Dr.med. Thomas M. Ruprecht - TK Versorgungsmanagement & Entwicklung



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1975-2015: 40 Jahre Enquete-Bericht über die Lage der Psychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland 3

WHO-Statistik stationäre Versorgung ISHMT 0500 Psychiatrische Diagnosen - Datentabelle (n=18) Country Year In-patiens per 1000 populations Average length of stay, days Age-standardized admission rate per 1000 population Austria 2008 14,87 21,03 13,80 Belgium 2007 4,09 10,44 3,62 Czech Republic 2008 6,67 42,11 6,40 Denmark 2009 1,96 5,39 1,78 Finland 2008 15,14 41,43 13,69 France 2008 3,96 6,01 3,49 Germany 2008 15,36 24,20 14,53 Iceland 2008 8,79 13,75 8,49 Deutschland an der Spitze: 14,3 stationäre Einweisungen pro 1000 EW Ireland 2008 0 Italy 2006 3,87 14,95 3,55 Luxembourg 2007 11,16 15,41 10,50 Netherlands 2008 1,17 19,32 1,07 Norway 2009 1,99 4,19 1,78 Poland 2008 6,77 33,70 6,40 Portugal 2008 2,09 16,89 1,96 Spain 2005 1,72 15,01 1,57 Switzerland 2008 10,85 34,29 10,06 United Kingdom 2008 2,71 47,45 2,45 4 Dr. Thomas Ruprecht, Versorgungsmanagement VM.1

Um- und Re- statt De-Institutionalisierung Fachkrankenhäuser und Fachabteilungen für Psychiatrie und Psychotherapie (2013/*2005): Psychiatrie und Psychotherapie (Erwachsene) n= 405 54.433 Betten/Plätze Suchtbehandlung 2.690* Betten/Plätze Gerontopsychiatrie 2.421* Betten/Plätze Kinder- und Jugendpsychiatrie/-psychotherapie n= 142 5.941 Betten/Plätze Psychotherapeutische Medizin / Psychosomatik n= 220 9.679 Betten/Plätze Forensische Psychiatrie N= 71 8.670 Betten/Plätze Forensische KJP N= 6 62 Betten/Plätze Zwischensumme N= 844 83.896 Betten/Plätze Vorsorge-/Reha-Kliniken für Psychiatrie/Psychotherapie N= 394 31.797 Betten/Plätze Insgesamt 2013 N= 1238 115.693 Betten/Plätze [Krankenhäuser + Vorsorge/Reha mit Neurologie n= 582 40.924 Betten/Plätze!] Zum Vergleich 1972 (Psychiatrie-Enquete, BDs 7/4200, 87) N=241 111.450 Betten/Plätze Veränderung 1972 zu 2013 (ohne Neurologie): n= +513% + 3,8% Betten/Plätze RKI 2010, Wienberg 2008, Destatis 2013 5

Trend zur stationären Versorgung seit 1987 (GKV) Krankenhausaufenthaltsdauer bei F-Diagnosen im Ø zwischen 8,4 und 41,4 Tage, stetig steigend pro Jahr gesamt, bei allgemein rückläufiger Verweildauer pro Fall Vergütung: Ø 220 pro Tag pauschal, ohne Begrenzung Durchschnittserlös pro Fall: ca. 1.800-9.000 Fälle je 100 Versicherte (1987 0,54 Fälle/ 2005 0,93 Fälle ) 6 Dr. Tolzin, MDK MV

"Es spricht nichts dafür, dass heute weniger Menschen mit psychischen Störungen in institutionellen Bezügen versorgt werden als zu Zeiten der Enquete." (Wienberg 2008) " Auf der anderen Seite gibt es alte und neue Tendenzen zur Ausgrenzung der»schwierigen«in gemeindeferne Institutionen am Rande oder außerhalb der psychiatrischen Versorgung, die nicht in der Lage sind, den besonderen Unterstützungsbedarf, der sich aus der psychischen Störung ergibt, angemessen abzudecken." (Wienberg 2008) 7 Dr. Thomas Ruprecht, Versorgungsmanagement VM.1

Inverse Care Law "Tendenziell variiert die Verfügbarkeit guter medizinischer Versorgung umgekehrt zum Bedarf in der betroffenen Population. " "The availability of good medical care tends to vary inversely with the need for it in the population served. This... operates more completely where medical care is most exposed to market forces, and less so where such exposure is reduced." (Julian Tudor Hart 1971) 8 Dr. Thomas Ruprecht, Versorgungsmanagement VM.1

Direkte Ausgaben insgesamt/100.000 Einwohner und Jahr Förderlehrgänge, Berufsförderungs- und Bildungswerkstatt Erwerbsminderungsrente (teilweise EWM) Integrationsfirmen Beteiligung an der Finanzierung sozialpsychiatrischer Dienste (GKV) Zuverdienstarbeitsplätze Psychiatrische Institutsambulanzen Tagesstätten Werkstätten für Behinderte (WfB) Wohnheime für WfB-Nutzer Suchtberatung/Suchthilfe Sozialpsychiatrische Dienste Psychiatrische Krankenhäuser Sozialhilfe Erwerbsminderungsrente (volle EWM) Hilfen zum Lebensunterhalt (HLU) Therapeutische Wohngemeinschaften, Psychiater, Kinder- u. Jugendpsychiater, Neurologen, Nervenärzte Übergangseinrichtungen DRV-B, Reha-Leistungen für Teilhabe am Arbeitsleben (Geldleistungen,diverse) DRV-B, stationäre Reha-Leistungen Langzeiteinrichtungen Hausärzte (inkl. psychosomatische Grundversorgung), Fachambulanzen Arbeitsunfähigkeit (Krankengeld) Ärztl. u. Psychologische Psychotherapeuten Psychopharmaka (teil-)stationäre Psychiatrie 15.360 22.466.028 19.234 48.120 60.000 81.240 165.600 207.360 210.480 225.480 267.600 282.600 317.520 430.182 360.000 404.640 570.000 661.680 728.117 900.153 1.413.600 1.546.900 1.604.750 1.750.000 3.262.500 Direkte Ausgaben für psychisch Kranke pro Einwohner D / Jahr: ca. 225 pro 100.000 EW/Jahr: ca. 22,5 Mio. bundesweit insgesamt /Jahr: mindestens 18 Mrd. (teil-)stationär (ohne MRV): 31% Pharmaka: 15% Ambulante Psychotherapie: 8% Krankengeld: 7% PIA: < 1% 6.932.912 Best 2012, DRV-B, Melchinger 2006, Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen - 5.000.000 10.000.000 15.000.000 20.000.000 25.000.000 10 Dr. Thomas Ruprecht, Versorgungsmanagement VM.1

Direkte Ausgaben für psychisch Kranke (pro 100.000 Einwohner) (Teil-)stationäre Psychiatrie inkl. stationäre Reha Therapeutische Zuwendung (ambulant) Medikamente Geldleistungen (Lohnersatz, Erwerbsminderungsrenten) 8.150.585 4.850.060 3.262.500 3.142.283 Direkte Ausgaben/Einwohner BRD/Jahr: ca. 225 ( 6% von insgesamt: 3.740 /a) Direkte Ausgaben/100.000 EW/Jahr: ca. 22,5 Mio. Direkte Ausgaben bundesweit/jahr: mindestens 18 Mrd. Unterbringung/Wohnen Berufliche Unterstützung 355.200 2.705.400 Nur 23% für ambulante Zuwendung und Hilfe Direkte Ausgaben insgesamt pro Jahr 22.466.028-5.000.000 10.000.000 15.000.000 20.000.000 25.000.000 11 Best 2012, DRV-B, Melchinger 2006, Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen

Direkte Kosten - Anteile Sozialversicherungssektoren Anteil Krankenkassen (GKV, SGB V): 71% je 100.000 Einwohner: ca. 16 Mio Anteil Länder und Kommunen (SGB XII, IX, X, II): 20% je 100.000 Einwohner: ca. 4,5 Mio, davon 60% Unterbringung (Heim, betreutes Wohnen etc.) 17% Beratungsdienste 15% Geldleistungen 9% Teilhabe am Arbeitsleben Anteil Rentenversicherung (DRV-Bund, SGB VI): 9% je 100.000 Einwohner: ca. 2 Mio. Beitragszahler (KV) Steuerzahler (ESt) Beitragszahler (RV) PKV:?? Mio. Melchinger 2006, eigene Berechnungen 12 Dr. Thomas Ruprecht, Versorgungsmanagement VM.1

13 Ausgabenentwicklung stationäre Behandlung (TK)

Leistungserbringer, Rechtskreise Hausärzte (inkl. psychosomatische Grundversorgung) Neurologen/Nervenärzte Psychiater Ärztliche Psychotherapeuten Psychologische Psychotherapeuten Psychiatrische Institutsambulanzen Tageskliniken SGB V Ambulante Pflegedienste Soziotherapie Krankenhäuser (Abteilungspsychiatrie) Psychiatrische Krankenhäuser Psychosomatische Kliniken Pharmaindustrie/Apotheken Rehabilitation (stationäre Leistungen, SGB V, VI Geldleistungen Teilhabe) Deutsche Rentenversicherung-Bund (Erwerbsminderungsrenten) SGB VI Förderlehrgänge Berufsförderungs- und Bildungswerkstatt Berufliche Trainingszentren Arbeitstrainingsplätze Zuverdienstarbeitsplätze Integrationsfirmen Werkstätten für Behinderte (WfB) Sozialpsychiatrische Dienste Gerontopsychiatrische Dienste Integrationsdienst inkl. begleitender Dienst Tagesstätten Betreutes Wohnen: Intensiv betreutes Einzelwohnen Therapeutische Wohngemeinschaften Wohnheime für WfB-Nutzer Übergangseinrichtungen Langzeiteinrichtungen SGB XII, IX, X, II 14 Dr. Thomas Ruprecht, Versorgungsmanagement VM.1

AG Psychiatrie der AOLG: Bericht für die GMK 2012 "Die Fragmentierung des Finanzierungssystems und die daraus resultierende Zerstückelung des therapeutischen und rehabilitativen Leistungsgeschehens durch konkurrierende Anbieter von Teilleistungen, die primär wirtschaftliche Eigeninteressen verfolgen, sind fachlich und ökonomisch kontraproduktiv." (S. 7) "D.h. (ehemals) psychisch kranke Menschen leben rund um die Uhr in einer professionell gestalteten Lebenswelt und damit immer noch nicht oder erneut nicht in der anzustrebenden sozialen Normalität." (S.8) "Unter therapeutischen Gesichtspunkten ist außerdem zu reflektieren, ob eine zeitlich isolierte spezialisierte Behandlungsepisode ohne eine längerfristige integrierte Behandlungsplanung überhaupt ausreichend und wünschenswert ist." (S. 9) 15 Dr. Thomas Ruprecht, Versorgungsmanagement VM.1

Forderung: Bedarfsgesteuerte statt angebotsabhängige Versorgung Bisher: Finanzierung nach Rechtskreisen Sektoren Institutionen angebotsabhängige Funktion Künftig: Bedarfsabhängige Funktion Institutionen [Sektor] Finanzierung 16

Lösung Integrierte Versorgung ( 140 SGB V)?? BQS (2009): Entwicklung der integrierten Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland 2004-2008. Düsseldorf 18 Dr. Thomas Ruprecht, Versorgungsmanagement VM.1

Versorgungsinhalte des NWpG Hauptleistungen des Netzwerks 1 Ergänzung zur haus- u. fachärztlichen Regelversorgung Leistungs -erbringer Erreichbarkeit rund um die Uhr Persönlicher Ansprechpartner ("Bezugsbegleiter", MentorInnen) Trialog: Einbeziehung der Familie und Angehörigen Kranken -kasse Versicherter/ Patient 2 Zugang zu GKV-Leistungen unbürokratisch und flexibel Soziotherapie Ambulante psychiatrische Fachkrankenpflege Optional: ambulante Psychotherapie (Kurzzeit) 3 Leistungen über die GKV-Regelversorgung hinaus Zuhause-Behandlung ("Need-adapted treatment") Stabilisierung vor Ort, sonst Rückzugsraum/Krisenpension Psychoedukation, auch für Angehörige 4 Synergie zu komplementären Angeboten (z.b. SGB XI, XII) Ambulante Rehabilitation berufliche Wiedereingliederung Betreutes Wohnen 20 NetzWerk psychische Gesundheit (NWpG) - Dr. Thomas Ruprecht, Versorgungsmanagement VM.1

NWpG: Regionen, Teilnehmende, weitere Kassen 13 Verträge in 12 Bundesländern ca. 9.000 Teilnehmende (TK) Potential TK-gesamt: ca. 100.000 Versicherte z.z. bundesweit größtes selektivvertragliches Angebot zur ambulanten Versorgung chronisch psychisch Kranker Beigetretene Krankenkassen: KKH-Allianz (in Bayern zum 1.10.2010, bundesweit zum 1.7.2011) DAK Sachsen und Schleswig-Holstein (2011) AOK Rheinland-Hamburg (Hamburg) zum 1.6.2012 Barmer-GEK (Pilotregionen in NRW seit 2013) Gleichlautende Parallelverträge: GWQ (16 BKKn) (2011) AOK Bremen (2012) Knappschaft Hessen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein (2011) 21

TK-Versichertenbefragung NWpG 2013 (Stichprobe ohne Regionalbezug, N=313, nicht repräsentativ) 1. 72% vergeben die Schulnote 1 oder 2 2. 44% fühlen sich besser informiert 3. 62% können mit ihrer Krankheit besser umgehen 4. 58% verändern belastende Dinge in ihrem Umfeld 5. Bei jedem Zweiten (51%) hat sich der Gesundheitszustand verbessert 6. In 47% der Fälle hat das NetzWerk in der Krise geholfen 7. Fast ein Viertel (22%) nimmt weniger Psychopharmaka 8. Fast ein Drittel (32%) hat das NetzWerk anstatt des Krankenhauses genutzt 9. Nur 14% sagen, dass es nichts gebracht hat 22

Modellvorhaben nach 64b in Bremerhaven Senator für Gesundheit des Landes Bremen Krankenkassen Bremen/Bremerhaven (Federführung: AOK, TK) Alle relevanten Leistungserbringer in Bremerhaven Institut für Sozialpsychiatrie an der Universität Greifswald (ISP) Auftrag für 2014/2015: "Erarbeitung eines konsentierten Umsetzungskonzeptes zur Implementierung eines personenorientierten, umfassenden, sektorübergreifenden, nicht an Partikularinteressen gebundenen Steuerungssystems für psychiatrische Leistungen nach dem SGB V, SGB XII und SGB IX in der Versorgungsregion Stadt Bremerhaven" 24

Kernfunktionen der Versorgung im Modellvorhaben Spezialversorgung gemäß Modellvorhaben Funktion Komplexe ambulante Behandlung Funktion Assessment Evaluation Funktion Rückzugsraum (ggf. in Kombination mit Behandlung) Funktion Komplexe intensive Behandlung im Krankenhaus ambulantes, multiprofessionelles Gemeindepsychiatrisches Team inkl. Fallmanagement Funktion Komplexe ambulante Behandlung im Lebensumfeld Funktion Krisen-intervention P r o j e k t i n h a l t Ergänzende vertragsärztliche Grundversorgung APP Ambulante Ergotherapie Soziotherapie Vertragsärztliche Grundversorgung (KV) Ambulante Regelbehandlung durch niedergelassene Haus- und Fachärzte 25

26 Kernfunktionen des gemeindepsychiatrischen Teams

Die TK hat zum 01.04.2014 in Kooperation mit der Freien Universität Berlin - Prof. Dr. Knaevelsrud - ein Beratungsprogramm für TK- Versicherte mit leichten und mittelschweren depressiven Erkrankungen, den TK- DepressionsCoach gestartet. Das Programm wird im Rahmen eines Piloten mit 500 TK- Versicherten erprobt und von der FU wissenschaftlich begleitet. 28 Dr. Thomas Ruprecht, Versorgungsmanagement VM.1

Wer Neues schaffen will, hat alle zu Feinden, die aus dem Alten Nutzen ziehen. Niccolò Machiavelli (1469-1527) 29

Kontakt: Dr.med. Thomas M. Ruprecht Techniker Krankenkasse Bramfelder Str. 140 D22305 Hamburg Tel. +49 40 6909-2812 dr.thomas.ruprecht@tk.de

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