EconRES Wirtschaftskraft Erneuerbarer Energie in Österreich und Erneuerbare Energie in Zahlen Volkswirtschaftliche Effekte Robert Tichler Sebastian Goers Energieinstitut an der Johannes Kepler Universität Linz GmbH Wien, 16.09.2013
Fragestellung und Vorgehensweise Zentrale Fragestellung: Welche volkswirtschaftlichen Effekte wurden durch die Umstellung des österreichischen Energiesystems von fossilen auf erneuerbare Energieträger im Zeitraum 2000 bis 2011 generiert? Vorgehensweise: 1. Schritt: Komparativ-statische Analyse der Umstellung des Energiesystems 2. Schritt: Makroökonometrische Simulationsanalyse der Umstellung Quantifizierung der Effekte (inkl. Mehrrundeneffekte) auf die zentralen makroökonomischen Variablen Bruttoinlandsprodukt, Beschäftigte, Leistungsbilanz, privater Konsum und Investitionen Analyse der Auswirkungen auf ausgewählte Steuereinnahmen 2
Fragestellung und Vorgehensweise Die Basis für die volkswirtschaftliche Analyse bildet die Differenz der folgenden Szenarien: tatsächliche Entwicklung (erhöhter Anteil Erneuerbarer) des Energiesystems = IST-Szenario alternative nicht reale Entwicklung des Energiesystems, in der die Anteile der Energieträger im Jahr 2000 konstant bis zum Jahr 2011 fortgeschrieben werden = EIS-Szenario Dieser Ansatz impliziert, dass es auch signifikante Abnahmen von Erneuerbaren innerhalb der Beobachtungsphase gegeben hat (besonders Wasserkraft). Diese Tendenzen werden berücksichtigt. Der energetische Endverbrauch ist in beiden Szenarien ident es soll keine Überschneidung von Effizienz- und von Substitutionseffekten erfolgen. Die jährliche Differenz in den Veränderungen der Energieträger ergibt als Konsequenz eine gesamte Verbrauchsveränderung von 0. 3
Komparativ-statische Betrachtung Innerhalb der komparativ-statischen Analyse liegt der Fokus auf Differenzen der tatsächlichen Entwicklung erneuerbarer Energieträger (IST-Szenario) und der alternativen Entwicklung (Konstanthaltung der Anteile der Energieträger im Jahr 2000 EIS-Szenario) von Energieverbrauch der spezifischen Energieträger Zusammensetzung der Strom- und Fernwärmeproduktion Investitionen der Unternehmen und Ausgaben der Haushalte für Anlagen zu Produktion und Verbrauch Die Daten werden für folgende Segmente erhoben: Haushalte/Unternehmen Fernwärmeproduktion Stromproduktion Straßenverkehr Die Ergebnisse der komparativ-statischen Untersuchung bilden die Inputs für die dynamische Simulationsanalyse. 4
Komparativ-statische Betrachtung Abb. 1: Energetischer Endverbrauch in Österreich, IST- und EIS-Szenario, 2000/2011 (Verbrauch durch Unternehmen, Haushalte, Fernwärme- und Stromproduktion, Straßenverkehr) Anmerkung: Öl umfasst den Endverbrauch von Heizöl, Heizöl EL und Diesel im Unternehmens- und Haushaltssektor sowie von Diesel, Petroleum und Benzin im Verkehrssektor; Erneuerbare umfassen den Endverbrauch von Brennholz, biogenen Brenn- und Treibstoffen und Umgebungswärme im Unternehmens- und Haushaltssektor sowie von biogenen Treibstoffen im Verkehrssektor; Gas umfasst den Endverbrauch von Erdgas und Flüssiggas im Unternehmens-, Haushalts- sowie Verkehrssektor Datenquelle: Statistik Austria (2012) 5
Komparativ-statische Betrachtung Abb. 1: Energetischer Endverbrauch in Österreich, IST- und EIS-Szenario, 2000/2011 (Verbrauch durch Unternehmen, Haushalte, Fernwärme- und Stromproduktion, Straßenverkehr) Absolute Differenz zwischen IST- und EIS-Szenario im Jahr 2011 Erneuerbare: Fernwärme aus Fossilen: Fernwärme aus Erneuerbaren: Strom aus Fossilen: Strom aus Wasserkraft: Strom aus sonstigen Erneuerbaren: Brennbare Abfälle: Gas: Kohle: Öl: 54 PJ -22 PJ 22 PJ 11 PJ -32 PJ 22 PJ 11 PJ 0 PJ -11 PJ -54 PJ Anmerkung: Öl umfasst den Endverbrauch von Heizöl, Heizöl EL und Diesel im Unternehmens- und Haushaltssektor sowie von Diesel, Petroleum und Benzin im Verkehrssektor; Erneuerbare umfassen den Endverbrauch von Brennholz, biogenen Brenn- und Treibstoffen und Umgebungswärme im Unternehmens- und Haushaltssektor sowie von biogenen Treibstoffen im Verkehrssektor; Gas umfasst den Endverbrauch von Erdgas und Flüssiggas im Unternehmens-, Haushalts- sowie Verkehrssektor Datenquelle: Statistik Austria (2012) 6
Komparativ-statische Betrachtung Abb. 2: Endverbrauch erneuerbarer Energieträger in Österreich (ohne Fernwärme und Strom), 2000-2011, Differenz zwischen IST-Szenario und EIS-Szenario Änderung des Endverbrauchs EE in 2011 im Vergleich zu 2000: + 53 PJ Anmerkung: positive (negative) Werte induzieren einen höheren (niedrigeren) Verbrauch im IST-Szenario (tatsächliche Entwicklung des Energieverbrauchs) im Vergleich zum EIS-Szenario (alternative Entwicklung des Energieverbrauchs, welche die Anteile der Energieträger im Jahr 2000 einfriert); ein Wert gleich 0 induziert, dass durch die Umstellung des Energiesystems auf Erneuerbare keine Veränderungen im Energieverbrauch generiert wurden; der absolute Endverbrauch erneuerbarer Energieträger (ohne Fernwärme und Strom) in Österreich belief sich auf 103 PJ in 2000 und auf 163 PJ in 2011. 7 Datenquelle: Statistik Austria (2012)
Komparativ-statische Betrachtung Abb. 3: Energetische Primärenergieimporte in Österreich, 2000-2011, Differenz zwischen IST-Szenario und EIS-Szenario Änderung der Primärenergieimporte in 2011 im Vergleich zu 2000: - 97 PJ Anmerkung: positive (negative) Werte induzieren höhere (niedrigere) Importe im IST-Szenario (tatsächliche Entwicklung des Energieverbrauchs) im Vergleich zum EIS-Szenario (alternative Entwicklung des Energieverbrauchs, welche die Anteile der Energieträger im Jahr 2000 einfriert); ein Wert gleich 0 induziert, dass durch die Umstellung des Energiesystems auf Erneuerbare keine Veränderungen hinsichtlich der Importe generiert wurden; energetische Importe umfassen Importe fossiler und erneuerbarer Energieträger; die absoluten Primärenergieimporte beliefen sich auf 223 PJ in 2000 und auf 465 PJ in 2011 8 Datenquelle: Statistik Austria (2012)
Komparativ-statische Betrachtung Abb. 4: Investitionen in Anlagen zur Stromerzeugung in Österreich, 2000-2011 Anmerkung: Vergleichend zu den Bruttoinvestitionen, die in den Leistungs- und Strukturdaten der Statistik Austria (Statistik Austria 2012c) erfasst sind, ergeben sich ab dem Jahr 2007 größere Abweichungen zu den Daten von Österreichs Energie. Der Grund hierfür liegt zum einen vermutlich in der ungleichen Berücksichtigung der Aufteilung der Investitionssummen im Bereich der thermischen Großkraftwerke (v.a. Timelkam, Mellach) und ist vorwiegend auf die Fertigstellung im Neubau- Bereich von Großprojekten und dem Abschluss von Erweiterungen größerer Gas- und Dampfturbinen-Anlagen bzw. Kombinationskraftwerke zurückzuführen; Wartungskosten der Anlagen werden nicht berücksichtigt. 9 Datenquellen: Biermayr (2013), Biermayr et al. (2013), Eder und Kirchweger (2011), oesterreichs energie (2013), Statistik Austria (2012)
Komparativ-statische Betrachtung Abb. 5: Investitionen in Nah- und Fernwärmesysteme sowie in Einzelheizungen im Raumwärmebereich in Österreich, 2000-2011 Anmerkung: Bei der durch KWK-Anlagen erzeugten thermischen Energie aus Wärmekraftwerken konnte aufgrund der Datenlage keine Zuteilung der Anlagenkosten in Fernwärme bzw. Stromanteile erfolgen. Aufgrund fehlender Daten wurden die Investitionen in Wärmesysteme und Einzelheizungen basierend auf fossilen Energieträgern für den Zeitraum 2000-2003 konstant gehalten; Wartungskosten der Systeme bzw. Einzelheizungen werden nicht berücksichtigt. 10 Datenquellen: Biermayr et al. (2013), Malik et al. (2012), Statistik Austria (2012)
Makroökonometrische Simulationsanalyse Die Berechnungen basierend auf den Ergebnissen der komparativstatischen Analyse zeigen einen gesamt positiven volkswirtschaftlichen Nutzen in Form einer Erhöhung des Bruttoinlandproduktes aufgrund: zusätzlicher Investitionsimpulse zur Strom-, Wärme und Treibstoffproduktion durch erneuerbare Energieträger sowie von Installationen von Heiztechnologien durch Raumwärme- Endverbraucher (Industrie und Haushalte) für erneuerbare Energieträger; der heimischen Produktion von Strom, Wärme und Treibstoff durch Erneuerbare, was eine Reduktion der (fossilen) Energieimporte, eine Erhöhung der Energieexporte und somit positive Auswirkungen auf die Leistungsbilanz impliziert; den durch das Wirtschaftswachstum induzierten Anstieg der Löhne und somit des verfügbaren Einkommens, der Investitionen in anderen Wirtschaftssegmenten und der nicht-energetischen Nettoexporte; dadurch ausgelösten Beschäftigungseffekten; Sekundäreffekten resultierend aus den aufgeführten Auswirkungen. 11
Makroökonometrische Simulationsanalyse Die Umstellung des Energiesystems induziert jedoch ebenfalls negative volkswirtschaftliche (Teil-)Effekte auf das Bruttoinlandproduktes aufgrund negativer energetischer Nettoexporte vor allem infolge hoher Importe von Heizöl und Heizöl extra leicht für den energetischen Endverbrauch der Unternehmen im Zeitraum 2000 bis 2005 (bei niedrigen und konstante Preisniveaus für Rohöl bis 2003); der Tatsache, dass diese Effekte erst ab 2006 durch höhere Investitionstätigkeiten und die Reduktion der Importe fossiler Energieträger kompensiert werden; eines Rückgang des privaten Konsums (energetischer + nichtenergetischer Konsum), da sich durch die Förderung von Erneuerbaren (Investitionsförderungen in der Stromproduktion, Beimischungsverpflichtungen von Biokraftstoffen) höhere Kosten für die Haushalte ab 2004 ergeben, da diese im Vergleich zu Unternehmen nicht in der Lage sind, Mehrbelastungen auf Güterpreise zu überwälzen. Diese negativen volkswirtschaftlichen Effekte werden jedoch durch die positiven Auswirkungen im gesamten Betrachtungszeitraum 2000 2011 deutlich kompensiert. 12
Makroökonometrische Simulationsanalyse Abb. 6: Volkswirtschaftliche Effekte durch die Umstellung des Energiesystems auf Erneuerbare in Österreich, 2000-2011 keine Berücksichtigung einer Kompensation der geringeren Steuereinnahmen Durchschnittliche Veränderung des BIP: +398 Mio. Anmerkung: privater Konsum (gesamte Ausgaben der Haushalte) = energetischer Konsum + nicht-energetischer Konsum; Nettoexporte = (energetische und nicht-energetische) Exporte - (energetische und nicht-energetische) Importe Datenquellen: eigene Berechnung anhand von MOVE 13
Makroökonometrische Simulationsanalyse Abb. 7: Beschäftigungseffekte durch die Umstellung des Energiesystems auf Erneuerbare in Österreich, 2000-2011 Durchschnittliche Veränderung des Beschäftigungsniveaus: +3.300 Beschäftigte Anmerkung: inkl. Sekundäreffekte Datenquellen: eigene Berechnung anhand von MOVE 14
Makroökonometrische Simulationsanalyse Tab. 1: Jährliche Einnahmen durch ausgewählte Steuern infolge der Umstellung des Energiesystems auf Erneuerbare in Österreich, 2000-2011 Differenz zwischen IST- und EIS-Szenario Steuereinnahmen Differenz zwischen IST-Szenario und EIS-Szenario Steuereinnahmen durch Energieverbrauch - 186 Mio. pro Jahr Mehrwertsteuereinnahmen durch privaten Konsum nicht-energetischer Güter - 4 Mio. pro Jahr Einnahmen durch Steuern und Abgaben zusätzlich Beschäftigter + 67 Mio. pro Jahr Summe - 123 Mio. pro Jahr Anmerkung: Bei der Herleitung der Veränderung der Mehrwertsteuereinnahmen sowie der Einnahmen durch Steuern und Abgaben zusätzlich Beschäftigter wird von einem durchschnittlicher Mehrwertsteuersatz = 17% sowie Steuern und Abgaben pro Beschäftigungsverhältnis in der Höhe von 20.000 pro Jahr ausgegangen; der Rückgang an Steuereinnahmen durch den Energieverbrauch besteht zu -127 Mio. aus Rückgängen an Mineralölsteuereinnahmen 15 Datenquellen: eigene Berechnung anhand von MOVE
Makroökonometrische Simulationsanalyse Abb. 8: Effekte auf das Bruttoinlandsprodukt durch die Umstellung des Energiesystems auf Erneuerbare in Österreich, 2000-2011, Einfluss der Energiesteuereinnahmen Durchschnittliche Veränderung des BIP: +149 Mio. Anmerkung: die Kompensation der Reduktion der Energiesteuereinnahmen erfolgt über die Anpassung der öffentlichen Ausgaben Datenquellen: eigene Berechnung anhand von MOVE 16
Zusammenfassung und Empfehlungen Zusammenfassung I Die volkswirtschaftliche Bewertung der Umstellung des Energiesystems auf Erneuerbare in Österreich seit dem Jahr 2000 zeigt, dass im Durchschnitt bzw. mittel- und langfristig zum einen ein höheres Beschäftigungsniveau erreicht und zum anderen ein positiver Beitrag für das Bruttoinlandsprodukt generiert wird. In den ersten Jahren der Beobachtungsperiode (2000 bis 2004) schaffen die positiven ökonomischen Effekte (wie etwa die Verringerung des Wertschöpfungsabflusses oder auch die Investitionsimpulse) aufgrund der noch zu geringen Ausprägung keine insgesamt positive volkswirtschaftliche Auswirkung. Ab dem Jahr 2005 ist es gelungen, positive Effekte zu erzielen. Die insgesamt positiven volkswirtschaftlichen Auswirkungen wurden auch erzielt, wenn davon ausgegangen wird, dass die geringeren Energiesteuereinnahmen von erneuerbaren Energieträgern durch geringere alternative Staatsausgaben kompensiert wurden. 17
Zusammenfassung und Empfehlungen Zusammenfassung II Die insgesamt positiven volkswirtschaftlichen Effekte erlauben auch die Feststellung einer Double Dividend in Österreich durch die Implementierung eines höheren Anteils von erneuerbaren Energieträgern am Endenergieverbrauch in Österreich: Die positiven ökonomischen Auswirkungen werden begleitet durch eine simultane Reduktion negativer ökologischen Auswirkungen. Dies wird vor allem geprägt durch geringere Treibhausgasemissionen. 18
Kontakt Energieinstitut an der Johannes Kepler Universität Linz Altenberger Straße 69 4040 Linz Tel: +43 70 2468 5656 Fax: + 43 70 2468 5651 e-mail: office@energieinstitut-linz.at 19