Social Media -Strategie für die öffentliche Verwaltung der Schweiz (Grundlagen und Leitfaden)

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Transkript:

E-Government-Standards Seite 1 von 21 ech-white Paper der Fachgruppe Geschäftsprozesse Social Media -Strategie für die öffentliche Verwaltung der Schweiz (Grundlagen und Leitfaden) Titel Kategorie Version 1.0 Ausgabedatum 2015-07-01 Sprachen Abhängigkeiten Beilagen Fachgruppe Kontaktpersonen Name Vorname Organisation E-Mail Telefon Herausgeber Social Media -Strategie für die öffentliche Verwaltung der Schweiz (Grundlagen und Leitfaden) ech-white Paper der Fachgruppe Geschäftsprozesse Deutsch (Original) ech-0126 Vernetzte Verwaltung Organisationskonzept für ein föderales E-Government Schweiz (Fachdokument) ech-0138-rahmenkonzept zur Beschreibung und Dokumentation von Aufgaben, Leistungen, Prozessen und Zugangsstrukturen der öffentlichen Verwaltung der Schweiz ( ech-rahmenkonzept Dokumentation ) Beilage 1: Social Media - Leitfaden Fachgruppe Geschäftsprozesse Opitz, Peter Opitz New Media AG Peter.Opitz@onm.ch +41 44 445 25 20 Truchet, Christophe Webrelaunch GmbH Truchet@webrelaunch.ch +41 44 533 18 77 ech-fachgruppe Geschäftsprozesse, Marc Schaffroth (Ltg.) marc.schaffroth@isb.admin.ch

E-Government-Standards Seite 2 von 21 Zusammenfassung Das ech-white Paper Social Media -Strategie für die öffentliche Verwaltung Schweiz vermittelt rechtliche, kommunikationstheoretische sowie organisatorische und publizistische Grundlagen zu Social Media (Grundlagen), enthält einen praxisbezogenen Leitfaden zur Entwicklung, Umsetzung und Pflege einer Social Media -Strategie (Leitfaden: Beilage 1), der sich weitgehend an der Vorgehensweise und Umsetzung des Kantons Aargau orientiert. Das ech-white Paper will dazu beitragen, dass Schweizer Behörden ihren Informations- und Kommunikationsauftrag zeitgemäss, effizient und wirksam wahrnehmen können, um den Bedürfnissen und Erwartungen ihrer Anspruchsgruppen nach Online-Kommunikation bestmöglich zu entsprechen. Das ech-white Paper richtet sich an E-Government-Verantwortliche, an Kommunikationsverantwortliche sowie an alle Mitarbeitenden der öffentlichen Verwaltung, die Social Media als Kommunikationsmittel einsetzen und nutzen.

E-Government-Standards Seite 3 von 21 Inhaltsverzeichnis 1 Status des Dokuments... 4 2 Zweck... 4 3 Einordnung... 4 4 Grundlagen für eine Social Media -Strategie... 5 4.1 Begriffe, Entwicklungen, Markt und Verbreitung... 5 4.2 Rechtliche Aspekte... 6 4.3 Kommunikationstheoretische Aspekte... 7 4.3.1 Einleitung... 7 4.3.2 Chancen von Social Media für die öffentliche Verwaltung... 9 4.3.3 Kommunikationsrisiken bei Social Media... 9 4.4 Organisatorische und publizistische Aspekte... 11 4.4.1 Einleitung... 11 4.4.2 Organisatorische Überlegungen... 11 4.4.3 Publizistische Überlegungen... 12 4.4.4 Monitoring von Social Media -Aktivitäten... 14 5 Der Social Media -Leitfaden... 14 6 Pflege... 15 7 Haftungsausschluss/Hinweise auf Rechte Dritter... 15 8 Urheberrechte... 15 Anhang A Glossar... 16 Anhang B Referenzen & Bibliographie... 20 Anhang C Mitarbeit und Überprüfung... 21

E-Government-Standards Seite 4 von 21 1 Status des Dokuments White Papers haben keinerlei normative Funktionen und stellen die Meinung der jeweiligen Verfasser dar. Die Publikation erfolgt in Absprache mit der Geschäftsstelle und nach Rücksprache mit den Referenten aus dem Expertenausschuss, die das White Paper prüfen sowie freigeben. White Paper erhalten keine ech-nummer und werden nicht als offizielle ech-dokumente geführt und publiziert. Sie werden ausschliesslich von der Fachgruppe gepflegt. 2 Zweck Das ech-white Paper Social Media -Strategie für die öffentliche Verwaltung der Schweiz (Grundlagen und Leitfaden) vermittelt rechtliche, kommunikationstheoretische sowie organisatorisch-publizistische Grundlagen zu Social Media (Kopfdokument) und enthält einen praxisbezogenen Leitfaden zur Entwicklung, Umsetzung und Pflege einer Social Media -Strategie (Beilage 1) ech-white Paper will einen Beitrag leisten, wie die öffentliche Verwaltung den Dialog mit ihren Anspruchsgruppen auf der Grundlage einer ausgereiften und zweckmässigen Social Media -Strategie professionell und risikoarm gestalten und führen kann. Der Leitfaden orientiert sich unter anderem auch an den Social Media -Konzepten der Kantone Aargau und Zürich: Er beschreibt Vorgehensweise und Ergebnisse bei der Entwicklung und Umsetzung einer Social Media -Strategie. Ein besonderes Augenmerk ist auf die publizistische Führung sowie auf organisatorische und betriebliche Aspekte bei der Bewirtschaftung von Social-Media -Plattformen gerichtet. 3 Einordnung Social Media entwickelt sich zu einem tragenden Instrument der Informations- und Kommunikationsarbeit der öffentlichen Verwaltung im Dialog mit ihren internen und externen Anspruchsgruppen. Von den Social Media -Aktivitäten der öffentlichen Verwaltung klar abzugrenzen sind Informationsgefässe und -inhalte, welche Verwaltungsstellen im Rahmen eines gesetzlichen Auftrags als öffentliche Leistungen bereitstellen ( Informationspflichten der Verwaltung, vgl. [ech-0138]). Social Media -Plattformen sind aus vielfältigen Gründen nicht für die Abwicklung von Transaktionen zwischen Anspruchsgruppen und Behörden im Rahmen z.b. eines Verwaltungsverfahrens geeignet.

E-Government-Standards Seite 5 von 21 4 Grundlagen für eine Social Media -Strategie Kapitel 4 enthält Informationen und Erörterungen zur Vorbereitung einer Social Media - Strategie in der öffentlichen Verwaltung (vgl. Beilage 1 - Leitfaden) 4.1 Begriffe, Entwicklungen, Markt und Verbreitung Begriffe. Social Media (auch: soziale Netzwerke, Social Web, soziale oder partizipative Medien) ist eine weltweit verwendete Bezeichnung. Eine eindeutige, allgemein gültige Definition von Social Media ist auf Grund der dynamischen Entwicklungen sowie der fliessenden Übergänge zwischen Konzepten, Anwendungsbereichen und Technologien kaum möglich 1I2. Generell lassen sich unter Social Media internetbasierte Anwendungen, Plattformen und Netzwerke zusammenfassen, die es sämtlichen Akteuren ermöglichen, one to many, many to many, many to one zu jeder Zeit und an jedem Ort zu kommunizieren und Informationen auszutauschen. Als Trägermedien können Text, Standbild, Bewegtbild, Ton und 3D-Animation einzeln oder in beliebiger Kombination eingesetzt werden. Wichtige Begriffe zum Thema Social Media werden in Anhang A: Glossar erläutert. Entwicklungen. Social Media wurde im Zuge fundamentaler Weiterentwicklungen des Internets und den dort eingesetzten Technologien ( Web 2.0, ab ca. 2004) möglich. Mit der Vervielfachung der Speicher- und Rechnerkapazitäten, mit der wachsenden Leistungsfähigkeit und der Ausbreitung elektronischer Netzwerke wurde dem Computeranwender weltweit ein einfacher und kostengünstiger Zugang für die Publikation und den Austausch von multimedialen Inhalten ( Content ) geschaffen. Der Zugang zu Endgeräten und Netzwerken vorausgesetzt, ist heute jede Person und jede Organisation befähigt, das Internet als Publikationsorgan und soziale Austauschplattform zu nutzen. MySpace und Flickr waren 2004 die ersten weltweit bekannten Social Media -Plattformen. Der eigentliche Duchbruch von Social Media gelang youtube 2006. Erstmals konnten Nutzer ganz einfach und in der erforderlichen Qualität audiovisuelle Inhalte ( Content ) im Internet publizieren und teilen. Damit war der Grundstein für den Multimedia-Einsatz in den Social Media gelegt. Die Social Media -Entwicklungen verlaufen stürmisch mit immer neuen Anwendungen, zu denen beispielsweise auch das Anbieten eigener Währungen gehört 3. Diese Dynamik erscheint ungebrochen und ist an den Fortschritt der angewendeten Technologien gekoppelt. Angesichts der Unübersichtlichkeit des Angebotes sowie der Schnelllebigkeit des Marktes und der Technologien erscheint es daher wenig sinnvoll, eine klare Abgrenzung von Social Media formulieren zu wollen. 1 So sind auch Internetforen und Chats, wie sie bereits seit den 90er Jahren bekannt sind, zu den Social Media zu zählen 2 Social Media wird als Begriff universal verwendet. Treffender würde wohl der Begriff partizipative Medien das Einsatzgebiet der Social Media beschreiben. 3 Z.B. Facebook mit der Währung Facebook Credits, Second Life mit der Währung Linden Dollar

E-Government-Standards Seite 6 von 21 Markt und Verbreitung. Auch bereits führende Social Media - Plattformen können infolge eines kometenhaften Aufstiegs neuer Produkte in der Gunst der Konsumenten innerhalb weniger Monate vom Markt verdrängt werden 4. Mit über einer Milliarde Mitgliedern kann Facebook heute nach China und Indien als drittgrösste soziale Gemeinschaft ( Social Community ) bezeichnet werden 5. Auch wenn derzeit unter Social Media vor allem Facebook, Twitter, google+ und karrierespezifische Plattformen wie Xing und LinkedIn beliebt sind, existieren viele weitere Social Media - Plattformen. Bereits zeichnen sich weitere bedeutende Entwicklungen ab, die Organisationen und Privatpersonen befähigen, kostengünstig ihre eigene Social Media -Plattform zu erstellen, zugänglich zu machen und mit anderen Social Media -Plattformen zu verknüpfen 6. Praxishinweis. Aufgrund der Diversität und Schnelllebigkeit des Angebots ist die öffentliche Verwaltung der Schweiz gut beraten, den (kombinierten) Einsatz der zur Verfügung stehenden Social Media -Kanäle sorgfältig auszuwählen und regelmässig auf ihren Nutzen zu überprüfen. Bei mangelnder Reichweite und / oder Glaubwürdigkeit einzelner Medien empfiehlt es sich, auf andere Kanäle resp. Plattformen umzuziehen. Voraussetzung hierfür ist, dass auf der Grundlage einer Social Media -Strategie kritische Erfolgsfaktoren bestimmt und überprüfbare Ziele vorgegeben werden. 4.2 Rechtliche Aspekte Social Media -Plattformen unterstehen nur bedingt dem schweizerischen Recht. Derzeit existieren keine Social Media -Plattformen schweizerischen Rechts mit ausreichender Reichweite, die für die Informations- und Kommunikationsbedürfnisse der öffentlichen Verwaltung der Schweiz von Bedeutung wären. Für die öffentliche Verwaltung ist es daher von hoher strategischer Relevanz zu wissen, dass die bekannten Social Media -Plattformen wie Twitter, Facebook etc. Eigentum global tätiger privater Unternehmen sind und überdies ausnahmslos im Ausland betrieben werden. Da geeigente internationale Rechsgrundlagen und Abkommen fehlen, stösst die nationale Gesetzgebung und Rechtssprechung bei der Wahrung von Urheberechten, Verwertungsrechten und Nutzungsrechten rasch an systembedingte Grenzen. Als besonders anfällig bzw. problematisch erweist sich der Schutz der Privatspähre sowie der Datenschutz. Kontrollen und rechtliche Handhabungen über einmal publizierte Social Media Inhalte sind nur unzureichend vorhanden. Was für alle anderen Benutzer von Social Media gilt, gilt auch für die öffentliche Verwaltung der Schweiz: Es ist ihr kaum möglich, einen rechtlichen resp. publizistischen Einfluss geltend zu machen auf die von ihr auf Social Media -Plattformen publizierten Inhalte. Diese können somit unkontrolliert weiter verbreitet und verändert werden. Auch die dauerhafte Löschung von publizierten Informationen auf Social Media ist kaum menr möglich. 4 2009 wurde MySpace als die mit Abstand grösste Social Media Plattform mit über 100 Millionen Nutzern innerhalb Jahresfrist von Facebook in der Gunst der Nutzer verdrängt und ist heute praktisch bedeutungslos. 5 2010 wies Facebook 400 Millionen Mitglieder auf. 6 Siehe dazu z.b. www.socialengine.com

E-Government-Standards Seite 7 von 21 Schlussfolgerungen. Die öffentliche Verwaltung, die über Social Media Plattformen mit ihren Anspruchsgruppen kommuniziert oder dies zu tun beabsichtigt, beachtet daher folgende rechtliche Aspekte: Einmal auf Social Media publizierte Inhalte können sich der Kontrolle des Senders entziehen und verselbständigen. Deshalb gilt es, eine adäquate Governance im Umgang mit Inhalten zu entwickeln und für eine hohe Sorgfaltspflicht bei der Publikation und Pflege der Inhalte auf Social Media -Plattformen zu sorgen. Die öffentliche Verwaltung der Schweiz kann nicht beeinflussen, wie die Betreiber (Facebook, Twitter, Google etc.) mit den auf ihren Plattformen gespeicherten Daten umgehen. Umso sorgfältiger hält sie sich im Umgang mit personenbezogenen Daten bei ihren Social Media -Angeboten an die geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen und Konfigurationen 7. Social Media -Plattformen dürfen einzig in den Grenzen des Öffentlichkeitsprinzips dem Informationsauftrag und den Kommunikationsbedürfnissen der öffentlichen Verwaltung mit und zwischen ihren Anspruchsgruppen dienen. Nicht zulässig sind Transaktionen über Social Media -Plattformen zur Erbringung und Erstellung öffentlicher Leistungen im hoheitlichen Bereich mit gesetzlichem Auftrag. 4.3 Kommunikationstheoretische Aspekte 4.3.1 Einleitung 4.3.1.1 Veränderung der Kommunikationsmärkte und des Medienverhaltens Das Internet und Social Media verändern fundamental die Kommunikationsmärkte und das Medienverhalten. Es entstehen eine Vielzahl neuer Kommunikationskanäle, die einzeln oder kombiniert genutzt werden können. Alle Menschen und Organisationen können sich vernetzten und mit allen sprechen. Mit Social Media wird das Gefälle der klassischen Massenmedien im Sender-Empfänger-Modell als einseitige Informationsvermittlung (Monolog) im Grundsatz aufgehoben zugunsten einer zweiseitigen Kommunikation (Dialog). Der Sender wird zum Empfänger und umgekehrt; es entstehen wechselseitige Beziehungen. Im Gegensatz zu Print, Radio und TV ist Social Media -Kommunikation öffentlich und gestaltend 8. Inhalte werden kollektiv erstellt und Jeder kann mitmachen : Für die öffentliche Verwaltung ergeben sich völlig neue Möglichkeiten Aufmerksamkeit zu generieren, ihre Anspruchsgruppen einfach und schnell zu erreichen, einen Dialog zu etablieren, Beziehungen zu entwickeln und zur Partizipation zu motivieren. Gleichzeitig ergeben sich neuartige kommunikative Anforderungen und Gefahren. Social Media -Kommunikation führt zu neuen Formen der Transparenz. Einerseits lernt die öffentliche Verwaltung ihre Anspruchgruppen besser kennen, anderseits können die Anspruchgruppen das Wesen, die Entscheidungen und Handlungen der öffentlichen Verwaltung besser kennen und verstehen lernen. Es entstehen neue Formen gegenseitiger Kontrolle, die mehr oder weniger subtil sein können und deren adäquater Umgang zu erlernen 7 Eine entsprechende Checkliste stellt z.b. der Datenschutzbeauftragter Kanton Zürich zur Verfügung: https://dsb.zh.ch/internet/datenschutzbeauftragter/de/ueber_uns/veroeffentlichungen/leitfaeden_und_checklisten.html#a-content 8 Zerfass/Walker/Schmidt 2008: 130f

E-Government-Standards Seite 8 von 21 ist. In der Regel erleben Unternehmen und die öffentliche Verwaltung die Formen gegenseitiger Kontrolle zunächst als Kontrollverlust. 4.3.1.2 Bestimmung der Anspruchsgruppen Die Anspruchgruppen der öffentlichen Verwaltung sind in erster Linie die eigene Bevölkerung und die in ihrem Hoheitsgebiet ansässigen Unternehmen und Organisationen. Eine weitere wichtige Anspruchgruppe sind auch die eigenen Mitarbeitenden, die über Social Media einen neuen Blick auf ihren Arbeitgeber gewinnen und Informationen rezipieren, die sie über die klassischen Informationskanäle der Verwaltung eventuell gar nicht richtig wahrnehmen. Social Media -Angebote stehen prinzipiell allen Social Media -Nutzern offen. Deshalb gehören weitere Multiplikatoren, Intermediäre und Meinungsführer zum Nutzerkreis, die eine wichtige Funktion in der Informationsverbreitung und Meinungsbildung spielen können. Die Ersteller von Print-, Radio- und TV-Inhalten (Journalisten) gehören selbstverständlich dazu. Die Beilage 1 Leitfaden zum ech-white Paper enthält Erläuterungen zur Definition der Zielgruppen und wie man diese anspricht. 4.3.1.3 Wahl der Social-Media -Kanäle Die Wahl des oder der zu benutzenden (zu bespielenden) Social Media -Kanäle sollte mit dem Verständnis erfolgen, dass eine Vielzahl von Social Media -Plattformen und Anwendungen existieren und täglich neue hinzukommen. Trotzdem beschränken sich Unternehmen und die öffentliche Verwaltung zur Zeit auf den Einsatz einiger weniger Social Media -Plattformen, insbesondere Facebook Ursprünglich als wer kennt wen? -Plattform konzipiert, ist Facebook zur Zeit die Social Media -Plattform mit der weltweit grössten Reichweite, auf der Privatpersonen und Organisationen eine sog. Profilseite erstellen, bewirtschaften sowie mit Dritten Beziehungen pflegen und kommunizieren. Flickr, um Standbilder zu publizieren, zu kommentieren und mit anderen Social Media Plattformen und Anwendungen zu vernetzen. Google + als Alternative zu Facebook resp. ergänzender Vertriebskanal im Sinne von Multi-Channeling für eine erhöhte Reichweite. Twitter für den Versand von Kurznachrichten mit max. 140 Zeichen an die Leser ( Follower ), um Themen zu anzureissen ( teasen ) sowie Informationen von hoher Relevanz und grosser Aktualität in Echtzeit zu verschicken bzw. zu kommentieren. Twitter ist insbesondere auch für Journalisten ein wichtiger Informationskanal. Youtube, um audiovisuelle Inhalte zu publizieren, zu kommentieren und mit anderen Social Media Plattformen und -Anwendungen zu vernetzen Xing und LinkedIn, um als attraktiver Arbeitgeber Employee Branding und Personalentwicklung zu betreiben, Kontakte zu potentiellen Mitarbeitenden und Partnern herzustellen und zu pflegen Auch der Blog wird zu den Social Media gezählt. Für die öffentliche Verwaltung kommt die Verwendung von Blogs dann in Frage, wenn sog. Special Interests bedient werden sollen, um ein Thema vertiefter vorzustellen und zu diskutieren. Der Blog ist ein Medienformat mit kommentierender Funktion aus der Ich-Perspektive.

E-Government-Standards Seite 9 von 21 Über die Wahl der zu verwendenden Kanäle entscheidet die öffentliche Verwaltung, indem sie ihre Ziele formuliert und ihre Anspruchsgruppen definiert ein publizistisch-organisatorisches Konzept entwickelt die Ausrichtung und Reichweite der potentiell möglichen Plattformen und Anwendungen analysiert die erforderlichen Finanzen, Ressourcen und Kompetenzen disponiert, um Social Media zu betreiben. Die Beilage 1 Leitfaden zum ech-white Paper enthält Angaben, wie man die passenden Social Media -Plattformen auswählt. 4.3.2 Chancen von Social Media für die öffentliche Verwaltung Auf Ebene Bund, Kantone und Gemeinden ist die öffentliche Verwaltung gefordert, Ziele zu formulieren, umzusetzen und zu überprüfen, wie sie unter radikal sich wandelnden Kommunikationsmärkten gut und richtig mit ihren Anspruchgruppen kommunizieren kann. Insbesondere muss es das Ziel sein, die lokale resp. regionale Attraktivität zu bewerben, und die Bereitschaft und Fähigkeiten zur Partizipation als Bürger und Unternehmen zu stärken. Schliesslich bietet sich der Einsatz von Social Media auch als Instrument an, um Befindlichkeiten und das Wissen der Anspruchsgruppen in Erfahrung zu bringen. Social Media repräsentiert eine neue Form der webbasierten, umittelbaren, dialogorientierten Interaktion und Kommunikation, die nicht mehr aus dem öffentlichen Leben wegzudenken ist. Diese neuen Kommunikationsformen sind für die öffentliche Verwaltung der Schweiz, wenn nicht heute, dann morgen, ein Muss. Social Media schafft Transparenz, Diskurs und Bürgernähe in virtuellen Räumen. Ihr einfacher Zugang erhöht die Optionen zur Beteiligung der Bürger und Unternehmen am öffentlichen und politischen Leben (Partizipation). Social Media kann die Anspruchsgruppen unmittelbar erreichen. Dringliche und wichtige Informationen können in Echtzeit übermittelt werden. Social Media ermöglicht es, die Stakeholders der öffentlichen Verwaltung immer besser kennen zu lernen, ihren Informationsstand, ihre Einstellung und ihr Verhalten. Social Media kann wesentlich zum Wissenstransfer und -aufbau beitragen und somit neue Ressourcen freisetzen. Social Media ermöglicht es, Beziehungen zu den bestehenden Kunden zu pflegen und auszubauen sowie Kundenkreise anzusprechen, die über die klassischen Kanäle (Schalter, klassische Medien) nicht oder nur schwierig erreicht werden. Ein umfassendes Beziehungsmanagement (Clients Relation Management) ist möglich. Social Media schärft das eigene Profil, kann Authentizität, Glaubwürdigkeit und Attraktivität stärken und somit wesentlich zur Reputation beitragen. Marketingtechnisch gesprochen können Themen kostengünstig lanciert und geführt werden, ohne auf die klassischen Medien angewiesen zu sein. 4.3.3 Kommunikationsrisiken bei Social Media Auf die Risiken rechtlicher Art wurde in Kap. 4.2. hingewiesen.

E-Government-Standards Seite 10 von 21 Aus kommunikationstheoretischer Perspektive ergeben sich durch die hybride, heterogene, unmittelbare und direkte Information und Kommunikation sowie der Punkt-zu-Punkt-Verknüpfungen von Menschen und Organisationen über Social Media die Schwierigkeit, resp. die nicht Vorhersehbarkeit, wie sich Diskussionen entwickeln. Meinungen werden zunehmend offener, pointierter und kritischer, häufig aber auch unreflektiert, beleidigend und ausgrenzend geäussert. So ist das Auftreten des sog. Wutbürgers resp. Trolls 9 ein soziales Phänomen, das durch die Social Media -Kommunikation sehr verstärkt wird. Unkontrollierbare Schneeballeffekte können jederzeit ausgelöst werden. Risikotechnisch wird von emergentem Verhalten der Rezipienten gesprochen. Das Gesetz der Emergenz besagt, dass nicht voraussehbar ist, ob Ereignisse positiver oder negativer Art -, wann und in welcher Intensität aufpoppen. Eine Empörungswelle resp. ein Entrüstungssturm wird geläufig als Shitstorm bezeichnet. Diese kann ihren Ursprung haben in 1. Falschmeldung (engl.: Hoax): Der Informationsgehalt ist frei erfunden bzw. wird nicht im Sinne des Senders transportiert und löst massiven, veröffentlichten Widerspruch aus. 2. Tatsachen und Meinungen (engl.: Facts and politics): Die Rezeption des Informationsgehalt polarisiert und führt zu massivem, veröffentlichtem Widerspruch. Ist ein sog. Shitstorm ausgelöst, kann ein Krisenstab i.d.r. nur dann unerwünschte Entwicklungen im Sinn der öffentlichen Verwaltung korrigieren, wenn die konzeptionellen und organisatorischen Vorgehensweisen für ein effektives Krisenmanagement bereits im Vorfeld des Ereignisses etabliert sind. Bei der Ausarbeitung der Social Media -Strategie achtet die öffentliche Verwaltung der Schweiz deshalb darauf, dass sie sich der Risiken bewusst ist, mögliche Risiken in einem Risikokatalog aufnimmt, ein Risikomanagement-Konzept erarbeitet und die erforderlichen Verantwortlichkeiten, Kompetenzen und Ressourcen regelt. Trotz oder gerade weil eine Social Media -Präsenz mit neuartigen und herausfordernden Risiken behaftet ist, soll die öffentliche Verwaltung authentisch, offen und unverschlüsselt kommunizieren. Offenheit beinhaltet auch, dass Fehler eingestanden werden. Diese Eigenschaften sind wichtig für die Vertrauensbildung und bereits Bestandteil des Risikomanagements. Gleichzeitig gilt es, Verhaltensregeln (auch: Netiquette) zu etablieren und durchzusetzen für einen respektvollen Umgang im Dialog. 9 Als Trolls werden Personen bezeichnet, die sich virtuell bewusst polemisch verhalten und gezielt provozieren. In der Regel bilden sie eine kleine Minderheit, die sich jedoch lautstark äussern kann und damit den Eindruck vermittelt, eine mehrheitsfähige Meinung zu vertreten.

E-Government-Standards Seite 11 von 21 4.4 Organisatorische und publizistische Aspekte 4.4.1 Einleitung Social Media organisatorisch-publizistisch zu managen ist eine Herausforderung. Einerseits ist die Social Media -Strategie inhaltlich und formal in die Gesamtkommunikation der öffentlichen Verwaltung zu betten. Anderseits ist zu prüfen, wieweit die bestehende Gesamtkommunikation auf die Herausforderungen der dialogorientierten Onlinekommunikation vorbereitet ist. In vielen Fällen ist sie das noch nicht und muss daher entsprechend repositioniert werden. Die Social Media -Strategie ist regelmässig mit den Erfahrungen aus der Praxis abzugleichen. Mit der Social Media -Strategie sind die thematischen Schwerpunkte festzulegen (vgl. Kapitel 4.4.2) und zu bestimmen, welche Medienträger (Text, Standbild, Audio, Video und 3D- Animationen) für welchen Zweck einzusetzen sind. Redaktionelle und publizistische Richtlinien für hochwertige Inhalte sind zu erarbeiten, die erforderlichen Kompetenzen zu entwickeln sowie Regeln, Rollen, Verantwortlichkeiten und Abläufe zu organisieren. Die Entwicklungen der Kommunikationsmärkte führen dazu, dass in Zukunft jeder Mitarbeitende auch ein Informations- und Kommunikationsarbeiter ist. Gerade aus diesem Grund ist es in der Initialisierungs- und Startphase wichtig, über einen Top Down -Ansatz und unter Einbezug der Entscheidungs- und Kompetenzträger die Social Media -Strategie und die entsprechenden Konzepte zu entwickeln. Es ist davon abzuraten, eine Social Media - Kommunikation zu realisieren, ohne dass diese von den Entscheidungsträgern (Exekutive, Geschäftsleitung) mitgetragen wird. Um die Social Media -Kommunikation der öffentlichen Verwaltung bestmöglichst zu steuern, ist die Organisation und der Betrieb von Social Media zu dokumentieren und allen Mitarbeitenden zugänglich zu machen. Messbare Ziele sind zu formulieren und ein effektives Controlling und Reporting zur Steuerung der Social Media -Aktivitäten ist aufzubauen. 4.4.2 Organisatorische Überlegungen Social Media -Kommunikation ist unmittelbare und verteilte Kommunikation, die den gewünschten nachhaltigen Nutzen dann erzielen kann, wenn sie themenspezifisch zentriert und organisiert ist. Hierfür ist es notwendig, zu verstehen, dass die themenspezifische Zentrierung über das Bilden von Gemeinschaften führt (Community Building) und eine aktive Betreuung dieser Gemeinschaften (Community Management) notwendig ist. (vgl. Kapitel 4.4.3). Zu diesem Zweck sind in einer Verwaltungsorganisation Zuständigkeiten und Rollen für Social Media zu definieren sowie geeignete Strukturen und Prozesse bereit zu stellen. Dabei sind Fragen der Unternehmenskultur, gewachsene Organisationsstrukturen sowie die Verfügbarkeit von betrieblichen Ressourcen zu berücksichtigen. Für die Umsetzung empfiehlt es sich, zwischen kleinen und grossen Verwaltungsstellen zu unterscheiden:

E-Government-Standards Seite 12 von 21 Bei kleinen Verwaltungsstellen sind die Social Media -Aktivitäten dem Kommunikationsdienst zu übertragen, der dann die Inhalte und das Controlling aus einer Hand verantwortet. Bei grössereren Verwaltungsstellen sind Social Media -Aktivitäten an die Abteilungen zu delegieren. Beim zentralen Kommunikationsdienst verbleiben weiterhin die übergreifende methodische Führung sowie das Controlling von Social Media. Je grösser also eine Verwaltungsstelle ist, desto eher ist die operative publizistische Betreuung einer Community dem themenspezifischen Kompetenzträger innerhalb der Organisation zuzuweisen: Denn die direkte Kommunikation, welche Social Media auszeichnet, erfordert neben raschen Reaktionszeiten insbesondere Authentizität und Glaubwürdigkeit durch ausgewiesene Fachkompetenz. Nachfolgend einige Beispiele einer abteilungsbezogenen Zuordnung von Community-Themen: Exekutive und Kommunikationsdienst für Wahlen, Abstimmungen, Beschlüsse HR-Abteilung für Personalbeschaffung und Employee Branding Amt für Wirtschaft für Unternehmensteuerreform Standortförderung für Standortpromotion und Ansiedlung Bauamt für Einzonungen, Umzonungen und gesetzliche Vorlagen Polizei für Sicherheit und Prävention Etc. In dieser Konstellation übernehmen die Kommunikationsdienste vermehrt eine übergreifende Dachfunktion, um Social Media im Sinne einer publizistischen Gesamtleitung zu planen, zu koordinieren und zu überprüfen. Ebenfalls stellen sie die für Social Media benötigten Schulungsangebote, Instrumente und Hilfsmittel bereit. Die Mitarbeitenden müssen auf ihre neuen Kommunikationssaufgaben und Redaktionstätigkeiten im Kontext von Social Media vorbereitet und professionell betreut und begleitet werden. Insbesondere müssen die Mitarbeitenden verstehen, dass es einen Unterscheid macht, ob sie sich als Vertreter/in eines öffentlichen Amtes oder als Privatperson in einem sozialen Netzwerk bewegen. Es ist wichtig, dass sie ihre Verhaltensweisen reflektieren und auf Redlichkeit, Kohärenz und Widerspruchsfreiheit in ihren Meinungsäusserungen achten. Anhang B Referenzen und Bibliographie zu den im ech-white Paper referenzierten Publikationen der öffentlichen Verwaltung. 4.4.3 Publizistische Überlegungen Geplant starten. Es empfiehlt sich, Social Media -Aktivitäten mit Umsicht zu planen, mit Bedacht umzusetzen und kontinuierlich zu entwickeln. Denn Social Media ist für Community-Anbieter und -Nutzer erst seit wenigen Jahren ein Thema. Die öffentliche Verwaltung befindet sich - wie übrigens viele andere Organisationen auch in einem intensiven Lernprozess, der nur dann zielführend ist, wenn eine gute Fehlerkultur das immer besser werden ermöglicht. Eine falsche Hektik ( Torschluss-Panik ) birgt indessen unwägbare Risiken. Nutzer. Das Kommunikationsverhalten von Social Media -Nutzern muss verstanden und bei der Entwicklung von Angeboten berücksichtig werden. Nutzer treten einer Gemeinschaft als Mitglied bei, wenn sie an einem Thema interessiert sind. Die Mitglieder einer thematischen Gemeinschaft können bestimmten Nutzer-Profilen zugeordnet werden, die sich aufgrund des Kommunikationsverhaltens in der Community unterscheiden: Es sind dies folgende Profile:

E-Government-Standards Seite 13 von 21 Meinungsführer (ca. 2% der Nutzer) Sporadisch Agierende resp. Reagierende (ca. 8% der Nutzer) Stille Zuhörer an den Gesprächen (ca. 90% der Nutzer). Medienträger. Eine grosse publizistische Herausforderung stellt die Wahl und geeignete Kombination der Medienträger Text, Bild, Audio, Video und 3D-Animation. Ein Blick auf die von der öffentlichen Verwaltung publizierten audiovisuellen Inhalte zeigt, dass die Qualität der visuellen Kommunikation noch stark verbesserungswürdig ist. Weiter kann der Wirkungsgrad von Social Media dadurch erhöht werden, wenn die publizierten Inhalte mit einem dramaturgischen Spannungsbogen versehen werden ( Story Telling statt nüchterner Information). Publizistische Richtlinien. Publizistische Richtlinien sind in jedem Fall erforderlich, um allgemein gültige Qualitätskriterien zur Publikation und dem Lebenszyklus von Inhalten festzulegen, Verhaltensregeln für Social Media vorzugeben und Vorgaben im Umgang mit Freunden zu machen, die grenzwertige resp. nicht akzeptable Inhalte publizieren. Im Vordergrund sollte jedoch immer der Respekt vor der freien Meinungsäusserung stehen. Rollen. Aus betrieblicher Sicht ist es wichtig, dass die Rollen und Zuständigkeiten bei der Publikation von Social Media -Inhalten definiert und personell besetzt sind. I.d.R. werden folgende Rollen unterscheiden (wobei einzelne Mitarbeitende auch mehrere Rollen einnehmen können): Der Community Manager verantwortet einen themenspezifischen Auftritt (Community) innerhalb des von einer Verwaltungsstelle bereitgestellten Social Media -Angebots. Er sorgt dafür, dass die Social Media -Kanäle mit guten und richtigen Inhalten bespielt werden und diese stets aktuell gehalten und im Sinne von Story Telling attraktiv aufbereitet sind ( Geschichten erzählen ). Weiter moderiert der Community Manager aktiv die ihm zugewiesenen Themen bzw. die laufenden Diskussionen unter den Mitgliedern der Gemeinschaft. Überdies überwacht er die Einhaltung der definierten Verhaltensregeln (Netiquette) durch die Nutzer. Der Community Mitarbeitende sammelt und verdichtet Informationen. Er generiert und aggregiert publizistische Inhalte. Der Moderator lenkt die Gespräche, vermittelt zwischen Community-Mitgliedern, beantwortet Fragen und Kommentare. Er sorgt dafür, dass die Anstandsregeln in der Community eingehalten werden. Der Editor ist für das Qualitätsmanagement verantwortlich. Er prüft die Inhalte und gibt diese zur Publikation frei. Der Inputer wertet die Rückmeldungen (Feedback) der Community-Mitglieder aus und ist Lieferant für neue Inhalte und Geschichten.