Die Geschichte der antiken Rhetorik Griechenland Die Geschichte der Rhetorik beginnt in Griechenland. Im 5. Jhdt. verknüpften die Sophisten Philosophie und Rhetorik, so dass sie durch philosophisch-rhetorische Kunstfertigkeit auch die Argumentation der schlechteren Sache zur besseren machen konnten. Der Sophist Gorgias war der erste große Redelehrer. Er betonte die Notwendigkeit, mittels der Rede die Gefühle des Zuhörers anzusprechen, womit jede gewünschte Wirkung zu erzielen sei. Der Philosoph Sokrates (470-399) lehnte die Haltung der Sophisten ab. Er setzte die Wahrheitsfindung vor die Wahrscheinlichkeit und die Überzeugung vor die Überredungskunst der Rhetorik. Sein Schüler Platon setzte diesen Weg fort. Aristoteles (384-322), Platons bedeutendster Schüler, nahm beide Richtungen auf und verband sie. Seine 3 Bücher umfassende Rhetorik ist das bedeutendste Lehrbuch der Redekunst. Lysias auch heute noch interessant
Die Geschichte der antiken Rhetorik Rom In Rom strömte mit der griechischen Bildung im 2. Jhdt. v. Chr. auch die griechische Rhetorik ein. Cato, der allem Griechischen gegenüber skeptisch war, hielt viele nach griechischem (!) Vorbild wirkungsvoll stilisierte Reden vor Gericht und im Senat. Seine Sentenzen (z. B. rem tene, verba sequentur ) sind Beispiele des pointierten Stils. Bedeutende Lehrer griechischen Ursprungs sind Poseidonios, Philon von Larisa, Antiochos von Askalon und Apollonios Molon. Cicero, der von Apollonios Molon unterrichtet wird, verbindet Rhetorik und Philosophie in seinem Ideal des orator sapiens, des philosophisch gebildeten Redners und Staatsmannes. Er erkannte damit klar die zweifache Funktion der Rede: fundierte Information und gezielte Manipulation. Seine wichtigsten Bücher über die Redekunst sind de oratore, orator und Brutus. Marcus Tullius Cicero
Die Absicht der Rede Rhetorik (Redekunst oder Redetechnik) im weitesten Sinn umfasst sowohl Theorie als auch praktische Technik der geschriebenen und gesprochenen Rede mit dem Ziel, den Rezipienten oder Zuhörer zu überzeugen und im Sinne des Redners zu beeinflussen. Zu diesem Zweck stellt sie ein umfangreiches Regelwerk zur Verfügung, mit dessen Hilfe der Redner sein Ziel erreichen kann. Im Mittelpunkt stehen dabei nicht nur Fragen, die Schönheit oder Eindringlichkeit des Redestiles betreffen, wie etwa die Stilmittel, die zur Veranschaulichung, Verlebendigung, Verdeutlichung und Ausschmückung der sprachlichen Aussage dienen, sondern auch grundsätzliche Fragen vom Auffinden des Stoffes bis hin zu einem effektiven Vortrag. Aischines
Die Vorbereitung der Rede Bereits in der Antike unterschied man zwischen fünf Phasen der Redevorbereitung. inventio: Stoffsammlung und Finden von Beweisgründen anhand von Suchformeln für die Argumente dispositio: Anordnung und Gliederung des Stoffes nach den Prinzipien der Dialektik elocutio: sprachliche Formulierung und stilistische Gestaltung memoria: Auswendiglernen der Rede Pronuntiatio: wirkungsvoller Vortrag Da unter den Aufgaben des Redners naturgemäß die sprachlich-stilistische Formulierung den wichtigsten Platz einnimmt, kommt der Stillehre (elocutio) besonders große Bedeutung zu. Es werden drei Stilarten unterschieden: der zum Belehren (docere) geeignete schlichte Stil (genus subtile), der vor allem in der gerichtlichen Redegattung (s. u.) angebracht ist; der zum Bewegen (movere) geeignete erhabene Stil (genus grande, sublime), der besonders bei der beratenden Redegattung angewendet wird; der zum Ergötzen (delectare) geeignete mittlere Stil (genus medium), der bei der festlichen Redegattung am Platze ist. In allen drei Stilarten müssen die Forderungen der sprachlichen Korrektheit (latinitas), der Deutlichkeit (perspicuitas), der Angemessenheit (aptum) und des Redeschmucks (ornatus) erfüllt werden.
Die Redegattungen Ebenfalls aus der Antike stammt die Unterscheidung nach Redesituationen. Die klassische Rhetorik unterscheidet 3 Arten der Rede die Gerichtsrede (genus iudiciale) zur eigenen Verteidigung und zur Beeinflussung der Richter; entspricht unserem Plädoyer. die politische Rede (genus deliberativum): ein politisches Problem wird nach verschiedenen Richtungen untersucht. Dient auch der Gewinnung von Wählern und zur Beeinflussung der Massen. Gelegenheits- oder Festrede (genus demonstrativum): aus einem festlichen Anlass wird z. B. eine Dankesrede gehalten. Demosthenes
Der Aufbau der Rede Gegenstand dieser Aufgaben ist die Rede, die aus folgenden Teilen besteht: Einleitung (exordium), Erzählung oder Darstellung des Sachverhalts (narratio), Beweisführung (argumentatio) und Schluss (peroratio); vor der Erzählung erfolgt oft noch eine kurze Angabe der Hauptgesichtspunkte, nach denen der Sachverhalt im folgenden dargestellt wird (divisio, propositio), und bei der Beweisführung wird unterschieden der Beweis der eigenen Behauptungen (confirmatio) und die Widerlegung der gegnerischen Behauptungen (refutatio). Isokrates
Die rhetorischen Mittel Aufgabe des Redners ist es, bestimmte Informationen auszuwählen, zusammenzustellen und in ansprechende Form zu kleiden. Durch die Art der Darstellung sollen die Zuhörer manipuliert werden. Dies gelingt neben dem bewussten Einsatz rhetorischer Stilmittel ( Tropen und Figuren ) besonders durch: Aufwertung der eigenen Argumentation (günstige Seite hervorheben, möglichen Einwänden begegnen...) Abwertung der gegnerischen Argumentation (Ungünstiges betonen, Abwertung des Gegners) Abschwächung (Verständnis bekunden, Tabuisierung von Problemen, Unabwendbarkeit betonen...) Quintilian (Darstellung im Ulmer Münster)