Gestaltung von Computersimulationen

Ähnliche Dokumente
Simulationen. Lehren und Lernen mit Medien I. Professur E-Learning und Neue Medien. Institut für Medienforschung Philosophische Fakultät

Simulationen. Lehren und Lernen mit Medien I. Professur Psychologie digitaler Lernmedien. Institut für Medienforschung Philosophische Fakultät

Einführung. Lehren und Lernen mit Medien II. Professur E-Learning und Neue Medien. Institut für Medienforschung Philosophische Fakultät

Gestaltungsempfehlungen

E-Learning: Kognitionspsychologische

Gestaltungsempfehlungen

Seminar: HPSTS-5 Advanced Cognitive Research. Cognitive Load Theory

Kollaboratives Lernen

Gestaltungsempfehlungen

Concept maps. Prof. Dr. Günter Daniel Rey. Professur E-Learning und Neue Medien 30. Concept maps

Lehren und Lernen mit elektronischen Medien. Autor: Günter Daniel Rey

Ausgewählte Gestaltungseffekte II

E-Learning: Kognitionspsychologische

Einführung. Lehren und Lernen mit Medien II. Professur E-Learning und Neue Medien. Institut für Medienforschung Philosophische Fakultät

Einige Tipps zur Präsentation von Referaten mit PowerPoint sowie zur Anfertigung schriftlicher Arbeiten

PC-Anwendungen in der Erwachsenenbildung

Emotional Design. Lehren und Lernen mit Medien II. Professur E-Learning und Neue Medien. Institut für Medienforschung Philosophische Fakultät

Allgemeines Lineares Modell Einführung

Lernen durch Concept Maps

Computeralgebra in der Thermo- und Fluiddynamik: Zustandsgleichung, Zustandsänderungen und Kreisprozesse

Wie ist das Wissen von Jugendlichen über Verhütungsmethoden?

Instruktionspsychologie Texte

Das Finden von Informationen erfordert Vorüberlegungen: Ohne Suchstrategie lässt sich heute viel zu viel finden.

IMS - Learning Design

Makigami, Prozessmapping und Wertstromdesign. erstellt von Stefan Roth

Lernerfolge & Nutzerakzeptanz von Online-Lernkursen für die Strahlenbiologie

Angewandte Informatik

Instruktionspsychologie Lernspiele

Serious games. Prof. Dr. Günter Daniel Rey. Professur E-Learning und Neue Medien 27. Serious games

SMART Newsletter Education Solutions April 2015

Industrie 4.0 in Deutschland

Lernziele Ablauf Übungsaufgaben Formalitäten. Programmierpraktika. Einführung in das Programmieren und Weiterführendes Programmieren

Problemlöseaufgaben. Lehren und Lernen mit Medien I. Professur E-Learning und Neue Medien. Institut für Medienforschung Philosophische Fakultät

Anleitung zum Importieren, Durchführen und Auswerten von Umfragen in Blackboard

TREND SEARCH VISUALISIERUNG. von Ricardo Gantschew btk Berlin Dozent / Till Nagel

Würfelt man dabei je genau 10 - mal eine 1, 2, 3, 4, 5 und 6, so beträgt die Anzahl. der verschiedenen Reihenfolgen, in denen man dies tun kann, 60!.

Seminar Business Intelligence Teil II. Data Mining & Knowledge Discovery

Dr. Nic. Nistor, Holger Hochmuth, Zoya Kartsovnik, Michael Vaas. Podcasting im Musikunterricht Eine Anwendung der Theorie forschenden Lernens

Varianzanalyse (ANOVA: analysis of variance)

Allgemeine Informationen zu Access und Tabellen

Power for the Future mit den Power-Apps von WITTMANN BATTENFELD

Einführung ins Experimentieren. Methodenpropädeutikum II Allgemeine Psychologie. Überlegungen zum exp. Design. Adrian Schwaninger & Stefan Michel

Kybernetik Braitenberg Vehikel

Bachelor of Science Wirtschaftsinformatik. Wirtschaftsinformatik. Bachelor of Science

Installation und Sicherung von AdmiCash mit airbackup

Verwaltung von Lehrveranstaltungen mit moodle

Animationen. Lehren und Lernen mit Medien I. Professur E-Learning und Neue Medien. Institut für Medienforschung Philosophische Fakultät

Urheberrecht im Internet

Die Post hat eine Umfrage gemacht

SCHULUNG MIT SYSTEM: E-LEARNING VON RAUM21

Gebärmutterhalskrebs

Hinweise zur Nutzung des E-Learning System 'Blackboard' (Teil 1): Die Anmeldung in Blackboard bzw. einem Kurs

Family Safety (Kinderschutz) einrichten unter Windows 7

Soziale Kommunikation. Vorlesung Johannes-Gutenberg-Universität Mainz Sommersemester 2011 PD Dr. phil. habil. Udo Thiedeke. Kommunikationsprobleme

Warnung vor der Installation

Pädagogische Hochschule Thurgau. Lehre Weiterbildung Forschung

Abituraufgabe zur Stochastik, Hessen 2009, Grundkurs (TR)

Latein an der Bettinaschule

virtuos Leitfaden für die virtuelle Lehre

Modulbeschreibung: Master of Education Informatik

Shellfire PPTP Setup Windows 7

Softwareprojektpraktikum Maschinelle Übersetzung

Professionelle Seminare im Bereich MS-Office

Fragebogen zur Evaluation der Vorlesung und Übungen Computer Grafik, CS231, SS05

Kurzanleitung MAN E-Learning (WBT)

Wie funktioniert automatisierte Übersetzung? Prof. Josef van Genabith (Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz)

Kurzeinführung Moodle

3. GLIEDERUNG. Aufgabe:

Klausur WS 2006/07 Programmiersprache Java Objektorientierte Programmierung II 15. März 2007

So richten Sie ihre s unter Outlook Express 5 / 6 ein

Novell Client. Anleitung. zur Verfügung gestellt durch: ZID Dezentrale Systeme. Februar ZID Dezentrale Systeme

FOM-Umfrage für Studierende

Petri-Netze / Eine Einführung (Teil 2)

Digital signierte Rechnungen mit ProSaldo.net

Die Lernumgebung des Projekts Informationskompetenz

2-tägiges Seminar. Dieser Workshop ist für Anfänger konzipiert, die noch keine oder nur geringe Erfahrung

E-TESTS IMPORTIEREN. von Harald Jakobs Stand:

Neue Wege im Reporting Design mit Hilfe von Eye Tracking Analysen

Anleitung Selbststudium

Kontaktlos bezahlen mit Visa

Ordner Berechtigung vergeben Zugriffsrechte unter Windows einrichten

Bei der Focus Methode handelt es sich um eine Analyse-Methode die der Erkennung und Abstellung von Fehlerzuständen dient.

06 Lernen mit Text, Bild, Ton

Eye-Tracking. Lehren und Lernen mit Medien II. Professur E-Learning und Neue Medien. Institut für Medienforschung Philosophische Fakultät

Windows Server 2008 (R2): Anwendungsplattform

Zeichen bei Zahlen entschlüsseln

Mathematik für Studierende der Wirtschaftswissenschaften und Gesundheitsökonomie

Quartalsabrechnung! " " " " " " " Stufe 1! Beheben von Abrechnungsfehlern" Stufe 2! Neue Abrechnung erstellen"

Fragebogen: Abschlussbefragung

Whiteboard, Smartphone und Co. kein Selbstgänger im naturwissenschaftlichen Unterricht

Einfach und schnell Kurse herbeizaubern mit dem Kurs Wizard

Help Design does matter! Tagging, Blogging & Desgin Patterns Hilfedesign unter Verwendung des Social Web

Mit eaufgaben Lerninhalte einüben und Lernprozesse erfassen

Abschlussarbeiten für StudentInnen

Anleitung zum DKM-Computercheck Windows Defender aktivieren

Copyright 2015 CADRela?ons.de. 5 GUTE GRÜNDE ein Integriertes CAD/CAM- System zu nutzen

Mathematik. UND/ODER Verknüpfung. Ungleichungen. Betrag. Intervall. Umgebung

Elternumfrage Kita und Reception. Campus Hamburg

Transkript:

Gestaltung von Computersimulationen Prof. Dr. Günter Daniel Rey Professur E-Learning und Neue Medien 7. Gestaltung von Computersimulationen 1

Überblick Computersimulationen Probleme beim Lernen mit Simulationen Überwiegende Herstellung bereits verstandener Simulationszustände Split-Attention Effekt Unterstützungsmaßnahmen Instruktionshinweis hinzufügen Leserichtungseffekt Professur E-Learning und Neue Medien 7. Gestaltung von Computersimulationen 2

Computersimulationen (z. B. de Jong & van Joolingen, 1998; de Jong, 2006; Rieber, 2005) Computerprogramme zur Durchführung virtueller Experimente in kontrollierten Umgebungen, um das zugrundeliegende mathematische Modell besser verstehen zu können Mathematisches Modell verantwortlich für die Reaktion auf die Benutzereingaben Häufig grafische Visualisierung der Ausgabe Beispiel: Computersimulation zum Thema Kohonennetze Quelle: Rey und Wender (2010) Professur E-Learning und Neue Medien 7. Gestaltung von Computersimulationen 3

Computersimulationen (Plass, Homer & Hayward, 2009) Beispiel: Computersimulation zu Zustandsgleichungen für ideale Gase Quelle: Plass, Homer und Hayward (2009) Professur E-Learning und Neue Medien 7. Gestaltung von Computersimulationen 4

Probleme beim Lernen mit Simulationen (z. B. de Jong, 2006; de Jong & van Joolingen, 1998) Schwierigkeiten bei der Auswahl von Eingabevariablen Überwiegende Herstellung bereits verstandener Simulationszustände Probleme bei der Hypothesenformulierung Beibehaltung von Hypothesen trotz widersprechender Daten Zeitgleiche Variation zu vieler Variablen Ingenieuransatz Split-Attention Effekt Professur E-Learning und Neue Medien 7. Gestaltung von Computersimulationen 5

Überwiegende Herstellung bereits verstandener Simulationszustände (Eysink, Dijkstra & Kuper, 2002) Beispiel: Computersimulation zum Erlernen logischer Ausdrücke 72 Studierende der Sozialwissenschaften mit einem Durchschnittsalter von 19.0 Jahren (SD = 1.1) lernten mit der Simulation Lernende nutzen freie Explorationsmöglichkeiten nicht hinreichend Lernende stellen überwiegend bereits bekannte und verstandene Simulationszustände her Quelle: Eysink, Dijkstra und Kuper (2002) Professur E-Learning und Neue Medien 7. Gestaltung von Computersimulationen 6

Split-Attention Effekt (z. B. Sweller & Chandler, 1994) Split-Attention Effekt als Beispiel zur Beachtung von Gestaltungsempfehlungen für Texte, Bilder, Animationen und Problemlöseaufgaben Problem: Trennung von aufeinander bezogenen Informationsquellen (z. B. Text und Bild) erfordert mentale Vereinigung und beeinträchtigt so die Lernleistungen Lösung: Mehrere Informationsquellen integrieren, z. B. durch Beschriftungen in unmittelbarer Nähe zu relevanten Bildelementen Professur E-Learning und Neue Medien 7. Gestaltung von Computersimulationen 7

Split-Attention Effekt (Rey, 2011a) Beispiel: Split-Attention Effekt in einer Computersimulation zur Signaldetektionstheorie Multiple Repräsentationen Dynamische Verknüpfungen Quelle: Rey (2011a) Professur E-Learning und Neue Medien 7. Gestaltung von Computersimulationen 8

Split-Attention Effekt (Rey, 2011a) 73 Studierende mit einem Durchschnittsalter von 21.6 Jahren (SD = 3.1) und keinen oder nur sehr geringen Vorkenntnissen Einfaktorielles Design mit drei Faktorstufen 1. Faktorstufe: Drag & Drop 2. Faktorstufe: Schieberegler 3. Faktorstufe: Textfeld Drag & Drop Schieberegler Textfeld Quelle: Rey (2011a) Professur E-Learning und Neue Medien 7. Gestaltung von Computersimulationen 9

Split-Attention Effekt (Rey, 2011a) Behalten: 10 MC-Fragen mit jeweils 3 bis 4 Antwortalternativen und einer korrekten Lösung Transfer: 10 MC-Fragen (vgl. Behalten) + eine offene Frage Benutzereinschätzung: 5 Fragen mit 6-stufiger Likert-Skala 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 Transfer 5 7,67 8,16 4 4,26 4,39 6,42 3,73 3 6 2 Benutzereinschätzung p <.001; η p ² =.18 p <.05; η p ² =.10 1 Textfeld Schieberegler "Drag & Drop" Textfeld Schieberegler "Drag & Drop" Professur E-Learning und Neue Medien 7. Gestaltung von Computersimulationen 10

Unterstützungsmaßnahmen (z. B. de Jong, 2006; de Jong & van Joolingen, 1998; Plass, Homer & Hayward, 2009) Übungsaufgaben Erläuterungen und Hintergrundinformationen Überwachungs- und Planungswerkzeuge Instruktionshinweise oder ähnliche Unterstützungsmaßnahmen Strukturierung der Lernumgebung Allmählicher Aufbau der Computersimulation Adaptive Elemente Beachtung von Gestaltungsempfehlungen Professur E-Learning und Neue Medien 7. Gestaltung von Computersimulationen 11

Instruktionshinweis hinzufügen (Rey, 2011b, Exp. 2) Beispiel: Einfacher Instruktionshinweis in einer Computersimulation zu Kohonennetzen 98 Studierende mit einem Durchschnittsalter von 22.2 Jahren (SD = 4.0) und keinen oder nur sehr geringen Vorkenntnissen zu Kohonennetzen Quelle: Rey (2011b) Professur E-Learning und Neue Medien 7. Gestaltung von Computersimulationen 12

Instruktionshinweis hinzufügen (Rey, 2011b, Exp. 2) Einfaktorielles Design mit zwei Faktorstufen (Mit vs. ohne Instruktionshinweis) Instruktionshinweis: Verwenden Sie vor allem den Reset-Button, um systematisch zu überprüfen, was die einzelnen Parameter bewirken! Behalten: 10 MC-Fragen mit jeweils 3 bis 5 Antwortalternativen und einer korrekten Lösung Transfer: 7 MC-Fragen (vgl. Behalten) + 3 Fragen, in denen Zahlenwerte einzutragen waren p =.94; d = -0.01 p <.01; d = 0.64 Professur E-Learning und Neue Medien 7. Gestaltung von Computersimulationen 13

Leserichtungseffekt (Rey, 2010) Beispiel: Leserichtungseffekt in einer Computersimulation zu künstlichen neuronalen Netzen Leserichtung als Richtung der Informationsaufnahme; in der deutschen Schriftsprache von links nach rechts Leserichtungseffekt als lernförderlicher Effekt durch Beachtung der Leserichtung bei der Informationsdarbietung von kausalen Zusammenhängen oder zeitlichen Abfolgen Professur E-Learning und Neue Medien 7. Gestaltung von Computersimulationen 14

Leserichtungseffekt (Rey, 2010) 113 Studierende mit einem Durchschnittsalter von 22.0 Jahren (SD = 3.6) 2 x 2 faktorielles Design Signalisierungen L e s e r i c h t u n g i n e n t g e g e n mit ohne Professur E-Learning und Neue Medien 7. Gestaltung von Computersimulationen 15

Leserichtungseffekt (Rey, 2010) Behalten: 10 MC-Fragen mit jeweils 2 bis 5 Antwortalternativen und einer korrekten Lösung Transfer: 7 MC-Fragen (vgl. Behalten) + 3 Fragen, in denen Zahlenwerte einzutragen waren Behalten Transfer HE für UV Leserichtung : p =.06; d = 0.36 HE für UV Leserichtung : p <.01; d = 0.53 Professur E-Learning und Neue Medien 7. Gestaltung von Computersimulationen 16

Zusammenfassung Computersimulation als Computerprogramm zur Durchführung eines virtuellen Experimentes in kontrollierter Umgebung, um zugrundeliegendes mathematisches Modell besser verstehen zu können Probleme beim Lernen mit Simulationen wie etwa Schwierigkeiten bei der Auswahl von Eingabevariablen, Beibehaltung von Hypothesen trotz widersprechender Daten, überwiegende Herstellung bereits verstandener Simulationszustände oder Split-Attention Effekt Unterstützungsmaßnahmen in Simulationen wie etwa Übungsaufgaben, Erläuterungen und Hintergrundinformationen, Instruktionshinweise oder Beachtung der Leserichtung Professur E-Learning und Neue Medien 7. Gestaltung von Computersimulationen 17

Prüfungsliteratur Rey, G. D. (2009). E-Learning. Theorien, Gestaltungsempfehlungen und Forschung. Bern: Huber. Gestaltung Bilder (S. 104-107) de Jong, T. (2006). Computer simulations - Technological advances in inquiry learning. Science, 312, 532-533. Plass, J. L., Homer, B. D., & Hayward, E. O. (2009). Design factors for educationally effective animations and simulations. Journal of Computing in Higher Education, 21, 31-61. Eysink, T. H. S., Dijkstra, S., & Kuper, J. (2002). The role of guidance in computer-based problem solving for the development of concepts of logic. Instructional Science, 30, 307-333. Professur E-Learning und Neue Medien 7. Gestaltung von Computersimulationen 18

Weiterführende Literatur de Jong, T., & van Joolingen, W. R. (1998). Scientific discovery learning with computer simulations of conceptual domains. Review of Educational Research, 68, 179-201. Rieber, L. P. (2005). Multimedia learning in games, simulations, and microworlds. In R. E. Mayer (Ed.), The Cambridge Handbook of Multimedia Learning (pp. 549-567). Cambridge, MA: Cambridge University Press. Rey, G. D., & Wender, K. F. (2010). Neuronale Netze. Eine Einführung in die Grundlagen, Anwendungen und Datenauswertung. Bern: Huber. Sweller, J., & Chandler, P. (1994). Why some material is difficult to learn. Cognition and Instruction, 12, 185-233. Rey, G. D. (2011a). Interactive elements for dynamically linked multiple representations in computer simulations. Applied Cognitive Psychology, 25, 12-19. Rey, G. D. (2011b). Reset button and instructional advice in computer simulations. European Psychologist, 16, 58-67. Rey, G. D. (2010). Reading direction and signaling in a simple computer simulation. Computers in Human Behavior, 26, 1176-1182. Professur E-Learning und Neue Medien 7. Gestaltung von Computersimulationen 19