Elektronik für Physiker, RWTH, SS 2003, T.Hebbeker



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7. E1 TH 03 Digitalelektronik 1 Elektronik für Physiker, RWTH, SS 2003, T.Hebbeker 2003-07-17 SKRIPTTEIL 7 8. Digitalelektronik Das Wort digital ( lat. digitus = Finger = Ziffer) wird heute im Zusammenhang mit Computern und in der Elektronik verwandt für die Darstellung von Daten durch bits, also eine Sequenz von Spannungszuständen low und high. Es gibt also nur die beiden Stufen und keine Zwischenwerte. Im Prinzip könnte man mehr als zwei ( binär, dual ) Zustände zulassen, aber in der Praxis findet das kaum Anwendung. Auch der Begriff analog (gr., = ähnlich) entstammt der Rechner-Technik. Analogrechner stellen reelle Zahlen durch entsprechende Spannungswerte dar, wobei im Prinzip alle Werte erlaubt sind, es gibt also stufenlose Übergänge. Heute wird der Begriff (nicht immer zu Recht!) für alle Anzeigegeräte verwandt, die nicht Ziffern zeigen, z.b. ein Drehspul-Amperemeter oder eine Analog-Uhr (!). Da viele physikalische Größen analoger Natur sind, muss zur digitalen Signalverarbeitung eine entsprechende Umwandlung erfolgen, mittels eines ADC = Analog to Digital Converter. Auf der anderen Seite benötigt man einen DAC = Digital to Analog Converter. Beispiel: ISDN-Telefonie ISDN = Integrated Services Digital Network Schalldruck elektrische Spannung Bitfolge elektrische Spannung Schalldruck Der große Vorteil der digitalen Signalverarbeitung liegt in der Störsicherheit. Kleine Spannungsänderungen verändern ein analoges Signal, nicht aber ein digitales. Digitalrechner (vom Abakus bis zum PC) arbeiten mit Ziffern und Zahlen; letztere werden heute im Dualsystem dargestellt. Beispiel: 1958 = 111 1010 0110 Die Hardware eines Computers besteht im Wesentlichen aus drei Elementen: CPU : führt logische und andere Verknüpfungen durch Memory : Speichert Daten (zwischen). Control unit : Steuerung und Synchronisierung ( Clock )

7. E1 TH 03 Digitalelektronik 2 Wie diese elektronisch realisiert werden können, werden wir im Folgenden studieren. 8.1. Logische Verknüpfungen Wir definieren zwei logische Zustände: 0 und 1. Die Zuordnung zu Spannungszuständen L (low) und H (high) kann auf verschiedene Weisen erfolgen, in der Tat sind mehrere Systeme verbreitet: Low High TTL 0 (< 0.8V ) 3.5V (3 5.5V ) CMOS 0 (< 1/3 V b ) V b (> 2/3 V b ) ECL 1.7V (< 1.5V ) 0.9V (> 1.1V ) Verbreitete Logik-Familien (zu jeder gibt es noch Unter-Familien): TTL = Transistor-Transistor-Logik, verwendet bipolare Transistoren. Versorgungsspannung V b = 5 V. CMOS = COS/MOS = Complementary (Symmetric) Metal Oxide Semiconductor: aus n- und p-mosfet in Serie, mit gemeinsamem Gate-Anschluss; einer der beiden Transistoren sperrt, der andere leitet, es fließt also praktisch kein Strom, der Energieverbrauch ist sehr klein! ECL = Emitter-Coupled Logic (Transistoren operieren immer in der Nähe des Arbeitspunktes hohe Leistung, hohe Geschwindigkeit) Wir verwenden im Folgenden die TTL-Definition (bzw. CMOS mit V b = 5 V). Im einfachsten Fall werden zwei Eingangsgrößen a, b logisch zu einem Ausgangswert y verknüpft. Die wichtigsten Verknüpfungen sind:

7. E1 TH 03 Digitalelektronik 3 Mathematische Schreibweise 1 y = a b = a b (UND) y = a + b (OR) y = ā (NOT ) (1) Die technischen Realisierungen, Logik-Gatter, werden mit den folgenden Symbolen in Schaltplänen dargestellt: Leider gibt es keine universelle Konvention... IEC ist die europäische NORM 2. Man beachte: Ein kleiner Kreis am Ein- oder Ausgang bedeutet NOT. Die Spannungsversorgung wird nicht mit eingezeichnet. Die Eingänge müssen entweder auf 0 oder 3.5 5 V gelegt werden. Offene Eingänge sollte man vermeiden, sie sind nicht immer wohldefiniert. Wie obige Tabelle zeigt, gibt es gewisse Toleranzbereiche, in denen die Spannungen eindeutig den logischen Zuständen zugeordnet werden können. TTL: 1 auch hier gibt es alternative Notationen... 2 Wir werden es nicht schaffen, konsequent immer nur eine Norm zu verwenden!

7. E1 TH 03 Digitalelektronik 4 Ein- und Ausgangsgrößen von Gattern sind in der Regel nicht statisch, sondern werden periodisch verändert - so entsteht eine Bitfolge auf einer seriellen Datenleitung. Während des (möglichen) Umschaltens zwischen H und L ist für einen Moment der Zustand undefiniert. Deshalb benutzt man ein Taktsignal, dessen ansteigende Flanke gültige Zeitpunkte definiert: Natürlich kann man auch Gatter mit n > 2 Eingängen bilden, die sich aber immer aus mehreren n = 2-Bausteinen zusammensetzen lassen: y = a + (b + c) = (a + b) + c = a + b + c (2) Die technische Realisierung von AND und OR kann mit Dioden erfolgen, invertieren (NOT) erfordert einen Transistor: In der Praxis benutzt man immer auch mindestens einen Transistor, um dem Ausgang zu einer kleinen Impedanz zu verhelfen. Im folgenden werden wir die Gatter als black box einsetzen und den inneren Aufbau ignorieren! Bei 2 Eingängen gibt es insgesamt 16 verschiedene Wertetabellen, drei der Gebräuchlicheren sind (neben UND und OR) diese:

7. E1 TH 03 Digitalelektronik 5 NAND und NOR sind negierte AND- und OR-Gatter; das exklusive OR nennt man EXOR oder XOR. Auch digitale Schaltungen können mit PSpice simuliert werden. Dabei werden die Spannungsquellen nicht eingezeichnet und zunächst nur mit logischen Zuständen (und nicht mit physikalischen Signalen wie Spannungen und Strömen) gerechnet: 0, 1, Z = undefiniert(ausgang), X = egal(input) (3) Beispiel: NAND-Gatter Besonderheiten: bevor die digitalen Pulsgeber ( DigStim ) angeschlossen werden, müssen Knoten mit einem Label versehen werden. Das geschieht durch Doppelklicken auf ein Leitungselement. Hier: a und b am Eingang, c am Ausgang 3. Wenn dann die DigSim-Elemente hinzugefügt werden, müssen sie die gleichen Namen bekommen ( STIMULUS=a ). Nachdem diese Zuordnung vorgenommen worden ist, werden durch Doppelklick auf das DigStim-Symbol die Attribute dieses Rechteckgenerators unten. 3 Manchmal sind die Anschlüsse auch schon von PSpice vorgegeben, hier A, B,..., siehe auch Flip-Flop 7476 weiter

7. E1 TH 03 Digitalelektronik 6 eingestellt - die Frequenz muss auf jeden Fall eingegeben werden. Die Simulation wird als transient analysis ausgeführt. Beachte: Masse/Erde ist hier nicht erforderlich. Man kann durch Verknüpfung mehreren Gattern diverser Typen die Funktion eines ganz anderen Gatters nachbilden. Beispiel: Eine bestimmte logische Verknüpfung kann man auf verschiedene Weisen realisieren. Beispiel: Eine der wichtigsten Rechengesetze im Zusammenhang mit logischen Verknüpfungen sind die DeMorgan schen Regeln: In Symbolform: a + b = ā b a b = ā + b (4)

7. E1 TH 03 Digitalelektronik 7 Ein Gatter, aus denen man alle anderen durch Kombination aufbauen kann, ist das NAND-Gatter. Auch das NOR-Gatter hat diese universelle Eigenschaft, nicht jedoch UND und OR, da sie nicht die Verneinung erzeugen können. Man hat sich für das NAND-Gatter als Universalgatter entschieden; man kann es in Form integrierter Bausteine kaufen; diese enthalten meist gleich mehrere Gatter: Der Baustein 7400 (alias 74HC00 alias... ) wird mit 5 V betrieben. Die Ein- und Ausgangsimpedanzen sind von der Größenordnung > 1 kω bzw. < 100 Ω Meist wird statt dieser Werte der Fan-Out angegeben, das ist die Zahl von Gattern, die an den Ausgang eines Gatters der gleichen Elektronik- Familie angehängt werden kann. Größenordnung: 10 für TTL, 100 bei CMOS. Offenbar spielen logischen Verknüpfungen eine wesentlichs Rolle in Computerprogrammen. Der Computer soll aber auch rechnen, und zwar soll er insbesondere die Grundrechenarten Addition (Subtraktion) und Multiplikation (Division) beherrschen. Addition und Subtraktion kann man leicht aus logischen Verknüpfungen aufbauen; wie man die Multiplikation realisiert, sehen wir in Kapitel 8.2.

7. E1 TH 03 Digitalelektronik 8 Beispiel: Volladdierer-Baustein Will man zwei Binärzahlen addieren, so geht man vor wie bei der dezimalen Addition, man addiert nämlich bei der niedrigsten Stelle anfangend die entsprechenden Ziffern und berücksichtigt Überträge ( carriage ): Die Funktionstabelle für den einstelligen Dualaddierer sieht so aus: Eine mögliche Realisierung durch Gatter ist diese: 8.2. Flip-Flops Ein Flip-Flop haben wir schon in Kapitel 5.1. mit einer Schaltung aus 2 Transistoren realisiert. Es handelt sich um einen 1-bit-Speicher. Speicherelemente sind neben den Logik-Gattern wesentliche Elemente der Computertechnik. Obwohl die beiden Kategorien ganz verschiedene Aufgaben erfüllen und von der Funktion her nichts miteinander zu tun haben, kann man ein Flip-Flop leicht durch Kombination zweier NAND-Gatter herstellen:

7. E1 TH 03 Digitalelektronik 9 Nehmen wir an, die Eingänge liegen beide auf 0 und Ausgang Q 2 auf 1. Dann folgt Q 1 = 0 und weiter Q 2 = 1! Es handelt sich also um einen stabilen Zustand. Setzen wir jetzt (nur) den Eingang X 1 auf 1 : nichts passiert. Wenn dagegen (nur) X 2 high wird, klappen die Ausgänge um: Q 1 = 1, Q 2 = 0, es ist wieder ein stabiler Zustand erreicht, der solange bestehen bleibt, bis X 1 auf 1 gesetzt wird. Gleichzeitig dürfen die Eingänge nicht auf logisch Eins gesetzt werden! Man nennt Q 1 Q auch den komplementären Ausgang, da ja immer Q 1 = Q 2 Q gilt. Wie in diesem Beispiel ist bei vielen Flip-Flops der Zustand bei Einschalten der Versorgungsspannung undefiniert, man muss also erst ein Reset (s.u.) durchführen, um eine wohldefinierte Ausgangssituation zu schaffen. 8.2.1. Flip-Flop-Typen Es gibt eine Vielzahl von Flip-Flops, die als black box in Form von Chips produziert werden. Wir stellen die wichtigsten vor und gehen dann etwas genauer auf den integrierten Schaltkreis 7476 des Baukastens ein. Zunächst einmal unterscheidet man zwischen Flip-Flops mit statischen und dynamischen Eingängen, mit den folgenden Symbolen 4 : Erstere (oben in der Abbildung) benötigen zum Umschalten einen Zustand (0,1), der eine bestimmte Zeit andauert. Zu dieser Kategorie gehört das NAND-basierte Flip-Flop aus dem vorherigen Abschnitt. Dynamische Eingänge = Takteingänge (unten), im Schaltsymbol durch ein spitzes Dreieck angedeutet, reagieren nur auf schnelle Änderungen der Spannung am Eingang, das Schalten erfolgt beim Übergang 0 1 (oder 1 0). 4 A 2 ist hier der komplementäre Ausgang, angedeutet durch den kleinen Kreis

7. E1 TH 03 Digitalelektronik 10 Ein RS-Flip-Flop hat einen Takteingang (Clock) und zwei Steuereingänge (Set und Reset): Die beiden Steuereingänge dürfen nicht gleichzeitig auf 1 liegen. Sind beide auf 0, ändern sich die Ausgänge auch bei Eintreffen eines Clocksignals nicht. Falls S = 1, schaltet ein Clockpuls A 1 auf 1 bzw. A 1 verbleibt in diesem Zustand; A 2 = Ā 1. Entsprechend führt R = 1 auf A 1 = 0. Wie kann man nun ein dynamisches (RS-)Flip-Flop realisieren? Auch das gelingt mit Hilfe von Gattern: Man kann sich leicht davon überzeugen, dass diese Schaltung (statisches Flipflop wie oben + vorgeschalteten Takteingang) wie ein dynamisches RS-Flip-Flop funktioniert. Gleichzeitig dürfen die statischen Eingänge R und S nicht auf 1 gesetzt werden. Das JK-Flip-Flop funktioniert wie ein RS-Flipflop, erlaubt aber, dass beide Eingänge auf 1 liegen. Wenn das der Fall ist führt das nächste Taktsignal zum Umkippen der Ausgänge in den jeweils anderen Zustand 5. Dieses neue Verhalten des Umklappens ( toggel ) zeigt das T-Flip-Flop auch ohne statische Steuereingänge: 5 Die Buchstaben J und K haben keine tiefere Bedeutung

7. E1 TH 03 Digitalelektronik 11 In der Regel gibt es zusätzlich zum Clockeingang einen Reset-Eingang. Das T im Namen steht für Trigger. T-Flip-Flops haben eine wichtige Eigenschaft: Ein am Eingang anliegendes Rechtecksignal der Frequenz ν wird in ein Rechtecksignal der Frequenz ν/2 umgewandelt: Frequenzuntersetzer : Offenbar ist das JK-Flip-Flop das universellste der drei vorgestellten Typen. Ein T-Flip-Flop kann man einfach auf folgende Weise aus einem RS- oder JK-Flip-Flop erhalten: Beispiel: Der Baustein 7476 enthält zwei JK-Flip-Flops: Zusätzlich haben beide einen preset - und eine clear -Eingang, um - unabhängig von den anderen Eingängen, den Ausgang Q auf 1 oder 0 zu schalten. Simulation in PSpice:

7. E1 TH 03 Digitalelektronik 12 Man beachte, dass die PRE, CLR und CLK-Eingänge invertiert sind! Die beiden ersteren werden hier nicht benutzt und deshalb mit dem Baustein HI auf 1 gesetzt (entsprechend gibt es in PSpice den Baustein LO ). Wegen der Invertierung ist hier das fallende Clock-Signal der Auslöser für Änderungen der Ausgangsspannungen. In den ersten knapp 4 ms sind die Ausgänge undefiniert, was durch die Doppellinie angedeutet wird. Im folgenden untersuchen wir verschiedene Anwendungen von zusammengeschalteten Flip-Flops. 8.2.2. Schieberegister Schaltet man n RS-Flip-Flops so hintereinander, dass Ausgang A i mit dem Eingang S i+1 verbunden ist und alle Bausteine gleichzeitig getaktet werden, erhält man ein Schieberegister: Nach n Takten ist eine n-stellige Dualzahl eingeschoben. Entsprechend kann die Zahl wieder seriell via A n ausgegeben werden. Alternativ kann man gleichzeitig = parallel die n bits an den Ausgängen A 1... A n abgreifen.

7. E1 TH 03 Digitalelektronik 13 Das Schieberegister kann auch noch eine andere wichtige Aufgabe erfüllen: Ist eine Zahl eingespeichert und ist das Register groß genug, d.h. enthält es noch genügend viele auf 0 gesetzte Bits links und rechts der Zahl, so führt ein gemeinsames Taktsignal (wobei S 1 = 0) zum Verschieben um eine Stelle, das bedeutet die Zahl wird mit dem Faktor 2 multipliziert. 8.2.3. Speicherbausteine Neben den seriellen (und damit relativ langsamen) verwendet man parallele Speicherbausteine, bei denen in nur einem Taktzyklus die ganze Dualzahl abgelegt wird: 8.2.4. Zähler Die Funktion eines Zählers können wir im Prinzip mit den schon vorgestellten Digitalbausteinen (Addierer, Speicher) realisieren. Die einfachste Lösung besteht wieder in der Hintereinanderschaltung von T-Flip-Flops:

7. E1 TH 03 Digitalelektronik 14 Der Komplementärausgang Ā i ist an den Takteingang E i+1 angeschlossen. Ist der Zähler zunächst auf 0 gesetzt, so enthält er in binärer Form nach einer Zeit t die Zahl der insgesamt an E 1 eingegangenen Pulse. Diese können dabei asynchron, also beliebigem zeitlichen Abstand voneinander eintreffen. Beispiel: Der Baustein 74393 enthält zwei Binärzähler: VERSUCH: Zählen von Geld Die ersten 2 Ausgänge eines 74393-Zählers werden über 1 kω-vorwiderstände an LEDs angeschlossen. Eingang: Spannungsteiler aus R 1 = 10 kω und R 2 = LDR. Lichtschranke!

7. E1 TH 03 Digitalelektronik 15 Der Zähler hat gleichzeitig die wichtige Funktion eines Frequenzuntersetzers: Aus einem periodischen Signal mit der Frequenz ν am Eingang, erhält man am Ausgang A i die Frequenz ν/2 i. Beispiel: In Armbanduhren wird ein periodisches Signal mit Hilfe eines Quartz-Kristalls erzeugt, der mit einer Eigenfrequenz von mehreren khz schwingt. Diese Frequenz muss auf 1 Hz heruntergesetzt werden. VERSUCH: Messung der Netzfrequenz Der hochohmige Eingang eines 14-stelligen Binärzählers 4020 wird mit der Netzfrequenz gefüttert (Antenne!) und der Ausgang des Flip-Flops i = 7 mit Hilfe einer LED (+ Vorwiderstand!) visualisiert.