Lean Project Management



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Transkript:

Peter Pautsch Siegfried Steininger Lean Project Management Projekte exzellent umsetzen

Inhalt 1 Erste Impulse für das Projektmanagement................. 1 1.1 Kapitelübersicht............................................... 1 1.2 Mit Lean Geschichte schreiben: N anga Parbat.................... 3 1.3 Lean als Problemlösung für Projekte?............................. 6 1.4 Die drei Gesichter des P rojektmanagements....................... 8 1.5 Neues Projektverständnis durch Lean............................. 15 2 Projektwelt in der Praxis................................ 29 2.1 2.2 2.3 2.4 Projektbeispiel ohne Lean...................................... 30 Bestimmungsfaktoren des Misserfolgs in Projekten................. 42 Handlungsbedarf durch die hohe A nzahl der gescheiterten Projekte?.. 46 Beherrschbarkeit von Projekten.................................. 49 3 Optimierung mit Lean.................................. 51 3.1 Kybernetik adieu?............................................. 52 3.2 Wirkungen des Projektmanagements............................. 54 3.2.1 Beispiel 1: Mit oder gegen Kräfte.......................... 56 3.2.2 Beispiel 2: Projekt-Timing................................ 57 3.2.3 Beispiel 3: Bewegliche Ziele............................... 59 3.2.4 Beispiel 4: Unterschiedliche Sequenz....................... 61 3.3 Konsequenzen für das Projektmanagement........................ 62 3.4 Mit Lean Project Management zum Projektoptimum................ 67 3.4.1 Lean-Philosophie in Projekten............................. 68 3.4.2 Mit der Lean-Philosophie verbundene Ansätze............... 71

VIII Inhalt 4 Modell Lean Project Management........................ 75 4.1 Baugesetze des Projekts...................................... 76 4.1.1 Ganzheitliche Betrachtung................................ 76 4.1.2 Organisationen und Unternehmen mit hohem Projektanteil.... 80 4.2 Treiber von Projekten.......................................... 88 4.2.1 Mobilisierung der Kräfte................................. 89 4.2.2 Positionierung der Player............................... 91 4.3 Kosmos und Synergismus im Lean Project Management.......... 98 5 Die Prinzipien des Lean Project Management............... 105 5.1 Integrierte Projektphasen....................................... 114 5.2 Wert des Projektergebnisses.................................... 116 5.3 Konzeption des Wertstroms..................................... 126 5.4 Lieferantenintegration......................................... 129 5.5 Funktion der Projektleitung..................................... 131 5.6 Methode der Projektdurchführung............................... 134 5.7 Projektvision................................................. 135 5.8 Projektkultur................................................. 138 5.9 Visual Management............................................ 143 5.10 Ausgeglichenheit der Projekt ressourcen-inanspruchnahme.......... 144 5.11 Bedarfsgerechte Erstellung der Leistungen........................ 147 5.12 Streben nach Perfektion........................................ 148 6 Lean Project Management Produkte...................... 151 6.1 Lean Product Development: Schlankes Projektmanagement in der Industrie............................................... 152 6.1.1 Integrierte Projektphasen................................ 152 6.1.2 Wert des Projektergebnisses.............................. 154 6.1.3 Konzeption des Wertstroms............................... 155 6.1.4 Lieferantenintegration................................... 156 6.1.5 Funktion der Projektleitung............................... 159 6.1.6 Methode der Projektdurchführung......................... 160 6.1.7 Projektvision........................................... 163 6.1.8 Projektkultur........................................... 163 6.1.9 Visual Management..................................... 164 6.1.10 Ausgeglichenheit der Ressourceninanspruchnahme.......... 165 6.1.11 Bedarfsgerechte Erstellung der Leistungen.................. 166 6.1.12 Streben nach Perfektion.................................. 166 6.1.13 Stärken und Schwächen des Lean Product Development....... 171 6.2 Scrum: Schlankes Projektmanagement in der Softwareentwicklung.. 173 6.2.1 Integrierte Projektphasen................................ 173

Inhalt IX 6.2.2 Wert des Projektergebnisses.............................. 175 6.2.3 Konzeption des Wertstroms............................... 176 6.2.4 Lieferantenintegration................................... 177 6.2.5 Funktion der Projektleitung............................... 177 6.2.6 Methode der Projektdurchführung......................... 179 6.2.7 Projektvision........................................... 179 6.2.8 Projektkultur........................................... 180 6.2.9 Visual Management..................................... 180 6.2.10 Ausgeglichenheit der Ressourceninanspruchnahme.......... 182 6.2.11 Bedarfsgerechte Erstellung der Leistungen.................. 183 6.2.12 Streben nach Perfektion.................................. 183 6.2.13 Stärken und Schwächen von Scrum........................ 187 6.3 Lean Public-Private Partnership (PPP)............................ 188 6.3.1 Bausteine der Lean PPP.................................. 188 6.3.2 Vision und Wert in der Lean PPP.......................... 192 6.3.3 Stärken und Schwächen der Lean PPP...................... 200 7 Praxisleitfaden Lean Project Management................. 203 7.1 Projektvolumen............................................... 205 7.1.1 Großes oder mittelgroßes Projekt.......................... 206 7.1.2 Kleines Projekt......................................... 208 7.2 Projektfelder.................................................. 210 7.2.1 Forschung.............................................. 210 7.2.2 Industrie, Dienstleistung................................. 211 7.2.3 Öffentliche Hand........................................ 212 7.3 Projektqualitäten.............................................. 214 7.3.1 Vorzeigeprojekte........................................ 214 7.3.2 Projekte mit Problemen.................................. 215 7.3.3 Projekte als Sanierungsfall............................... 216 7.4 Projekteigentümerschaft........................................ 218 7.4.1 Eigenprojekte........................................... 218 7.4.2 Eigenprojekte mit hohem Fremdleistungsanteil.............. 219 7.4.3 Risk-Sharing-Projekte.................................... 220 7.5 Projektkulturen............................................... 222 7.5.1 Erratische Projektkultur.................................. 222 7.5.2 Bürokratische Projektkultur.............................. 223 7.5.3 Offene und innovative Projektkultur........................ 224 7.6 Risikosituationen für Projekte................................... 225 7.6.1 Risikoloses Projekt...................................... 226 7.6.2 Risikoprojekt........................................... 226 7.6.3 Krisenprojekt........................................... 228

X Inhalt 8 Implementierung von Lean Project Management............ 231 8.1 Implementierungsszenarien.................................... 232 8.2 Das Management der Veränderung............................... 234 8.3 Das Management des Werts..................................... 247 8.4 Das Management der Projektpartner............................. 254 9 Perspektiven.......................................... 263 9.1 Weiterentwicklung des Projektmanagements...................... 264 9.2 Potenziale für das Lean Project Management....................... 265 9.3 Lean Portfolio Management..................................... 268 9.4 Schlussbemerkung............................................ 270 Literaturverzeichnis........................................ 273 Index.................................................... 275 Die Autoren............................................... 279

1 Erste Impulse für das Projektmanagement 1.1 Kapitelübersicht Das Fachbuch hat neun Kapitel. In Kapitel 1 werden erste Impulse in Richtung Lean gegeben. Danach erfolgt ein näherer Einblick in die Projektwelt. Wie mit Lean Project Management1 Fortschritte erzielt werden können, stellt das Kapitel 3 dar. Die Grund lagen des Lean Project Management werden im Kapitel Modell erarbeitet, gefolgt von den zwölf Prinzipien des Lean Project Management. Lean Project Management ist in der Praxis bereits verbreitet. Dies wird beispielhaft an drei Produkten vorgestellt. Die nächsten zwei Kapitel konzentrieren sich auf die Implementierung des Lean Project Management in Projekten (Leitfaden) sowie in Unternehmen und Organisationen (Implementierung). Das Fachbuch schließt mit Perspektiven für die Zukunft ab. Der Leser wird zunächst mit einer Welt konfrontiert, die auf den ersten Blick so gar nichts mit Projektmanagement zu tun hat Expeditionen zum Himalaja. Abgesehen davon, dass eine Expedition ein Projekt ist, geht es uns vor allem darum, die unterschiedlichen Wege aufzuzeigen, die zu dem gleichen Ziel führen können. Der Leser soll dafür sensibilisiert werden, dass es nicht alleine auf das Ziel ankommt, sondern auch darauf, wie das Ziel erreicht wird, welche Ressourcen hierfür erforderlich sind, und vor allem, wo unnötig Ressourcen verschwendet werden. Die Darstellung der Projektwelt soll zu einem besseren Verständnis für Erfolg und Misserfolg in Projekten führen. Die entscheidende Frage ist, unter welchen Bedingungen Projekte beherrschbar sind und unter welchen Bedingungen schwierig zu bewältigen. Im Kapitel Optimierung mit Lean wird der Leser im Rahmen einer Metapher in die Welt der Astrophysik und der Weltraumfahrt versetzt. Es geht nicht um das Management von Raumfahrtprojekten, sondern diese sollen dem Leser zu einem besseren Verständnis zur Wirkungsweise des Projektmanagements an sich, der Ursachen von Pro blemen und Abweichungen vom Projektkurs verhelfen und die Philosophie und Wirkungsweise des Lean Project Management aufzeigen. 1 In diesem Fachbuch wird der englische Begriff Lean Project Management verwendet. Lean ist als Fachbegriff auch in der deutschen Sprache eingeführt. Die Vermischung deutscher und englischer Begriffe ist unpassend, weshalb auf die englische Bezeichnung ausgewichen wurde.

2 1 Erste Impulse für das Projektmanagement Eine der entscheidenden Erkenntnisse des Lean Project Management ist der Zuschnitt von Projekten auf die Erzielung von Werten. Es werden nicht Ziele verfolgt, sondern im Kern die Werte des Projektergebnisses in den Mittelpunkt gestellt. Dies betrifft sowohl die Baugesetze der Projekte als auch die Positionierung aller Projektbeteiligten sowie alle Möglichkeiten der Vermeidung von Ressourcenverschwendung oder Ähnlichem. Es kann und wird kein Standard-Lean-Project-Management geben, welches in den verschiedensten Projektarten eingesetzt werden kann. Was grundsätzlich immer anwendbar ist, sind die Lean-Project-Management-Prinzipien. Diese geben den Rahmen für die jeweils individuelle Ausprägung vor. Im nachfolgenden Kapitel werden drei Lean-Project-Management-Produkte vorgestellt, Lean Product Development, Scrum und Lean PPP (Lean Public Private Partnership). Dem Leser wird anschließend ein Leitfaden in die Hand gegeben, der die Grundlage für die Implementierung in der täglichen Projektpraxis schaffen soll. Der Leitfaden gibt Empfehlungen z. B. für große und kleine Projekte, Vorzeige- und Sanierungsprojekte und andere Gegebenheiten. Dann erfolgt ein Wechsel der Blickrichtung. Es wird nun die Frage gestellt, in welchen Organisationsformen Lean Project Management implementiert werden kann. Die drei Organisationsformen sind die Matrixorganisation, die fraktale Organisation sowie die Organisation für Spezialfälle. Bei der Matrixorganisation steht das Management der Veränderung im Fokus (wegen häufig anzutreffender Diseconomies of Scale). Bei der fraktalen Organisation ist dies das Management des Werts, und bei der Organisation für Spezialfälle konzentriert sich die Betrachtung darauf, wie das Management der Partner implementiert werden kann. Abschließend werden Perspektiven für die Weiterentwicklung des Projektmanagements, die Potenziale des Lean Project Management und die notwendige Behandlung des Lean Portfolio Management aufgezeigt. Eine Übersicht über die Kapitel und deren Inhalte sind Bild 1.1 zu entnehmen.

1.2 Mit Lean Geschichte schreiben: Nanga Parbat 3 Erste Impulse Projektwelt Optimierung mit Lean Modell Zwölf Prinzipien Produkte Praxisleitfaden Implementierung Perspektiven Nanga Parbat Drei Gesichter des Projektmanagements Neues Projektverständnis durch Lean Erfolgs-/Misserfolgsfaktoren Handlungsbedarf Beherrschbarkeit von Projekten Kybernetik adieu Was macht Projektmanagement wirklich? Projektoptimum mit Lean Baugesetze des Projekts Treiber erkennen Lean Project Management Die zwölf Prinzipien des Lean Project Management Lean Product Development Scrum Lean PPP Handlungsempfehlungen für sechs Projektcharakteristika Management der Veränderung Management des Wertes Management der Partner Weiterentwicklung Projektmanagement Potenziale Lean Project Management Lean Portfolio Management Bild 1.1 Kapitelübersicht 1.2 Mit Lean Geschichte schreiben: Nanga Parbat Der Nanga Parbat zählt mit einer Gipfelhöhe von 8125 Metern zwar zu den sogenannten kleinen Achttausendern, die Südseite des Berges, die Rupal-Wand, gilt mit rund 4500 Metern als die höchste Steilwand der Erde. Der Himalaja mit den schnell wechseln-

4 1 Erste Impulse für das Projektmanagement den Wetterbedingungen und die aus der Sicht der Bergsteiger als besonders schwierig geltende Rupal-Flanke stellen eine außerordentliche Herausforderung für die Planung und Durchführung einer Expedition dar, welche die Gipfelbesteigung über diese Route zum Ziel hat. Im Folgenden wird gezeigt, dass man selbst auf unerwartetem Gebiet mit Lean Geschichte schreiben kann. Es werden zwei Expeditionen einander gegenübergestellt, die das gleiche Ziel hatten, die Gipfelbesteigung von Süden her, sich aber im Hinblick auf das Projektmanagement extrem unterschieden haben. Die Besteigung eines Achttausenders genügt der klassischen Definition eines Projekts: Ein Projekt ist ein zeitlich begrenztes Vorhaben mit dem Ziel, ein einmaliges Produkt, eine Dienstleistung oder ein Ergebnis zu schaffen ([1], S. 5). Somit ist ein Vergleich der beiden Expeditionen aus der Sicht des Projektmanagements legitim und führt möglicherweise zu interessanten Erkenntnissen. Die erste Expedition (die Beschreibung beruht auf der Quelle [2]), die hier betrachtet werden soll, ist die sogenannte Siegi-Löw-Gedächtnisexpedition, die von Karl Maria Herrligkoffer geleitet wurde. Herrligkoffer war ein erfahrener Expeditionsleiter, der insgesamt acht Expeditionen zu diesem Berg geführt hatte. Die Expedition begann am 8. April 1970 in München. Die Ausrüstung und ein Teil der Mannschaft fuhren mit Lkw über eine Strecke von 7500 Kilometern in die Region des Nanga Parbat, wo die Expeditionsteilnehmer am 10. Mai ankamen. Die Ausrüstung bestand aus acht Tonnen Material mit insgesamt 320 Gepäckstücken. Darunter Lebensmittel, Bergsteigerausrüstung und Zelte sowie medizinische Ausstattung. Soweit möglich, benutzte die Expedition Lastwagen. Auf der letzten Etappe verwendete man wegen des schwierigen Terrains Esel und Pferde. Die Expedition hatte 18 Teilnehmer, unterstützt von 15 Sherpas. Neben dem Basislager wurden insgesamt fünf Hochlager errichtet, die zur Akklimatisierung und der Versorgung für die Bergsteiger mit der notwendigen Nahrung und Ausrüstung, die für den Gipfelsturm vorgesehen waren, dienten. Zwischen den Hochlagern wurden Seilaufzüge für den Materialtransport eingerichtet. Der Aufstieg zum Gipfel im Juni verzögerte sich zunächst durch Schlechtwetterperioden und die Erkrankung vieler Teilnehmer. Am 27. Juni 1970 erreichten schließlich Reinhold und Günther Messner den Gipfel. Einen Tag später erreichten Felix Kuen und Peter Scholz ebenfalls den Gipfel. Während der Abstieg für Kuen und Scholz problemlos verlief, kam Günther Messner beim Abstieg über die Diamir-Flanke des Nanga Parbat ums Leben. Die zweite Expedition (Beschreibung beruht auf Quelle [3]) fand im Jahre 1978 statt. Nach mehreren Anläufen startete Reinhold Messner am 12. Juni von Rawalpindi zum Nanga Parbat. Aus rechtlichen Gründen musste die Expedition von einem Offizier und einer Ärztin begleitet werden, die jedoch im Basislager auf 4000 Meter am Fuße des Berges blieben. Nach einer Akklimatisierungsphase im Basislager von zehn Tagen startete Messner am 6. August zu seinem Alleingang auf den Gipfel, den er am 9. August um 16 Uhr erreichte. Danach wurde er von schlechtem Wetter überrascht, erreichte aber nach einem bis an die physischen Grenzen gehenden Abstieg am 11. August wieder das Basislager.

1.2 Mit Lean Geschichte schreiben: N anga Parbat 5 Die Ausrüstung von Reinhold Messner während der Gipfelbesteigung bestand aus einem Rucksack mit 15 Kilogramm, welcher die notwendige Bergsteigerausrüstung, ein Zelt und Lebensmittel enthielt. Messners Überlegungen zur Ausrüstung sind bemerkenswert: Wenn ich 20 Tage rechne, komme ich nie hoch, dann hätte ich nämlich 30 Kilogramm zu tragen, und um so viel zu schleppen, bräuchte ich nicht 20, sondern 30 Tage. Irgendwo um 15 Kilogramm liegt für mich die Grenze in dieser Höhe ([3], S. 140 f.). Mit dieser Überlegung schrieb Reinhold Messner Berggeschichte. Der Vergleich beider Expeditionen aus der Sicht des Projektmanagements führt zu interessanten Erkenntnissen: 1. Beide Projekte hatten das gleiche Ziel: Ausgewählte Mitglieder des Expeditionsteams auf den Gipfel zu bringen und eine gesunde Rückkehr zu ermöglichen. Wenngleich es zu dem tragischen Tod von Günther Messner kam, wurde auch bei der ersten Expedition das Ziel erreicht. 2. Die Ressourcen, die zur Erreichung des Ziels eingesetzt wurden, haben sich extrem unterschieden. Während die Herrligkoffer-Expedition acht Tonnen Ausrüstung und insgesamt 33 Bergsteiger und Helfer benötigte, führte Reinhold Messner die Expedition nur mit dem vorgeschriebenen Begleitpersonal (einem Armee-Offizier und einer Ärztin) und die Gipfelbesteigung im Alleingang durch und benötigte nur eine Aus rüstung von 15 Kilogramm plus das Versorgungsmaterial im Basislager. 3. Wenn man die Anreise in den Himalaja außer Acht lässt, benötigte die HerrligkofferExpedition insgesamt 49 Tage bis zur Erreichung des Gipfels. Messner hingegen benötigte hierfür nur 13 Tage. Wettervorhersagen im Himalaja sind schwierig, ein Wetterumschwung kommt oft unerwartet und ohne Vorwarnung. Je länger eine Ex pedition dauert, desto wahrscheinlicher ist, dass diese von einem Wetterumschwung mit orkanartigem Sturm und starkem Schneefall betroffen wird. 4. Die Herrligkoffer-Expedition wurde zum Zeitpunkt der Durchführung nach dem Stand der Technik des Bergsteigens in der Himalaja-Region durchgeführt. Die Vorgehensweise von Reinhold Messner hingegen war revolutionär. Messner bestieg den Nanga Parbat in einer Art und Weise, wie dies z. B. in den Alpen üblich war. Diese Form des Bergsteigens im Himalaja einzusetzen war bis zu Messners Alleingang in der Fachwelt des Bergsteigens nicht akzeptiert und wurde als sportive Form des Selbstmordes angesehen. 5. Die Beschaffung der erforderlichen finanziellen Mittel sowie die Planung und Organisation der Expedition von Karl Maria Herrligkoffer waren aufwendig und nahmen viele Monate in Anspruch. Für Reinhold Messner hingegen stellte sich diese Aufgabe weit weniger umfangreich dar. Der Vergleich der beiden so unterschiedlichen Expeditionen ist ein Paradebeispiel für das Potenzial des Lean Project Management. So wenig wie Reinhold Messner sich der von ihm angewendeten Prinzipien des Lean Management bewusst ist, so zeigt dieses Beispiel, dass Lean Management eine Philosophie darstellt, die unabhängig von der Kultur und der zu bewältigenden Aufgabe ist. Dies lässt sich auch recht eindrucksvoll am Beispiel der Polarexpeditionen von Roald Amundsen und Robert Falcon Scott zeigen (vgl. [4], S. 8 f.). Wie zeigt sich die Lean-Philosophie in der Messner-Expedition: