Pressemitteilung Energiegenossenschaften im Dialog mit Tarek Al-Wazir: Ausschreibung der EEG-Förderung vernachlässigt Bürgerbeteiligung Verwaltungssitz Neu-Isenburg Wilhelm-Haas-Platz 63263 Neu-Isenburg www.genossenschaftsverband.de Vorstandstab Daniel Illerhaus Telefon 069 6978-3811 Telefax 069 6978-3427 daniel.illerhaus@ genossenschaftsverband.de 05.08.2015 ILD Energiegenossenschaftsgründungen sind zwischen 2013 und 2014 um 60% zurückgegangen Minister verspricht, sich für eine Verbesserung des Ausschreibungsmodells einzusetzen Verbandspräsident fordert bessere Förderbedingungen für regionale Akteure Neu-Isenburg, 5. August 2015 Hessens stellvertretender Ministerpräsident diskutiert mit Genossenschaften über Herausforderungen bei erneuerbaren Energien, Energieeffizienz und Breitbandausbau. Etwa 50 Vorstände tauschen sich sehr engagiert mit Minister Al-Wazir, Verbandpräsident Bockelmann und Genossenschaftsvorstand Mergenthaler beim gemeinsamen Dialogabend aus. Einer aktuellen Umfrage des Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverbandes (DGRV) zufolge sind die Energiegenossenschaftsgründungen zwischen 2013 und 2014 um 60% eingebrochen. Das Ergebnis verdeutlicht den Einfluss politischer Entscheidungen auf Genossenschaften: Die aktuelle Entwicklung bei Energiegenossenschaftsgründungen zeigt, wie wichtig verlässliche Rahmenbedingungen für Genossenschaften sind, sagt Michael
Seite 2 von 5 Bockelmann. Durch das reformierte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das die Förderhöhe über Ausschreibungsmodelle ermittelt, ist die Situation für Energiegenossenschaften deutlich schwieriger geworden. Neue Projekte zur Energieerzeugung sind für Genossenschaften derzeit schwer realisierbar, sagt Thomas Mergenthaler, Vorstand der etablierten Energiegenossenschaft Odenwald eg (EGO) mit rund 3.000 Mitgliedern. Wir konzentrieren uns daher auch auf regionale Projekte, wie ein Gemeindehaus oder eine Kindertagesstätte. Teile der Ausschreibungen für regionale Akteure reservieren Die Ausschreibungen in der derzeitigen Form zielen alleine auf niedrigste Kosten ab. Durch regionale Stromerzeugung Akzeptanz zu erhöhen und Bürgerinnen und Bürger zu beteiligen, wird dadurch vollkommen vernachlässigt, so Bockelmann. Gerade kleinere Akteure können das Kostenrisiko einer Ausschreibungsteilnahme nicht tragen. Von den wenigen Genossenschaften, die an Ausschreibungen teilnahmen, hat keine einen Zuschlag erhalten. Minister Al-Wazir unterstreicht: Ohne die Vielfalt der Akteure wird die Energiewende an Dynamik verlieren. Die Energiegenossenschaften leisten einen besonderen Beitrag für die Akzeptanz der Erneuerbaren Energiequellen und die Wertschöpfung vor Ort. Sie geben den Bürgerinnen und Bürgern Gelegenheit, unmittelbar an der Wertschöpfung der Anlagen teilzuhaben. Daher unterstützt das Land Hessen auch den Aufbau des landesweiten Netzwerks der Bürger- Energiegenossenschaften über drei Jahre mit rund 250.000 Euro.
Seite 3 von 5 Wenn die Bundesregierung ihr im Koalitionsvertrag festgesetztes Ziel einer Energiewende unter einer breiten Bürgerbeteiligung und mit Akteursvielfalt herbeizuführen ernst nimmt, müssen die Regeln des EEG angepasst werden, sind sich die Beteiligten einig. Bürgerbeteiligung, Akzeptanz und regionale Wertschöpfung Bockelmanns Vorschlag, bei Ausschreibungen einen Teil für kleine und regionale Akteure zu reservieren, findet Zustimmung. Die europäischen Beihilfe-Richtlinien lassen so etwas zu. Die Bundesregierung kann fünf perspektivisch auch zehn Prozent als Sonderlose in den Ausschreibungen für kleine regionale Akteure vorsehen und damit Bürgerbeteiligung ermöglichen sowie Akzeptanz und regionale Wertschöpfung erhöhen. Denn Verbraucher bevorzugen regional erzeugten Strom. Das belegt eine Umfrage der Humboldt-Universität. Neben der Zielsetzung einer möglichst geringen Förderhöhe kann durch Sonderlose bei Ausschreibungen so auch Bürgerbeteiligung berücksichtigt werden. Betätigungsfelder für Genossenschaften: Energieeffizienz, Breitband und regionale Infrastruktur Die Besonderheit von Genossenschaften ist die Verbindung von Realund Finanzwirtschaft. Handwerker setzen Modernisierungsmaßnahmen um, ihre Einkaufsgenossenschaft liefert das Material und Betriebe sparen Energiekosten. Energieeffizienz ist ein Konjunkturprogramm für die regionale Wirtschaft. Das Betätigungsfeld geht von energetischer Sanierung über stromsparende Beleuchtungssysteme in kleinen Unternehmen bis zum Bau und Betrieb kommunaler Nahwärmenetze. Auch die Landesregierung zeigt sich an diesem Bereich interessiert. Mit einer neuen Beratungsoffensive für kleine und mittlere Unternehmen
Seite 4 von 5 fördert die Landesregierung Energieeinspar- und Energieeffizienzmaßnahmen in Hessen. Für die Eigenstromversorgung von Mietern über eine Energiegenossenschaft gibt es gute Beispiele. Es lohnt sich allerdings nur, wenn die Mieter auch Mitglied der Energiegenossenschaft sind. Im Rahmen der engen Regeln für Direktversorgung ist es ansonsten finanziell unattraktiv. Bessere Möglichkeiten ergeben sich bei gewerblicher Direktversorgung. Da hierbei größere Mengen und weniger Akteure beteiligt sind. Ein mögliches Betätigungsfeld von Genossenschaften kann auch das Thema Breitbandausbau sein. Für Hessen bremst der Minister. Bis 2018 wird schnelles Internet flächendeckend verfügbar sein. Thomas Mergenthaler erläutert, dass aktuelle Projekte nun ein Kindergarten und ein Hotel im Odenwald sind. Wenn Projekte im Energiebereich nicht durchführbar sind, muss man den Fokus erweitern, so der Genossenschaftsvorstand EGO. Nach erfolgreichen Jahren entsteht bei den Genossenschaftsmitgliedern eine Erwartungshaltung. Sie fordern neue Projekte und kommen mit kreativen Ideen auf uns zu. So entwickelt sich eine Genossenschaft im Sinne der Erfüllung des Förderauftrages weiter. Dem Genossenschaftsverband e.v. gehören in Hessen 313 Genossenschaften aus unterschiedlichen Branchen an. Der Genossenschaftsverband e.v. ist Prüfungs- und Beratungsverband, Bildungsträger und Interessenvertreter für rund 2.300 Mitgliedsgenossenschaften. Vor über 150 Jahren gegründet, betreut der Verband heute in 13 Bundesländern Unternehmen aus den Bereichen Kreditwirtschaft, Landwirtschaft, Handel, Gewerbe und Dienstleistung mit
Seite 5 von 5 mehr als vier Millionen Mitgliedern und rund 88.000 Arbeitsplätzen. Der Genossenschaftsverband wird vertreten durch den Verbandspräsidenten Michael Bockelmann sowie die Vorstandsmitglieder Klaus Bellmann, Horst Kessel, René Rothe und Edgar Schneider. www.genossenschaftsverband.de