GRENZÜBERSCHREITENDE INSOLVENZVERFAHREN



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Transkript:

GRENZÜBERSCHREITENDE INSOLVENZVERFAHREN: Gemeinschaftsverordnung Nr. 1346/2000 vom 29.05.2000 zu Insolvenzverfahren, von Rechtsanwalt Serge WORTHALTER, Anwalt der Anwaltschaft PARIS Mitglied der internationalen Sektion ACE Alle Rechte vorbehalten Die zunehmende Notwendigkeit eines immer stärker strukturierten europäischen Binnenmarkts gab Anlass zur Ausarbeitung dieser Verordnung, die ein Kompromiss zwischen bestehenden Praktiken und der Erfordernis ist, die grundlegenden Gesetzgebungen mangels illusorischer Harmonisierung im Hinblick auf ihre Ziele zu vereinheitlichen. Das Anknüpfungskriterium zur Anwendbarkeit der Verordnung ist, dass der Schuldner in einem Land den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat. In der Verordnung werden die Vorschriften zur Gerichtshoheit genannt; der diesbezügliche Anwendungsrunderlass wurde im französischen Amtsblatt veröffentlicht, was aufzeigt, wie wichtig die Verordnung in den Augen der französischen Regierung war. Sie legt die Prinzipien für die Bestimmung des geltenden Rechts fest und definiert die Bedingungen für die Anerkennung und Vollstreckung der in anderen Mitgliedstaaten gefällten Urteile. Gemäß einer klassischen Rechtspräsentation werden wir die Bestimmungen dieser Verordnung (I), deren Auswirkungen, deren Tragweite und deren Grenzen (II) erörtern. Es sei darauf hingewiesen, dass sich die Verfasser der Verordnung dieser Grenzen bewusst waren, denn die Kommission soll spätestens am 01.06.2012 einen Bericht über deren Anwendung vorlegen. Sie kann ebenso wenig wie viele andere Verordnungen - der aus inländischem Recht resultierenden Fehlentwicklung keine Abhilfe schaffen. In der Verordnung werden keine gemeinsamen Ziele für die Staaten der Europäischen Union festgelegt; die Verfahren werden weder vereinfacht noch beschleunigt, wie man annehmen könnte; die Eindeutigkeit und Universalität des Konkurses an sich wird nicht anerkannt, was man eigentlich festlegen müsste: Wird für ein Unternehmen die Konkurseröffnung ausgesprochen, sollte ein einheitliches Verfahren in einem einzigen Land die Folge sein, dessen Auswirkungen EU-weit anerkannt werden. I) Die Bestimmungen dieser Verordnung sind ein weiterer Schritt hin zur Errichtung eines großen europäischen Binnenmarktes: Mit diesem Text werden die Insolvenzverfahren in der EU immer noch nicht auf europäischer Ebene geregelt. Der G.E.G. (Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften) hat auf diesem Gebiet keine unbeschränkte Auslegungsgewalt, wie dies bei den übrigen Gebieten des Gemeinschaftsrechts der Fall ist. Wir erörtern im Folgenden 1) den Anwendungsbereich unter Beachtung der Artikelfolge der Verordnung 2) die wesentlichen Prinzipien der internationalen Zuständigkeit und das anwendbare Recht II) die Anerkennung der Insolvenzverfahren (Kapitel 2) - die sekundären Insolvenzverfahren (Kapitel 3) Es wird daran erinnert, dass es möglich ist, ein Hauptinsolvenzverfahren in einem Land und ein Sekundärinsolvenzverfahren in einem zweiten Land zu eröffnen. Kapitel 4 behandelt die Unterrichtung der Schuldner und die Anmeldung von Forderungen, Kapitel 5 die Übergangs- und Schlussvorschriften: diese Punkte können hier nicht aufgegriffen werden. Lassen Sie uns 1) den Anwendungsbereich dieser Verordnung untersuchen: Sie bezieht sich auf Verfahren mit grenzüberschreitender Wirkung und ist direkt anwendbar (mit Ausnahme in Dänemark). - der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen des Schuldners muss in der Europäischen Gemeinschaft liegen. Diese Formulierung stammt aus der vorangehenden Rechtsprechung und in Frankreich aus Rechtstexten, die das Eröffnen von Kollektivverfahren ermöglichten.

Dieses Kriterium führt wegen der ungenauen Definition der Formulierung und der unsicheren Auslegung zu Problemen. Es ist jedoch festzuhalten, dass das Gemeinschaftsrecht und die internationalen Abkommen weiterhin anzuwenden sind: zum Beispiel wenn ein Unternehmen seinen Firmensitz außerhalb der EU hat und sein Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen innerhalb der EU liegt. Die Anwendung wird man beobachten müssen. Welche Schuldner sind betroffen? Zahlreiche Schuldner weichen dieser Verordnung aus. Der Begriff des Schuldners wird durch das inländische Recht des Staates der Verfahrenseröffnung bestimmt; in Frankreich wird der Schuldner durch Anwendung von Artikel L 620-2 des frz. Handelsgesetzbuches Code de Commerce festgelegt, d.h. es kann sich um einen Kaufmann, jede ins Firmenregister eingetragene Person, jeden Landwirt und jede juristische Person des Privatrechts handeln. Konzerne sind nicht betroffen, obwohl die wirtschaftlichen und sozialen Folgen im Falle einer sie betreffenden Verfahrenseröffnung besonders schwerwiegend sind. Bestenfalls kann eine Tochtergesellschaft saniert werden, was jedoch keine größeren Auswirkungen auf die Situation des Konzerns hat, es sei denn, man eröffnet für diesen Konzern so viele Verfahren, wie er Tochtergesellschaften hat. Und dies immer verbunden mit den jeweiligen Anerkennungsproblemen in den einzelnen Staaten und obwohl die Verordnung der Verfahrenseröffnung im ersten Staat Rechtswirksamkeit in den anderen Staaten verleiht. Nur bei Vorbehaltsklauseln kann sich ein Staat dieser Anerkennung widersetzen, doch dies ist mangels Rechtsprechung ein weiteres unklares Textelement. Kommen wir also zum berühmten Urteil vom 04.09.2003, gefällt vom Appellationsgericht in Versailles (Verweis JL VALLENS, Lamy Droit des Affaires Juli 2002, JCP E 2003 P 2012 Ergänzungsband S. 5). In diesem Urteil wird in Frankreich ein in Großbritannien eröffnetes Hauptinsolvenzverfahren gegen eine Tochtergesellschaft anerkannt, deren Firmensitz sich in Frankreich befand und deren Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen (gemäß Verordnung) angeblich in GB lag, wo sich das Mutterunternehmen befand. Dieser Fall stieß auf Zweifel und rief Kontroversen hervor: die französische Tochtergesellschaft war zahlungsfähig und hätte weitergeführt oder saniert werden können. Man hatte jedoch Konkurs angemeldet, weil man das englische Urteil in Frankreich anerkannte. Die Verordnung betrifft nicht die besonders wichtigen Sektoren, wie das Versicherungswesen, oder gemeinsame Wertanlagen. Es zielt auf ein Kollektivverfahren ab und nicht auf die Vollstreckung. Die Definition der vorausgesetzten Zahlungsunfähigkeit erfolgt weiterhin nach inländischem Recht: in Frankreich würde diese sich also durch die Zahlungseinstellung charakterisieren. Der Schuldner muss aus dem Besitz entsetzt sein, was wichtige Fälle in der Praxis ausschließt, da es große, in schwierigen Situationen befindliche Unternehmen geben kann, bei denen der Schuldner unterstützt und nicht dem Besitz entsetzt wird. Dieser Text würde somit nicht zutreffen. Die vereinfachte jedoch wirksame französische Regelung ohne bevollmächtigten Verwalter wird dadurch vollkommen ausgeschlossen! Das Kriterium des Konkursbeschlags stieß in der Rechtslehre somit auf Kritik. In der Praxis kann man über den Konkursbeschlag eines Schuldners erst entscheiden, NACHDEM das Verfahren eröffnet wurde und nicht VORHER, als Vorkriterium. Ebenso wird, wenn man von der vereinfachten Regelung auf die allgemeine Regelung oder eine Liquidation mit Verwalter überwechselt, im Text nicht geklärt, was in Übergangssituationen passiert. Der frz. Begriff des im Text eingeforderten Verwalters ( syndic ) deckt sich nicht mit den in der EU benutzten entsprechenden Betriffen. Das gilt ebenso für den Begriff der Entscheidung. In Frankreich betrifft die Verordnung also Konkursverfahren oder gerichtliche Vergleichsverfahren mit ernanntem Verwalter. Artikel L 624-1 des frz. Handelsgesetzbuches Code de commerce führt zu einem Problem: das Urteil, das zur Eröffnung des Verfahrens gegen die juristische Person führt, wird gegen deren Unternehmensleiter auf unbestimmte Zeit und solidarisch wirksam.

Was passiert also, wenn sich der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen in einem Staat befindet, der nicht der Staat der Verfahrenseröffnung ist? Beispiel: eine Schuldnerfirma mit Firmensitz in Frankreich und Teilhaber mit Sitz im Ausland. Der Text ist ein Problem für die französischen Richter, da diese grundsätzlich in einem solchen Fall nur über die Teilhaber urteilen können. Die Vermischung des Vermögens oder die Ausdehnung des Verfahrens eines Schuldners mit einem Firmensitz außerhalb des Landes, in welchem das Verfahren eröffnet wurde, ist ein weiteres Problem. Die Rechtsprechung scheint eine solche Erweiterung des in der Hauptsache eröffneten Verfahrens einzuräumen, außer wenn diese Person ihren Sitz außerhalb des Staates der Verfahrenseröffnung hat. In diesem Fall scheint die Verordnung nicht anwendbar. Die Verordnung gilt folglich nicht für Situationen, die in der Praxis von großer Bedeutung sind, wie z.b. - gütliche Regelung - Ad hoc-mandat In der zulässigen Rechtslehre wird das Fehlen eines sie betreffenden Gemeinschaftstextes bemängelt, zumal die gütliche Regelung im Mittelpunkt der derzeitigen französischen Reform zur Erhaltung von Unternehmen steht. Diese Verordnung bezieht sich folglich nur auf Verfahren, die nach ihrem Inkrafttreten eröffnet wurden und ersetzt die vorher bestehenden internationalen Abkommen (nur jene zum gleichen Thema) Nachdem wir den Anwendungsbereich vertieft haben, hier nun die Erörterung der: 2) Vorschriften zur Gerichtshoheit: Forum Shopping sollte vermieden werden Der Text bemüht sich, die universale Geltung (eine einzige Rechtsprechung für das gesamte Verfahren) und die lokalen Interessen zu vereinen, was eine Aufspaltung des Verfahrens mit sich bringt. Wir haben gerade gesehen, dass der zuständige Staat im Prinzip der Staat ist, in dem der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen des Schuldners liegt (Art. 3 1). Das Fehlen eines Textes würde bedeuten, dass in jedem Staat ein Hauptinsolvenzverfahren eröffnet werden würde, sobald der Schuldner eine Firma in einem weiteren Staat hat, da AUCH das Gericht dieses anderen Staates zuständig wäre. Dank der Verordnung und in ähnlichen Fällen kann in einem ZWEITEN Staat nur ein Sekundärinsolvenzverfahren eröffnet werden. Es gibt also zwei Ebenen, daher auch die zu berücksichtigende Koordinierungsproblematik. Dieses Kriterium greift die übliche Rechtsprechung auf. Man geht davon aus, dass der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen eines Unternehmens in dem Staat liegt, in dem es seinen satzungsmäßigen Sitz hat, sofern kein Betrug vorliegt oder man das Gegenteil nachweisen kann. Die Schwierigkeit dieses Textes besteht darin, dass der Begriff nicht eigenständig definiert wird. Bei einem Transfer des ursprünglich in Frankreich befindlichen Firmensitzes in ein anderes Land ist das französische Gericht nicht mehr zuständig. Außer im Falle eines fiktiven satzungsmäßigen Sitzes hat der tatsächliche Sitz laut Urteil des o.g. Versailler Gerichts Vorrang. Beispiel: Bei einer in den USA eingetragenen Firma mit Hauptinteressenschwerpunkt in GB wird sofern in GB alle Geschäfte abgewickelt werden - GB für die Eröffnung des Verfahrens zuständig sein. Man besteht auf der universalen Geltung dieses Verfahrens, dass beinhaltet, dass ALLE AKTIVA DES SCHULDNERS, wo sie sich auch befinden mögen, berücksichtigt werden. - außer den Aktiva, die wie oben beschrieben bei einem Sekundärinsolvenzverfahren zum Tragen kommen, wenn die Firma Niederlassungen AUSSERHALB des Staates der Verfahrenseröffnung hat. Artikel 3 2 betrifft den Fall, in dem der Schuldner eine Niederlassung in einem anderen Staat hat. Dieser Staat KANN ein zweites Verfahren eröffnen.

Diese wäre gemäß Art. 2h ein Tätigkeitsort, an dem der Schuldner einer wirtschaftlichen Aktivität von nicht vorübergehender Art nachgeht, die den Einsatz von Personal und Vermögenswerten voraussetzt. Nach französischem Recht wäre dies eine Filiale oder eine Niederlassung oder ein Repräsentationsbüro, jedoch nicht eine Tochtergesellschaft. Dies macht das Verfahren noch komplizierter. Hätte man sich für den Universalismus entschieden, wäre dies noch komplexer geworden. Da jedes Land laut Verordnung nach eigenem Recht entscheidet, KANN das Sekundärverfahren in Frankreich nach der Eröffnung eines Hauptinsolvenzverfahrens im Ausland verweigert werden. Gemäß Art. 3 3 muss es sich bei diesem Verfahren um ein Liquidationsverfahren handeln, das nach französischem Recht vom Schuldner, Gläubiger, von der Anwaltschaft und dem Gericht gefordert werden kann. Art. 27 erinnert daran, das NUR das Vermögen betroffen ist, das sich in DIESEM STAAT befindet. Das Verfahren beschränkt sich nur auf ein Gebiet und kann nur ZUSÄTZLICH zu einem Hauptinsolvenzverfahren eröffnet werden. Nach dem Geltungsbereich der Verordnung wollen wir dessen Auswirkungen und Grenzen untersuchen (II) Auswirkungen und Grenzen der Verordnung 1) Auswirkungen: Artikel 16 1 ermöglicht die Anerkennung der Hauptentscheidung in der EU OHNE VOLLSTRECKUNGSURTEIL. Art 17 1 verleiht dem Hauptverfahren gemäß dem Gesetz des Staates der Verfahrenseröffnung universelle Geltung. Das Sekundärinsolvenzverfahren schützt das Vermögen und wahrt die lokalen Interessen, sobald es eröffnet wurde. Art 25 1 ermöglicht die problemlose DURCHFÜHRUNG eines Verfahrens in der EU. 2) Grenzen und Mängel Durch diesen Text sind Zuständigkeitskonflikte möglich geworden. Der Ort, an dem der Schuldner generell seine Interessen verwaltet, wie dies durch Erwägung Nr. 13 angesprochen wird, ist nur schwer festzulegen. Man setzt voraus, dass dies der Ort des satzungsmäßigen Firmensitzes ist (Art 3 3). Ebenso kann der Zeitpunkt dieser Beurteilung von dem der geltenden Gesetze abweichen: siehe o.g. Urteil des Versailler Gerichts. Der Vernunft und dem Sinne der anderen Abkommen (Brüsseler Abkommen) folgend lässt das zweite angerufene Gericht dem zuerst angerufenen Gericht Vorrang bzw. setzt seine Entscheidung aus. Auch nachteilige Konflikte Art sind möglich. Es sei daran erinnert, dass allein das INLÄNDISCHE Recht zur Beurteilung der Voraussetzungen für die Eröffnung eines Verfahrens ausschlaggebend ist, was die Gefahr einer starken Heterogenität mit sich bringt. Man wird versuchen, die Aktiva mangels zentralisierter Information außerhalb jenes Staates zu bilden, in dem das Verfahren eröffnet wurde, zumal das Anwendungsgebiet des Gemeinschaftsrechts weiterhin weit gesteckt ist (Art. 5). Auch hier wird der Rang der Schulden ausschließlich durch inländisches Recht festgelegt, woraus sich Streitigkeiten ergeben können. Zweifache Erklärungen sind zulässig und werden sogar empfohlen. Es ist darauf zu achten, dass nicht zweimal gezahlt wird.

Nur durch inländisches Recht wird bestimmt, was in einem Vertrag zulässig ist oder nicht, erst danach wird das Gesetz über die Kollektivverfahren wirksam, um die Folgen eines Vertragsproblems zu ermitteln. Also auch hier sind Meinungsverschiedenheiten möglich. Die Berichte der Haupt-/Nebenverfahren können einige Gläubiger beeinträchtigen, je nach dem, ob das Sekundärverfahren mit einem Vergleichsverfahren oder einer Liquidation endet. Die jeweiligen Verwalter haben unter eigener Verantwortung darüber zu wachen (Art. 31). ZUSAMMENFASSUNG Für den angerufenen Richter wird es kein Leichtes sein, die Sachlage im Sinne dieses Textes zu beurteilen, die Interessen von Schuldnern und Gläubigern weitestgehend zu wahren und Vergleichsverfahren zu erleichtern. Elemente der Bibliographie: Anwendungsrunderlass erschienen im frz. Amtsblatt JO vom 30.07.2003 S. 12939 MELIN François, La Faillite internationale, LGDJ 2004-05-14 VALLENS JL Droit communautaire de la faillite: de nouvelles pratiques judiciaires Revue de L ACE 2003 Nr. 85 S. 28 Revue des procédures collectives 2003 S. 60s TEBOUL G droit communautaire des procédures collectives: la circulaire du 17.03.2003 sur l application du règlement sur les procédures d insolvabilité petite affiches 20/06/2003 S. 10 CHAPUT Y Vers un droit de la faillite européenne? Faillite et concordat judiciaire, un droit aux contours incertains et aux interprétations multiples BRUYLANT 2002 S. 571 DIDIER I reforme des procédures collectives, apport des organisations internationales Revue ACE 2003, Nr. 85 S. 31 JCP SEMAINE JURIDIQUE 11/12/2003 commentaire de l arrêt de la Cour de Versailles (Kommentar zum Urteils des Versailler Gerichtshofs) 04/09/2003 SAS ISA DAISYTEK les faillites internationales, approche européenne RDAI S. 648 ff.