Bisher nicht geernteter Weizen und Roggen nur noch für die Verfütterung geeignet wie damit umgehen?



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Transkript:

Bisher nicht geernteter Weizen und Roggen nur noch für die Verfütterung geeignet wie damit umgehen? Bernd Losand, Institut für Tierproduktion Jana Harms, Institut für Betriebswirtschaft Volker Michel und Eckhard Lehmann, Institut für Acker und Pflanzenbau Das Jahr 2010 stellt die Landwirte in Mecklenburg Vorpommern vor bisher kaum bekannte Herausforderungen. Nach dem langen, schneereichen Winter schloss sich ein kaltes trocknes Frühjahr an. Extreme Hitze ließ im Juli das Getreide und den Raps schnell gelb werden. Aber genau zu dem Zeitpunkt, als der Weizen druschreif wurde, setzte anhaltend nasses Wetter ein. In den wenigen möglichen Druschtagen wurde das Korn regelrecht vom Feld gestohlen. Konnten anfangs noch relativ gute Qualitäten gesichert werden, so sind jetzt nahezu alle Partien nur noch Futter. Dabei erreicht die Ware oft nicht einmal mehr die vom Handel geforderten Qualitätsparameter für Futtergetreide. Dies schließt jedoch nicht automatisch einen Einsatz in der Fütterung aus. Die Unterschreitung beispielsweise des geforderten Hektolitergewichtes bedeutet nicht zwangsläufig eine eingeschränkte Verwendungsfähigkeit des Getreides in der Fütterung. In den Regionen Mecklenburg Vorpommerns steht noch unterschiedlich viel Weizen und Roggen auf dem immer dunkler werdenden Halm. Im Südosten ist der Drusch bereits weitgehend abgeschlossen. Demgegenüber wird im westlichen Teil und vor allem in der Küstenregion und auf der Insel Rügen von 30% bis 50% der Weizenfläche ausgegangen, die noch auf den Mähdrescher warten. Auch bei bereits sichtbarem Auswuchs gibt es zum Mähdrusch keine Alternative. Eine Silierung und Verwendung als Ganzpflanze wird ausgeschlossen. Jeder Tag, der vergeht, bringt weitere Verluste an Menge und Qualität, so dass die Spanne zwischen Einnahmen und Kosten in Richtung Verlust immer größer wird. Sobald es das Wetter und die Befahrbarkeit des Ackers zulassen, wird geerntet. Bei Kornfeuchten, die über 20% betragen können, kommt es auf die sofortige Herstellung einer Lagerfähigkeit der Ware an. Die Trocknung ist wegen der Kosten für Energie und Lagerung das aufwendigste Verfahren. Allerdings ist die Vielseitigkeit der nachfolgenden Nutzung am größten. Nach SPANN (2006) ( Auswuchsgetreide und die Konsequenzen für die Fütterung ; www.lfltest.bayern.de) ist eine Wartezeit von 4 Wochen nach Trocknung einzuhalten. Wenn es dafür Abnehmer gibt, sollte das Getreide mit höheren Feuchtegehalten als Futtergetreide konserviert werden. In welcher Form dies geschehen kann, wird von den entstehenden Kosten, von den zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten, Logistik, Lagerflächen, Transportentfernungen und den angebotenen Leistungen der regionalen Lohnunternehmen bestimmt. Wichtig ist, dass die Konservierung unmittelbar der Ernte folgt, da das auf dem Halm stehende Getreide wegen der vielen Regenperioden über lange Zeit nicht durchgehend abgetrocknet ist. Es bildet so den Nährboden für viele Mikroorganismen, die sich auf dem frisch geernteten Korn umso schneller vermehren können. Zusätzlich ist mit hohem Fusarienbesatz zu rechnen. Bis zu welchem Feuchtegehalt geerntet wird, hängt in erster Linie von den Möglichkeiten des Mähdreschers ab. Bei vorgesehener anschließender Zerkleinerung des feuchten Getreides setzen die Mühlen allerdings die Grenze bei etwa 20% Feuchte. Welche Möglichkeiten der Konservierung gibt es? 1

Empfehlenswert ist die Feuchtsilierung des Getreides nach vorheriger Zerkleinerung über eine Schrotmühle oder Quetsche, weil sie eine anhaltende Haltbarkeit sichert und keine trockene Lagerkapazität blockiert. Ob die Silierung in einem schmalen Fahrsilo oder in einem Schlauch erfolgt, ist für den Konservierungserfolg nicht erheblich, wenn die jeweiligen Grundsätze wie ausreichende Zerkleinerung und Verdichtung sowie schneller Luftabschluss gewährleistet werden. Entscheidend sind hier die Lagermöglichkeiten und die Kosten. Der Einsatz eines (propion )säurehaltigen Silierzusatzes ist unbedingt zu empfehlen. Wegen der Dosierung im Prozess des Austrags nach der Zerkleinerung sind natürlich nichtkorrosive Produkte zu bevorzugen. Dabei sind die empfohlenen Dosierhinweise (etwa 5 7 Liter/t) unbedingt einzuhalten. Die Lagerung als Feuchtgetreide erfordert unbedingt den gleichmäßigen Zusatz von Konservierungsmitteln. Deren Dosierung ist stark abhängig von der avisierten Lagerungsdauer und der Restfeuchte des Getreides. Bei 18 22% Feuchtegehalt sind, je nach Anbieter 0,4 0,5% (1 Monat Lagerdauer) bis 0,75 bis 1% des Konservierungsmittels einzusetzen. Das sollte beim jeweiligen Vertreter sorgfältig hinterfragt werden. Hinweise zur Feuchtgetreidekonservierung finden Sie auch unter www.lfamv.de (Feuchtgetreidekonservierung Möglichkeiten und Einsatz). Säurezusatz beeinträchtigt die Keimfähigkeit, so dass eine Nutzung als Saat oder Braugetreide dann nicht mehr möglich ist. Ferner ist die Nutzung als Brotgetreide und für Brennereizwecke nach Säurezusatz nicht erlaubt und nicht sinnvoll. Auch für die Bioethanolgewinnung aus Getreide gibt es demzufolge starke Vorbehalte der Betreiber gegenüber der Konservierung mit Säuren. Der Einsatz in Biogasanlagen ist demgegenüber ohne weiteres möglich. Zu beachten ist, dass feucht konserviertes ähnlich wie trockenes Getreide gequetscht oder geschrotet werden sollte. Bei starkem Auswuchs vor der Ernte kann sich das Verhältnis von Stärke zu Rohprotein verändern. Das muss für die Fütterung einer Biogasanlage unbedingt berücksichtigt werden, damit es nicht zu Schaumbildungen oder Störungen im Gärprozess kommt. Futterwert von feucht geerntetem Getreide Der Futterwert des spät und feucht geernteten Getreides kann durch Schmutz und Keimbesatz sowie durch auswuchsbedingte Nährstoffumsetzungen beeinflusst sein. Bei einsetzendem Auswuchs des Getreides wird durch die Keimung ein Teil der Stärke zur Ernährung des Keimlings in Zucker umgebaut. Der Zuckergehalt kann bis auf 30% der TS zunehmen. Dies ist bei der Rationsbilanzierung insbesondere für die Wiederkäuer zu beachten, da der Zucker sehr schnell verfügbar ist, was im Pansen zur Übersäuerung führen kann. Die Wirkung des erhöhten Zuckergehaltes auf die Energiekonzentration Rind ist eher von untergeordneter Bedeutung. Bei einer Steigerung des Zuckeranteiles auf 30% der Trockensubstanz ist wegen der geringeren energetischen Verwertung des Zuckers gegenüber der Stärke mit einem um 0,1 bis 0,2 MJ NEL/kg TS geringeren Energiegehalt zu rechnen. Wenn offener Auswuchs (Keimblatt und wurzeln schon deutlich sichtbar) auftritt, muss wegen der Abtrennung bei der Ernte bzw. Reinigung des Erntegutes mit Nährstoffverlusten gegenüber den Tabellenwerten gerechnet werden. In jedem Fall ist vor der Verfütterung eine Analyse auf den Nährstoffgehalt, die mikrobiologische Qualität (Besatz an Bakterien, Schimmelpilzen und Hefen) sowie wegen des anzunehmenden Fusarienbesatzes des Getreides bei der Ernte auch auf den Gehalt an den Mykotoxinen DON und ZEA vorzunehmen. Letzteres ist notwendig insbesondere vor Einsatz in der Fütterung von Jungtieren (Ferkeln) und tragenden Tieren (Sauen, Kühe, Schafe). Hier gibt es Einsatzbeschränkungen in Form von Orientierungswerten (Tabelle 1). 2

Tabelle 1: Richtwerte als maximal zu tolerierende Gehalte im Futter (Zusammenstellung nach PRIEPKE 2008) Deoxynivalenol (DON) mg/kg Zearalenon (ZEA) g/kg Unverarbeitetes Getreide 1) 1,25 (0,50) 100 (50) Brot 1) Getreide und Getreideerzeugnisse außer Maisnebenprodukte Maisnebenprodukte Futtermittel Schwein Präpubertäre weibliche Zuchtschweine Zuchtsauen, Mastschweine Futtermittel Rind Präruminierend Weibliches Aufzuchtrind/Milchkuh Mastrind 0,50 (0,35) 8,00 2) xxxxxxxxxxxxxxx 12,0 2) 0,9 2) / 1,0 3) 0,9 2) / 1,0 3) 2 2)3) 5 2)3) 5 2)3) 50 (-) 200 2) xxxxxxxxxxxxx 300 2) 100 2) / 50 3) 250 2)3) 500 2) / 250 3) 500 2)3) --- 2)3) 1) EG VO Nr. 1881/2006 vom 19.12.2006 (in Klammern Werte nach MhmV ab 12.2.2004) 2) Empfehlungen der EU Kommission, 17.8.2006 3) Orientierungswerte des BMELV, 7/2000 Wirtschaftliche Aspekte der Konservierung Wenn die Fallzahlen unter 200 s fallen und das Hektolitergewicht nicht passt, dann bleibt nur die Verwertung als Futterweizen. In dieser Ernte kommt der kostenintensive Faktor Wasser noch hinzu, denn auch Futtergetreide wird bei maximal 14,5 % Feuchte gelagert. Die momentanen Erzeugerpreise von rund 160 je t Futterweizen können angesichts der hohen Trocknungskosten bei jetzigen Erntefeuchten um 20 % nicht beruhigen. Schlimmer wird es bei anhaltendem Regen, denn die Gefahr von Auswuchsgetreide steigt genauso wie die Verspätung der folgenden Aussaat. Ein Umbruch des stehenden Getreides, selbst mit beginnendem Auswuchs ist aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht zu empfehlen und bei möglicher Verwendung in Betrieben mit Tierproduktion auch gar nicht nötig. Da sich die Rohnährstoffgehalte des Futterweizens durch Auswuchs kaum verändern, ist er nach wie vor sehr hochwertig, solange Keimbelastungen und Mykotoxine eine gesunde Fütterung zulassen. Weizen kann aus Sicht der Fütterung bis zu einem gewissen Grad teure Futtermittel wie Mais (224 /t) und Soja (313 /t) ersetzen. Aber auch Futterweizen ist marktfähige Ware und aus diesem Grund muss die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes selbst erzeugten Getreides festgestellt werden. Die Entscheidung, ob der Weizen verkauft oder in die Verfütterung gehen sollte, wird mit der Feststellung des sogenannten Substitutionswertes von Weizen getroffen. Dieser Wert wird in Abhängigkeit von Nährstoffgehalten der auszutauschenden Futtermittel berechnet. Vorzugsweise werden der Energiegehalt und der Anteil nutzbares Rohprotein von Mais und Soja gegen Weizen ausgetauscht. Diese Vorgehensweise ist rein kalkulatorisch und ersetzt nicht die Rationsberechnung. Bei den bereits genannten Preisen für Mais und Soja und den in Tabelle 2 vorausgesetzten Nährstoffge 3

halten erreicht der Weizen einen Substitutionswert von 231 je t. Das heißt, wenn der Händler einen Erzeugerpreis von mehr als 231 je t für den Weizen zahlt, sollte der Landwirt diesen verkaufen, weil er zur Absicherung der Fütterung die auszutauschenden Futtermittel billiger auf dem Markt kaufen kann. Tabelle 2: Daten zur Berechnung des Substitutionswertes für Weizen (in /t) Mais Soja Weizen Energie (MJ NEL/kg TM) 8,39 8,63 8,51 nutzb. Rohprotein (g/kg TM) 164 308 172 Marktpreis ( /t) 224,00 313,50 Substitutionswert ( /t) 230,62 Sinken die Preise der Futtermittel Mais und Soja, dann fällt auch der Substitutionswert des Weizens. Allerdings sind momentan solche Preise nicht vorstellbar, denn soll der Substitutionswert von Weizen unter 110 /t liegen, dürfte der Mais 100 und das Soja 220 je t kosten. In der jetzigen Situation ist der noch zu erntende Weizen rentabler in der Tierproduktion zu verwerten als diesen mit hohem Wassergehalt an den Landhändler zu verkaufen (ungeachtet der Vorkontrakte, die natürlich zu bedienen sind) und teureres Kraftfutter zuzukaufen. Die Frage ist, was tun, wenn die Erntebedingungen so bleiben und das Getreide nach wie vor nass vom Feld kommt. Beim Landhandel auf eine maximale Feuchte von 14,5 % trocknen lassen, Transport und Lohnkosten zusätzlich in Kauf zu nehmen, ist die teuerste Möglichkeit. Bei 20 % Erntefeuchte müssen 25,94 je t für Trocknung des Ausgangsmaterials gerechnet werden. Bei noch höheren Feuchtegehalten steigen die Trocknungskosten disproportional (Abbildung 1). Tabelle 3: Konservierungs, Trocknungs, Transport und Einlagerungskosten ( /t) verschiedener Konservierungsverfahren von Getreide mit einem Feuchtegehalt von 20 % Konservierungsverfahren Ganzkörner Trocknung 200 t, 20 % Feuchte konservierung Silierung Trocknung über Lohn 25,94 Transport 2,55 Mahlen/Quetschen/Konservierung 10,29 25,25 24,25 Einlagerung 0,58 1,93 0,97 Lagerung 6,14 6,14 0,00 Kosten in je t Futterweizen 45,51 33,32 25,22 4

(Quelle: Ringordner der LFA MV, IfB) Abbildung 1: Trocknungskostenn in Abhängigkeit vom Feuchtegeha lt des Getreides Für das Quetschen werden zwischen 10,29 je t für das getrocknete Getreidee (ca. 13 t Schwund) veranschlagt und für Transport, Einlagerungg und Lagerraum müssenn noch einmal 9,27 je t zu den Herstellungskosten draufgezahlt werden (Tabelle 3). Eine Variante zur Konservierung von Getreide ist die Einlagerung unter Zusatz von propionsäurehal müs tigen Konservierungsmitteln. Zur Vergleichbarkeit der Kosten mit dem Verfahren Trocknung sen alle Arbeiten beschrieben werden, die dazu führen, ein einsetzbares Futtermittel mit höchsten hygienischen Ansprüchen bereitzustellen. Dazu gehören auch in diesem Fall diee Lagerung sowie s die Zerkleinerung (Schroten oder Quetschen) nach der Entnahme aus dem Lager. Mit Konservierungsmit teln behandeltes Getreide klumpt nicht und bleibt in der Regel rieselfähig, so dass es möglich ist, alte, allerdings säurefestee Lagerhallen zu nutzen. Die erforderliche Menge an Konservierungsmitteln rich von 3 bis 6 Monatenn und einem Feuchtegehalt von 20 % empfiehlt sich s eine Dosierungsmenge von 7 tet sich nach der Konservierungsdauer und dem Feuchtigkeitsgehaltt des Gutes. Bei einer Lagerdauer bis 9 l je t Getreide. Der Preis der unterschiedlichen Konservierungsmittel variiert von Anbieter zu Anbieter zwischen 1,30 und 1,75 je l. Schwer einzuschätzen sind die d Aufwendungen für erforderli verfügt. che Transporte und Lagerung des Getreides,, da jeder Betrieb über andere a Voraussetzungenn Die Ergebnisse der Tabelle 3 basieren auf der Festlegung, dass eine Weizenmeng ge von 200 t für ca. 6 Monate mit einem Feuchtegehalt von 20 % eingelagert werden soll. Der Vergleich zeigt, dass konser 3). Die viertes Getreide rund 12 je t weniger Kosten verursacht als getrocknetes Getreide (Tabelle Konservierungs, Einlagerungs, Transport und Lager sowie Zerkleinerungskosten von säurebehan sind deltem Getreide dürften in einem Bereich zwischen 32 und 34 je t liegen. Diee Schwankungen abhängigg von den Kosten für dass Lohnunternehmen, Personalaufwendungen und den Kosten für das Getreidelager (Neubau, Altbau, kostenlose Nachbarschafts lagerung). Bei der Konservierung durch Silierung als Feuchtgetreide (Siloplatte oder Schlauchsilierung) wird ebenfalls der Einsatz eines Konservierungszusatzes zur Sicherung der Stabilität der Silagen empfoh im len, wobei die Einsatzmenge mit 5 l je t etwas geringerr sein kann. Sind keine leeren Siloplatten Betrieb vorhanden, sollte unbedingt auf denn Schlauch zurückgegriffen werden. Auch hier schwanken die Preise der Lohnunternehmer, so dass sich ein Vergleich der Angebote durchaus lohnt. In unserer 5

Kalkulation wurden Aufwendungen von 5,50 je t für das Pressen des Getreides in den Schlauch unterstellt. Insgesamt zeigt sich dieses Verfahren mit 25 je t als günstigste Konservierungsmethode (Tabelle 3). Durch den relativ hohen Durchsatz der Hammermühle (Schroten) von 30 t je Stunde senkt sich der Aufwand an Arbeitskräften, die mit Radlader und Schaufel in dieser Zeit zur Verfügung stehen müssen. HARMS und WINTER (2010) wiesen nach, dass der Kostenunterschied zwischen dem Silieren von Konzentraten (damals Mais) auf der Siloplatte und dem Pressen in Schläuchen unerheblich ist. Es kommt nur auf die freien Kapazitäten Arbeit, Platte und Liquidität an, denn Personal als auch der Lohnunternehmer müssen bezahlt werden. Aspekte der Arten und Sortenwahl zur Neuaussaat Auch wenn in diesem Jahr alle möglichen ungünstigen Einflüsse auf die landwirtschaftliche Produktion einwirken und durch vorausschauende Maßnahmen kaum abzumildern waren, sollten Erfahrungen in die weitere Anbauplanung übernommen werden. Wegen der ungünstigen Wirtschaftlichkeit verringerte sich der Anteil von Wintergerste in den letzten Jahren kontinuierlich. Dass damit arbeitswirtschaftliche Spitzen für die Ernte provoziert wurden, musste in Kauf genommen werden. Diesbezüglich sollten die Anbauentscheidungen zukünftig durchdacht werden. Zum Qualitätsweizen gibt es in MV als Exportland keine Alternative. Mit der Sortenwahl und der Anbautechnik können in einem gewissen Umfang Risiken verteilt werden. Die Landesforschungsanstalt misst der Fallzahlstabilität und Auswuchsfestigkeit der Weizensorten große Bedeutung bei. Wenn auch das Jahr 2010 hier besonders gravierend war, gab es auch in anderen Jahren unter moderateren Regenperioden zur Ernte immer wieder Vermarktungsprobleme. Die Risiken lassen sich durch die Sortenwahl nicht völlig ausschalten, aber deutlich abmildern. Sorten, die nur einige Tage länger die vermarktungsfähigen Fallzahlen für Qualitäts oder Brotweizen halten, reduzieren das Risiko hoher Preisabschläge erheblich. Daher sind fallzahlstabilere Sorten wie Akteur, Potenzial, Discus, Julius oder Dekan fester Bestandteil des Empfehlungssortimentes der LFA. Weitere Sorten mit etwas weniger stabilen Fallzahlen (wie JB Asano, Cubus, Tommi oder Mulan) sind aufgrund der Gesamtbewertung der leistungsbestimmenden Eigenschaften ebenfalls empfohlen, weil sie unverzichtbare Eigenschaften aufweisen (z.b. JB Asano: Ertragsstärke verbunden mit früher Reife). Für diese Sorten sollten aber folgende Grundsätze gelten: Bei Eintritt der Druschreife sind diese Sorten bevorzugt und zügig zu ernten, u.u. auch, wenn dadurch die Rapsernte unterbrochen wird. Der betriebliche Anteil dieser Sorten sollte nur so hoch bemessen werden, dass in der Regel eine zügige Beerntung gewährleistet ist. Die Sortenempfehlung der Landesforschungsanstalt finden Sie ebenfalls unter www.lfamv.de. ZUSAMMENFASSUNG Feuchter Weizen und auch Roggen, die nur noch Futterqualitäten aufweisen, sollten nach Möglichkeit im eigenen Betrieb verwertet werden, wenn Tierbestände vorhanden sind. Er kann nach entsprechender Futter bilanzierung Maisschrot und Soja ersetzen, da diese Futtermittel derzeit sehr teuer sind und eine Senkung der Preise auch nicht in Sicht ist. Bei der Menge noch zu erntenden Weizens und dessen Qualitäten ist nicht zu erwarten, dass der Futterweizen einen Erzeugerpreis erreicht, der den Substitutionswert übersteigt. Da es sich bei den einzulagernden Weizenmengen um sehr feuchte Partien handelt, muss das Getreide konserviert werden. Die kostengünstigste Variante stellt 6

das Silieren von zerkleinertem Getreide dar. Aus futterhygienischer und wirtschaftlicher Sicht ist dem silierten Getreide der Vorzug zu geben, wenn gleich auch hier mit säurehaltigen Zusätzen gearbeitet werden sollte. Ein negativer Einfluss des Auswuchses auf den Nährstoffgehalt des Weizens ist momentan noch nicht zu erwarten. Da aber vor der Ernte bereits eine intensive mikrobiologische Besiedlung des Getreidekorns (z.b. Feldpilze) stattgefunden haben kann, sollte, um die Leistungsbereitschaft der Tierbestände nicht zu gefährden, neben der Analyse des Nährstoffgehaltes in jedem Fall auch eine mikrobiologische Untersuchung einschließlich des Mykotoxingehaltes (DON, ZEA) durchgeführt werden. Das Risiko deutlicher Einbußen durch sinkende Fallzahlen und Auswuchs kann durch Sortenwahl zwar nicht ausgeschlossen, aber doch erheblich gemindert werden. Die Sortenempfehlungen der Landesforschungsanstalt sind überwiegend auf fallzahlstabilere Sorten ausgerichtet bzw. geben Hinweise zum gezielten Umgang mit weniger fallzahlstabilen Sorten. 7