Schmerz und Schlaf. Interaktionen aus zahnärztlicher Sicht



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Transkript:

Schmerz und Schlaf Interaktionen aus zahnärztlicher Sicht GZM-Tagung München 2005 Dr. Horst Kares Saarbrücken

Fragebogen CMD

Frau / 59 Jahre / Insuffizienter Zahnersatz/Kopf- Gesichtsschmerzen /Schlafstörungen

Bisshebung um 10 mm

Rehabilitation mit 2 Prothesen Besserung der Schmerzen/Schlafstörungen

Klassifikation Orofaziale Schmerzen Bell s Orofacial Pain Okeson 2005

A. Intensive Schmerzen Kieferklemme Kein Stress Zweiachsiger Zugang zu orofaz. Schmerzen Achse I Biomedizinisch; Klinische CMD-Diagnose B. Leichte Schmerzen, Keine Kiefergelenk zeichen Depressiv Das Bio-Psycho-Soziale Modell Achse II Verhalten / Psychosozial

Achse I Achse II Somatische Schmerzen Depressionen Neuropathische Schmerzen Angststörungen Somatoforme Störungen

Somatische Schmerzen Oberflächliche Schmerzen Hautschmerzen Mucogingivale Schmerzen Tiefe Schmerzen Muskulo-skelettale Schmerzen (CMD) Viszerale Schmerzen Pulpa, Kiefer Gefäße Neurovaskulär Drüsen, Augen, Ohren

Neuropatische Schmerzen Episodische neuropat. Schmerzen Neuralgie u.a. Chronische neuropat. Schmerzen Peripher induziert Zentral induziert Polyneuropathien

Craniomandibuläre re Dysfunktionen CMD Alle schmerzhaften und nichtschmerzhaften Beschwerden, die auf strukturelle, funktionelle, biochemische und psychische Fehlregulation der Muskel- und/oder Kiefergelenksfunktion zurückzuf ckzuführen sind ICCMO 2001

Muskuläre Hyperaktivitäten Aus Der etwas andere Kopf- und Gesichtsschmerz Kares, Schindler,Schöttl, 2001

Das Kiefergelenk

CMD-Symptome 1 Zähne Kiefer Zunge Bisslage Gesicht

CMD-Symptome 2 Gelenkknacken Reibegeräusche Ohrschmerzen Druck im Ohr Ohr juckt

CMD-Symptome 3 Schläfenkopfschmerz Schmerzen hinter den Augen Lichtempfindlichkeit Schluckbeschwerden Heiserkeit Häufiges Räuspern Kloß im Hals

CMD-Symptome 4 Haar und Kopfhaut Nackenschmerzen Verspannungen Schulterschmerzen

Prävalenz von Schmerzen 15 % bei jungen Menschen 50 % bei Älteren Meh D et al. 1994, Kaasalainen S et al. 2001

Ätiologie von chronischen Schmerzen? Prädisponierende Faktoren Genetik Hormone Entwicklung Initiierende Faktoren Physischer Stress (Okklusion,Bruxismus) Psychischer Stress Perpetuierende Faktoren Katastrophisieren Schlafstörungen

Orofaziale Schmerzen bei Kindern Kopfschmerzen Nackenschmerzen Konzentrationsschwäche Müdigkeit Mundatmung Kieferanomalien

Schlafstörungen aus zahnärztlicher Sicht

Prävalenz von Insomnien 20% bei jungen Menschen 36% im Alter Moldofsky H 2001, Morin CM et al 1998

Aktuelle Klassifikation des Bruxismus Primärer, idiopathischer Bruximus durch motorische Aktivitäten Wachbruxismus (WB) Schlafbruxismus (SB) Parasomnie Sekundärer, iatrogener Bruxismus durch Störung auf folgenden Ebenen Neurologisch Medikamentös Psychiatrisch Schlafmedizin, Hinz,Rose,Sanner 2005 zfv

Prävalenz des Schlafbruxismus 60% der Bevölkerung weist nachts rhythmisch motorische Muskelaktivitäten der Kaumuskulatur auf (RMMA) physiologisch - 6-8% schwerer Bruxismus -pathologisch-

Folgen von schwerem Schlafbruxismus (700-1200 N) Zahnabrasionen, Zahnlockerungen Zahnschmerzen Myofasziale Schmerzen Arthralgien Gibbs et al. 1981

Auslöser ser von Schlafbruxismus Kräftige motorische Reaktion nach einer transitorischen Weckreaktion (Mikroarousal) Kato et al. 2001.

RMMA und Schlafvariablen Variablen Geschlecht Alter im Schnitt Schlafdauer Microarousals Stadium 1 (%) Stadium 2 (%) Stadium 3 u. 4 REM (%) RMMA Episoden/St. Normal 5m, 5w 24 Jahre 457 Min. 10 7 53 15 22 0,8 Kato et al. 2001 SB-Patienten 6m, 4w 26 Jahre 464 Min. 10 9 54 13 22 6,3

Fragmentierter Schlaf bei chronischen Schmerzpatienten durch Mikroarousals Wachreaktionen bis zu 15 Sekunden Wechsel im Schlafstadium Körperbewegungen Begleitet durch Schnelle kortikale Alphawellen Tachykardie Muskul. Hypertonus Terzano MG et al. 2001, Parrino L 2001

SB und OSA können gemeinsam auftreten allerdings keine zeitliche Assoziation Frohmann BS 1931

Ätiologie von Schlafbruxismus Bissanomalien? Stressabbau Angst Perfektionismus Rauchen Alkohol Drogenkonsum Genetik Schmerzen?

Interaktionen zw. Schmerz und Schlaf

Chronische Schmerzen prädisponieren stark für Insomnien Morin CD et al. 1998, Sutton et al. 2001, Smith MT et al. 2000

Experimentelle Schmerzreize bei Gesunden triggern Wachreaktionen und Wechsel der Schlafstadien Brousseau M et al. 2002

Auf starke akuten Schmerzen folgen in 50-90% der Fälle F Schlafstörungen Morin CD et al. 1998, Sutton et al. 2001, Smith MT et al. 2000

Bei brennenden oder chronischen Schmerzen häufig Einflüsse in beiden Richtungen Affleck G et al. 1996, Raymond I et al. 2001

Management von Schlafstörungen bei Schmerzpatienten Brousseau M et al. J Can Dent Assoc 2003

1. Evaluation von primären Schlafstörungen Screening nach Schnarchen OSA Restless leg syndrome Schlafbruxismus Insomnie u.a. = Überweisung an Hausarzt/Schlafmediziner und ev. Schienentherapie durch Zahnarzt

2. u. 3. Schlafhygiene und Verhaltenstherapien Schlafumgebung? Tages- und Wochenrhythmus? Kaffee, Tabak, Alkohol? Exzessive Diskussionen oder Sport am Abend? Entspannungstechniken / Sport Gedankenkontrolle u.a.

4. Medikamentöse Therapien Analgetika Muskelrelaxatien Niedrig dosierte Antidepressiva Phytotherapeutika

Fazit Häufig Korrelation von orofazialen Schmerzen und Schlafstörungen Schlafstörungen bei Schmerzpatienten müssen erkannt und behandelt werden Interdiszipl. Diagnostik und Therapie

Vielen Dank!