Seite 1 Risiko, Risikomanagement und Regulierung: Quo vadis Lebensversicherung? Professor Dr. Hato Schmeiser Lehrstuhl für Risikomanagement und Versicherungswirtschaft Geschäftsführender Direktor I.VW-HSG hato.schmeiser@unisg.ch
Seite 2 Überblick 1. Risiko und Risikomanagement in der Lebensversicherung 2. Regulierung und zentrale Herausforderungen in der Lebensversicherung 3. Ist die klassische Kapitallebensversicherung ein Patient? 4. Fazit
Seite 3 1. Risiko und Risikomanagement in der Lebensversicherung Risiken in der Lebensversicherung? - Dominant: Kapitalanlagerisiko vor dem Hintergrund der Kundenzusagen - Kundenzusagen in Form von Garantien und Wahlrechten (Mindestverzinsungzusagen, Umwandlungssätze, garantierte Todesfallzahlungen, Storno- und Beitragsfreistellungsoptionen u.v.m.) - Reine Underwritingrisiken im Vergleich deutlich geringer g Aufgaben des Risikomanagements?
Seite 4 1. Risiko und Risikomanagement in der Lebensversicherung - Risikokomponenten im SST Beispiel Le ebensver rsicherun g Market risk Insurance risk Scenarios Diversification Market and insurance risk (ES of aggregate distribution) Credit risk Market value margin Target capital Risk bearing capital In t = 0 Test bestanden
Seite 5 1. Risiko und Risikomanagement in der Lebensversicherung - Mannheimer Lebensversicherung Krisen in der (Lebens-)V Versicher rung - Equitable Life - (AIG)
Seite 6 Warum Regulierung? - Konkurs eines Versicherungsunternehmens (VU) kann zum Ruin des Versicherungsnehmers (VN) / des geschädigten Dritten führen - Sicherheitsniveau des VU hat einen direkten Einfluss auf die Produktqualität - Zahlungsbereitschaft der VN reagiert extrem sensitiv auf Veränderungen des Sicherheitsniveaus des VU - Weiterer Regulierungsfokus: Transparenz und Missbrauchsaufsicht - Interesse der Branche an Regulierung
Seite 7 Nachwehen der Finanzkrise: - Versicherungsbranche in "Mithaftung" Beispiel: Einlagesicherungsfonds für Banken und EU-White-Paper für Insolvenzsicherungsfonds für Versicherungsunternehmen - Versicherungsindustrie zahlt durch künstlich niedrig gehaltene Zinsen für die Bankenkrise - Wettbewerbsvorteile aus dem Geschäftsmodell sind nur sehr einge- schränkt genutzt worden
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Seite 12 - Solvency II und SST - IFRS 4 Phase II und Market Consistent Embedded Value Reporting - VVG Reform (Transparenzvorschrift zur Entschädigung von Versicherungsmaklern, Widerrufsrecht für Versicherungsverträge, drei- jährige ordentliche Kündigungsfrist, Informationspflichten vor Ver- tragsabschluss, Verlängerung der Verjährungsfrist) - Regulierung "at its best": Vorvertragliche Informationspflichten in Deutschland Regul lierungsb boom - Unisex Tarife in der EU
Seite 13 ncy II s: Solven Exkurs Quelle: Prof. N. Gatzert, Universität Nürnberg Erlangen
Seite 14 ncy II rs: Solven Exkur
Seite 15 Implikationen Solvency II im Allgemeinen - Generierung systemischer Risiken (?) - Sicherheit wird stärker zu einem Wettbewerbsfaktor werden (vgl. Transsparenzvorschriften 3. Säule) - Bestrebungen zur Re-Regulierung erhöhen die Transaktionskosten für die VU und die Preise für Versicherungsschutz - Richtige Impulse für das Risikomanagement (?) / Wachsende Be- deutung des Rückversicherers (?) - Generell: Verschiedene Regulierungskonzepte geben sehr unterg g p g schiedliche Signale und erschweren die ökonomische Steuerung des Versicherers
Seite 16 Erste Marktimplikationen des SST - SST ist von der Schweizerischen Assekuranz weitgehend positiv aufgenommen worden Problemkreis Asset Allokation - Umschichtung in langfristige Anleihen - Nachfrageüberhang g erzeugt flache Zinsstruktur ( knick bei lang- laufenden CH-Anleihen) - Reduktion der Attraktivität von Immobilienanlagen (können gemäss Reduktion der Attraktivität von Immobilienanlagen (können gemäss SST grundsätzlich nicht zum Duration-Matching eingesetzt werden)
Seite 17 - Fazit Es besteht die Gefahr, dass Anlagestrukturen für LV aufsichtsrechtlich erzeugt werden, die zu schwierigen Schuldner-Gläubiger- Beziehungen führen, den Staaten günstige Verschuldungsmöglichkeiten bieten, von daher nur auf den ersten Blick sicher sind und wegen geringen g Upside-Potentials wenig Kundennutzen entfalten Diese Gefahr ist für die EU vor dem Hintergrund der aktuellen Euro-Krise von massiver Bedeutung (mit möglichen Implikationen für CH) Quelle: FINMA Kapitalanlagen zu Buchwerten
Seite 18 Problemkreis Geschäftsmodell der Gemischten KLV - RBC 0 -Berechnung reagiert sehr sensibel auf Zinsannahmen - Solvenzanforderungen bedingt durch das verwendete Risikomass im SST generell sehr hoch - Investition in LV aus der Perspektive der Eigenkapitalgeber wenig attraktiv wegen a) unveränderten Marktpreisen für KLV, b) VN-Optio- nen bei niedrigem Zinsniveau und c) harten Solvenzanforderungen - Mittelfristige Gefahr: Im Extremfall Rückzug aus dem Markt (insbe- sondere im Bereich des Kollektivgeschäfts CH) und Veränderung der Produktpalette hin zu Verträgen mit weniger Investmentgarantien
Seite 19 - Fazit: - Es besteht eine Gefahr, dass LV ihre USP verlieren - Es stellt sich im Extremfall die Frage, wer abseits von LV Investment- t garantien über sehr lange Zeiträume sowie biometrische Risiken innerhalb der Gesellschaft tragen soll Weitere Aspekte: - EK-Substitute (z. B. Hybridkapital) gewinnen an Bedeutung - Erhöhte Transparenz und besseres Verständnis bezüglich der Bewer- Erhöhte Transparenz und besseres Verständnis bezüglich der Bewer tung und Absicherung von Optionen in der LV
Seite 20 Regulatorische Rahmenbedingungen in der kollektiven Lebens- versicherung Z entrale H erausford derungen n - Niedrigzinsumfeld und Wechselkursrisiken problematisch insb. vor dem Hintergrund gewährter Zinsgarantien und Umwandlungssätze - Kapitalunterlegungsvorschriften (siehe SST) - Ungleiche Wettbewerbsbedingungen mit dem Pensionskassenmarkt - Konkurrenz durch eigene und fremde Produkte (z. B. Garantiefonds) - Unisextarife im EU-Markt
Seite 21 Konsequenzen aus der gerichtlich erzwungenen finanzwirtschaftlichen Ungleichbehandlung von Frauen und Männern in der EU für den Schweizer Markt und für Schweizer Versicherer? Zentrale Herausford derungen n
Seite 22 3. Ist die klassische Kapitallebensversicherung ein Patient? Verbraucherzentrale Hamburg: Beispiel aus Deuts schland - Lebensversicherungsprodukte ungeeignet für Zwecke der Altersvorsorge - Gründe gemäss Hamburger "Ampelcheck": Geringe Stornoleistungen, Abschlusskosten, Intransparenz und Inflexibilität Quelle: Albrecht, Versicherungswirtschaft Heft 16, 2009
Seite 23 3. Ist die klassische Kapitallebensversicherung ein Patient? Targo mit höchsten Werten Diese Lebensversicherer senken die Überschussbeteiligung 18.01.2011 Ahrensburg (RPO). Wegen des niedrigen Zinsniveaus senken Deutschlands Lebensversicherer die Überschussbeteiligung. Auf seiner Website präsentiert das Versicherungsjournal die bevorstehenden Änderungen. Völlig ausser Acht gelassen: Beispiel aus Deuts schland Welche Versicherungen brauchen Sie? Von den gemeldeten 63 Gesellschaften hat einzig die Inter ihre Überschussbeteiligung um 0,25 Prozentpunkte erhöht, steht allerdings mit dann 3,75 Prozent trotzdem auf einem schlechten Platz. Die höchsten Abschläge um 0,4 Prozentpunkte müssen Kunden der Neuen BBV (dann 4,1 Prozent), der Öffentlichen Berlin Brandenburg (3,4 Prozent) und dem Volkswohl Bund (4,35 Prozent) hinnehmen. 22 Anbieter haben ihre laufende Verzinsung auf dem Vorjahresniveau gehalten. Die Abschläge werden laut dem Versicherungsjournal vor allem damit begründet, dass das aktuell niedrige Zinsniveau keine höheren Überschüsse zulässt. Die höchsten Werte gibt es derzeit bei der Targo (4,8 Prozent), gefolgt von der Fortis Deutschland mit 4,5 Prozent und der Neuen Leben sowie der Stuttgarter mit jeweils 4,4 Prozent. Wie "performen" Alternativinvestments im Niedrigzinsumfeld? Diskussion in CH? Internet: www.versicherungsjournal.de
Seite 24 3. Ist die klassische Kapitallebensversicherung ein Patient? - Die Performance der Gemischten KLV ist tatsächlich im Vergleich ziemlich gut (aber auch für besonders interessierte Kunden kaum nachvollziehbar) V l hi i kt ll St di d I VW ("A P f A l i f - Vgl. hierzu eine aktuelle Studie des I.VW ("A Performance Analysis of Participating Life Insurance Contracts", Working Paper I.VW No. 76)
Seite 25 3. Ist die klassische Kapitallebensversicherung ein Patient? - Ein erheblicher Teil des Kunden ist bereit, die Kosten für Investment- garantien in der Lebensversicherung zu tragen - N = 375, Onlinebefragung g Mai/Juni 2009 - Details: "On the Valuation of Investment Guarantees in Unit-Linked Life Insurance: A Behavioral Perspective" (Working Paper I.VW No. 69), erschienen in: Geneva Paper on Risk and Insurance 2011
Seite 26 4. Fazit Die klassische Gemischte KLV ist kein Patient, aber ihre Vorteile sind nicht leicht dem Kunden zu verdeutlichen (aufgrund der Komplexität des Produkts) - KLV bietet weitgehend sicheres Endvermögen (im Erlebensfall) - Investmentgarantiesicherheit nicht in ähnlicher Form durch Fonds- strategien zu erreichen (Stichwort: Modellrisiko) - Gesetzliche Regulierung des Produkts kann aus Kundenperspektive attraktiv sein - Chancenpotential im Marketing bzgl. Ergebnissicherheit / Wert von enthaltenen Optionen und Garantien - Zudem: Produktkombination liefert Anreize zum Sparen
Seite 27 4. Fazit Zukunftsperspektive Lebensversicherung - Vertriebskosten werden starker Wettbewerbsfaktor (spricht für Bausteinkonzepte) - Finanzmarktkrise könnte aber der gemischten KLV positiv zuspielen (klare Vorteile des Geschäftsmodells "Versicherung") - Ausschliessliche Bearbeitung der Kernkompetenz "Management biometrischer Risiken" ist nicht erfolgsversprechend - Gesellschaftliche und demographische Entwicklungen stellen positive Einflussfaktoren für die Nachfrage dar - Implizite Optionen und deren Management stehen durch Solvency II / IFRS 4 / Finanzkrise verstärkt im Fokus
Seite 28 Kontakt Professor Dr. Hato Schmeiser Lehrstuhl für Risikomanagement und Versicherungswirtschaft Geschäftsführender Direktor des Instituts für Versicherungswirtschaft Telefon: +41 (0)71 243 40 43 hato.schmeiser@unisg.ch