geschlechtsspezifischen Berufsorientierung in den Schulen mehr Gewichtung zu geben, möchten wir diese durch unser spezifisches Know How und durch konkrete Angebote unterstützen. Dabei sind auch Angebote für Lehrer/innen in Form von Fortbildungen für fachfremde Techniklehrer/innen geplant. allgemeines Angebot Die Mädchenwerkstatt stellt sich zu Beginn des Schuljahres auf den Elternabenden der sechsten Klassen der Haupt- und Realschulen vor. Die Lehrerin der Mädchenwerkstatt organisiert mit den jeweiligen Klassenlehrer/innen Klassenbesuche in der Werkstatt. So besteht ein kontinuierlicher Kontakt zu den Schulen. Die Mädchen sollen über das Bestehen der Einrichtung informiert werden und erhalten einen Eindruck von den Möglichkeiten, die ihnen die Mädchenwerkstatt bietet. Sie können sich nach dem Klassenbesuch entscheiden, ob sie das Angebot zum regelmäßigen Besuch annehmen möchten. Des weiteren bietet der Klassenbesuch eine Hilfestellung bei der nach Klassenstufe 6 anstehenden Entscheidung zwischen den Fächern MuM, Technik und Französisch. In der Werkstatt werden die Mädchen in ihrer schulischen Entwicklung begleitet und gefördert, bei Bedarf auch in Absprache mit den Klassenlehrer/innen. Vor Prüfungen können die Mädchen gezielt trainieren und üben. spezielle Angebote Für die Mädchen der sechsten bis siebten Klassen soll es nach einem ersten Werkstattbesuch als Einstieg regelmäßige, viertel- oder halbjährliche Angebote zur Berufsorientierung mit lebensplanerischen Aspekten und Inhalten geben, die sich an den Inhalten des Fächerverbundes WAG orientieren. Für die Mädchen der achten Klassen gibt es einen Berufswahl- und Lebensplanungskurs, der aus vier bzw. fünf Modulen besteht. Er wird als Projekt zur Berufsorientierung in den Schulen angeboten. Dieses Projekt findet in den Schulen und in der Werkstatt statt. Mitarbeiter des Ikubiz führen parallel entsprechende Angebote für die Jungen durch. Im nächsten Schuljahr soll es eine jährliche Fortbildung für Lehrer/innen geben. Diese soll den Blick für Geschlechterdifferenz im Technikunterricht schärfen und Lehrer/innen, die fachfremd Technik unterrichten, konkrete handwerkliche Unterstützung bieten. Es gibt Arbeitsanleitungen in Form einer Broschüre, die es den Techniklehrer/innen erleichtern sollen, attraktive Produkte, die speziell auch Mädchen ansprechen, herzustellen. Mädchen einer Klasse bzw. Klassenstufe können auf Anfrage der Schulen, in der Mädchenwerkstatt Objekte für Schulfeste, z.b. Weihnachtsmarkt herstellen. Elternarbeit Über die Präsenz an den Elternabenden in der Schule wird versucht, die anwesenden Eltern mit den Fallen des Berufsfindungsprozesses vertraut zu machen, um Anregungen zu geben für eine Auseinandersetzung in der Familie. Die Eltern sollen über die vielfältigen Möglichkeiten der Berufsorientierung auch außerhalb von Schule und Mädchenwerkstatt informiert werden. Gleichzeitig lernen sie die Mädchenwerkstatt kennen. Zusätzlich wird für die Eltern der Besucherinnen der Mädchenwerkstatt ein Elternmittag im Jahr angeboten, den sie mit ihren Töchtern und den Mitarbeiterinnen verbringen können, um so zu sehen, was ihre Töchter während ihrer Freizeit leisten. Auf Wunsch der Mädchen führen Mitarbeiterinnen auch bei Problemen und Fragen Gespräche mit den Eltern oder besuchen diese zuhause. 9

Befragungen der Mädchen 2001 und 2005 Um die Ziele und Methoden zu überprüfen, wurden bisher 2 Befragungen der regelmäßigen Besucherinnen der Mädchenwerkstatt durchgeführt. Befragung 2001 Besucherinnen 1991 2001 126 Besucherinnen länger als 1 Jahr regelmäßig davon 50% mit Migrationshintergrund 62 Besucherinnen wurden erreicht u. befragt Befragung 2005 Besucherinnen 2001 2005 73 Besucherinnen länger als 1 Jahr regelmäßig davon 50% mit Migrationshintergrund 42 Besucherinnen wurden erreicht u. befragt 43 in Ausbildung o. Beruf / 27 versch. Berufe 16 in Schule 3 Studium 17 in Ausbildung o. Beruf / 14 versch. Berufe 19 in Schule 6 Sonstiges 2001 Technische Berufe 26 % 11 12 Erziehen und Pflegen 27 % 9 11 11 Büroberufe 21 % Dienstleistung 26 % 2005 Technische Berufe 23 % 4 Dienstleistung 47 % 8 2 Büroberufe 12 % 3 Erziehen und Pflegen 18 % 10