Schütteltrauma bei Säuglingen

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Schütteltrauma bei Säuglingen Symptome, Diagnostik und Prävention Vortrag: Frau Elstner-Neugebauer, Familiengesundheitskinderpflegerin Frau Siebeneicher, Dipl. Sozialarbeiterin/Koordinatorin Familienhebammen- und Familiengesundheitshilfe Februar 2015

Einführung In Deutschland erleiden jedes Jahr gesichert etwa 100 Kinder ein Schütteltrauma, häufig weil ihre Eltern oder andere Betreuungspersonen in einem Moment der Ohnmacht und Überforderung die Beherrschung verlieren Mindestens jedes dritte Kind stirbt daran. Es gibt auch Schätzungen, die eine Todesrate von 90 % bei Säuglingen annehmen Die Dunkelziffer ist vermutlich wesentlich höher ( vorsichtige Schätzungen: 100 bis 200 Kinder sterben jährlich daran!) Das Schütteltrauma ist die häufigste Misshandlung bei Säuglingen Bis zu 10% aller Kindesmisshandlungen betreffen das Gehirn Schätzungen zufolge sind bis zu 80% der Todesfälle an Gehirnverletzungen bei Säuglingen auf nicht zufällige Verletzungen zurück zu führen Gehirnverletzungen sind die häufigste Todesursache bei Säuglingen im 2. Lebenshalbjahr

Was passiert, wenn ein Baby geschüttelt wird? Ein Schütteltrauma wird verursacht durch: kräftiges Hin- und Herschütteln des Kindes, wobei der Kopf nach vorn und zurück geschleudert wird oder durch Schütteln und anschließendem Aufschlagen des Kopfs auf eine harte Fläche ruckartige Bewegungen, die zu schweren Hirnverletzungen führen Bereits 5 Sekunden lang Schütteln ist lebensgefährlich!

Grobes Schütteln schädigt das Babygehirn irreperabel 2 Blutung Schüttelbewegung 1 Fontanelle Duramater Brückenvenen 1 Schädelknochen Das Hirngewebe ist noch sehr flüssigkeitsreich und relativ schwer. Umso heftiger wirken sich die Zugkräfte des Schüttelns auf das Schädelinnere aus Beim Schütteln verschiebt sich das Gehirn, es kommt zu Zerreißungen der Brückenvenen, die das Hirngewebe mit der Duramater, der harten Innenauskleidung des Schädels verbinden. Aus den Venen blutet es. 2 Der Aufprall des Hirns auf das harte Schädelinnere löst Quetschungen und Prellungen aus, die wiederum zu Ödemen führen. Diese Schwellungen und Ödeme sowie die Blutungen bewirken tödliche oder irreperable Zerstörungen von Zellgewebe.

Was passiert, wenn ein Baby geschüttelt wird? CT-Bild einer durch Schütteln verursachten Hirnblutung (Pfeil) zwischen Hirnhaut und Gehirn

Welche Symptome gibt es bei einem Schütteltrauma des Säuglings? Neben Schreckhaftigkeit, Trinkschwäche, Schläfrigkeit, verstärktem Unwohlsein und Unruhe können die Hirnverletzungen zu Apathie, epileptischen Anfällen, Erbrechen sowie Herzrhythmusstörungen und Atemstörungen bis hin zu Atemnot und zum Tod führen Auch wenn es direkt nach dem Schütteln nicht zu sichtbaren Symptomen kommt, kann das Trauma zu neurologischen Langzeitschäden führen Solche Langzeitschäden sind Seh- und Sprachstörungen sowie Entwicklungsverzögerungen, Behinderungen und Tod.

Diagnose des Schütteltraumas Eine genaue Diagnose kann aufgrund von drei Beobachtungen getroffen werden: 1. Blutungen in der Netzhaut des Auges 2. Keine Hinweise auf äußere Verletzungen und Fehlen deutlicher Erklärungen der Eltern zur möglichen Ursache 3. Blutungen (Hämatom) und Flüssigkeitsansammlungen (Hygrom) zwischen Hirnrinde und Gehirn Eine Computer- oder Magnetresonanz-Tomographie ermöglicht die bildliche Darstellung der Veränderungen im Gehirn Wenn das Schütteln noch nicht allzu lange zurück liegt, sind auf der Brust oder an den Armen des Säuglings Hämatome sichtbar, die vom Festhalten während des Schüttelns herrühren Weiterhin können frische oder alte Knochenbrüche Hinweise auf vorangegangene Misshandlungen sein und den Verdacht auf ein Schütteltrauma erhärten

Prävention In den ersten Lebenswochen und -monaten gehört Schreien zum normalen Alltag. In der Regel nimmt das Schreien in den ersten beiden Lebensmonaten zu und erreicht meist in der sechsten Lebenswoche seinen Höhepunkt. Das Baby ist dabei, einen Rhythmus zwischen Schlafen und Wachsein zu lernen. Nach der sechsten Lebenswoche werden die Schreiperioden in der Regel kürzer, bis sie nach drei Monaten fast oder ganz verschwinden. Alter (ca.) durchschnittliche Schreidauer pro Tag bis 6. Lebenswoche : 1,5 Stunden ab 6. Lebenswoche: 2,5 Stunden ab 16.Lebenswoche: 1 Stunde Manche Babys schreien besonders viel und lassen sich kaum beruhigen. Viele Eltern sind dann verunsichert oder geraten an die Grenzen ihrer Belastbarkeit

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Schreien ohne erkennbaren Grund Sogenannte Schreibabys können eine starke Belastung bedeuten und an den Kräften und Nerven der Eltern zerren. Vor allem unerfahrene Eltern können hierdurch stark verunsichert werden: Sie können sich das Schreien nicht erklären. Sie nehmen an, dass sie in der Pflege oder im Umgang mit dem Kind Fehler machen, oder sind enttäuscht, dass sich ihr Kind nicht von ihnen beruhigen lässt.

Beruhigungsversuche durch Zureden, Vorsingen, Körperkontakt, sanfte Massage Hektische Beruhigungsversuche vermeiden und nicht zu viel ausprobieren. Das Kind wird sonst nur überreizt und noch unruhiger Wenn sich das Kind bereits eingeschrien hat, kann ein Umgebungswechsel oder ein kurzer Spaziergang an der frischen Luft gut tun Möglichkeiten der Selbstberuhigung und Entspannung nutzen, Musik hören oder Tee trinken

Wenn das Kind auch nach längerer Zeit nicht aufhört zu schreien und die Nerven zunehmend angespannt sind, ist es sinnvoll, sich mit dem Partner abwechselnd um das Kind zu kümmern Wenn Mutter oder Vater allein mit dem Kind sind und merken, dass ihnen das Schreien unerträglich wird, sollte das Kind in sein Bett oder an einen anderen sicheren Platz gelegt werden und es ist dann besser den Raum zu verlassen, bevor der Kragen platzt und unüberlegt gehandelt wird Verwandte, Freunde und Bekannte können vielleicht kurzfristig zur Seite stehen Rechtzeitig Hilfe suchen, wenn das Gefühl entsteht, das Schreien nicht mehr zu verkraften z.b. bei Kinderärzten Schreiambulanzen Emotionelle Erste Hilfe Gesundheitsämtern Familienhebammen

Quellenangaben http://www.bitte-nicht-schuetteln.de/impressum.php November 2014 Saarländisches Ärzteblatt Ausgabe 2/2011 http://www.kinderschutzniedersachsen.de/index.cfm?1708b2789c33df782c2053407e2 34F1B November 2014 http://www.medizinauskunft.de/artikel/familie/kind/09_01_schuett eltrauma.php November 2014 http://www.fruehehilfen.de/fruehe-hilfen/forschung/statistik-datenund-fakten/daten-und-fakten/ 7.1.15 NDR fernsehen : Lebensgefahr Schütteltrauma, Visite 17.06.2014

Foto: http://officeimg.vo.msecnd.net/en-us/images/mh900400739.jpg Foto: Barbara Schmidt, Berlin