our knowledge" sagt MIT-President Vest.



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Transkript:

- 1 - "Voraussetzungen, Chancen und Grenzen virtuellen Studierens" Vortrag von Prof. Dr. Klaus Landfried, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, auf dem Workshop "Virtuelle Hochschulen im Verbund" der "Virtuellen Saar Universität" am 19. 6. 2001 10.00 Uhr Sperrfrist ist Redebeginn! Es gilt das gesprochene Wort. Anrede, Ab kommendem Herbst, d. h. ab September, weil die Amerikaner immer etwas voraus sind, wird das Massachusetts Institute of Technology (MIT) fast alle seiner rund 2.000 Kurse im Internet zugänglich machen. Aber nicht, wie z.b. Phoenix/Arizona, gegen saftige Beiträge, sondern kostenfrei. "We want to share our knowledge" sagt MIT-President Vest. Praktisch das gesamte Kursmaterial, also Mitschriften von Vorlesungen und Übungen, Fallstudien, Klausuren, Simulationen aus Labors, Videovorträge, alles gibt es online. Studienabschlüsse gibt es aber keine. Warum das ganze? Weil MIT damit Knoten eines riesigen Netzwerkes werden will... Und damit

- 2 - hochbegabte Studenten für das "normale" Studium wie für das berufsbegleitende Studium gewinnen will. Und natürlich Ansehen, Reputation. Und damit wieder fresh funds, especially donations. Aber das ist nicht alles. Charles Vest sagt: "Unser Wert sind die Menschen und die menschlichen Erfahrungen einer normalen Fakultät, in der Menschen miteinander arbeiten und voneinander lernen." Sind wir in Deutschland schon so weit? Freundlich gesagt: noch nicht überall. Aber: in Abwandlung eines berühmten Satzes: Wer zu spät kommt, den bestraft der Wettbewerb. Es ist zwar sicher nicht damit zu rechnen, dass in den nächsten Jahren in Deutschland Hochschulen geschlossen werden, nur weil sie nicht über genügend virtuelle Studienangebote verfügen. Aber: eine Hochschule, die dem virtuellen Studieren keine Bedeutung beimisst, wird über kurz oder lang nicht konkurrenzfähig sein. Dies sage ich bewusst auch in Hinblick auf die zunehmende Internationalisierung im Hochschulbereich. Wo liegt denn für einen Studienbewerber z. B. in Russland der Unterschied zwischen einem Online-Studium in Deutschland und einem Online-Studium in den USA? Von sprachlichen Präferenzen abgesehen wird er sich für das bessere Studienangebot entscheiden, da der Abstand zwischen mehreren virtuellen Studienangeboten im Internet nur so groß wie der schon sprichwörtliche Mausklick ist. Im Internet ist der Bildungsmarkt schon heute weitaus internationaler als man beim Betreten manch einer deutschen Hochschule meinen könnte. Auch private Bil-

- 3 - dungsanbieter wie Corporate Universities sind dabei, diesen Markt zu erobern. Nur mit überzeugenden Bildungsangeboten ist es möglich, in diesem Markt mitzuhalten bzw. führend zu sein. Zunächst möchte ich jedoch fragen: Was bedeutet begrifflich virtuelles Studium im Hochschulbereich? Sind damit einzelne Kurse oder komplette Studienangebote gemeint? Zählen dazu auch multimediale Lehrangebote des Präsenzstudiums? Was sind virtuelle Hochschulen? Sollten sie über ein breites Fächerspektrum verfügen oder reichen wenige Studienangebote aus, damit der Name gerechtfertigt ist? Nachfolgend werde ich mich grundsätzlich auf alle diese Formen virtuellen Studierens beziehen, schwerpunktmäßig jedoch auf das Online-Studium. Die Thematik des virtuellen Studiums ist aus der hochschulpolitischen Diskussion nicht mehr wegzudenken. Immer mehr virtuelle Lehrangebote von einzelnen Hochschulen oder von Hochschulverbünden sind im Internet zu finden. Auch die Hochschulrektorenkonferenz verfolgt die Nutzung der Neuen Medien in der Lehre nicht nur als passiver Beobachter, sondern fördert ihre Verbreitung. Fast auf den Tag genau vor fünf Jahren - im Sommer 1996, als an die heutige Verbreitung des Internets noch nicht zu denken war - hat das 179. Plenum der HRK die Empfehlung Moderne Informations- und Kommunikationstechnologien ( Neue Medien ) in der Hochschullehre verabschiedet, nachzulesen auf den Webseiten der HRK. Lassen Sie mich die Kernaussagen der Empfehlung wiedergeben und

- 4 - danach aus heutiger Sicht eine kurze Bilanz des seither Erreichten ziehen: Die von einzelnen Hochschullehrern entwickelten Initiativen sollten aufgegriffen und auf ihre Ausbaufähigkeit mit dem Ziel eines breiteren medial unterstützten Lehrangebots ü- berprüft werden. Kommentar: Wir hätten wohl schon damals von Gruppen statt einzelnen Hochschullehrern reden sollen. Informationen über in der Hochschule verfügbare Lehr-Lern- Software sollte an einer Stelle (z. B. Rechenzentrum, Bibliothek o.ä.) bereitgestellt und laufend aktualisiert werden. Kommentar: Noch wichtiger sind vergleichbare Standards und aktuelle, d. h. ständig aktualisierte Inhalte. Die Hochschulen sollten bei baulichen Planungen die künftige Nutzung Neuer Medien in Lehrveranstaltungen berücksichtigen. Kommentar: Fein, wenn die Daten nicht schon drahtlos fließen. Eine Hochschule ohne Internetanschluss ist heutzutage nicht mehr konkurrenzfähig. Ein Internetanschluss gehört daher bereits in nahezu allen Hochschulen zum Alltag. Allerdings werden nur in relativ wenigen Lehrveranstaltungen die Möglichkeiten, die der Einsatz Neuer Medien bietet, konsequent ausgenutzt. Dies setzt allerdings voraus, dass jeder Hörsaal mit der entsprechenden Technik - wie z.b. einem Beamer - ausgerüstet wird. Allerdings sind neue For-

- 5 - men des Lernens und Lehrens noch wichtiger und vor allem, ich wiederhole es: frische Inhalte. Da mediengestützte Lehr-Lern-Systeme mit hohen Investitionen und kostenintensiver Entwicklungsarbeit verbunden sind, ist bei der Planung darauf zu achten, dass Investitionsmittel in erster Linie dorthin fließen, wo ihre Nutzung gewährleistet ist. Kommentar: Ob das wohl überall eingehalten wird? Es ist unschwer zu erkennen, dass in den letzten Jahren Fortschritte gemacht worden sind. Allein der Titel dieses Workshops gibt ein beredtes Zeugnis davon. Es gibt zwar bereits eine Vielzahl von Verbundprojekten, allerdings auch noch viele unkoordinierte Einzelprojekte. Es ist aber notwendig, die Vielzahl der Initiativen zu bündeln, um Doppelentwicklungen zu vermeiden und die Kosten zu senken. Nicht jede Hochschule bzw. jede Lehrperson kann und soll auch nicht eine eigene multimedial selbst aufbereitete Vorlesung anbieten. Bei der Entwicklung computergestützter Lehrprogramme sind über den fachlichen Sachverstand hinaus Kenntnisse in der Mediengestaltung und der Programmierung sowie spezielle lernpsychologische Kenntnisse erforderlich. Daher wird sich empfehlen, für entsprechende Entwicklungsprojekte Teams zu bilden, an denen neben Fachwissenschaftlern z. B. Informatiker, Psychologen, Mediendesigner u.a. Ver-

- 6 - treter einschlägiger Disziplinen von vornherein beteiligt werden. Solche Entwicklungsteams können sowohl innerhalb einer Hochschule als auch überregional zwischen mehreren Hochschulen kooperativ gebildet werden. Kommentar: Diese Teams gibt es inzwischen vielerorts, a- ber die Verständigung und die Prioritätensetzung ist nicht immer leicht. Die Hochschulen sollten für die von ihnen entwickelten Lehr-Lern-Module im Rahmen von Kooperationen mit Verlagen eine Vermarktung dieser Produkte und damit den Rückfluss zumindest eines Teils der für die Entwicklungsarbeit eingesetzten Mittel anstreben. Kommentar: Obwohl es einige Erfolgsbeispiele gibt, bin ich nach der MIT-Initiative nicht mehr so sicher, ob das allein der Weg ist. Bei der Entwicklung umfangreicherer Lehreinheiten sollte darauf geachtet werden, dass diese modular aufgebaut sind, um flexibel kombinierbar eingesetzt werden zu können. Kommentar: Ist ja wohl selbstverständlich. Wie Sie sehen, sind die wirklich heute nur noch in einigen Grundpositionen aktuell. So eilt die Zeit.

- 7 - Weiterhin hatte die HRK in ihrer Empfehlung ein zeitlich befristetes, aber ausreichend ausgestattetes Förderprogramm Neue Medien in der Hochschullehre vorgeschlagen. Dieses Programm gibt es mittlerweile in Form des Teilprogramms Neue Medien in der Hochschullehre des vom BMBF geförderten Programms Neue Medien in der Bildung. Ziel dieses Ihnen bestens bekannten Programms ist es, multimediale Lehr- und Lernformen an Hochschulen zu fördern. Auch an der Universität des Saarlandes werden mehrere Projekte mit Mitteln dieses Programms gefördert, u.a. das Bildungsnetzwerk WINFOLine mit dem Ziel, ein universitäts- und bundeslandübergreifendes, internetbasiertes Bildungsnetzwerk für das Studienfach Wirtschaftsinformatik zu etablieren. Aber dazu werden Sie nachher im Vortrag von Herrn Prof. Dr. Winand noch mehr hören. Lassen Sie mich noch kurz auf einige medienbezogene Aktivitäten der HRK aus der jüngsten Vergangenheit eingehen. Auf dem 192. Plenum der HRK im November 2000 wurde die virtuelle Medizinische Fakultät Alumni.med.Live von Gründungspräsident Professor Dr. med. Christian Herfarth, Ärztlicher Direktor der Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg, vorgestellt, ein Projekt, das medizinische Weiterbildung bis in die Details aktueller Forschung und Therapie weltweit präsentiert. Beteiligt sind derzeit mehr als 300 Hochschullehrer aus 53 Fachgebieten der Medizin an 35 Standorten in der gesamten Bundesrepublik Deutschland und vor allem Hunderte Absolventen deutscher Facharztausbildung in aller Welt. Das Netzwerk wächst schnell. Das Plenum der HRK wertete das Projekt als

- 8 - gelungene Mischung von internationalem Marketing für die deutschen Hochschulen, Alumni-Pflege und virtueller Weiterbildung. Auch auf dem 193. Plenum der HRK im Februar dieses Jahres spielte der Einsatz der Neuen Medien an den Hochschulen eine besondere Rolle. In ihren Positionen zur künftigen Entwicklung des Wissenschaftssystems in Deutschland hat sich die HRK nochmals deutlich zum Ausbau der Informations- und Kommunikationstechnologien in den Hochschulen bekannt. Das Plenum der HRK hat Anfang 2001 - auf Vorschlag des Präsidiums - die Einrichtung einer Kommission für Neue Medien und Wissenstransfer beschlossen. Vorsitzender der Kommission ist der Vizepräsident der HRK und Rektor der Hochschule Bremen, Professor Mönch, der heute leider aus dienstlichen Gründen nicht anwesend sein kann. Mittlerweile sind einige Experten in die Kommission berufen worden, die in wenigen Tagen zu ihrer ersten Sitzung zusammentreten wird. Ein Schwerpunktthema, mit dem sich die Kommission befassen wird, wird das virtuelle Studieren sein. Und damit bin ich wieder beim Titel meines Vortrages Voraussetzungen, Chancen und Grenzen virtuellen Studierens angelangt. Lassen Sie mich dieser Gliederung folgen und zunächst auf die Voraussetzungen virtuellen Studierens zu sprechen kommen. Was bedeutet überhaupt Studieren? Systematisches Lernen, ist meine einfache Antwort. Also das Aneignen von Information.

- 9 - Aber ist Information genug? Nein, es muss mit Ordnungshierarchien und Logik zu Wissen verarbeitet werden. Aber ist Wissen genug? Nein, es muss auch das Handeln gelernt und geübt werden, die Anwendung des Wissens. Aber ist handeln können genug? Nein, es muss auch verantwortet werden können, und zwar nicht nur vor dem zunächst gesinnungs-ethisch, d. h. auf der Grundlage gelernten Für-Wahr-Haltens operierenden Gewissens, sondern auch gegenüber dem Schicksal anderer verantwortungsethisch abgewogen werden. Die aktuelle Debatte über die Forschung mit wie ich sage vorembryonalen Stammzellen, also sogenannten pluripotenten, noch nicht totipotenten Stammzellen ist m. E. stark von gesinnungsethischem Fundamentalismus dominiert. Jedenfalls braucht es für das verantwortungsethisch geleitete Handeln auf der Basis systematisch gelernten Wissens mehr als nur von Suchmaschinen geordnete Informationen. Und damit habe ich schon mit den m. E. bestehenden Grenzen virtuellen Studierens begonnen ich glaube, dass die effektive Vermittlung von Werten, die nur über Vorbilder wirkliche erfahrbar werden Friedrich Gundolf nannte das Ur-Erlebnisse anstelle von Bildungserlebnissen über den "Filter" Virtualität in unserer Zeit jedenfalls nicht so recht gelingt. Freilich muss das nicht so bleiben. Für eine über Netz verbreitete, holographische und damit lebendige Rekonstruktion von Jehudi Menuhin oder Albert Schweitzer reicht unsere Technologie noch nicht aus. Was aber sind die Voraussetzungen virtuellen Studierens?

- 10 - Was benötigt man zum virtuellen Studium? Die Antwort auf diese Frage besteht im Prinzip aus zwei Teilen, die ich getrennt behandeln möchte. Zum einen gibt es die Voraussetzungen auf der Seite der Studierenden, zum anderen die auf der Seite des Anbieters. Weiterhin ist zwischen technischen und nichttechnischen Anforderungen zu unterscheiden. Auch wenn es banal klingt: zunächst brauchen virtuell Studierende ein gut funktionierendes Endgerät mit einem hinreichend schnellen Internetzugang. Und sie müssen es bedienen können. Die Bedeutung dieser einfachen - von den Anbietern virtueller Studienangebote kaum beeinflussbaren - Tatsachen sollte nicht unterschätzt werden. Daher halte ich die vor über fünf Jahren gestartete Initiative Schulen ans Netz des BMBF und der Deutschen Telekom AG für enorm wichtig. Zugleich stoße ich damit auch schnell an die Grenzen virtuellen Studierens. Während Internet-PCs in Deutschland auch für Studierende mittlerweile einigermaßen erschwinglich sind, so ist dies in vielen Staaten nicht der Fall - von den Problemen mit dem Internetzugang einmal ganz abgesehen. Die neuen Möglichkeiten des virtuellen Lehrens und Lernens setzen letztendlich also eine höhere materielle Ausstattung der Lernenden voraus. Daneben sind Grundkenntnisse beim Bedienen eines PCs und eine hinreichend hohe Motivation für ein Online-Studium - die natürlich stark von der Qualität der Angebote geprägt wird - die drei Voraussetzungen auf der Seite der Studierenden. Ich spreche übrigens bewusst von Grundkenntnissen, um damit zu verdeutlichen, dass eine einfache Benutzeroberfläche notwendig

- 11 - für eine weite Verbreitung und damit den Erfolg virtuellen Studierens ist. Die Inhalte und nicht das Medium müssen im Vordergrund stehen. Nun zu den Voraussetzungen auf Seiten der Anbieter: Die technischen Anforderungen sollten für eine Hochschule kein großes Problem darstellen - einen Webserver mit einer schnellen Internetanbindung vorausgesetzt. Entscheidend ist die qualitative Aufbereitung der Lehrangebote. Diese ist sowohl in inhaltlicher, didaktischer und medialer Form notwendig. Es ist zwar sehr wünschenswert, ein Lehrbuch oder die Folien und Dias einer Vorlesung im Internet vorzufinden. Dem Anspruch an das virtuelle Studieren wird das jedoch nicht gerecht, da die Neuen Medien ein weitaus höheres Potential haben. Für gut aufbereitete virtuelle Studienangebote ist daher von vornherein die Zusammenarbeit der Fachwissenschaftler mit Mediendidaktikern und EDV-Spezialisten zwingend. Daher wäre es aus meiner Sicht lohnend, über die Einrichtung einer Servicestelle an jeder Hochschule nachzudenken, an der Mediendidaktiker und EDV-Spezialisten in Kooperation mit den jeweiligen Fachwissenschaftlern Vorlesungsmaterialien multimedial aufbereiten bzw. von der Fachwissenschaftler im Rahmen eines Serviceangebotes unterstützt werden. Diese könnte auch die Koordination der Zusammenarbeit mit anderen virtuellen Verbünden ü- bernehmen. Ein qualitativ hochwertiges virtuelles Studienangebot kann jedoch nur aufgebaut werden, wenn die Aufbereitung des ständig aktualisierten Lehrstoffes finanziell gesichert ist. Darauf werde ich später noch zu sprechen kommen.

- 12 - Damit komme ich zu den Chancen des virtuellen Studierens. Was sind die Chancen bzw. Vorteile des virtuellen Studierens gegenüber dem Präsenzstudium? Die offensichtlichsten sind die Unabhängigkeit von Ort und Zeit. Lassen Sie mich das Typische am Internetzeitalter mit den Worten des amerikanisches Prognostikers John Naisbitt charakterisieren: Im Zeitalter des Computers haben wir es mit der Überwindung geistiger Entfernungen mittels der Elektronik zu tun, statt dass wir, wie im Zeitalter der Industrieproduktion, physikalische Entfernungen mit Hilfe des Automobils überwinden mussten. Der Dichter Heinrich Heine hatte schon vor 160 Jahren den dahinzuckelnden ersten Eisenbähnchen den Paradigmenwechsel zugeschrieben, um den es im Kern geht: Raum wird klein, Zeit wird verfügbarer. Bei Heine heißt es: "Die Eisenbahn tötet den Raum, übrig bleibt die Zeit." Wie schon eingangs dargestellt hat die Entfernung zwischen Lehrenden und Lernenden beim virtuellen Studium keine Bedeutung. Es gibt keine räumlichen Grenzen mehr. Selbst in der deutschen Antarktisstation Georg von Neumayer kann ich im langen und dunklen Polarwinter beliebige Onlinekurse - z. B. an der Virtuellen Saar-Universität - belegen. Über die Kurse kann ich dann mit meinen Kommilitonen auf der Koldewey-Station in der Arktis diskutieren. Und wenn ich lieber nachts arbeite und tagsüber schlafe: auch das ist obwohl ungesund - kein Problem beim virtuellen Studium. Und wenn ich eine schwierige Lek-

- 13 - tion wiederholen möchte ebenfalls kein Problem. Das Netz und das Endgerät sind geduldig. Virtuelle Lehrformen sind digital. Dies bedeutet im Prinzip was aus Urheberrechtsgründen zu Recht auch ein Problem ist uneingeschränkte verlustfreie Kopierbarkeit. Beliebig viele Personen können darauf zugreifen, ohne dass ich als Anbieter einen zusätzlichen Aufwand habe. Einmal erstellte Angebote sind beliebig oft ohne zusätzliche Kosten wiederverwertbar. Auch inhaltliche Aktualisierungen und Anpassungen sind einfach vorzunehmen und stehen danach - im Gegensatz zu einer gedruckten Form - allen Interessenten in der aktuellsten Form zur Verfügung. Weiterhin sind virtuelle Lehrformen interaktiv. Natürlich ist ein gutes "life"-seminar auch interaktiv, aber der Grad der Interaktivität hängt doch sehr stark vom Willen des Studierenden ab. Im virtuellen Bereich wird man dagegen sozusagen zum Mitarbeiten gezwungen. Dabei hat man aber den Vorteil, dies erst dann tun zu müssen, wenn man es möchte, man z. B. also den Lehrstoff verstanden hat. Ein weiterer sehr wichtiger Aspekt ist, dass die Virtualisierung präsent macht, was bisher in den Seminarräumen stattfand. Jeder Hochschullehrer kann sich die Lehrangebote der Kollegen anschauen. Und auch die Studenten können die verschiedenen Lehrangebote miteinander vergleichen. Dadurch entsteht eine bisher nie da gewesene Konkurrenzsituation, die potentiell

- 14 - zur Verbesserung der Qualität der Lehre beitragen wird. Ein guter Online-Kurs ist immer besser als eine schlechte Vorlesung. Dass diese Transparenz nicht von allen geschätzt wird, habe ich erfahren. Auch kann virtuelles Studieren zu einer Steigerung der Qualität der Lehre beitragen. Es ist sicher nicht damit getan, eine Vorlesung auf Video aufzunehmen und ins Internet zu stellen. Der Mehrwert zur Präsenzvorlesung wäre für den Studenten so nur relativ gering - es entfällt nur der Aufwand für den Weg in den Hörsaal. Aber dies in Kombination z. B. mit den bei der Vorlesung gezeigten Folien oder Dias zusammen mit einer Indexierung des Videomaterials kann bereits einen erheblichen Mehrwert darstellen. Die besseren Visualisierungsmöglichkeiten von Wissen oder die Simulation von Prozessen bieten neue Herausforderungen für die Lehre. Auch gemeinsame Lehrveranstaltungen mit einem Fachexperten am anderen Ende der Welt sind möglich. Überhaupt schafft vor allem das Internet eine potenziell globale Lernumgebung. Was aber sind die Kriterien für die Qualität von Online-Kursen? Leider gibt es bisher noch zu wenige Untersuchungen, die sich mit dem Vergleich Online-Studium herkömmliches Studium befassen. Erschwerend kommt hinzu, dass man wahrscheinlich davon ausgehen muss, dass Online-Studierende besonders stark für diese Studienform motiviert sind. Wenn ein Studierender sich wieder für einen Online-Kurs entscheiden würde anstelle für eine Präsenzvorlesung, dann kann man sicher mit

- 15 - Recht sagen, dass diese Form des Studierens für ihn die bessere Variante war. Im Rahmen des vom BMBF geförderten Projektes Qualitätssicherung wird sich die HRK künftig noch intensiver mit der Evaluation der Lehre auch in diesem Bereich befassen. Virtuelle Studienformen fördern virtuelle Arten der Kommunikation zwischen Lehrenden und Lernenden. Hierzu zählen die Kommunikation per E-Mail und der Chat. Beides wird ganz sicher nicht das persönliche Gespräch ersetzen. Es sind aber neue Formen der Kommunikation, die in den letzten Jahren immer beliebter geworden sind - gerade auch im Bereich des virtuellen Studiums. Vor einigen Wochen habe ich auf der Jubiläumsveranstaltung 25 Jahre Wissenschaftszentrum Bonn Studierenden in einem öffentlichen Chat Fragen zur HRK und zum deutschen Hochschulsystem beantwortet. Und ich muss sagen: die positive Resonanz und der lockere Stil haben mich sehr beeindruckt. Aber ist das ein Grund, nur online zu studieren? Und damit bin ich noch einmal bei den Grenzen virtuellen Studierens. Die Entwicklung des Internets zeigt sehr deutlich, dass es schwer ist, Prognosen zu treffen. Was sich heute noch als unüberwindbare Grenze darstellt, kann bereits morgen überwunden oder sogar schon längst vergessen sein. Denken Sie z. B. nur an die Verbreitung von E-Mail. Vor einigen Jahren war die

- 16 - Nutzung dieses Kommunikationsinstrumentes auf breiter Basis undenkbar. Heute kann man es sich im geschäftlichen Leben überhaupt nicht mehr leisten, nicht per E-Mail erreichbar zu sein. Wohin der Weg führt, ist nicht erkennbar. Wissenschaft entwickelt sich immer in Erwartung des Unerwarteten. Wenn ich nun noch einige Grenzen virtuellen Studierens aufzähle, so kann das also nur aus heutiger Sicht geschehen. Als erstes wäre da die Anerkennung der erbrachten Leistungen zu nennen. Wer erfolgreich einen Onlinekurs an einer (virtuellen) Hochschule absolviert, möchte diesen auch an einer anderen gleichwertigen Hochschule anerkannt bekommen. Ohne klare Anerkennungsregeln werden Studierende nicht bereit sein, an Onlinekursen teilzunehmen. Das hängt eng zusammen mit der Frage der Prüfungsdurchführung. Nach wie vor werden Prüfungen zumeist in Präsenz durchgeführt. Dies bedeutet, dass der Student mindestens einmal die den Online-Kurs anbietende Hochschule oder einen Ableger aufsuchen muss. Dies setzt der räumlichen Unabhängigkeit klare Grenzen. Um Prüfungen über das Internet durchführen zu können, sind zum einen noch eine Reihe rechtlicher und technischer Fragen zu lösen, zum anderen fehlt noch die weite Akzeptanz der bereits etablierten Authentifizierungsmechanismen. Hierbei denke ich zum Beispiel an die digitale Signatur oder die Verschlüsselung der übertragenen Daten. Eine ähnliche Problematik tritt ja bei

- 17 - Online-Wahlen auf. Erste diesbezügliche Erfahrungen konnten im Februar 2000 an der Universität Osnabrück bei den Wahlen zum Studierendenparlament gesammelt werden. Weiterhin muss sichergestellt sein, dass - nachdem eine digitale Authentifizierung erfolgt ist - der zu Prüfende auch wirklich vor dem Computer sitzt. Ich muss dabei an eine Karikatur denken, die dieses Problem sehr plastisch darstellt. Darauf sind zwei Hunde vor einem PC abgebildet. Der eine sagt dabei zum anderen: On the Internet, nobody knows you're a dog. Außerdem muss noch dafür gesorgt werden, dass der zu Prüfende nicht über unerlaubte Hilfsmittel verfügt, die ihm in einer Faceto-Face-Prüfung nicht zur Verfügung stehen würden. Mit Hilfe von Webcams kann man diese Probleme zu einem großen Teil in den Griff bekommen. Dies setzt einen Breitband- Internetzugang voraus, der in Deutschland noch nicht überall besteht, aber bald vorhanden sein wird. Virtuelle Studienangebote sind nicht billig, da es sehr aufwändig ist, gute Inhalte multimedial aufzubereiten. Auch der Betreuungsaufwand für die Studierenden ist eher höher als niedriger im Vergleich zu herkömmlichen Lehrformen. Dies zeigt ganz klar eine Studie des von der Bertelsmann- und Heinz-Nixdorf- Stiftung geförderten Projektes EVALIS der Forschungsgruppe Instruktion und interaktive Medien an der Universität Gießen, die eng in Zusammenhang mit dem schon erwähnten Projekt WINFOLine steht. Während fast ein Viertel der Online- Studenten mit ihren Dozenten per Computer über Lehrinhalte

- 18 - diskutieren, suchen nur 10 Prozent der anderen Studenten im selben Zeitraum ihre Professoren auf. Und fast die Hälfte der Online-Studenten gab an, in den vergangenen Tagen mit ihren Kommilitonen über den Lehrstoff gesprochen zu haben, wohingegen dies jedoch nur 37 Prozent der konventionellen Studierenden waren. Das spricht für Effizienz. Wenn eine spezielle Vorlesung nur von wenigen Studenten pro Semester genutzt wird, lohnt sich der Aufwand zur Bereitstellung eines alternativen oder ergänzenden virtuellen Lehrangebotes in den seltensten Fällen. Gerade aber bei bestimmten Kursen in Massenstudienfächern kann das Online-Studieren eine bessere Alternative zum Präsenzstudium in überfüllten Vorlesungsräumen sein. Kooperationen mit anderen Hochschulen in virtuellen Verbünden zur Kostensenkung sind dabei unvermeidlich. Leider fällt dies einigen Hochschulen in Deutschland noch schwer, der Trend zum verstärkten Kooperieren im virtuellen Bereich ist aber unverkennbar. Denn nur der, der kooperiert, wird langfristig am Markt bestehen können. Derzeit gibt es in Deutschland mehrere große, sehr unterschiedlich strukturierte virtuelle Verbünde. Ich denke da zum Beispiel an die Virtuelle Hochschule Baden-Württemberg, die Virtuelle Hochschule Bayern, den Virtuellen Campus Rheinland Pfalz, den Universitätsverbund Multimedia NRW oder auch das Bundesleitprojekt Virtuelle Fachhochschule. Auch virtuelle Verbünde innerhalb einer Hochschule sind weit verbreitet, hierzu gehören z. B. die Virtuelle Saaruniversität und der Lernraum Virtuelle Universität der Fernuniversität Gesamthochschule Hagen, die

- 19 - in Deutschland eine Vorreiterrolle hinsichtlich des virtuellen Studiums innehat und in zwei Jahren alle ihre Kurse online zur Verfügung stellen will. Heutzutage präsentieren sich die verschiedenen Lernplattformen noch auf sehr unterschiedliche Weise - eine Folge der an vielen Hochschulen parallel entwickelten Produkte. Es kommt jedoch darauf an, zur Kostensenkung auf bereits vorhandene Plattformen zurückzugreifen und diese mit Inhalten zu füllen. Eine Möglichkeit dazu besteht in der Nutzung frei zugänglicher Software, wie sie z. B. über Campussource, einer vom Land Nordrhein-Westfalen geförderten Opensource-Initiative, angeboten wird. Die deutschen Hochschulen bringen viele gute Produkte hervor, haben aber oft nicht die Fähigkeit, diese geeignet zu vermarkten. Hier in Saarbrücken sind dabei schon beachtliche Erfolge erzielt worden. Vor drei Jahren wurde die IMC GmbH als Spin- Off-Unternehmen des Instituts für Wirtschaftsinformatik der U- niversität des Saarlandes von Prof. Dr. Dr. h. c. Scheer gegründet. Heute ist IMC bekannt für ihre E-Learning-Plattform CLIX, die vor einigen Wochen in einer an die Bedürfnisse von Hochschulen angepassten Version vorgestellt wurde. Auch auf die Lehrenden in Präsenzveranstaltungen kommt ein nicht unerheblicher Mehraufwand zu, da zur Vorbereitung und Durchführung einer multimedialen Lehrveranstaltung ein wesentlich höherer Aufwand notwendig ist.

- 20 - Bei aller Euphorie für das virtuelle Studieren darf das Ziel von Bildung nie aus den Augen verloren werden. Ich sprach schon davon. Das Internet ist kein Allheilmittel für in der Vergangenheit gemachte Fehler in der Hochschulpolitik. Es geht nicht darum, die realen Hochschulen durch virtuelle zu ersetzen. Es kann nur darum gehen, einen bestimmten Teil der Hochschullehre auch virtuell in neuer Qualität anzubieten. Ein gesunder Mix aus Präsenzveranstaltungen und virtuellen Angeboten wird die Hochschule der Zukunft prägen. Wer davon träumt, dass in einigen Jahren oder Jahrzehnten alle Studierenden zu Hause vor dem Bildschirm sitzen, der irrt gewaltig. Auch das soziale Leben ist virtuell nicht wirklich vorstellbar. Die Vergangenheit hat bisher immer gezeigt: Neue Medien bereichern die vorhandenen, ohne diese aber zu verdrängen. Das Radio hat die Zeitung nicht verdrängt, das Fernsehen hat das Radio nicht verdrängt, und das Internet mit seinen virtuellen Studienangeboten wird auch nicht für leere Hörsäle oder Bücherregale sorgen. Entscheidend ist, dass die vorhandenen Studienangebote durch virtuelle sinnvoll ergänzt und bereichert werden. Vor allem in der Fort- und Weiterbildung werden Online-Angebote daher künftig nicht mehr wegzudenken sein. Die räumliche und zeitliche Unabhängigkeit sind dabei gerade für Berufstätige ein wichtiges Plus. Aber auch eine virtuell hervorragend betreute Lehreinheit kann den persönlichen Kontakt zu echten Menschen nicht ersetzen. Ein Zugriff auf Vorlesungen und Seminare über das Internet stellt noch keine Teilnahme am Universitätsleben dar.

- 21 - Was die Verbreitung des virtuellen Studierens angeht, so sehe ich optimistisch in die Zukunft. Lassen Sie mich Ihnen daher einen erfolgreichen Workshop ganz im Sinne eines chinesischen Sprichwortes wünschen: Die eine Generation baut die Straße, auf der die nächste fährt.