Students at work Ein Projekt der DGB-Jugend



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Students at work Ein Projekt der DGB-Jugend Heute studieren bereits 36,5% eines Altersjahrganges, das sind derzeit mehr als zwei Millionen junge Menschen Tendenz steigend. Die meisten von ihnen werden weder Chef noch machen sie sich selbständig. Sie reihen sich vielmehr als abhängig Beschäftigte in die große Menge der ArbeitnehmerInnen ein, die die Gewerkschaften in allen Organisationsbereichen vertreten. Anders als Auszubildende, die oft beim ersten Schritt in den Ausbildungsbetrieb vom Betriebsrat einen Mitgliedsantrag in die Hand gedrückt bekommen, werden Studierende von uns kaum angesprochen. Ihr beruflicher Werdegang führt HochschulabsolventInnen oft in Beschäftigungsverhältnisse im außertariflichen Bereich und in leitende Positionen. Gewerkschaftliche Arbeit erreicht sie so nur schwer. Erster Kontakt so früh wie möglich Mit dem Projekt Students at work wollen wir Studierende bereits an den Hochschulen erreichen mit auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Angeboten und Materialien. Ansatzpunkt für unsere Aktivitäten ist die zunehmende Erwerbstätigkeit von Studierenden. Die neuesten Erhebungen des Dt. Studentenwerks ergaben: Zwei Drittel aller Studierenden müssen neben dem Studium arbeiten, weil oft das Geld von zu Hause oder vom BAföG-Amt nicht reicht. Viele von ihnen haben sogar zwei oder drei kleine Jobs nebeneinander. Students at work ist ein Beratungsprojekt der DGB-Jugend für studentische JobberInnen. Prekäre Jobs Der typische Studentenjob egal ob im Call-Center oder am Tresen, am Schreibtisch oder an der Kasse ist ein befristeter Minijob. Meist arbeitet man auf Abruf, also ohne feste Arbeitszeit, mit wechselndem Verdienst und abhängig von der Gunst der Vorgesetzten. Nicht selten wird Urlaub oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall verweigert. Dazu gibt es oft niedrigste Löhne, selbst wenn durch die bereits im Studium erworbenen Qualifikationen der Wert der Arbeit steigt. Und in vielen Fällen werden den Studierenden mit Honorarjobs und Abdrängen in die Scheinselbständigkeit die elementarsten ArbeitnehmerInnenrechte vorenthalten. Leider wissen nur die wenigsten Studierenden, dass ihnen auch in einem befristeten Teilzeitjob viele ArbeitnehmerInnenrechte zustehen, welche dazugehören und wie sie sie durchsetzen können. Zudem sind sie oft auf die Einkünfte angewiesen und können sich Streit mit dem Chef kaum leisten. Um in diesem Spannungsfeld nicht zu verlieren, brauchen sie die Kompetenz und die Unterstützung eines starken Partners. Hier können die Gewerkschaften unterstützen und so Mitglieder gewinnen und binden. Dafür steht Students at work. E-Mail-Anfrage die Tür zur Gewerkschaft Basis des Projekts ist die Homepage www.students-at-work.de mit den wichtigsten Informationen zum Thema Studieren und Jobben und zur Studienfinanzierung. Sie soll der erste Anlaufpunkt für Studierende sein, die Probleme oder Fragen zu studentischen Nebenjobs haben. Wer seine Frage auf der Homepage nicht beantwortet findet, kann eine E-Mail an unser Beratungsteam senden. Einfache Anfragen werden schnell und präzise beantwortet, ist der Sachverhalt komplexer, wird der Studentin/dem Studenten angeboten, einen Termin bei der zuständigen Gewerkschaft vor Ort zu vermitteln. Wir suchen nach den zuständigen GewerkschaftssekretärInnen, schildern ihnen den Sachverhalt und vermitteln den Kontakt. Die Werbung des Studierenden als Mitglied und seine Beratung legen wir damit vertrauensvoll in die Hände der KollegInnen vor Ort. Das Internetportal ist also ein niedrigschwelliges Angebot zum (meist) ersten, hoffentlich positiven Kontakt zwischen Studierenden und Gewerkschaften. Angebote vor Ort Entwicklung und Vernetzung Darüber hinaus werden auf der Homepage alle Beratungsangebote, die schon heute in den Regionen und Hochschulstädten von Gewerkschaften für Studierende gestaltet werden, 1

vorgestellt. Wir arbeiten daran, diese Angebote zu vernetzen, um ihre Weiterentwicklung, ihre Stabilisierung oder einen Neuaufbau durch Erfahrungsaustausch und strukturelle Unterstützung zu fördern. Dafür bieten wir Workshops, Schulungen und Seminare an. Außerdem haben wir Plakate und Präsentationen, Handzettel und Infofaltblätter entwickelt, die wir zum größten Teile kostenlos den Aktiven vor Ort zur Verfügung stellen. Darüber hinaus bietet unsere Broschüre Studium.BAföG.Job. für Studierende umfangreiche Informationen zum Thema. Campus Office die Tür zur Hochschule Die bundeszentrale Homepage kann und soll eine direkte Ansprache der Studierenden vor Ort nicht ersetzen. Die Reichweite und die Kontaktintensität eines hochschulnahen und regelmäßigen Beratungsangebotes, das intensiv und zielgruppengenau beworben wird, können von unserer Homepage nie erreicht werden. Im Rahmen des Projekts haben deshalb JugendsekretärInnen, JugendbildungsreferentInnen und Ehrenamtliche in gewerkschaftlichen Studierendengruppen begonnen, sogenannte Campus Offices an Hoch- und Fachhochschulen einzurichten. Nach dem Vorbild der bereits an zehn Hochschulen existierenden gewerkschaftlichen Hochschulinformationsbüros bieten Campus Offices regelmäßige arbeitsrechtliche Anfangsberatungen an. Erfolgsrezept Kooperation Vor allem an großen Hochschulen bieten die Studierendenvertretungen (AStA, StuRa) eigene Sozialberatungen an, die in der Studierendenschaft bekannt sind am einfachsten ist es, dort eine arbeitsrechtliche Anfangsberatung zu etablieren. Wenn ausreichend Mittel und Personal zur Verfügung stehen, kann aber auch ein unabhängiges Angebot etabliert werden. Erfahrungsgemäß kann ein Vor-Ort-Angebot langfristig freilich nur erfolgreich sein, wenn Bezirk, Region, DGB-Jugend und die Verantwortlichen der Einzelgewerkschaften an einem Strick ziehen. Vorfeldarbeit und Mitgliederwerbung Viele Einzelfragen, z.b. ob die Beratung von geschulten Studierenden oder von den RechtssekretärInnen des DGB bzw. der Einzelgewerkschaften übernommen wird, müssen nach der Situation vor Ort entschieden werden. Allerdings sollte immer das Prinzip gelten, dass in der Beratung nur allgemeine Sachverhalte und Grundsätzliches geklärt werden kann, für ordentlichen Rechtsbeistand und für Rechtschutz müssen natürlich auch Studierende Gewerkschaftsmitglied werden am besten gleich beim Berater. Dennoch kann der Erfolg eines Campus Office nicht an der Zahl neuer Mitglieder gemessen werden. Es ist vor allem Teil der Vorfeldarbeit und soll Studierenden überhaupt positive Erstkontakte zu Gewerkschaften verschaffen. Das Projektteam Students at work beim DGB- Bundesvorstand bietet zahlreiche Materialien und Anleitungen für die Anfangsphase eines Campus Office und ist bei Fragen stets ansprechbar. Ganz viele Entwicklungsmöglichkeiten Die Hochschulen und die Studierendenschaft bieten über das Arbeitsfeld studentische JobberInnen hinaus natürlich viele weitere Möglichkeiten gewerkschaftlicher Aktivitäten. Ist mit der Einrichtung einer Jobberberatung erst der Anfang gemacht, bietet sich manches Projekt geradezu von allein an. Lokale Probleme sind hier der Schlüssel: Unterstützt man den Kampf gegen Studiengebühren? Brauchen Fachschaften Hilfe bei der Bewertung neuer Studienordnungen, Studierendenvertretungen beim Streiten gegen den Umbau der Hochschule? Wird gerade eine Initiative für einen studentischen Tarifvertrag aufgebaut? Sind Informations- und Diskussionsveranstaltungen zu aktuellen sozialpolitischen Themen gefragt oder eher solche zum gesellschaftspolitischen Anspruch des Studiums? Gemeinschaftsaufgabe Hochschularbeit An nicht wenigen Hochschulstandorten sind bereits Strukturen vorhanden, die solche Aktivitäten unterstützen können. In Frage kommen natürlich zuerst Kooperationsstellen oder bereits bestehende Hochschulinformationsbüros (HiBs), aber auch die Zusammenarbeit mit gewerkschaftlich organisierten Personalräten, gewerkschaftsnahen 2

Studierendenvertretungen und Hochschulgruppen, oder den Fachgruppen und Ausschüssen für Studierende und Hochschulen bei GEW und ver.di. Letztlich sollten aber alle Einzelgewerkschaften mindestens über ihre Jugendsekretäre in gewerkschaftliche Hochschularbeit einbezogen werden weil in fast allen Arbeitsbereichen Berührungspunkte mit den Interessen der Einzelorganisationen bestehen. Wie weiter? Was im Dezember 2002 als Internetberatung begann, hat sich in 1_ Jahren Projektlaufzeit zu einem bundesweiten Netzwerk mit zahlreichen Akteuren vor Ort entwickelt. Mittlerweile gibt es deutschlandweit neun 1 Campus Offices, vier 2 weitere befinden sich in Gründung. An 39 Hoch- bzw. Fachhochschulen finden Aktivitäten im Rahmen von Students at work statt von regelmäßigen Campus-Info-Ständen über Hochschulwochen bis hin zu Informationsund Diskussionsveranstaltungen. Zukünftig wollen wir die Arbeit vor Ort weiter verstetigen und auf andere Hochschulen ausweiten. Vernetzungsveranstaltungen sollen den Austausch unter den Aktiven intensivieren. Darüber hinaus arbeiten wir an Schulungen und einem Startpaket, das hauptund ehrenamtlichen Aktiven der Gewerkschaftsjugend von einer Anleitung zur Gründung eines Campus Offices bis zu Vortrags-Foliensätzen alles bietet, was sie für die Studierendenarbeit benötigen. AutorInnen: Mirjam Muhs, DGB-Bundesvorstand, Abt. Jugend, Projektleiterin Students at work Andreas Schackert, Students at Work -Projektteam Kontakt: Fon: 030 24060-245 E-Mail: studienjob@bundesvorstand.dgb.de 1 Standorte: Berlin, Bielefeld, Darmstadt, Fulda, Kassel, Mainz, Marburg, Münster, Potsdam 2 Standorte: Chemnitz, Dresden, Hamburg, Leipzig 3

Gewerkschaftliche Zielgruppe: Studierende Die Erwerbslandschaft in Deutschland verändert sich seit Jahren und wird dies auch zukünftig tun. Hochqualifizierte Berufe werden deutlich zunehmen. Deutschland hat hier gegenüber anderen Ländern einen erheblichen Nachholbedarf und kann in den nächsten Jahren mit einer Zunahme der Studierenden- und der Absolventenzahlen rechnen. Die Kultusministerkonferenz prognostiziert einen deutlichen Anstieg der Studierenden an Hochschulen, Fachhochschulen und Berufsakademien: Im Zeitraum 2001 bis 2011 werde die Anzahl der Studierenden voraussichtlich um bis zu 28,9 % zunehmen, die Zahl der arbeitssuchenden Absolventen werde im Zeitraum 2001 bis 2015 voraussichtlich um 51,1 % steigen (Kultusministerkonferenz 2003). Arbeitnehmer mit Hoch- oder Fachhochschulausbildung werden eine bedeutende Gruppe auf dem Arbeitsmarkt sein, so dass die Gewerkschaften sich in diesem Beschäftigungssegment stärker als bisher engagieren müssen. Im Blickfeld: Chancengleichheit Ein Bereich gewerkschaftlichen Engagements muss die Öffnung zu den Hochschulen sein. Die im Juni 2004 veröffentlichte 17. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks weist nach, dass die Zugangschancen zum Hochschulstudium extrem ungleich verteilt sind. DSW-Präsident Hans-Dieter Rinkens spricht von einem alarmierend engen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und der Beteiligung an der Hochschulbildung, und das, obwohl im Jahr 2003 so viele junge Menschen wie nie zuvor ein Studium begonnen haben. Erstmals wurde die Zahl von zwei Millionen Studierenden überschritten. 40 % aller 19-24-Jährigen waren im vergangenen Jahr immatrikuliert. Von diesem Zuwachs profitieren jedoch vor allem Kinder, deren Väter bereits ein Hochschulstudium absolviert haben. Kinder aus sozial schwächer gestellten Familien haben eine viermal kleinere Chance, ein Hochschulstudium aufzunehmen, als Kinder Wohlhabender (Schnitzer 2004). Gewerkschaftliche Bildungspolitik muss Wege öffnen, damit höhere Bildung kein Privileg Wohlhabender bleibt. Hier gibt es zahlreiche Anknüpfungspunkte zu studentischen Initiativen eindrucksvoll belegt durch die gemeinsamen Proteste von Gewerkschaften und Studierenden gegen Sozialabbau und Bildungskahlschlag im Herbst 2003. Studierende ansprechen Die Erwerbsarbeit von Studierenden ist ein anderer Bereich, dem Gewerkschaften verstärkt Aufmerksamkeit schenken. Die Tendenz zur studentischen Erwerbstätigkeit ist steigend. Derzeit sind 68 % der Studierenden auf eine Erwerbsarbeit angewiesen (Schnitzer 2004). Sie sind damit eine beachtenswerte Gruppe auf dem Arbeitsmarkt: Viele unterliegen bereits als junge Menschen der Doppelbelastung durch Studium und Job. Sie arbeiten häufig in Randbereichen des Arbeitsmarktes - als Teilzeitkräfte mit wechselnden Arbeitszeiten und -verhältnissen und lassen sich daher eher auf Zugeständnisse wie späte Arbeitszeiten, Überstunden, Verzicht auf Urlaubstage und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ein. Und sie sind Trendsetter in der Ausübung neuer, schnelllebiger Berufe. Für viele Studierende ist Erwerbsarbeit etwas Positives. Wir sehen aber mit Sorge, dass viele Studenten auf eine Erwerbsarbeit angewiesen sind, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Hierbei fällt besonders ins Auge, dass Studierende 1

aus unteren sozialen Schichten häufiger als der Durchschnitt zur Erwerbsarbeit gezwungen sind. Für die Gewerkschaften ergeben sich eine ganze Reihe von Ansatzpunkten: Erwerbstätige Studierende bieten nicht nur ein großes Potenzial zur Mitgliedergewinnung, sie haben auch einen wichtigen Einfluss auf die zukünftige Entwicklung von Arbeitsbedingungen. Zentral für die gewerkschaftliche Studierendenarbeit sind die soziale Lage und die Arbeitsverhältnisse der Studierenden. Hier müssen Gewerkschaften sich profilieren. Wenn es ihnen gelingt, sich auf Dauer als kompetenter Ansprechpartner der Studierenden darzustellen, kann in Zukunft an den Hochschulen auch wieder ein Bewusstsein für Arbeitnehmerrechte und -interessen geschaffen werden. Wichtig ist die ganz konkrete Unterstützung der Studierenden durch die Gewerkschaften: Hilfe bei Problemen im Job, Beratung beim Übergang von der Hochschule in den Beruf und Schaffung gewerkschaftlicher Mindeststandards für Studienpraktika. Das Projekt Students at work 1 ist eine Antwort darauf, wie wir in Zukunft auf Studierende zugehen wollen. Wir wenden uns mit unserer zentralen Beratungshomepage und den regionalen Campus Offices an die rund 1,36 Millionen erwerbstätigen Studierenden in Deutschland. Der Beratungsbedarf ist zweifellos vorhanden. Viele der Jobber sind über ihre Rechte im Betrieb nicht aufgeklärt. Auch die Möglichkeiten der Betriebs- und Personalräte sind ihnen nur wenig bekannt. Students at work ist aber mehr als eine Dienstleistung für Studierende: Das Projekt hat sich zu einem Netzwerk entwickelt, das gemeinsam mit Gewerkschaftssekretären und engagierten Studenten Probleme identifiziert und Konzepte und Strategien entwickelt, um Studien- und Arbeitsbedingungen zu verändern. In Zeiten, in denen häufiger denn je nach dem Nutzen von Mitgliedschaften in Organisationen gefragt wird, sind solche Angebote wichtig. Und wir hoffen, dass diejenigen, die in die Arbeit der Gewerkschaften hineingeschnuppert haben, Spaß daran finden. Ingrid Sehrbrock, DGB-Bundesvorstandsmitglied, zuständig für die Bereiche Bildung/Qualifizierung, Jugend und Öffentlicher Dienst/Beamte 1 Eine ausführliche Beschreibung des Projekts Students at work liefert der Beitrag von Mirjam Muhs in diesem Heft. 2

Literatur Schnitzer, Klaus; Isserstedt, Wolfgang; Middendorf, Elke; Weber, Steffen; Wolter, Andrä: Die wirtschaftliche Lage der Studierenden in der Bundesrepublik Deutschland 2003, Berlin 2004 Kultusministerkonferenz (Statistische Veröffentlichungen der Kultusministerkonferenz): Prognose der Studienanfänger, Studierenden und Hochschulabsolventen bis 2020, Dokumentation Nr. 167, Bonn 2003 3

Gewerkschaftliche Studierendenarbeit am Beispiel des DGB-Hochschulinformationsbüros (HIB) in Hannover Studierendenarbeit als Vorfeldarbeit Zur Aktualität einer gewerkschaftlichen Debatte In seiner Pressemitteilung vom 04.Dezember 2003 teilt das Statistische Bundesamt mit, dass erstmals mehr als 2 Millionen Studierende an den bundesdeutschen Hochschulen eingeschrieben sind. Zugleich wird betont, dass die Studienanfängerquote, d.h. der Anteil der Studienanfänger an der gleichaltrigen Bevölkerung, für das Studienjahr 2003/2004 bei 39,6 % (1) liegt. Zum Vergleich: Im Jahre 1993 lag die Studienanfängerquote noch bei 25,5 %, d. h. um 14 Prozentpunkte niedriger als 10 Jahre später (2). Anders formuliert bedeutet dies, dass heute 2 von 5 Jugendlichen in Deutschland eine Hochschule besuchen, eine Veränderung im tertiären Ausbildungssektor, deren Dramatik von den Gewerkschaften zwar ansatzweise wahrgenommen, aber noch längst nicht vollständig realisiert wird. Der kontinuierliche Anstieg der Studierendenzahlen verweist zugleich auf die zunehmende Bedeutung der Hochschulen als Ausbildungsstätten und zwar nicht nur für die so genannten Eliten, sondern auch und gerade für die qualifizierten Wissensarbeiter und damit Arbeitnehmer/innen von morgen. Gleichzeitig wird die Finanzierung des Studiums zusehends privatisiert und damit für bildungsferne Studierende immer mehr zu einer großen finanziellen Belastung. So ist es denn auch nicht verwunderlich, dass der Anteil der Studierenden aus so genannten bildungsfernen Schichten (bezogen auf den Schulabschluss bzw. dass zur Verfügung stehende Nettoeinkommen der Eltern) rückläufig ist (3). Eine repräsentative Umfrage unter Studierenden der Universität Hannover ergab, dass ca. 80 % neben ihrem Studium einer Arbeit nachgehen, im Vorlesungszeitraum immerhin noch ca. 67 %, wovon 42 % angaben, dies auch regelmäßig während des Semesters zu tun (4). Dass Gewerkschaften die Studierenden als Zielgruppe entdeckt haben, ist nicht neu, dennoch wird über die Arbeit immer wieder vor allem unter Kostengesichtspunkten diskutiert. Im Folgenden wollen wir ein erfolgreiches Modell gewerkschaftlicher Studierendenarbeit, das Hochschulinformationsbüro (HIB) des DGB in Hannover in seinen Grundzügen darstellen und daraus einige Konsequenzen für die zukünftige gewerkschaftliche Studierendenarbeit ableiten. Das Hochschulinformationsbüro des DGB in Hannover Die gewerkschaftliche Präsenz an den Hochschulen soll den Diskurs mit anderen gesellschaftlichen Gruppen fördern. Sie soll vor allem aber auch Menschen einen frühzeitigen Zugang zu Gewerkschaften ermöglichen, die im betrieblichen Alltag zukünftig eine weiter wachsende Rolle spielen werden dem akademischen Nachwuchs (5). Dieses Zitat aus der Bilanz des HIB Hannover nach einem Jahr Arbeit gibt die Intention der Gründer/innen treffend wieder.

Basierend auf der Einsicht, dass es an einem bedeutenden Hochschulstandort mit sechs Hochschulen und über 40.000 Studierenden keine gewerkschaftlichen Strukturen gibt, um potentielle Mitglieder anzusprechen, wurde im Jahre 1994 sowohl auf Ebene des damaligen DGB-Landesbezirkes Niedersachsen/Bremen als auch im DGB-Kreis Hannover über die Einrichtung eines Informationsbüros an der Universität Hannover als Studierendenprojekt verstärkt nachgedacht. Pate bei diesen Überlegungen standen die Erfahrungen der GEW mit ihren drei Hochschulinformationsbüros in Nordrhein-Westfalen. In vielen Bereichen orientierten sich die Hannoveraner an der Arbeit dieser HIBs. Aber es wurden auch zwei wichtige Veränderungen vorgenommen. Denn ausgehend von dem Grundgedanken, dass Hochschularbeit nicht nur die Aufgabe einer einzigen Gewerkschaft sein sollte, wurde in Hannover von Anfang an ein gemeinsames Projekt von möglichst vielen Mitgliedsgewerkschaften unter dem Dach des DGB favorisiert. Und noch etwas unterschied den hannoverschen Ansatz von dem der GEW in Nordrhein-Westfalen: Während sich dort die Büros in den Räumen der GEW-Geschäftsstellen befinden, sollte das Büro in Hannover direkt in der Universität platziert werden. Denn die Präsenz des HIBs sollte für die Hochschulmitglieder deutlich wahrnehmbar sein. Und die Hemmschwelle der Studierenden, mit Gewerkschaften in Kontakt zu treten, sollte möglichst niedrig angelegt sein. Ein Büro in der Universität zu bekommen, erforderte Überzeugungsarbeit sowohl bei der Universitätsleitung als auch innerhalb der Gewerkschaften. Die Bemühungen waren erfolgreich, so dass das HIB einen Raum in einem der größten Standorte der Universität Hannover beziehen konnte. Die Aufgabenfelder für das HIB wurden folgendermaßen umrissen: 1- Ein kontinuierliches Informations- und Beratungsangebot für Studierende und Institutionen an den Hochschulen aufzubauen 2- Kontakte zwischen Studierenden und Gewerkschaften sowie zu Betriebs- und Personalräten herzustellen 3- Serviceangebote sowohl für Mitglieder als auch Nichtmitglieder 4- Gewerkschaftliche Hochschularbeit vor Ort zu unterstützen (6) Die inhaltliche Arbeit zu begleiten und organisatorisch zu unterstützen war Aufgabe des im Frühjahr 1995 gegründeten HIB-Lenkungsausschuss. In ihm waren und sind bis heute engagierte KollegInnen aus den Gewerkschaften, die das HIB finanziell tragen, vertreten. Der Lenkungsausschuss trifft sich ca. alle zwei Monate. Bemerkenswert ist, dass das Projekt nicht nur von verschiedenen Gewerkschaften sondern auch von verschiedenen Organisationsebenen getragen wurde. So beteiligten sich sowohl inhaltlich als auch finanziell die GEW (Landesverband Niedersachsen und Kreis Hannover), die damalige Bau-Steine-Erden (Bundesvorstand und Bezirk Hannover), die ÖTV Kreisverwaltung, die IG Metall Verwaltungsstelle Hannover, der Bezirk der CPK und der DGB (Bundesvorstand mit einer einmaligen Anschubfinanzierung, Landesbezirk Niedersachsen/Bremen und Kreis). Angelegt war das Projekt zunächst für eine Laufzeit von 2 Jahren. Nachdem die organisatorischen und finanziellen Fragen geklärt waren, konnte das HIB Mitte August 1995 seine Arbeit mit zwei studentischen Hilfskräften aufnehmen. Als Einstellungsvorrausetzungen gilt die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft und darüber hinaus gewerkschaftliches und/oder gesellschaftspolitisches Engagement.

Die Bezahlung richtet sich von Anfang an nach dem Berliner Tarifvertrag für studentische Hilfskräfte. Ein Projekt verstetigt sich das HIB heute Dass das Projekt nach neun Jahren immer noch existiert, hat sicherlich niemand von den Gründer/innen erwartet. Das oben beschriebene Konstrukt ist weitgehend erhalten geblieben, wenngleich es im Laufe der Jahre einige Veränderungen gegeben hat. Geblieben ist der Lenkungsausschuss, in dem zwei Mitglieder ohne Unterbrechung seit nunmehr neun Jahren dabei sind. Dies spricht für eine Kontinuität, die dem HIB Halt gibt. Mit der Gründung der Kooperationsstelle Hochschulen und Gewerkschaften in Hannover im Juli 2001 wurde das HIB dieser organisatorisch zugeordnet. Die Leitung der Kooperationsstelle nimmt die Geschäftsführung des Lenkungsausschusses wahr und ist für die Überwachung der Finanzen verantwortlich. Die studentischen Hilfskräfte wechseln in der Regel nach 1 bis max. 2 Jahren. Drei sind mittlerweile hauptamtliche Gewerkschaftssekretäre/innen geworden, eine Kollegin hat in diesem Jahr als Referentin bei einem norddeutschen Betriebsrat angefangen. Die Mitarbeit von ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen für das HIB verläuft eher diskontinuierlich. Zu Spitzenzeiten deckten diese ehrenamtlichen mehrere Sprechstundenzeiten ab, in anderen Zeiten liegt die Arbeit ausschließlich bei den bezahlten Hilfskräften. Bei den Beratungen rangieren Fragen zum Arbeits- und Sozial(-versicherungs)recht an erster Stelle, gefolgt von spezifischen Problemen studentischer Hilfskräfte und Anfragen nach Stipendien. Neben den mehrmals im Semester angebotenen Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen zu verschiedenen Themenbereichen (u. a. Arbeitsrechtfragen, Hochschulpolitik) wurden im Sommersemester 2004 auch 2 Seminare ( Die deutschen Gewerkschaften im Transformationsprozess zwischen Kritik und Würdigung, Zur Praxis des wissenschaftlichen Arbeitens ) angeboten. Diese intensivere und damit auch verbindlichere Form der Ansprache von Studierenden soll in Zukunft noch stärker ausgebaut werden. Die von Anfang an gute und enge Zusammenarbeit mit dem AStA der Universität erleichtert sowohl im Hinblick auf gemeinsame Veranstaltungen als auch in Abstimmung bei Beratungsfällen die Arbeit des HIB. Bislang weniger eng ist die Zusammenarbeit mit den ASten der anderen hannoverschen Hochschulen, wobei einerseits die relativ wenigen Arbeitsstunden der studentischen Hilfskräfte des HIB (je 7 Stunden pro Woche) als auch die über die ganze Stadt verstreute Lage ein Hindernis darstellt. Weitere Voraussetzung für die Anbindung an die Universität und damit der Zugang zu den Studierenden ist die Kooperation mit vielen Fachschaften. So tritt das HIB regelmäßig bei den Erstsemester-Einführungsveranstaltungen zusammen mit den Fachschaften und dem AStA auf. Erfahrungsgemäß ist gerade nach diesen Auftritten der Bekanntheitsgrad des HIB und der Beratungsbedarf der Studierenden gestiegen. Wie ist nun der Erfolg der Arbeit des HIB in Hannover einzuschätzen? Als Erfolg kann gelten, das ein Projekt, auf zwei Jahre angelegt, nun schon seit neun Jahren existiert und Studierende mit gewerkschaftlichen Positionen bekannt macht.

Für Hannover mag darüber hinaus gelten, dass ohne die Arbeit des HIB die Einrichtung einer Kooperationsstelle Hochschulen und Gewerkschaften schwerer möglich gewesen wäre, wurden doch in der oben beschriebenen Entstehungsgeschichte viele Widerstände seitens der Universität gegen eine gewerkschaftliche Einrichtung ausgeräumt. Auch der hervorragende Mobilisierungserfolg der Studierendenproteste im Herbst 2003 ist in Hannover vor dem Hintergrund des HIB und der sehr guten Zusammenarbeit mit den örtlichen Studierendenvertretungen zu sehen. Und nicht zuletzt konnten wieder Mitglieder für Studierendengruppen verschiedener Gewerkschaften gewonnen werden. Dies war und ist auch deshalb möglich, weil sich um das HIB herum ein relativ fester Kern von hauptamtlichen Gewerkschaftssekretären/innen gebildet hat, die mit viel persönlichem Engagement die Studierendenarbeit, trotz vieler anderer Aufgaben, zu ihrer Sache gemacht haben und damit die Arbeit vorantreiben. Ein bundesweites Netzwerk Unsere Erfahrung zeigt, dass gewerkschaftliche Studierendenarbeit langfristig angelegt sein muss, will sie denn erfolgreich sein. Denn die Erwartung, schnell und möglichst viele Mitglieder gewinnen zu können, geht nach unserer Einschätzung an der Realität vorbei. Auch die Studierenden, die arbeiten, verstehen sich primär als Studierende und nicht als (potentielle) Arbeitnehmer/innen. Die heutigen Studierenden sehen sehr wohl, dass der Bildungsabbau, von dem sie direkt betroffen sind, mit dem derzeitigen Sozialabbau, den sie häufig eher mittelbar erfahren, zusammenhängt. Und sie sehen, dass sie in den Gewerkschaften durchaus starke Verbündete in ihrem Kampf um mehr Gerechtigkeit im Bildungswesen haben. Selten war in den letzten Jahren die Bereitschaft von Studierenden so groß, sich mit gewerkschaftlichen Positionen auseinander zusetzen, wie im vergangenen Herbst. Und die Bereitschaft, mit den Gewerkschaften für die gemeinsamen Interessen auf die Straßen zu gehen. Es gibt also die allerbesten Gründe, den gegenseitigen Kontakt zu intensivieren. Und das Interesse der Gewerkschaften an einer kontinuierlichen Hochschularbeit ist auch deutlich gestiegen. Hochschulinformationsbüros sind zur Umsetzung dieser Arbeit ein sehr geeignetes Medium. So wurden HIBs zwischenzeitlich in mehreren Hochschulorten gegründet (siehe Übersicht), weitere sind in Planung. Der DGB- Bundesvorstand organisiert bundesweite Treffen nicht nur der studentischen Hilfskräfte, die für HIBs arbeiten, sondern auch für die HIB-Leitungen, um einen kontinuierlichen Erfahrungsaustausch zu gewährleisten und die gewerkschaftliche Studierendenarbeit voranzutreiben. Diese Entwicklung ist unbedingt zu begrüßen. Ein bundesweites Netzwerk von Hochschulinformationsbüros würde einen qualitativen Sprung in der gewerkschaftlichen Hochschularbeit bedeuten. Nach unserer Erfahrung in Hannover ist es wichtig, dass die Gewerkschaften vor Ort nicht isoliert agieren, sondern möglichst viele gemeinsam von ihnen ein HIB tragen. Spezifische lokale Gegebenheiten, z. B. bezüglich der angebotenen Studiengänge an der jeweiligen Hochschule, müssen dabei natürlich berücksichtigt werden. Das gemeinsame Auftreten am Hochschulstandort hat viele Vorteile. Es eröffnet den Gewerkschaften die Möglichkeit, sich gegenseitig fachlich, inhaltlich-politisch, finanziell sowie personell zu unterstützen und zu ergänzen. Außerdem ist zu

bedenken, dass man es mit einer relativ gewerkschaftsfernen Klientel zu tun hat. Viele Organisationen z. B. aus der Wirtschaft bemühen sich an der Hochschule um die Aufmerksamkeit der Studierenden. Um hier die Chance zu haben, wahrgenommen zu werden, ist es wichtig, als Gewerkschaften einheitlich nach außen aufzutreten. Gemeinsamkeiten gilt es zu betonen, die Hervorhebung unterschiedlicher Positionen ist eher kontraproduktiv. Die jeweilige Zuständigkeit der einzelnen Gewerkschaften für bestimmte Branchen und Berufe wird dann ohnehin im persönlichen Beratungsgespräch im HIB vorgestellt. Deshalb ist es absolut sinnvoll, das HIB mit vereinten Kräften aufzubauen und als eine Einrichtung des DGB zu führen. Ebenso ist es unverzichtbar, vor Ort über begleitende Personen oder Strukturen wie z. B. den Lenkungsausschuss in Hannover zu verfügen. Diese müssen dafür Sorge tragen, dass eine kontinuierliche Arbeit des Büros gewährleistet wird. Um dauerhaft eine hochwertige Arbeit leisten zu können, ist es für die haupt- und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen des HIB erforderlich, sich kontinuierlich weiter zu qualifizieren. Gesetzliche Veränderungen und die momentan geradezu dramatischen Entwicklungen in der Hochschulpolitik führen zwangsläufig immer wieder zu neuen Informations- und Beratungsbedürfnissen bei den Studierenden und machen solche Qualifizierungen notwendig. Dabei ist es sinnvoll, Schulungsveranstaltungen nicht für jedes HIB einzeln durchzuführen, sondern dies bundesweit gemeinsam zu tun. Deshalb ist es eine sehr positive Entwicklung, dass die DGB-Bundsebene in diesem Bereich aktiv geworden ist. Hier ist ein kompetenter Knotenpunkt entstanden, den die HIBs für ihre Arbeit nutzen. In Berlin können Informationen aus einzelnen Büros zusammengeführt und für die anderen nutzbar gemacht werden, Qualifizierungsbedarfe können erfasst und entsprechende Maßnahmen koordiniert werden. Es ist aus unserer Sicht sehr sinnvoll, diese Aktivitäten der DGB- Bundesebene in Zukunft noch weiter auszubauen. Selbstverständlich kostet die Studierendenarbeit Geld, daran besteht kein Zweifel. Genaue Finanzierungsplanungen sind deshalb bei der Errichtung eines Hochschulinformationsbüros ein zentraler Punkt. Die bisherige Erfahrung zeigt, dass gemeinsames Handeln der Gewerkschaften zu einer vertretbaren Aufteilung der Kosten führt kann. Wir sind der Überzeugung, dass eine mittel- und langfristige Investition in die Studierendenarbeit auch eine Investition in die Zukunft der Gewerkschaften ist. Anmerkungen: 1. Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 04.12.2003. 2. Ebd. 3. Eberhard Hoffmann (Geschäftsführer Studentenwerk Hannover), Die soziale und ökonomische Lage von Studierenden Manuskript zur Fachtagung der IG Metall: Die Hochschule = unbetreute Ausbildungsstätte?! am 24.05.2004 in Braunschweig. 4 Forschungsgruppe Arbeitssituation & Gewerkschaftsbild Studierender in Hannover, Soziale Lage, Beratungsbedarf und Gewerkschaftsbild Studierender in Hannover, unveröffentlichter Kurzbericht, Hannover 2004.

5 HIB, Ein Jahr Hochschulinformationsbüro HIB Eine Bilanz, Broschüre, Hannover, o.j. 6 Ebd. Autoren: Olaf Hartmann, Gewerkschaftssekretär im ver.di-bezirk Region Hannover, stud. Hilfskraft im HIB von 1995 bis 1997 Klaus Pape, Leiter der Kooperationsstelle Hochschulen und Gewerkschaften Region Hannover-Hildesheim, Mitbegründer des HIB