Informationsbroschüre für Patienten mit Chemotherapie, Strahlentherapie, autologer Knochenmark- oder Stammzelltransplantation



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Transkript:

Universitätsklinikum des Saarlandes Mildred-Scheel-Station für Knochenmarktransplantation Klinik für Innere Medizin I Onkologie, Hämatologie, Klinische Immunologie und Rheumatologie Direktor: Prof. Dr. M. Pfreundschuh Informationsbroschüre für Patienten mit Chemotherapie, Strahlentherapie, autologer Knochenmark- oder Stammzelltransplantation Errichtet mit freundlicher Unterstützung der Deutsche Krebshilfe e.v. gegründet von Dr. Mildred Scheel

Inhaltsverzeichnis Seite Punkt Thema 2 Inhaltsverzeichnis 3 Vorwort 4 1. Funktion der Blutstammzellen 5 2. Prinzip der Stammzelltransplantation 6 2.1 Wie wirkt die Blutstammzell- oder Knochenmarktransplantation? 7 3. Vorbereitende Untersuchungen 8 3.1. Behandlung auf der Mildred Scheel Station 9 4. Behandlung vor der Transplantation 10 4.1 Tag der Transplantation 11 4.2 Die Tage nach der Transplantation 12 5 Allgemeine Pflegemaßnahmen 13 5.1 Mundpflege 13 5.2 Ernährung 13 5.3 Psychische Betreuung 14 6. Entlassung 14 7. Wichtige Telefonnummern 15 Notizen Homburg/Saar, im Dezember 2004 2

Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient, Sie werden in den nächsten Wochen in der Medizinischen Klinik I auf der Station M1-03 (Mildred-Scheel-Station für Knochenmark- und Blutstammzelltransplantation) mit einer Blutstammzell- oder Knochenmarktransplantation behandelt werden. Auf den nächsten Seiten möchten wir Sie in kurzen, verständlichen Worten darüber informieren, was eine Blutstammzell- bzw. Knochenmarktransplantation ist, warum Sie in der Zeit nach der Transplantation eine spezielle Behandlung benötigen und wie Sie und Ihre Familie uns bei dieser Behandlung unterstützen können. Bitte lesen Sie die folgenden Seiten aufmerksam durch und wenden sich bei Fragen an das Pflegepersonal oder die behandelnden Ärzte. Mit den besten Wünschen für eine rasche Genesung, Ärzte und Pflegepersonal der M1-03 3

1. Funktion der Blutstammzellen Im Knochenmark des gesunden Menschen werden täglich Millionen von Blutzellen gebildet, die über Blutgefäße das Knochenmark verlassen und in den Venen und Arterien durch den Körper zirkulieren. Wir unterscheiden grob drei Typen von Blutzellen, die im Knochenmark gebildet werden: Die roten Zellen (Erythrozyten): transportieren Sauerstoff in die Gewebe Die weißen Zellen (Leukozyten): bekämpfen Infektionen Die Blutplättchen (Thrombozyten): verhindern Blutungen Alle drei Zelltypen werden aus unreifen Zellen im Knochenmark gebildet, die wir Blutstammzellen nennen. 4

2. Prinzip der Stammzelltransplantation Die Transplantation von Stammzellen ist vom Ablauf her unspektakulär. Dabei werden die in einem Beutel befindlichen Stammzellen über einen Venenkatheter in Ihren Körper übertragen und suchen sich ihren Weg selbstständig ins Knochenmark und ohne weiteren Einfluss von außen. Insofern ist eine Knochenmark- oder Stammzelltransplantation keine Operation, sondern im Grunde genommen ähnlich einer Bluttransfusion, nur dass nicht rote Blutkörperchen, sondern Stammzellen transfundiert werden. Möglicherweise haben Sie sich auch schon darüber gewundert, dass die Begriffe Stammzelltransplantation und Knochenmarktransplantation nebeneinander verwendet werden. Da man die Stammzellen aus dem zirkulierenden Blut eines Menschen gewinnen und übertragen kann, sprechen wir hierbei von einer Blutstammzelltransplantation. Werden diese Stammzellen aus dem Knochenmark eines Menschen gewonnen und übertragen, sprechen wir von einer Knochenmarktransplantation. Bei bestimmten Erkrankungen verwenden wir nach einer Chemotherapie Stammzellen, die zuvor dem Patienten selbst entnommen wurden. Diese Prozedur wird autologe Transplantation genannt. Bei anderen Erkrankungen, vorwiegend Leukämien, bei denen die eigenen Stammzellen erkrankt sind, verwenden wir Stammzellen von einem Spender, z.b. von einem engen Verwandten oder auch von nicht verwandten Spendern. In diesen Fällen sprechen wir von einer allogenen Transplantation. Abb. 1: Ablauf einer Transplantation 5

2.1. Wie wirkt die Blutstammzell- oder Knochenmarktransplantation? Bei vielen bösartigen Erkrankungen (z.b. Lymphknotentumoren) kann durch Chemotherapie eine Heilung der Erkrankung erreicht werden. Darum ist eine Vorbedingung für eine erfolgreiche Transplantation, dass gegen die Erkrankung wirksame Chemotherapeutika bekannt sind. Zu den häufigen, manchmal auch lebensbedrohenden Nebenwirkungen der Chemotherapie zählt die Unterdrückung der Blutbildung. Da man möglichst wirksame, d.h. hohe Dosen einer Chemotherapie verabreicht, wird das Knochenmark irreversibel geschädigt und die Blutbildung somit unterdrückt. Um die Blutbildung wieder zu normalisieren, müssen nach der Chemotherapie zusätzlich Stammzellen oder Knochenmark gegeben werden. Dazu entnimmt man Ihnen nach einer Vorbereitung mit einem Knochenmarkhormon (z.b. Neupogen, ein Medikament, dass unter anderem die Stimulation von Stammzellen bewirkt) Blutstammzellen aus dem fließenden (peripheren) Blut. Die Stammzellen werden danach weiter verarbeitet (aufbereitet) und eingefroren (Lagerung bei 180 Grad Celsius in flüssigem Stickstoff) und Ihnen nach der hochdosierten Chemotherapie zurückgegeben. Werden durch die Vorbehandlung nicht genügend Stammzellen mobilisiert, um sie aus dem Blut zu sammeln (z.b. wenn nach einer Vorbehandlung mit Strahlen- oder Chemotherapie nicht mehr genügend Zellen im Blut vorhanden sind), kann man auch das Knochenmark auch aus dem Beckenkamm entnehmen. Dies geschieht im Prinzip genau wie bei einer Knochenmarkpunktion, die Sie im Rahmen Ihrer Behandlung wahrscheinlich schon kennen gelernt haben. Allerdings muß man relativ große Mengen an Knochenmark (ungefähr 1000ml -1500ml durch multiple Punktionen) gewinnen. Weil diese Punktionen sehr schmerzhaft sein können werden diese Entnahmen in Vollnarkose im Operationssaal der chirurgischen Klinik durchgeführt. Nach einer vorbereitenden Chemotherapie und Mobilisierung durch Knochenmarkhormone wird der Anteil der Stammzellen in der Regenerationsphase gemessen. Übersteigt er die kritische Grenze von 10 CD34+ Zellen/µl, erfolgt die Entnahme der Stammzellen durch eine sogenannte Stammzellapherese, d.h. mit einem Gerät, das ähnlich wie das in der Blutspende zur Separation der Blutbestandteile eingesetzt wird, wobei in der Apheresezentrifuge die Zellfraktion mit den Stammzellen aufgefangen und in einem Beutel abgefüllt, der Rest (rote Blutkörperchen, Blutplättchen und Blutplasma) Ihnen aber wieder zurückgegeben wird. Das Blut wird Ihnen entweder aus den Armvenen, besser aber aus den größeren Halsvenen mittels eines Venenkatheters entnommen. Die Apherese dauert ungefähr 2-3 Stunden und wird auf unserer Station durchgeführt. Über den genauen Ablauf der Apherese werden Sie von einem unserer Ärzte vor Beginn der Behandlung informiert. Sie erhalten dazu auch ein gesondertes Aufklärungsmerkblatt. Die gesammelten Blutstammzellen werden anschließend eingefroren und bei 190 gelagert. Nach hochdosierten Chemotherapie werden die gesammelten Stammzellen wieder aufgetaut und Ihnen zurückgegeben. Damit die Zellen den Einfrier- und Auftauprozess wohlbehalten überstehen, muss ihnen ein Frostschutzmittel (Dimethylsulfoxid, DMSO) zugefügt werden. Dieses Frostschutzmittel verhindert eine verstärkte Kristallbildung und somit eine mechanische Zerstörung der Zellen. 6

3. Vorbereitende Untersuchungen Bevor die Chemo- und/oder Strahlentherapie und die anschließende Transplantation durchgeführt werden können, sind eine Reihe von vorbereitenden Untersuchungen notwendig, die uns darüber Aufschluß geben sollen, ob alle Organe Ihres Körpers normal funktionieren und sich keine Infektionsherde in Ihrem Körper befinden. Diese Infektionsherde könnten Ihnen in der Zeit, in der die Immun- und Infektabwehr Ihres Körpers durch die Therapie geschwächt sind, gefährlich werden und müssen deshalb vor der Transplantation erkannt und behandelt werden. Zu diesen vorbereitenden Untersuchungen gehören: Röntgenaufnahme der Lunge Funktionsuntersuchung der Lunge (LuFu) Funktionsuntersuchung des Herzens (Herzecho/EF) Ultraschalluntersuchung des Bauches EKG Zahnärztliche Untersuchung Hals-Nasen-Ohrenärztliche Untersuchung (HNO) Blutuntersuchungen unter anderem auf Bakterien und Viren Nierenfunktionsuntersuchungen Knochenmarkuntersuchungen Bei Frauen: gynäkologische Untersuchung Bei Männern: ggf. urologische Untersuchung und einfrieren von Samen in der Samenbank (sollte vor der ersten Chemotherapiegabe erfolgen) Bitte fragen Sie Ihren Arzt oder das Pflegepersonal, wenn Sie dazu genauere Informationen haben möchten. 7

3.1. Behandlung auf der Mildred Scheel Station Zur Vorbehandlung (sogenannte Konditionierungstherapie) und zur Transplantation werden Sie auf der Station M1-03 (Mildred Scheel Station für Knochenmarktransplantation) stationär aufgenommen. Diese Station wurde 1997 mit Mitteln der deutschen Krebshilfe zu einer Sonderpflegestation für Knochenmark- und Blutstammzelltransplantationen und Leukämiebehandlungen umgebaut. Die Station hat 4 Einzelzimmer, die mit einer zentralen Überwachungsanlage ausgestattet sind. In diesen Zimmern herrscht leichter Überdruck, außerdem sind diese Zimmer mit Reinraumklimaanlagen ausgestattet (Laminar Air Flow Technik) und werden in der Regel für allogene Transplantationen verwendet. Neben diesen Einzelzimmer gibt es noch 7 Doppelzimmer auf der Station. Alle Zimmer haben eine eigene Sanitärzelle mit Dusche und WC, außerdem Fernsehen, Radio und Telefon (Fernsehen und Telefon sind gebührenpflichtig). Da die Station zur Behandlung immunsupprimmierter Patienten gedacht ist, ist sie zum Schutz dieser Patienten vor Infektionen als Isolierstation konzipiert. Dies bedeutet, dass Patienten, Besucher und Personal in die Station eingeschleust werden. Besucher, die die Station zum ersten Mal betreten melden sich an der Schleuse beim Pflegepersonal. Dieses zeigt den Besuchern dann den Vorraum mit Schutzkitteln und Mundschutz. Ebenfalls sollten sich Besucher dort die Hände waschen und desinfizieren. Wertsachen sollten Sie Ihren Angehörigen mitgeben und nicht in Ihren Nachtschrank legen. Wertgegenstände und Bargeld sind in Ihrem Schrank oder Nachtschrank vor Diebstahl nicht sicher und auch nicht versichert. Bei einer Transplantation sollen alle Gegenstände (z.b. Videorecorder) vom Pflegepersonal mit einer desinfizierenden Flüssigkeit gereinigt werden, bevor sie mit in das Zimmer genommen werden können. Patienten, die aplastisch sind (Leukozyten < 1000) oder transplantiert wurden erhalten eine spezielle Ernährung. Deshalb sollten Sie sich mit dem Pflegepersonal absprechen, wenn Sie etwas essen möchten, dass nicht aus der Klinik kommt. Dies gilt auch für Angehörige, die Ihnen etwas von zu Hause mitbringen möchten. Der Aufenthaltsraum für Patienten und Besucher ist mit Wasserkocher, Elektroherd, Backofen, Kühlschränken, Tiefkühlfach, Sprudelautomat, Toaster und einer Mikrowelle ausgestattet. Ebenso finden Sie dort Geschirr, Gläser und Besteck, sowie verschiedene Teesorten, Säfte Obst und Kaffee, die für Patienten jederzeit zugänglich sind. Kleinere Mahlzeiten können dort zubereitet werden. Patienten, die mobil sind und das Patientenzimmer verlassen dürfen, können dort ihre Mahlzeiten einnehmen und Getränke holen. Aus hygienischen Gründen sollten Sie das gebrauchte Geschirr auf dem dort stehenden Servierwagen abstellen und nicht selbst spülen. Außerdem steht Ihnen im Aufenthaltsraum ein Trimmfahrrad zur Verfügung. 8

4. Behandlung vor der Transplantation (Konditionierungsbehandlung) Unsere Stationsärzte werden Ihnen zunächst den Ablauf bei der Ihnen vorgesehenen Behandlung erklären und Ihnen auch eine Kopie Ihres individuellen Transplantationsplanes geben. In der Woche vor der Blutstammzell- oder Knochenmarktransplantation wird durch eine Chemotherapie, die manchmal mit einer Bestrahlung (sogenannte Ganzkörperbestrahlung) kombiniert wird, das körpereigene Knochenmark zerstört. Die Zusammensetzung der Chemotherapie hängt von Ihrer Erkrankung ab. Sie werden vor Beginn Ihrer Behandlung noch genau über die einzelnen Medikamente und deren Nebenwirkungen aufgeklärt. Durch diese Chemotherapie sollen die im Körper nach den vorangegangenen Behandlungen eventuell noch verbliebenen Tumor- oder Leukämiezellen vollständig vernichtet werden. Für die verschiedenen Erkrankungen gibt es verschiedene, besonders geeignete Medikamente, welche die Zusammensetzung für die Konditionierungstherapie bestimmen. Zu den Nebenwirkungen der Chemotherapie können Übelkeit und Erbrechen gehören. Wir versuchen diese Nebenwirkungen so gut es geht mit Medikamenten zu unterdrücken. Bitte lassen Sie uns wissen, wenn diese Medikamente nicht mehr ausreichend wirken, damit wir ggf. weitere Medikamente einsetzen können. Zusätzlich erhalten Sie von uns einen Atemtrainer, der zur Verbesserung oder Erhaltung der Lungenfunktion dient. Dieses gezielte Atemtraining kann aber auch die Übelkeit mindern. Eine weitere Nebenwirkung der Therapie ist der Haarverlust. Da dieser Haarverlust fast immer eintritt, ist es einfacher, wenn Sie sich bereits vor der Aufnahme in die Klinik die Haare kurz schneiden lassen. Wenn die Haare beginnen auszufallen, rasieren wir diese aus hygienischen Gründen ab. Die Haare werden aber ca. 2-3 Monate nach der Behandlung wieder zu wachsen beginnen. Eine weitere Nebenwirkung der Behandlung ist die Unfruchtbarkeit. Bei Männern wird die Samenproduktion fast vollständig herabgesetzt und es kann zu einer Unfruchtbarkeit (Sterilität) führen. Es ist jedoch möglich vor der Behandlung Sperma in der sogenannten Samenbank einfrieren zu lassen, falls Sie und Ihr Partner sich dazu entschließen (Kinderwunsch). Über die möglichen Nebenwirkungen einer Strahlentherapie werden Sie in einem gesonderten Gespräch mit den Ärzten der Strahlenklinik aufgeklärt. Von pflegerischer Seite wäre zu erwähnen, dass Sie nach der Bestrahlung eine Stunde Ruhezeit einhalten sollten. Für die Patienten, die Strahlentherapie als Element der Konditionierung erhalten haben, verweisen wir im Zusammenhang mit den zu erwartenden Nebenwirkungen und prophylaktischen Pflegemaßnahmen auf das Merkblatt der Klinik für Strahlentherapie. Zur Behandlung der Haut sei hier nur angefügt, dass diese nach der Bestrahlung für längere Zeit empfindlich ist. Wir raten von Bürsten, nass rasieren, scheuernder und drückender Kleidung generell ab. Benutzen Sie nur milde Seifen, vermeiden Sie im bestrahlten Bereich die Anwendung von Heizkissen, Wärmflaschen, Heißluft, heiße Bäder, Sauna, deodorierende Sprays, Pflaster, Rotlicht oder direkte Sonnenbestrahlung. Wir empfehlen. Die bestrahlte Haut mit Azulon Puder mehrmals täglich zu pflegen und die Hautpflege bis etwa 1 Monat nach Beendigung der Bestrahlung weiterzuführen. Neben akuten Nebenwirkungen, wie Entzündungen der Mundschleimhaut (Mukositis), Übelkeit und Durchfällen können unter Umständen späte Strahlentherapiefolgen auftreten (z.b. Trübung der Augenlinse = Katrarakt). 9

4.1. Tag der Transplantation Unmittelbar vor der Transplantation werden Sie an einen Überwachungsmonitor angeschlossen, welcher uns wichtige Parameter (Blutdruck, Puls, EKG, Sauerstoffsättigung im peripheren Blut) anzeigt. Dieser bleibt je nach Kreislaufsituation bis 2 Stunden nach der Transplantation angeschlossen. Dies geschieht nur zu Ihrer eigenen Sicherheit um eventuell auftretende Kreislaufveränderungen unter der Transplantation rasch erkennen und entsprechend behandeln zu können. Bei der Transplantation selbst bekommen Sie einen Beutel mit den eigenen Stammzellen (ähnlich einer Bluttransfusion). Die Stammzellen sind in flüssigem Stickstoff gelagert und müssen vor der Transplantation aufgetaut und auf Körpertemperatur gebracht werden. Das Gefrierschutzmittel DMSO wird relativ rasch über die Lunge abgeatmet, was Sie unter anderem an einem knoblauchartigen Geschmack und entsprechendem Geruch bemerken. Unmittelbar vor der Transplantation sollten Sie keine Nahrung zu sich nehmen. Abb. 2: Auftauvorgang für Stammzellen im Reinraumlabor 10

4.2. Die Tage nach der Transplantation Nach der Transplantation fallen die Leukozyten, die Erythrozyten und die Thrombozyten auf sehr niedrige Werte ab. Die Erythrozyten und die Thrombozyten können wir durch Transfusionen ersetzen. Dafür werden diese Präparate aus Sicherheitsgründen zuvor bestrahlt, um alle Leukozyten zu eliminieren. Um eine Übertragung von Keimen auf Sie zu verhindern, welche in der sogenannten Aplasiephase besonders gefährlich werden können, werden Sie isoliert, d.h. Sie dürfen die Station nicht mehr verlassen und sollten sich in dieser Zeit in Ihrem Zimmer aufhalten. Anfangs sollten nur die engsten Familienmitglieder zu Besuch kommen. Auch sollte darauf geachtet werden, dass keiner der Besucher eine ansteckende virale oder bakterielle Infektion hat. Schnittblumen und Topfpflanzen sind auf Station nicht erlaubt. Bücher und Zeitschriften sollten druckfrisch sein und nicht schon durch etliche Hände gewandert sein. Mobiltelefone sind nicht erlaubt. Kinder unter 14 Jahren dürfen nur nach ärztlicher Voruntersuchung auf die Station. Um einen reibungslosen Stationsablauf zu ermöglichen, bitten wir, die Hauptbesuchszeiten von 14:00 Uhr bis 18:00 Uhr einzuhalten. Natürlich sind Ausnahmen möglich, die aber vorher bitte mit dem Stationspersonal zu besprechen sind. Unsere kleinen Patienten bringen meistens ihre Mütter oder Väter mit, die während der stationären Behandlung mit aufgenommen sind. Dann gilt für die Elternteile, die mit ihren Kindern in den Zimmern bleiben die sogenannte Umkehrisolation. Nähere Informationen erhalten Sie beim Stationspersonal. Die Pflegemaßnahmen, die nach der Transplantation notwendig sind, sollen verhindern, dass physiologische Keime, die sich auf Ihrem Körper befinden und bei gesunden Menschen zur normalen Bakterienbesiedlung gehören, in die Blutbahn einwandern und bei dem geschwächten Immunsystem nach Transplantation Infektionen verursachen. 11

5. Allgemeine Pflegemaßnahmen Nach der Transplantation werden zu bestimmten Zeiten Temperatur, Puls, Blutdruck und Gewicht kontrolliert. Ebenso werden Infusionen angehängt, die meist über computergesteuerte Infusionspumpen infundiert werden.!!! Bedienen Sie diese Infusionspumpen niemals selbst, sondern überlassen Sie das dem speziell ausgebildeten Personal. Bitte rasieren Sie sich, solange noch nötig, nur mit elektrischen Rasierern, um Verletzungen zu minimieren. Nachfolgend aufgeführte Pflegeartikel werden von uns gestellt. Sie sollten sich nur mit Einmalwaschlappen waschen und täglich frische Handtücher benutzen (bitte getrennte Handtücher für Oberkörper, Genitalbereich bzw. Beine). Zum Waschen benutzen Sie bitte die antibakterielle Waschlotion. Die Haut sollte 1-2 mal täglich mit einer rückfettenden Creme (Bepanthen Lotio F) eingecremt werden. Wichtig ist in der Phase der Aplasie die Genitalpflege, die das Waschen nach jedem Stuhlgang, sowie das Auftragen von Octinesept mit unsterilen Kompressen auf den äußeren Genitalbereich und den After beinhaltet. Cremen Sie mehrmals täglich Ihre Lippen mit Bepanthencreme ein und geben Sie mehrmals täglich aus einer anderen Tube einen kleinen Streifen Bepanthencreme jeweils in beide Nasenlöcher. Bitte bringen Sie bei der stationären Aufnahme eine Komplette Körperwäscheausstattung für mindestens 7 Tage mit, da die Körperwäsche täglich und auch bei Verschmutzung gewechselt wird. Es ist sinnvoll nur 100%-ige Baumwollwäsche und keine Synthetikwäsche zu verwenden. Sagen Sie Ihren Angehörigen, sie sollen nur Waschmittel benutzen, an das Sie von zu Hause schon gewöhnt sind. Bettwäsche wird von der Klinik bereitgestellt. Auch wenn Sie nach der Konditionierungsphase und der Tansplantation sehr müde und geschwächt sind, ist es wichtig, sich körperlich etwas zu betätigen. Das bedeutet, dass Sie im Rahmen Ihrer Möglichkeiten aufstehen und sich außerhalb des Bettes bewegen sollten. Außerdem sollten Sie leichte Gymnastikübungen durchführen. In jedem Zimmer steht ein Stepper, den Sie, sofern Ihre Thrombozytenzahl nicht zu gering ist, gerne benutzen dürfen. Bei Bedarf werden wir Ihnen krankengymnastische Behandlung verschreiben. 12

5.1 Mundpflege Bitte benutzen Sie nur noch eine weiche Zahnbürste. Wenn die Thrombozytenzahl unter 50.000 abfällt, darf keine Zahnbürste mehr benutzt werden, da sonst die Gefahr von Blutungen der Mundschleimhaut und des Zahnfleisches besteht. Nach jeder Mahlzeit, vor dem Schlafen gehen und wenn möglich auch einige Male zwischendurch (5 mal täglich) sollten Sie mit einer desinfizierenden Gurgellösung und danach mit Bepanthen Mundspülung den Mund spülen und wenn möglich etwas damit gurgeln. Die Mundspülungen bekommen Sie vom Pflegepersonal. Ist eine Lösung aufgebraucht, verlangen Sie sich bitte vom Personal eine neue. Kann mit der Gurgellösung keine Mundpflege mehr durchgeführt werden, so melden Sie das dem Pflegepersonal, welches Ihnen dann Salbeitee zum Spülen zubereitet. Dieser wirkt abschwellend und entzündungshemmend und brenn im Mund nicht. Wenn keine orale Nahrungsaufnahme mehr möglich ist, werden wir Ihnen die benötigten Kalorien, Vitamine und Spurenelemente als Infusion über Ihren zentralen Venenkatheter zuführen. Außerdem besteht die Möglichkeit, Ihre Schmerzen mit einem Medikament (z.b. Morphin) zu lindern. 5.2. Ernährung Eine gute Versorgung des Körpers mit Nährstoffen spielt eine wichtige Rolle bei der Verträglichkeit der intensiven Behandlung und bei der Regenerierung. Während Ihres stationären Aufenthaltes wird Sie eine Diätassistentin besuchen und mit Ihnen Richtlinien durchgehen, die Sie bei Ihrer Ernährung beachten sollten. Während Ihres Aufenthaltes stellt die Diätküche eine keimreduzierte Diät zur Verfügung. Sie können jedoch bei Bedarf zusätzliche Lebensmittel bekommen (z.b. Suppen, Breikost, Cola usw.). Sie sollten auch nach der Transplantation bzw. nach Entlassung ca. 50 Tage auch zu Hause mit Ihrer Ernährung noch vorsichtig sein. Wichtig ist eine hygienische Zubereitung der Nahrung, auf die Sie unbedingt zu Hause achten sollten. Das bedeutet, dass Sie nur frisch zubereitete Nahrung essen sollten. Aufwärmen von Essensresten sollte nicht erfolgen. 5.3. Psychische Betreuung Wir wissen, dass die Chemotherapie, die nachfolgende Transplantation und die Tage in Isolation sehr belastend werden können. Wir versuchen aber, soweit möglich, Ihnen Ihre Angst zu nehmen und Sie auf Ihrem Weg der Genesung zu unterstützen. Außerdem steht Ihnen, wenn Sie es wünschen ein Klinikpsychologe oder Klinikpsychiater zur Verfügung. Wenn kirchliche Betreuung gewünscht wird werden wir den katholischen oder evangelischen Klinikgeistlichen für Sie rufen. Gerne kommt auch ein Klinikseelsorger. 13

6. Entlassung In der Regel können Sie aus dem Krankenhaus entlassen werden, wenn die Blutwerte stabil sind, das heißt Sie keine Thrombozyten- und Erythrozytenkonzentrate mehr benötigen und die Leukozyten über 2000 liegen. Im Anschluß an die Entlassung werden Sie zunächst regelmäßig in unserer hämatologischen Ambulanz untersucht. Sind die Werte in Ordnung und Sie fühlen sich gut, werden die Intervalle dieser Kontrolluntersuchungen auch verlängert. Blutuntersuchungen kann selbstverständlich auch der Hausarzt vornehmen. Vor Ihrer Entlassung werden unsere Ärzte Ihnen noch einige Verhaltensregeln mit Ihnen durchsprechen. Ebenso wird vor Ihrer Entlassung der Termin für Ihre Anschlußheilbehandlung durch unseren Sozialarbeiter terminiert. Zu Hause sollten Sie alle Blumen und Zimmerpflanzen aus den Wohnräumen entfernen. Blumen und Blumenerde enthalten viele Pilzsporen und können Ihnen deswegen in der Frühphase nach Transplantation gefährlich werden. Gartenarbeiten sollen deshalb zu Anfang auch vermieden werden. Patienten mit Ganzkörperbestrahlung sollten im ersten Jahr nach Transplantation direkte Sonnenbestrahlung vermeiden (wir empfehlen das Auftragen einer Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor (30) und das Tragen einer Kopfbedeckung). Meiden Sie vorerst Personen mit Infekten (Schupfen, Husten, Durchfall, Herpes, usw.). Kontakt mit Haustieren sollte ebenso vorerst nicht stattfinden. 7. Wichtige Telefonnummern Mildred Scheel Station, Stationszimmer: 06841-1623032/1621302 Mildred Scheel Station, Arztzimmer: 06841-1621301 Mildred Scheel Station, Fax: 06841-1623031 Station KK05, Stationszimmer: 06841-1628399 Hämatologische Ambulanz: 06841-1623088 Innere Medizin I, Pforte: 06841-1623000 Notaufnahmestation, CM01: 06841-1622749 KMT-Koordination: 06841-1623108 Sekretariat, Prof. Dr. M. Pfreundschuh: 06841-1623002 Diätberatung: 06841-1622117 Zentralküche: 06841-1622105 Sozialdienst, Chirurgie: 06841-1622616 Störungsannahme, Telefon/Fernsehen: 06841-1622000 14

Notizen 15