LÖSUNG ZUR VORLESUNG MAKROÖKONOMIK I (SoSe 14) Aufgabenblatt 4
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1 Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Jun.-Prof. Dr. Philipp Engler, Michael Paetz LÖSUNG ZUR VORLESUNG MAKROÖKONOMIK I (SoSe 14) Aufgabenblatt 4 Aufgabe 1: IS-Kurve Leiten Sie graphisch mit Hilfe des Gütermarktmodells die sogenannte IS-Kurve her. Benennen Sie die Lageparamter dieser Kurve und erläutern Sie den Effekt einer Veränderung dieser Lageparameter. Die IS-Kurve stellt den Zusammenhang von Einkommen und Zins bei Gütermarkträumung (Gleichgewicht (!) auf dem Gütermarkt) dar. Um den Einfluss von Zinsveränderungen zu untersuchen, erweitern wir daher das Gütermarktmodell, um die Investitionen vom Zins abhängig zu machen. Da höhere Zinsen die Kredite der Unternehmen verteuern, gehen wir von einem negativen Effekt des Zinses auf die Investitionen aus ( I/ i < 0). Die Nachfrage ist dementsprechend gegeben durch ZZ = C (Y T ) + I (Y, i) + G Eine Zinserhöhung wird also zu einer Verringerung der Nachfrage und somit zu einer Verschiebung der ZZ-Kurve nach unten führen. Da im Gleichgewicht die Nachfrage dem BIP/der Produktion Y entsprechen muss, lässt sich der Zusammenhang zwischen Einkommen und Zins wie folgt graphisch ableiten: 1
2 Erklärung: Wenn der Zins sinkt, verschiebt sich die Nachfragekurve ZZ nach unten, weil die Investitionen sinken. Bei höherem Zins ist die gleichgewichtige Produktion demnach geringer. Es ergibt sich also ein negativer Zusammenhang zwischen Zins und Einkommen, wie er im unterem Teil der Abbildung zu sehen ist. 2
3 Die Lageparameter der IS-Kurve sind alle exogenen Variablen der Nachfragekurve. In diesem Fall also G und T : Eine Erhöhung der Staatsausgaben erhöht die Nachfrage und verschiebt die ZZ nach oben. Bei gleichem Zins wird nun im Gleichgewicht mehr produziert. Es kommt zur Rechtsverschiebung der IS-Kurve. Eine Erhöhung der Steuern dämpft den Konsum und senkt die Nachfrage (ZZ verschiebt sich nach unten). Bei gleichem Zins wird nun im Gleichgewicht weniger produziert. Es kommt zur Linksverschiebung der IS-Kurve. Es sei noch erwähnt, dass eine Veränderung jedweder Parameter (z.b. c 0 bzw. c 1 ) ebenfalls zu einer Veränderung der Lage der ZZ-Kurve führt. Jeder Student sollte inzwischen gut genug über das Gütermarktmodell Bescheid wissen, um sich selber die Effekte einer Veränderung der Parameter klar zu machen. Wir beschränken uns auf die Variablen G und T, weil dies die sogenannten Politikvariablen der Nachfrage darstellen (der Staat kann auf die Variablen G und T Einfluss nehmen, nicht aber auf die Parameter des Modells). Anmerkung: Die IS-Kurve stellt ein Gleichgewicht auf dem Gütermarkt dar. Wie wir in Aufgabenblatt 2, Aufgabe 2, gesehen haben, ist ein Gütermarktgleichgewicht (in einer geschlossenen Volkswirtschaft) immer dann gegeben, wenn I = S erfüllt ist. Daher auch der Name IS-Kurve ( investment = saving ). Aufgabe 2: Geldnachfrage Die gesamtwirtschaftliche reale Geldnachfrage sei beschrieben durch folgende Geldnachfragefunktion: M d /P = k (Y ) + l (i) = L (Y, i) wobei M d, P, Y und i die nominale Geldnachfrage, das Preisniveau, das Einkommen und den Zins darstellen. Ferner seien k (Y ) und l (i) Funktionen mit k (Y ) / Y > 0 und l (i) / i < 0. Gehen Sie davon aus, dass es bezüglich der Liquiditätspräferenz der Haushalte einen maximalen sowie einen minimalen Zinssatz gibt. a) Zeichnen Sie die Geldnachfrage in einen i M d /P -Raum und erklären Sie die Grenzfälle M d /P 0 sowie M d /P. Aufgrund des negativen Zusammenhangs zwischen realer Geldnachfrage M d /P und Zinssatz i verläuft die Geldnachfrage fallend. Unter Berücksichtigung eines maximalen sowie minimalen Zinssatzes ergibt sich folgender Graph: 3
4 Grenzfälle: M d /P 0: Die Geldnachfrage geht gegen Null, wenn der Zins sein Maximum i max erreicht. In diesem Fall würden die Haushalte aufgrund des hohen Zinses gar kein Geld mehr nachfragen. Durch die hohen Zinsen ist der Anreiz sein Geld zinsbringend anzulegen so hoch, dass kein Geld mehr nachgefragt wird. M d /P : Die Geldnachfrage ist unendlich hoch, wenn der Zins sein Minimum erreicht. Die Haushalte haben aufgrund des niedrigen Zinses keinen Anreiz mehr Geld zinsbringend anzulegen. Ein zusätzliches Geldangebot würde dann von den Haushalten absorbiert werden, ohne einen Effekt auf den Zinssatz. Dieser Bereich beschreibt die sogenannte keynesianische Liquiditätsfalle (mehr hierzu später). b) Wie verschiebt sich die Geldnachfrage, wenn sich das Einkommen oder das Preisniveau verändern? Das Einkommen repräsentiert einen sogenannten Lageparameter der Geldnachfrage. Bei höherem Einkommen steigt das Transaktionsvolumen der Haushalte und sie werden beim gleichen Zins mehr Geld nachfragen. Die reale Geldnachfrage verschiebt sich dementsprechend nach rechts: 4
5 Da auf der X-Achse des Diagramms die reale Geldmenge abgetragen ist, führt eine Veränderung des Preisniveaus P über die Veränderung der realen Geldmenge zu einer Bewegung entlang der Kurve. Anders gesagt: Da P kein Lageparameter ist, verschiebt sich die Kurve bei einer Änderung von P nicht. c) Zeichnen Sie die Geldnachfrage nun in einen i M d -Raum. Was passiert jetzt bei einer Veränderung von Einkommen oder Preisniveau? Solange sich Preise und/oder Einkommen nicht verändern, verläuft die nominale Geldnachfrage identisch. Allerdings ist das Preisniveau nun ein Lageparameter! Wenn sich bspw. die Preise erhöhen, so steigt das nominale Einkommen (P Y ) und somit die nominale Geldnachfrage (vgl. auch Übungsblatt 3): M d = P (k (Y ) + l (i)). Es kommt zu einer Verschiebung der Kurve nach rechts: 5
6 Fazit: Um zu wissen, wann es zu einer Verschiebung der Kurve bzw. ein Wandern entlang der Kurve kommt, müssen Sie sich klar machen, ob Sie die nominale oder reale Geldnachfrage auf der X-Achse abtragen (bzw. welches die Lageparameter Ihrer Geldnachfragefunktion sind). Aufgabe 3: Geldmarktgleichgewicht Gehen Sie weiterhin davon aus, dass die Geldnachfrage durch die Funktion aus Aufgabe 1 beschrieben wird. a) Zeichnen Sie die Geldnachfrage in einen i M d /P -Raum und leiten Sie graphisch die sogenannte LM-Kurve ab. Die LM-Kurve repräsentiert die Kombinationen von Zins und Einkommen, für die der Geldmarkt geräumt ist. Um das Geldmarktgleichgewicht zu betrachten, müssen wir das Geldangebot der Zentralbank in der Zeichnung aus 1 a) einführen: 6
7 Für ein gegebenes Einkommen und ein gegebenes Preisniveau ergibt sich ein gleichgewichtiger Zins von i und eine gleichgewichtige Geldmenge, die dem Geldmengenangebot M s der Zentralbank entspricht. Da nach Aufgabe 2a) eine Erhöhung des Einkommens die Geldnachfrage nach rechts verschiebt, lässt sich die LM-Kurve in folgender Weise graphisch herleiten: Prinzipiell ist der Zusammenhang zwischen Zins und Einkommen demnach positiv. Der ökonomische Hintergrund ist der folgende: Bei steigendem Einkommen (aber gleichen Preisen) fragen die Haushalte mehr Geld nach, weil sie mehr Transaktionen durchführen. Ist nun aber das Geldangebot unverändert, muss der Zins steigen, da sich nur so Angebot und Nachfrage ausgleichen können. (Der steigende Zins erhöht den Anreiz Geld zinsbringend anzulegen und verringert die Geldnachfrage.) 7
8 Grenzfälle: Bei sinkendem Einkommen verschiebt sich die reale Geldnachfrage immer weiter nach links. Fällt das Einkommen auf einen bestimmten Wert Y, so schneiden sich M d /P und M s /P bei i min. Jede weitere Verringerung des Einkommens hat keinen Einfluss mehr auf den gleichgewichtigen Zins, da eine weitere Linksverschiebung keinen Einfluss auf den Schnittpunkt der beiden Kurven hat. Da die Haushalte schon vorher keinen Anreiz mehr hatten, ihr Geld zinsbringend anzulegen, hat ein sinkendes Einkommen keinen Effekt mehr. Den waagerechten Bereich der LM-Kurve nennt man auch den keynesianischen Bereich. Mit steigendem Einkommen verschiebt sich die reale Geldnachfrage immer weiter nach rechts. Der Schnittpunkt mit dem realen Geldangebot entsteht auf einem immer steileren Abschnitt der Geldnachfrage. Überschreitet das Einkommen einen bestimmten Wert Y, so beträgt die Steigung der Geldnachfrage unendlich und ist mit jedem Zinssatz vereinbar. Die LM Kurve verläuft daher senkrecht und man spricht vom klassischen Bereich. Im Normalfall betrachten wir den Bereich der LM-Kurve, welcher eine positive Steigung aufweist. Die LM-Kurve stellt das Geldmarktgleichgewicht dar und hat ihren Namen von der Tatsache, dass im Geldmarktgleichgewicht die Geldnachfrage dem Geldangebot entspricht ( liquidity preference = money supply ). b) Wie verschiebt sich die LM-Kurve, wenn sich das Einkommen, das Preisniveau bzw. das Geldangebot ändern? Auch hier ist es wichtig sich klar zu machen, welches die Lageparameter der LM-Kurve sind. Da wir auf der X-Achse das Einkommen abtragen, ist das Einkommen kein Lageparameter und eine Veränderung des Einkommens führt zu keiner Verschiebung der Kurve (wir wandern entlang der Kurve). Eine Veränderung des Preisniveaus hat nach 2 b) keinen Einfluss auf die reale Geldnachfragefunktion, da P keinen Lageparameter darstellt. Allerdings verändert sich das reale Geldangebot, wenn sich die Preise verändern. Dies führt zu einer Verschiebung der LM-Kurve: 8
9 Sinkt beispielsweise das Preisniveau, so erhöht sich das reale Geldangebot. Bei gleichem Einkommen kann es nur dann zu einer Räumung des Geldmarktes kommen, wenn der Zinssatz sinkt. (Der sinkende Zins verringert den Anreiz Geld zinsbringend anzulegen und erhöht die Geldnachfrage.) Es kommt zu einer Rechtsverschiebung der LM-Kurve. Bei einem steigendem Preisniveau würde es zu einer Verringerung des Geldangebots und einer Linksverschiebung der LM Kurve kommen. Der selbe Effekt ist bei einer Erhöhung des nominalen Geldangebotes zu beobachten: Der Effekt wird auch hier über eine Erhöhung des realen Geldangebotes erklärt. c) Erläutern Sie die Grenzfälle der LM-Kurve. Auf dem keynesiansichen (waagerechten) Bereich der Geldnachfrage bzw. LM-Kurve hat eine Erhöhung des realen Geldangebotes keinen Einfluss mehr auf den gleichgewichtigen Zinssatz: 9
10 Eine Ausweitung des Geldangebotes hat somit keinen Effekt mehr auf den Zins und die Zentralbank hat durch ihre Geldpolitik keine Möglichkeit mehr die Investitionen durch sinkende Zinsen anzuregen und damit die Nachfrage zu erhöhen. Die Geldpolitik ist nutzlos. Man spricht hier von der sogenannten Liquiditätsfalle, weil der Zins bereits so niedrig ist, dass ein höheres Geldangebot absorbiert wird ohne zu sinkenden Zinsen zu führen. Dieser von John Maynard Keynes zuerst diskutierte Fall wurde lange als rein theoretisch betrachtet, weil man nicht davon ausgegangen ist, dass jemals die Zinsuntergrenze erreicht wird. Die Finanzkrise Japans in den 1990er und die Finanzkrise seit 2008 hat gezeigt, dass dieser Fall jedoch auch in der Realität relevant ist. Der klassische (senkrechte) Bereich der LM-Kurve ist vom Zins unabhängig. Die LM- Kurve entspricht nun der Quantitätstheorie, Y = V M P, wobei V die konstante (vom Zins unabhängige) Geldumlaufgeschwindigkeit bezeichnet. Eine Erhöhung des Geldangebots führt somit durch die Rechtsverschiebung der LM-Kurve zunächst zu einem höheren Einkommen, da sich Y direkt proportional zur realen Geldmenge verhält: 10
11 Anmerkung: Dies gilt selbstverständlich nur in der sehr kurzen Frist, also bei konstantem Preisniveau. Sollte das gestiegene Einkommen zu steigenden Preisen führen, würde sich das reale Geldangebot nämlich wieder verringern und die LM-Kurve würde sich nach links verschieben. Hierzu mehr an späterer Stelle. 11
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