Departement Volkswirtschaft und Inneres



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Transkript:

Gerichtsorganisation; Teilrevision der Kantonsverfassung und Totalrevision des Gerichtsorganisationsgesetzes (GOG) Ablauf Anhörung: Freitag, 25. Februar 2011 Name/Organisation Nähere Bezeichnung SP des Kantons Aargau Adresse Bachstrasse 43 PLZ, Ort 5001 Aarau Adresse für Rückfragen Name, Vorname Marco Hardmeier Adresse Bachstrasse 43 PLZ, Ort 5001 Aarau Telefon 079 488 23 22 Mail marco.hardmeier@sp-aargau.ch Ort, Datum Aarau, 25. Februar 2011 Bitte übermitteln Sie den ausgefüllten Fragebogen bis am 25. Februar 2011 elektronisch mit dem Knopf auf der letzten Seite oder per Post an das Departement Volkswirtschaft und Inneres, Generalsekretariat, Frey-Herosé-Str. 12, 5001 Aarau. Der Fragebogen ist online abrufbar unter http://www.ag.ch/vernehmlassungen. Seite 1 von 13

Frage 1: Neue Leitungsstruktur Anhörungsbericht Ziff. 4.2 Sind Sie mit der neuen Leitungsstruktur für die Justiz? eher Als eigentlicher Quantensprung zu begrüssen ist die Schaffung eines Leitungsorgans für die gesamte Justiz. Dass dieses Leitungsorgan im Wesentlichen paritätisch aus Vertretern von Ober- und Unterinstanzen zusammengesetzt ist, stellt ebenfalls einen grossen Vorteil des Vorschlags dar; für Fragen der Justizorganisation ist nicht entscheidend, welcher Hierarchiestufe (Unter- oder Oberinstanz) die jeweiligen Vertreter angehören. Es ergeben sich folgende Kritikpunkte gegenüber dem Vorschlag: 30 Abs. 1 ngog: Das vorgeschlagene Leitungsorgan ist zu gross. Vier Mitglieder von Seiten der Justiz (zuzüglich des Generalsekretärs, welcher beratende Stimme hat) genügen. Das Leitungsorgan ist damit weniger schwerfällig. Ausserdem fällt es erheblich leichter, die erforderlichen Pensenentlastungen für die beteiligten Richter zu organisieren. Die vorgeschlagene Sechserbesetzung dürfte sich im Wesentlichen dem Umstand verdanken, dass auch das Spezialverwaltungsgericht über einen Sitz im Leitungsgremium verfügen muss. Da hier die gänzliche Abschaffung des Spezialverwaltungsgerichts vorgeschlagen wird (vgl. Bemerkungen zu Frage 8), entfällt die Notwendigkeit, diesem Einsitz in die Justizleitung zu gewähren). Auch für den Fall, dass dem hier unterbreiteten Vorschlag der Streichung der Spezialverwaltungsgerichtsbarkeit nicht gefolgt wird, erweist sich die Dauervertretung des "Rumpfspezialverwaltungsgerichts" gemäss der Vorlage als überflüssig. Auch bei Beibehaltung eines "Rumpfspezialverwaltungsgerichts" rechtfertigt sich die Besetzung der Justizleitung mit je zwei Vertretern aus dem Obergericht sowie zwei Vertretern der Bezirksgerichte sowie des Spezialverwaltungsgerichts. Die Konferenz der Bezirksgerichtspräsidenten und der Präsidenten des Spezialverwaltungsgerichts bestellt bei dieser Variante die beiden Vertreter dieser Gerichte. Seite 2 von 13

Frage 2: Neuordnung der Aufsicht Anhörungsbericht Ziff. 4.3. Sind Sie mit der Neuordnung der Aufsicht grundsätzlich? eher Vgl. dazu die Bemerkungen zu Frage 1. Seite 3 von 13

Frage 3: Justizleitung 29, 30 und 33 neues GOG Wie beurteilen Sie die Aufgaben und die Zusammensetzung der Justizleitung? eher Es ergeben sich zwei Bemerkungen zu den Aufgaben der Justizleitung: 29 Abs. 2 ngog: Es versteht sich von selbst, dass allein die Justizleitung zum Erlass der erforderlichen Reglemente zuständig ist. Eine Delegation an die untergeordenten Einheiten ist grundsätzlich nicht möglich. Dies stellt gegenüber dem heutigen Zustand, wo jede Justizeinheit über erhebliche Autonomie verfügt und in der Regel die sie betreffenden Regeln zunächst selbst vorschlägt, einen einschneidenden Paradigmenwechsel dar. Dieser ist grundsätzlich zu begrüssen. Indessen dürfte es naheliegen, eine Berücksichtigungspflicht der Anliegen der betroffenen Justizeinheiten im Gesetz zu verankern (vgl. vorgeschlagene Ergänzung von 29 Abs. 2). 12 Abs. 2 ngog: Die Bestimmung, welche die Pensenfestlegung der Oberrichter durch die IUS auf Antrag der Justizleitung vorsieht, stellt einen erheblichen Einbruch in die Selbstorganisationsautonomie der Justiz dar. Auf diese Weise wird, bevor überhaupt eine Justizleitung mit umfassenden Kompetenzen gerade auch im Personalbereich besteht, schon deren Zuständigkeit beschränkt. Das Anliegen, welches hinter der vorgeschlagenen Norm steht, kann besser (und mit einem weniger weit gehenden Eingriff in die Zuständigkeit der Justizleitung) verwirklicht werden: Gemäss 12 Abs. 1 n GOG legt der Grosse Rat das Gesamtpensum an hauptamtlichen Richtern fest. Dieses Gesamtpensum sollte als ein Pensum definiert werden, dass aus ganzen (100%) und/oder halben Stellen (50%) besteht (d.h. keine "gebrochenen" Pensen von 30%, 70% o.ä.). Es ist denkbar, dass - infolge Pensenreduktionen und -erhöhungen im Obergericht (Beispiel: Ein hautpamtlicher Oberrichter reduziert sein Pensum im Hinblick auf die bevorstehende Pensionierung um 20% auf 80%, ein anderer Oberrichter, der bisher ein 50%-Pensum hatte, stockt auf 70% auf - zugeteilte Pensen nicht voll ausgenützt sind. Ausgeschlossen werden muss lediglich, dass durch Pensenreduktionen und - erhöhungen die Möglichkeit geschaffen wird, dass Richter, welche ursprünglich z.b. nur mit einem halben Pensum gewählt wurden, auf ein ganzes Pensum aufstocken, ohne dass eine Wahl durch den Grossen Rat erfolgt (für die zweite Pensumshälfte). Dafür genügt es aber, dass zu besetzende ganze oder halbe Stellen von der Justizleitung dem Grossen Rat gemeldet werden, der dann die entsprechende Wahl vornimmt (als hauptamtlicher oder vollamtlicher Richter). Gleichzeitig ist die Zuständigkeit der Justizleitung zur Vornahme von Pensenverschiebungen auf einen Grenzwert zu beschränken (z.b. 20%), der nicht überschritten werden darf; und zwar auch nicht durch mehrere nacheinander erfolgende Pensenreduktionen oder -aufstockungen (d.h. Ausschluss der schrittweisen Erhöhung z.b. von 50% auf 70%, dann von 70% auf 90%) Seite 4 von 13

Frage 4: Justizgericht 38 und 39 neues GOG Wie beurteilen Sie die Zuständigkeiten und die Zusammensetzung des Justizgerichts? eher Bedenken erweckt die Zusammensetzung des Justizgerichts in dreierlei Hinsicht: Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Mitglieder des Justizgerichts von der Wohnsitzpflicht ausgenommen sein sollen ( 18 Abs. 1 zweiter Satz ngog). Ebenso leuchtet nicht ein, warum für einen Richter des Justizgerichts ein juristischer Hochschulabschluss genügen soll ( 14 Abs. 4 ngog). Gerade bei Richtern des Justizgerichts, welche über Richter zu urteilen haben, muss im Gegenteil verlangt werden, dass sie - wie die hauptamtlichen Richter - über ein Anwaltspatent verfügen. Darüber hinaus ist zu überlegen, ob von diesen Richtern nicht sogar ein Ausweis über ihre Gerichtserfahrung zu verlangen ist (mindestens langjährige Gerichtsschreiber-, wenn nicht sogar Richtererfahrung). Das Fehlen jeglicher Altersgrenze für die Richter des Justizgerichts ( 23 Abs. 3 ngog) befriedigt nicht. Spätestens mit Vollendung des 75. Altersjahrs sollte auch hier Schluss sein. Seite 5 von 13

Frage 5: Wohnsitz Anhörungsbericht Ziff. 4.6 und 18 neues GOG Sind Sie damit, dass die Richterinnen und Richter, mit Ausnahme der Richterinnen und Richter des Justizgerichts, ihren Wohnsitz im Kanton Aargau haben müssen und die bis anhin für Friedensrichterinnen und -richter sowie für Bezirksrichterinnen und -richter verlangte Wohnsitznahme im Amtskreis entfällt, wobei für nebenamtliche Richterinnen und Richter an kantonalen Gerichten Ausnahmen bewilligt werden können? eher Vgl. zum Justizgericht Bemerkungen zu Frage 4 Die Aufweichung des Wohnsitzerfordernisses für nebenamtliche Richter und Fachrichter ( 18 Abs. 2 ngog) ist zu begrüssen, da sich bereits heute in der Praxis erhebliche Rekrutierungsprobleme ergeben. Merkliche Rekrutierungsprobleme bestehen heute darüber hinaus auch bei den Ersatzrichtern. Diese Probleme dürften sich in Zukunft aufgrund der neu vorgeschlagenen Unverträglichkeitsregel ( 22 Abs. 3 ngog; die Regel entspricht einem rechtstaatlichen Minimalstandard und sollte in jedem Fall im Gesetz verankert werden) wesentlich verschärfen. Deshalb sollte die Lockerung des Wohnsitzerfordernisses auf Ersatzrichter ausgeweitet werden. Seite 6 von 13

Frage 6: Abgangsentschädigung 26 neues GOG Sind Sie grundsätzlich damit, dass hauptamtliche Richterinnen und Richter, die ohne eigenes Verschulden nicht wiedergewählt werden, eine Abgangsentschädigung erhalten? eher 26 ngog: Die Regelung entspricht einem rechtstaatlichen Minimum: Liegen Dienstvergehen oder ungenügende Leistungen vor, so besteht Grund für ein Einschreiten der Justizleitung, das im Extremfall zur Amtsenthebung führt (mit der Möglichkeit der Anrufung des Justizgerichts). Sind es hingegen in erster Linie politische Gründe, die zu einer Nichtwiederwahl führen, ist diese selbst unter rechtstaatlichen Gesichtspunkten äusserst bedenklich, so dass mindestens das minimale Korrektiv einer Abgangsentschädigung vorzusehen ist. Das Institut der Abgangsentschädigung sollte daher auch auf weitere Wahlämter (insbesondere die Ämter der Oberstaatsanwälte und der leitenden Staatsanwälte) ausgedehnt werden. Es fragt sich überdies, ob nicht bereits im Gesetz die zentralen Parameter für die Bemessung einer Abgangsentschädigung (insbes. Dienstalter, Lebensalter) erwähnt werden sollten. Seite 7 von 13

Frage 7: Neuorganisation der Bezirksgerichte mit den Abteilungen Zivil- und Strafgericht, Jugendgericht, Arbeitsgericht sowie Familiengericht (letztere im Falle der Wahl des Gerichtsmodells im Rahmen der Umsetzung des Kindes- und Erwachsenenschutzes) Anhörungsbericht Ziff. 4.7 und 50 ff. neues GOG Sind Sie damit, dass die Bezirksgerichte in Abteilungen gegliedert werden und dabei die heutige Zusammensetzung der Spruchkörper grundsätzlich beibehalten wird? eher Gegen die Unterteilung der Bezirksgerichte in Abteilungen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. In der Stellungnahme zum KESR wird das Gerichtsmodell favorisiert, weil sich nur auf diese Weise die beiden Anliegen der Schaffung einer Familiengerichtsbarkeit mit umfassender Zuständigkeit im Bereich des Kindesschutzes und der Lösung der heutigen Zuständigkeitskonflikte zwischen Bezirksgerichten und Vormundschaftsbehörden verwirklichen lassen. Trotz dieser klaren Zustimmung zum Gerichtsmodell dürfen die mit dessen konkreter Umsetzung im Kanton Aargau verbundenen Probleme nicht übersehen werden: Die voraussichtlichen Betriebsgrössen liegen in sechs Bezirken (Kulm, Muri, Laufenburg, Rheinfelden, Brugg, Zurzach) klar unterhalb der Empfehlungen der KOKES, was sich auch in den Stellenplänen zeigt. Der Vorschlag in der Botschaft KESR, den Fachmitarbeitern "zusätzlich Sachbearbeitungsaufgaben des Behördensekretariats" zu überbinden (Botschaft, S. 20), ist keine sachgerechte Lösung für dieses Problem. Damit die erforderliche und mit der Vorlage beabsichtigte Professionalität auch in den genannten Bezirken erreicht werden kann, ist daran zu denken, dass Fachpersonen, um eine ausreichende Pensenauslastung zu erreichen, bezirksübergreifend eingesetzt werden. Um eine ausreichende Auslastung zu erreichen, ist insbesondere für die Fachrichter vorzusehen, dass diese mindestens ein Teilpensum von 50% zu bekleiden haben. Dementsprechend ist der vorgeschlagene 11 Abs. 4 ngog betreffend die vom Regierungsrat zu wählenden Fachrichter ( 17 Abs. 3 ngog) neu wie folgt zu fassen: "Fachrichterinnen und Fachrichter des Kindes- und Erwachsenenschutzes können in Voll- oder Teilpensen von mindestens 50% tätig sein." Bedenken hinsichtlich der Gewährleistung ausreichender Professionalität erweckt auch der Umstand, dass die Juristen, welche in den einzelnen Bezirken, den Vorsitz der Familiengerichtsabteilungen übernehmen sollen, ohne weitere Voraussetzungen mittels Volkswahl bestimmt werden sollen. Die Erfahrung zeigt, dass die parteiinternen Auswahlverfahren nicht geeignet sind, die fachliche Qualifikation für den Vorsitz in einem Familiengericht sicherzustellen. Der Volkswahl ist daher ein Auswahlverfahren durch die zuständige Direktion (DVI) vorzuschalten, durch welches sicher gestellt wird, dass die eingereichten Kandidaturen dem fachlichen Profil eines Familienrichters entsprechen. Nur Kandidaten, die vom DVI als für den Vorsitz in einem Familiengericht als geeignet angesehen werden, sind wählbar. Der vorgeschlagene 14 ngog ist entsprechend zu ergänzen durch einen Abs. 4 (einzuschieben vor dem bisherigen Abs. 4): "Als Vorsitzende einer Familienrechtsabteilung an einem Bezirksgericht sind nur Personen wählbar, die sich über eine mindestens dreijährige Erfahrung im Gebiet des Kindes- und Erwachsenenschutzes ausweisen können. Der Seite 8 von 13

Regierungsrat prüft diese Voraussetzung. Er lässt nur Kandidaten zur Wahl zu, die dieses Erfordernis erfüllen". Seite 9 von 13

Frage 8: Zuständigkeitsübertragung von Spezialverwaltungsgerichten an das Verwaltungsgericht Anhörungsbericht Ziff. 4.8 sowie Fremdänderungen Personalgesetz, Einführungsgesetz zum Ausländerrecht und Landwirtschaftsgesetz Sind Sie damit, dass das Personalrekursgericht, das Rekursgericht im Ausländerrecht und die landwirtschaftliche Rekurskommission aufgehoben und die Zuständigkeiten dem Verwaltungsgericht übertragen werden? eher Unbestrittenermassen besteht mit Bezug auf die Spezialverwaltungsgerichte Handlungsbedarf. Weil das Bundesrecht als Vorinstanzen des Bundesgerichts obere kantonale Gerichte verlangt, hält die bestehende Ordnung, gemäss der bei den Spezialverwaltungsgerichten erst- und oberinstanzliche Gerichtsbarkeit gemischt sind, nicht vor dem Bundesrecht stand. Konsequenterweise sind die bestehenden Spezialverwaltungsgerichte zu "entmischen", indem jene Gerichte, die bisher letztinstanzlich entschieden, ins Verwaltungsgericht zu integrieren sind. Übrig bleibt indessen nach dem Entwurf zum GOG lediglich noch ein "Rumpfspezialverwaltungsgericht" mit nur noch drei vollamtlichen Richtern. Dieses Gericht mit drei Richtern ist überdies mit einem Vertreter in der Justizleitung krass übervertreten (Das Obergericht mit über 20 Oberrichtern hat drei Sitze und die Bezirksgerichte mit weit über 20 hauptamtlichen Richtern haben nur zwei Sitze). Angesichts dieser Sachlage drängt sich eine möglichst e Integration auch des "Rest"spezialverwaltungsgerichts ins Verwaltungsgericht auf. Diese Lösung hat zudem den Vorteil, dass sie insgesamt erheblich kostengünstiger zu stehen kommen dürfte, da sie zu einer Verschlankung der Justiz beiträgt: Es werden zwar gegenüber der Vorlage nochmals ca. zwei zusätzliche Oberrichterstellen nötig. Die gesamte Organisation des Spezialvewaltungsgerichts kann dagegen aufgehoben werden. Im Einzelnen: Steuerrekursgericht (bisher 2 vollamtliche Gerichtspräsidenten): 20 Kantone kennen heute bereits eine einstufige Steuerjustiz (d.h. Einsprache, anschliessend Beschwerde ans kantonale Verwaltungsgericht). Es steht dem Kanton Aargau gut an, endlich auch diese Lösung umzusetzen. Dafür genügt es, die Qualität des Rechtsschutzes im Einspracheverfahren zu verbessern (z.b. durch die Anordnung der Mitwirkung eines Vertreters des Rechtsdiensts des kantonalen Steueramts im Einspracheverfahren). Gegen den Einspracheentscheid kann die Bürgerin/der Bürger dann direkt ans Verwaltungsgericht gelangen. Eine Verschlechterung des Rechtsschutzes resultiert nicht. Im Gegenteil; der Rechtsschutz erfolgt rascher, effizienter und für die Bürgerin/ den Bürger kostengünstiger. Schätzungskommission nach Baugesetz (1 vollamtlicher Richter): Die Schätzungskommission übt heute in drei Bereichen erst nach Durchführung eines Einspracheverfahrens Justizfunktionen aus, nämlich bei den Erschliessungsabgaben (vorgängig wird auf Gemeindeebene ein Einspracheverfahren durchgeführt), bei der Gebäudeversicherung (vorgelagertes Einspracheverfahren der Gebäudeversicherung) und bei den Landumlegungen (ebenfalls vorgelagertes Einspracheverfahren). Es spricht nichts dagegen, hier ebenfalls Seite 10 von 13

ebenfalls eine direkte Beschwerde ans Verwaltungsgericht vorzusehen. Einzig im Bereich der Enteignungen (ca. 30% der Arbeitslast der Schätzungskommission) übt die Schätzungskommission die ursprüngliche Verwaltungsgerichtsbarkeit aus. Diese Aufgabe, die - bezogen auf das ganze "Rest"spezialverwaltungsgericht gemäss dem Entwurf - nicht mehr als rund 10% dessen gesamter Geschäftslast umfasst, ist an eine administrativ dem BVU anzugliedernde Schätzungskommission zu übertragen. Deren Entscheide wären sodann beim Verwaltungsgericht anfechtbar. Die hier vorgelegte Lösung ist notgedrungen skizzenhaft und im Einzelnen noch genauer auszuarbeiten. Der Regierungsrat ist einzuladen, die vorgeschlagene Lösung vor der ersten Lesung des Gesetzes im Grossen Rat als Variante auszuarbeiten und vorzulegen. Die hier vorgelegte Lösung verlangt ausdrücklich nicht die Abspaltung des Verwaltungsgerichts vom Gesamtobergericht. Das um voraussichtlich höchstens drei bis vier hauptamtliche Richterpensen aufzustockende Verwaltungsgericht (mit der Straffung des Rechtswegs entfällt ein Teil der bisherigen Geschäfte des Verwaltungsgerichts, so dass dieses nicht um die bestehenden fünf Richterstellen der Spezialverwaltungsgerichte aufzustocken ist) bleibt vielmehr Bestandteil des Obergerichts, welches dadurch über eine ausgewogenere Verteilung der Richterstellen auf die Einzelgerichte verfügt (was auch unter betrieblichen Gesichtspunkten - einfachere und effizientere Pensenverteilung im Obergericht - zu begrüssen ist). Unter anderem wird dadurch nicht nur eine übersichtlichere Gerichtsorganisation erreicht, sondern auch die Beschickung der Justizleitung mit Vertretern des Obergerichts und der Bezirksgerichte vereinfacht (je zwei Vertreter, was auch besser der personellen Stärke der Gerichte entspricht). Seite 11 von 13

Frage 9: Spezialverwaltungsgericht Anhörungsbericht Ziff. 4.8 und 62-64 neues GOG Sind Sie damit, dass das Steuerrekursgericht und die Schätzungskommission nach Baugesetz zum kantonalen Spezialverwaltungsgericht mit den Abteilungen Steuern sowie Kausalabgaben und Enteignungen zusammengefasst werden? eher vgl. Bemerkungen zu Frage 8 Seite 12 von 13

Frage 10: Zusätzliche Bemerkungen Hier können Sie Ihre Zusatzbemerkungen anbringen, die nicht zu den bisher genannten Themen gehören. (Wir möchten Sie höflich ersuchen, zusätzliche Bemerkungen zu einem bestimmten Paragraphen direkt in der dem Anhörungsbericht beiliegenden tabellarischen Form des Verfassungs- und Gesetzesentwurfs anzubringen.) Vgl. dazu Synopse Totalrevision GOG. Bitte senden Sie uns Ihre Antworten mit einem Klick auf das Feld "übermitteln". Sie erhalten eine Meldung, dass die Daten erfolgreich übermittelt worden sind. Sie können uns das Dokument auch per Post an das Departement Volkswirtschaft und Inneres, Generalsekretariat, Frey-Herosé-Str. 12, 5001 Aarau, senden. Einsendeschluss ist der 25. Februar 2011. Besten Dank. Seite 13 von 13