Neugeborenen-Screening auf Cystische Fibrose Evaluation nach einem Jahr



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NeugeborenenScreening auf Cystische Fibrose Evaluation nach einem Jahr Corina S. Ruegg 1, Claudia E. Kuehni 2, Sabina Gallati 3, Matthias Baumgartner 4, Toni Torresani 5, Jürg Barben 6, für die Schweizer CF NeugeborenenScreening Gruppe* Zusammenfassed kann man sagen, dass sich das vorgeschlagene Prozedere für das CFNGS bewährt hat und ohne grössere Probleme implementiert werden konnte. Die Akzeptanz war sowohl bei den Klinikern als auch bei den Eltern sehr gut. Einleitung Zusammenfassung Seit Januar 2011 wird im Rahmen des NeugeborenenScreenings (NGS) in der Schweiz auch auf Cystische Fribrose (CF) getestet. Mit dieser Studie soll das erste Jahr (2011) der Implementierung des CFNGS evaluiert werden. Das CFNGS besteht aus einem zweistufigen Testverfahren (Immunreaktives Trypsinogen/DNAScreening) aus dem Fersenblut («GuthrieTest») aller Neugeborenen am 4. Lebenstag. Alle positiv gescreenten Kinder werden an ein CFZentrum zur diagnostischen Abklärung (Schweisstest und Genetik) überwiesen. Den Eltern wurde nach der Untersuchung im CFZentrum ein Fragebogen abgegeben. Alle Resultate zum Screening und dem Elternfragebogen wurden zentral erfasst und ausgewertet. Aus 83 198 gescreenten Neugeborenen im Jahr 2011 wurden 84 positiv getestet und an ein CFZentrum überwiesen (0.1%). Von diesen wurde bei 27 Kindern eine klassische CF diagnostiziert (Positiver Prädiktiver Wert = 32.1%) und bei 3 eine fragliche oder atypische 1 Projektleitung Evaluation CFScreening, Institut für Sozial und Präventivmedizin, Universität Bern 2 Leiterin Abteilung internationale Gesundheit und Umwelt, Institut für Sozial und Präventivmedizin, Universität Bern 3 Leiterin Abteilung für Genetik, UniversitätsKinderklinik Bern 4 Leiter Abteilung für Stoffwechselkrankheiten und Medizinischer Leiter NeugeborenenScreening Schweiz, UniversitätsKinderkliniken, Zürich 5 Leiter NeugeborenenScreeningLabor, UniversitätsKinderkliniken, Zürich 6 Leiter Task Force NeugeborenenScreening für Cystische Fibrose, Präsident Swiss Working Group for Cystic Fibrosis (SWGCF), Leitender Arzt Pneumologie/Allergologie, Ostschweizer Kinderspital St.Gallen * Prof. Dr. Constance Barazzone (Genf), PD Dr. Jürg Barben (St. Gallen, Präsident), Prof. Dr. Mathias Baumgartner (Zürich), Dr. Carmen Casaulta (Bern), Dr. Peter Eng (Aarau), Ralph Fingerhut (Zürich), Prof. Dr. Sabina Gallati (Bern), Dr. Gaudenz Hafen (Lausanne), Prof. Dr. Jürg Hammer (Basel), Prof. Dr. Claudia Kuehni (Bern), PD Dr. Alex Möller (Zürich), Dr. Anne Mornand (Genf), Dr. Dominik Müller (Aarau), Prof. Dr. Nicolas Regamey (Bern), Dr. Isabelle Rochat (Lausanne), Corina Rüegg (Bern), Dr. Barbara Schiller (St. Gallen), Prof. Dr. Martin Schöni (Bern), Dr. Renate Spinas (Zürich), Dr. Johannes Spalinger (Luzern), Dr. Toni Torresani (Zürich), PD Dr. Daniel Trachsel (Basel), Dr. Maura Zanolari (Lugano) CF mit unklarem Verlauf. Dazu kam ein Kind mit CF und Mekoniumileus, dessen IRT normal war. Die 31 Diagnosen ergeben eine Inzidenz von 1:2683. Die Zeit von Geburt bis zur genetisch gesicherten Diagnose betrug 34 (Spannweite = 13135) Tage. In der Elternbefragung waren 91% zufrieden, dass das Screening bei ihrem Kind durchgeführt wurde. Alle diagnostizierten Kinder wurden professionell in einem CFZentrum weiterbetreut. Screening (NGS Labor Zürich) Diagnostik (CF Zentren) Abbildung 1: Algorithmus des CFNGS seit 1. Januar 2012 Guthrietest auf Das Pilotprojekt «Neugeborenenscreening für Cystische Fibrose in der Schweiz» (CF NGS), wurde am 1. November 2010 vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) für 2 Jahre bewilligt und am 1. Januar 2011 gestartet 1). Das zweijährige Pilotprojekt soll verschiedenste Fragen zur Durchführbarkeit, Effizienz und Akzeptanz des geplanten CFNGS beantworten 2), nachdem in einer retrospektiven Studie gezeigt werden konnte, dass das vorgeschlagene 2stufige 24

83 198 83 198 GuthrieKarten GuthrieKarten 83 198 GuthrieKarten 1. IRT 1. Messung IRT Messung 1. IRT Messung 82 551 82 551 (99.22%) (99.22%) negativ negativ 82 551 (99.22%) negativ 647 (0.78%) 647 (0.78%) positiv positiv 647 (0.78%) positiv DNA Screening DNA Screening DNA Screening 126 ohne 126 CFGenmutation ohne CFGenmutation 126 ohne CFGenmutation und initiales und initiales IRT < 60ng/ml IRT < 60ng/ml und initiales IRT < 60ng/ml 456 ohne 456 CFGenmutation ohne CFGenmutation 456 ohne CFGenmutation 65 mit 651 mit oder 1 oder 2 2 65 mit 1 oder 2 2. IRT 2. Messung IRT Messung 437 (95.8%) 437 (95.8%) negativ negativ 2. IRT Messung 437 (95.8%) negativ 19 (4.2%) 19 (4.2%) positiv positiv 19 (4.2%) positiv an ein an CFZentrum ein CFZentrum an ein CFZentrum (referral (referral rate = 13.0%) rate = 13.0%) (referral rate = 13.0%) 27 mit klassischer CF (PPV = 32.1 %) 3 mit atypischer CF 54 ohne 54 ohne CFDiagnose CFDiagnose 54 ohne CFDiagnose plus ein plus Kind, ein klinisch Kind, klinisch diagnostiziert diagnostiziert plus ein Kind, klinisch diagnostiziert infolge infolge Mekoniumileus Mekoniumileus infolge Mekoniumileus 31 Kinder 31 Kinder mit CF mit CF 31 Kinder mit CF Schweisstest beim Säugling Abbildung 2: Resultate des CFNeugeborenenScreening im Jahre 2011 Verfahren 98% der klinisch diagnostizierten Kinder in den Jahren 2006 2009 erfasst hätte 3). In der 2jährigen Pilotphase soll insbesondere evaluiert werden, ob das ScreeningProzedere mehr als 95% der Kinder mit CF entdeckt, das bisher bestehende NGS für andere Krankheiten nicht gefährdet und die Bevölkerung nicht verunsichert wird. Dabei sollte auch der cutoff für das IRT optimal eingestellt werden, um die «recall rate» (weiterführende Massnahme wie 2. Fersenbluttest oder Schweisstest) möglichst tief zu halten ohne dabei erkrankte Kinder zu verpassen. Zur Evaluation wurde eine eigene Datenbank am Institut für Sozial und Präventivmedizin (ISPM) Bern erstellt, womit auch der Informationsfluss zwischen den verschiedenen Partnerinstitutionen (NGS Labor Zürich, CFZentren, GenetikLabor Bern, zentrale Datenbank ISPM Bern) evaluiert werden kann, um den zeitlichen Verlauf des Screenings zu optimieren. Im Folgenden werden die Ergebnisse des ersten Jahres der Pilotphase zusammengefasst. 4) Anpassung des IRT Cutoffs Im Anwendungskonzept wurde als cutoff für die IRTMessung die 99. Perzentile gewählt, was gemäss Literatur 60 ng/ml entsprach 1). In der LaborTestphase im Dezember 2010 zeigte sich, dass dieser Wert für die IRTMessungen in der Schweiz zu hoch war: Der entsprechende Wert für die 99. Perzentile betrug lediglich 45 ng/ml. Aus diesem Grunde wurde bereits am 1. Januar 2011 mit dem erniedrigten IRT Grenzwert von 45 ng/ml begonnen. Nach einer Zwischenauswertung nach vier Monaten hatte keines der Kinder, welche später eine CF diagnostiziert bekamen, ein IRT < 50 ng/ml, sodass der cutoff des IRT auf 50 ng/ml erhöht wurde. Ausserdem wurde bei allen Kindern, die ein erhöhtes IRT zwischen 50 und 60 ng/ml hatten und bei denen keine CFGenmutation gefunden wurde, kein zweiter Fersenbluttest mehr verlangt (Abb. 1). Als Folge davon reduzierten sich die zweiten Fersenbluttests in den Monaten 5 12 um 52%: In den ersten vier Monaten wurden bei 226/26 535 Kindern (0.85%) ein zweiter Fersenbluttest zur erneuten IRTBestimmung verlangt; in den weiteren acht Monaten war dies lediglich noch bei 230/56 663 Kindern (0.41%) der Fall. Anzahl Fersenbluttests und Verweigerer Im Jahr 2011 wurde bei 83 198 Kindern ein IRT im Fersenblut bestimmt (Abb. 2) und es wurden dem ScreeningLabor nur vereinzelte Testverweigerer gemeldet, wobei letzteres im Rahmen der Vorjahre liegt. Im 2011 hat keiner der Verweigerer das neu eingeführte CFScreening als Grund angegeben, sondern es wurden nur prinzipielle Erwägungen zur Verweigerung des NeugeborenenScreening genannt. Überweisungen ins CFZentrum und bestätigte CFDiagnosen Insgesamt hatten 647 Kinder (0.80%) ein erhöhtes IRT und ein DNAScreening wurde durchgeführt (Abb. 2). Bei 65 Kindern wurden eine oder zwei gefunden. Bei 456 Kindern wurde die IRTMessung mit einer zweiten Fersenblutentnahme wiederholt (0.55%), davon hatten 19 einen erneut erhöh 25

Fortbildung Mutation N Bemerkung F508del 42 14 mal homozygot 17171G>A 1 R347H 1 atypische CF mit F508del R347P 1 2183AA>G 1 621+1G>T 1 711+5G>A 1 3849+10kbC>T 1 3659delC 1 R117H_T7 1 atypische CF mit 400646del5 400646del5 1 atypische CF mit R117H_T7 T5 1 atypische CF mit T1086A T1086A 1 atypische CF mit T5 Q39X 1 2347delG 1 2307insA 1 G486E 1 neu entdeckte Mutation Q525X 1 420del9 1 2143delT 2 Zwillinge Tabelle 1: Genetische Mutationen auf 62 Chromosomen der 31 diagnostizierten CFKinder. Farbcode: = 7 häufigste CFMutationen in der Schweiz = erweiterte Diagnostik auf 32 Mutationen = Totalscreening = atypische (equivocal) CF. Broschüre vor Geburt erhalten Mündliche Info vor Geburt erhalten Broschüre nach Geburt erhalten Mündliche Info nach Geburt erhalten Keine Antwort/Info erhalten Nein Ja Abbildung 3: Mündliche und schriftliche Informationen zum CFNGS im Verlauf des Screenings. Broschüre war zufriedenstellend Mündliche Info war zufriedenstellend Info am Telefon war zufriedenstellend Info im CFZentrum war zufriedenstellend ten IRTWert. Insgesamt hatten im letzten Jahr 84 Kinder (65 + 19) ein positives Screening Resultat und wurden an ein CFZentrum überwiesen (referral rate 13.0%). Bei 27 Kindern konnte die Diagnose einer CF bestätigt werden (PPV 32.1%), 3 Kinder hatten eine atypische CF mit grenzwertigem Schweisstests. Alle 30 Kinder wurden weiter in einem der CFZentren betreut. Mekoniumileus Problematik potenziell falschnegative ScreeningResultate Bei insgesamt 8 Kindern wurde bereits vor der IRTBestimmung im GuthrieTest die klinische Diagnose eines Mekoniumileus (MI) gestellt und gezielt nach einer CF hin untersucht. In der weiteren Abklärung konnte bei sieben dieser Kinder eine CF diagnostiziert werden. Sechs von diesen sieben Kindern wären im Screening positiv (IRT > 50 ng/ml) getestet worden, eines wäre jedoch im normalen ScreeningProzedere verpasst worden. Im Jahr 2011 wurden sonst keine zusätzlichen Kinder mit einer CF klinisch diagnostiziert, die im Verlauf des Jahres geboren wurden. Damit beträgt die Rate der möglichen falsch negativen Resultate im IRTTest für das Jahr 2011 3.2% (1/31). Dieses Resultat muss jedoch mit Vorsicht interpretiert werden, da eine CF ausserhalb eines Screening Programmes je nach dem erst nach einigen Jahren dia gnostiziert werden kann. Es ist bekannt, dass Kinder mit CF und MI einen normalen IRTWert aufweisen können. Aus diesem Grunde wurde das ScreeningProtokoll für das Jahr 2012 weiter angepasst: In Zukunft wird bei allen Kindern mit bekanntem (und auch gemeldetem) MI im CFScreening gleichzeitig mit der IRTBestimmung direkt auch die genetische Analyse gemacht und das Resultat dem zuständigen CFZentrum gemeldet (Abb. 1). Inzidenz Die Inzidenz im ersten ScreeningJahr betrug 1 : 2683 Kinder für alle CFDiagnosen. Bisher wurde die Inzidenz in der Schweiz auf 1 : 2500 geschätzt, wobei die Inzidenz in Frankreich 1 : 4150 und in Österreich 1 : 3500 beträgt 5). Wenn man die 3 Kinder mit einer atypischen CF (sogenannte equivocal CF) ausschliesst kommt man auf eine Inzidenz von 1 : 2971 Kindern. SchweisstestResultate Von den 84 an die CFZentren überwiesenen Kindern wurde bei 80 ein Schweisstest versucht (Makroduct oder Nanoduct). Bei 4 Kindern konnte aufgrund von schweren Erkrankungen kein Schweisstest durchgeführt werden und es wurde direkt eine genetische Untersuchung im Blut gemacht. In 66 der 80 Fälle (79%) ergab einer der zwei versuchten Schweisstests im ersten Anlauf ein valides Resultat, was einer Fehlerrate von 17.5% (14/80) entspricht. Wegen der hohen Fehlerrate beim Schweisstest wird seit April 2011 nach dem ersten Schweisstestversuch schneller eine genetische BestätigungsAnalyse eingeleitet: Wenn der erste Schweisstest positiv, borderline oder nicht auswertbar ist, wird sofort das Blut auf die 32 häufigsten CF Genmutationen untersucht und es werden keine weiteren Schweisstestversuche abgewartet, bis ein eindeutiges Resultat vorhanden ist. Dies soll lange Wartezeiten und Unsicherheiten bis zur Diagnose für betroffene Familien reduzieren, beinhaltet aber das Risiko, auch Kinder mit atypischer CF früh zu erfassen. Die Evaluation nach 2 Jahren wird zeigen, ob man zu viele atypische CF erfasst und das Prozedere weiter angepasst werden muss. Genetische Analyse Von den 31 Kindern mit CF hatten 3 eine atypische CF (sogenannte equivocal CF), bei welcher die Diagnose nur genetisch 26

Parameter Erfolg Evalution nach einem Jahr Erfassung der Kinder mit CF durch NGS im Vergleich zur Anzahl der klinisch diagnostizierten Kinder vor 2011 15 pro Jahr 30 (+ 1 Kind erfasst mittels klinischer Diagnose eines Mekoniumileus) Erfasste Kinder mit CF werden in einem CFZentrum weiter betreut > 90% 100% (31/31) Gemeldete Anzahl Verweigerer des Guthrietests Nicht signifkant erhöht gegenüber den Vorjahren Nicht erhöht (5 im Jahr 2011 versus 6,4 im langjährigen Durchschnitt) Recall rate (Anteil Kinder, bei denen eine weiterführende Massnahme eingeleitet wird) vermutet < 1% 0.63% ((65+456)/83198) Positive predictive value (PPV) der klassischen CF > 20% 32.1% (27/84) Anzahl falsch negative Resultate < 5% aller CFDiagnosen 3.2% (1/31) Durchschnittliche Zeit bis zur genetisch gesicherten Diagnose Bisher: 198 Tage (131307), Ziel: < 60 Tage 34 Tage (13 135) Zufriedenheit mit dem Screening der Eltern der Kinder mit CF > 80% der Eltern finden das jetzige Screening gut 100% (18/18) Zufriedenheit mit dem Screening der Eltern der Kinder mit falsch positivem Screening Tabelle 2: Definierte Erfolgsparameter und Evaluation nach einem Jahr > 70% der Eltern finden das jetzige Screening gut 86% (25/29) gestellt wurde und der Schweisstest normal oder borderline war. Von den 31 positiv getesteten Kindern hatten 28 eine oder zwei der häufigsten 7, nach denen im DNAScreening im NGS Labor gesucht wird. In der erweiterten Diagnostik (32 CFGenutationen) wurden weitere 8 Mutationen erfasst und im Totalscreening konnten weitere 11 Mutationen detektiert werden (Tab. 1). Zeitlicher Verlauf Vor der Einführung des CFNGS betrug die durchschnittliche Zeit von Geburt bis zur Diagnose 198 Tage (range 13 1307). Diese Zeitspanne wurde aus den zwischen 2000 2010 im Genetik Labor der Universität Bern gestellten CFDiagnosen berechnet bei Kindern, die < 4 Jahre alt waren bei der Diagnose (n = 113). Diese Zeit spanne konnte seit der Einführung des CFNGS signifikant auf durchschnittliche 34 Tage (range 13135, p < 0.001) reduziert werden. Das ScreeningResultat im NGS Labor war durchschnittlich am 20. Lebenstag bekannt und wurde an die CFZentren gemeldet. Nach weiteren 4 Tagen wurden die Eltern vom CFZentrum aus kontaktiert und informiert. Vom Telefonat an die Eltern bis zum Besuch im CFZentrum vergingen dann im Durchschnitt 2 Tage. Um die mit Angst verbundene Warte periode der Eltern möglichst kurz zu halten, wurde bewusst mit dem Telefon an die Eltern gewartet bis zu einem Da tum, an welchem auch gleich ein Untersuchungstermin innerhalb der nächsten ein bis zwei Tagen angeboten werden konnte. Das heisst, die Telefonanrufe erfolgten zum Beispiel nicht vor dem Wochenende. Dies erklärt die verhältnismässig längere Zeitspanne von der Meldung des positiven ScreeningResultats bis zum Telefon an die Eltern (4 Tage) im Vergleich zur ganz kurzen Zeitpanne vom Telefon an die Eltern bis zum Schweisstest im CFZentrum (2 Tage). Nach dem Besuch im CFZentrum mussten die Familien im Durchschnitt 14 Tage warten, bis die Diagnose genetisch gesichert war. Genetische Beratung Im Februar 2012 wurden alle 10 in der Schweiz zertifizierten genetischen Beratungsstellen angeschrieben, deren Adressen den betroffenen Eltern auf einer Liste abgegeben wurden. Von diesen 10 Stellen haben 7 geantwortet, davon haben 6 angegeben, im Jahr 2011 Beratungen betreffend CF durchgeführt zu haben. Im Durchschnitt wurden 10 Beratungen durch geführt. Drei der sieben Stellen gaben an, im Jahr 2011 Beratungen für Eltern durchgeführt zu haben, deren Kinder im CFNGS positiv getestet wurden. Im Durchschnitt wurde eine solche Beratung durchgeführt. Für keine der Beratungsstellen bedeutete die Einführung des CFNGS in der Schweiz einen Mehraufwand. Elternzufriedenheit Insgesamt wurden im letzten Jahr 81 Fragebogen zum CFNGS an die Eltern von betroffenen Kindern verteilt; bei drei Familien war dies wegen komplexen familiären Verhältnissen nicht möglich. Von den 81 Familien haben 47 (58 %) den Fragebogen zurückgeschickt. Das Antwortverhalten unterschied sich nicht signifikant bezüglich CFDiagnose (response rate 64% versus 56%, p = 0.460). Vor der Geburt wurden gemäss den Eltern nur wenige Informationen über das CF Screening abgegeben (Abb. 3). Die Broschüre zum NeugeborenenScreening haben offenbar nur rund 60% der Familien erhalten (30 von 47 vor oder nach der Geburt). Gemäss Angaben vom NGSLabor Zürich haben bis auf drei alle Geburtsspitäler der Schweiz (n > 200) die Broschüre zum NGS bestellt. Eine mündliche Information zum NeugeborenenScreening vor oder nach der Geburt haben 39 von 47 Familien erhalten. Insgesamt waren 68% mit dieser Information zufrieden. Die Zufriedenheit mit den erhaltenen Informationen nahm mit jedem ScreeningSchritt zu. Mit den telefonisch erhaltenen Informationen beim Aufgebot zum Screening durch den verantwortlichen Arzt des CFZentrums waren fast 80% (n = 37) zufrieden. Fast 90% (n = 42) waren zufrieden mit der Information, die sie während dem Besuch im CFZentrum selbst erhalten hatten (Abb. 3). 27

Fortbildung Nach dem Anruf vom CFZentrum fühlten sich 76% (n = 35) der Familien beunruhigt, traurig oder ängstlich, gegenüber 24% (n = 11) die zuversichtlich und gefasst waren. Nach dem Besuch im CFZentrum fühlten sich nur noch 34% (n = 16) der Familien beunruhigt oder ängstlich, gegenüber 66% (n = 31) die zuversichtlich und erleichtert waren. Dieses Gefühl unterschied sich für Familien mit Kindern mit oder ohne Diagnose einer CF (p = 0.002). Zwei Drittel (11/18) der Familien mit einer CF fühlten sich schlecht gegenüber 17% (5/29) der Familien ohne CFDiagnose. Insgesamt wird hier aber ersichtlich, dass viele Familien nach dem Besuch im CFZentrum wieder beruhigt werden konnten. Deshalb ist es sehr wichtig, die Zeitspanne zwischen dem Anruf vom CFZentrum für ein Aufgebot und dem Besuch im Zentrum möglichst kurz zu halten. Insgesamt waren 91% (n = 43) der Familien froh, dass das Screening bei ihrem Kind durchgeführt wurde. Diese Antwort unterschied sich ebenfalls nicht signifikant bezüglich Diagnose einer CF oder nicht (p = 0.257). Alle Eltern (100%, n = 18) bei deren Kind eine CF bestätigt wurde, waren zufrieden, dass das Screening durchgeführt wurde. Bei Familien, deren Kind schlussendlich keine CF hatte waren 86% (n = 25) zufrieden damit, dass das Screening durchgeführt wurde. Zusammengefasst waren die Rückmeldungen der Eltern sehr positiv, unabhängig davon, ob ein Kind mit einer CF diagnostiziert wurde oder nicht. Erste Beurteilung nach einem Jahr durchwegs positiv Das Projekt ist gut angelaufen und kleinere Stolpersteine konnten bereits in den ersten Monaten beseitigt werden. Nach einer kurzen Anlaufphase haben sich die Abläufe gut eingespielt. Alle Erfolgsparameter konnten bereits im ersten Jahr erfüllt werden (Tab. 2). Die Akzeptanz des Screenings bei den Eltern ist gut: Praktisch alle Eltern, die wegen eines falsch positiven Resultates zu einem Schweisstest ins Spital eingeladen wurden, fanden es dennoch gut, dass das Screening bei ihrem Kind durchgeführt wurde. Die Elternbefragung bestätigt die Beobachtung aus Frankreich, dass ein CF NGS zwar zu falsch positiven Screening Resultaten führen kann, aber die dadurch ausgelöste Angst bei den Eltern nach dem normalen Schweisstest schnell verschwindet 6). Alle Kinder mit CF konnten professionell in einem der acht pädiatrischen CF Zentren weiterbetreut werden. Alles in allem war die Einführung des CFNGS in der Schweiz ein grosser Erfolg. Bei entsprechenden Symptomen weiterhin an CF denken Auch das beste Screening wird nie alle Kinder mit CF zuverlässig erfassen. Das bedeutet, dass auch in Zukunft bei entsprechender klinischer Symptomatik (rezidivierender Husten bzw. obstruktive Bronchitis, Gedeihstörung, Fettstühle, chronische Bauchschmerzen, chronische Rhinosinusitis bzw. Nasenpolypen usw.) immer an eine CF gedacht werden muss. Dazu gehören auch alle Kinder mit einem Mekoniumileus, die immer einen Schweisstest bzw. eine genetische Untersuchung zum Ausschluss einer CF erhalten sollten, da diese Kinder ein normales IRT bei Geburt haben können. Literatur 1) Barben J, Torresani T, Schoeni M et al. NeugeborenenScreening auf Cystische Fibrose ab 1. Januar auch in der Schweiz. Paediatrica 2010; 21 (5):38 39. 2) Barben J, Baumgartner M, Torresani T. NeugeborenenScreening auf Cystische Fibrose. ForumNews 2011; (3): 24 27. 3) Barben J, Gallati S, Fingerhut R et al. Retrospective analysis of stored dried blood spots from children with cystic fibrosis and matched controls to assess the performance of a proposed newborn screening protocol in Switzerland. J Cyst Fibros 2012; 11: 332 336. 4) Ruegg CS, Kuehni CE, Gallati S et al. Oneyear evaluation of a neonatal screening program for cystic fibrosis in Switzerland. Dtsch Arztebl Int 2013; 110: (20): 356 63. 5) Southern KW, Munck A, Pollitt R et al. A survey of newborn screening for cystic fibrosis in Europe. J Cyst Fibros 2007; 6: 57 65. 6) Beucher J, Leray E, Deneuville E et al. Psychological Effects of FalsePositive Results in Cystic Fibrosis Newborn Screening: A TwoYear FollowUp. J Pediatr 2010; 156: 771 776. Korrespondenzadresse PD Dr. med. Jürg Barben Präsident SWGCF Leitender Arzt Pneumologie/Allergologie Ostschweizer Kinderspital CH9006 St. Gallen Juerg.Barben@kispisg.ch Die Autoren haben keine finanzielle Unterstützung und keine anderen Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert. 28