Kindertagespflege. Handbuch. 6. Jobcenter und Arbeitsagenturen. www.handbuch-kindertagespflege.de



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Transkript:

Handbuch Kindertagespflege www.handbuch-kindertagespflege.de 6. Jobcenter und Arbeitsagenturen 6.1. Kinderbetreuung und Arbeitsvermittlung...3 6.1.1. Kinderbetreuung als Thema der Beratungsgespräche...4 6.1.1.1. Kinderbetreuungsbedarf Ursachen für ein Vermittlungshemmnis...5 6.1.1.1.1. Flexible Arbeitsanforderungen...5 6.1.1.1.2. Kinderbetreuungslücken...5 6.1.1.1.3. Kindertagespflege als Lösungsmöglichkeit...6 6.1.1.1.4 Vorbehalte von Eltern...6 6.1.1.2 Tipps zum Vorgehen...7 6.1.1.2.1 Frage nach Kinderbetreuungsbedarf...7 6.1.1.2.2. Individuelle Lösungsmöglichkeiten...8 6.1.1.2.3. Möglichkeiten der Kindertagespflege...9 6.1.1.2.4. Verständnis für die Eltern...11 6.1.1.2.5. Sensibilisierung ein Thema auch für Betriebe...11 6.1.2 Unterstützung von Eltern bei der Suche nach geeigneten Kinderbetreuungslösungen...11 6.1.2.1 Informationslücken bei Eltern...11 6.1.2.1.1. Überblick...12 6.1.2.1.2 Gesetzlicher Rahmen und gesetzlicher Auftrag...12 6.1.2.1.3. Ausbau der Kindertagespflege...13 6.1.2.1.4. Die Rolle des Jugendamtes...13 6.1.2.1.5. Leistungen für Kinder...13 6.1.2.1.6. Leistungen für Eltern...14 6.1.2.2 Tipps zum Vorgehen...14 6.1.2.2.1. Ansprechpartner benennen...14 6.1.2.2.2 Regionale Informationen bereitstellen...15 6.1.2.2.3 Lokale Bündnisse für Familie...16 6.1.2.2.4 Allgemeine Informationen bereitstellen...16 6.1.3. Informationstransfer an die Kommune...21 6.1.3.1. Aufbau eines Angebots- und Nachfragesystems im Jugendamt...21 6.1.3.2 Arbeitsvermittlung und Jugendhilfeplanung...22 6.1.3.3. Tipps zum Vorgehen...22 6.1.4. Kooperation mit lokalen Akteuren...23 6.1.5. Was können Jobcenter und Arbeitsagenturen darüber hinaus zur Verbesserung der Kinderbetreuung tun?...23 6.1.5.1 Vorhandene Arbeitsstrukturen nutzen eigene Strukturen schaffen...23 6.1.5.2 Eigene Homepage zum Thema Kinderbetreuung / Kindertagespflege aufbauen...24 6.2 Kindertagespflege als Arbeitsfeld...24 6.2.1 Grundinformationen zur Kindertagespflege als Arbeitsfeld...26 6.2.1.1 Beschäftigungsformen in der Kindertagespflege...26 6.2.1.2 Wer eignet sich für Kindertagespflege?...26 6.2.1.3 Verdienstmöglichkeiten und soziale Absicherung...28 6.2.1.3.1 Abhängige Beschäftigung / Angestelltenverhältnis...28 6.2.1.3.2 Selbstständige Tätigkeit...29 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Handbuch Kindertagespflege Seite 1 von 58

6.2.2 Anrechnung von Einnahmen aus der Kindertagespflege auf Leistungen nach dem SGB III bzw. SGB II...29 6.2.2.1 Einnahmen aus der Kindertagespflege...30 6.2.2.1.1 Arbeitslosengeld I (SGB III)...30 6.2.2.1.2 Arbeitslosengeld II (SGB II)...30 6.2.2.1.3 Restriktion: Verfügbarkeit...31 6.2.3 Fördermöglichkeiten...31 6.2.3.1 Qualifizierung...31 6.2.3.2 Gründungszuschuss ( 421 l SGB III)...32 6.2.3.3 Einstiegsgeld ( 16 Absatz 2 Nr. 5 SGB II)...33 6.2.3.4 Eingliederungszuschüsse ( 218 SGB III)...33 6.2.4 Wie können Arbeitsagenturen und Jobcenter den Auf- und Ausbau der Kindertagespflege unterstützen?...33 6.2.4.1 Eignungs-Check...34 6.2.4.2 Qualifizierungsmöglichkeiten aufzeigen und fördern...35 6.2.4.3 Information und Öffentlichkeitsarbeit...36 6.2.4.4 Aufbau und Pflege von Kooperationsstrukturen...36 6.3 Beispiele guter Praxis...36 Beispiel 1: Qualifizierung zur Tagesmutter, Vermittlung und breite Öffentlichkeitsarbeit...38 Beispiel 2: Qualifizierung zur Tagesmutter und Gründung eines Kinderbüros (Vermittlung qualifizierter Tagesmütter an Eltern und Anlaufstelle für Unternehmen) sowie intensive Öffentlichkeitsarbeit...41 Beispiel 3: Modellprojekt Die Wippe - Alt für Jung - Jung für Alt" "...47 Beispiel 4: Qualifizierung zur Tagesmutter in Quedlinburg (Einzelmaßnahme)...48 Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit, Quedlinburg: Tel. 03946 / 527880Beispiel 5: Qualifizierungsmaßnahme in Gotha...48 Beispiel 5: Qualifizierungsmaßnahme in Gotha...49 Beispiel 6: Öffentlichkeitsarbeit Informationsveranstaltungen zum Thema Kindertagespflege 51 Beispiel 7: Bedarfsermittlung, dokumentierte Bestandsaufnahme und Information...52 Beispiel 8: ESF-gefördertes Modellprojekt zum Aufbau der Kindertagespflege des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) des Landes Nordrhein-Westfalen...53 Beispiel 9: Bedarfsgerechte Kinderbetreuung in Hamburg - Unterstützung von Eltern bei Kinderbetreuungsengpässen...54 Beispiel 10: Kinderbetreuungsbörse Ennepetal...55 Beispiel 11: Betriebliche Erst-Ausbildung in Teilzeit (BEAT)...57 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Handbuch Kindertagespflege Seite 2 von 58

6. Jobcenter und Arbeitsagenturen Jobcenter (ARGEn und Optionskommunen) und Arbeitsagenturen sind wichtige Partner beim Ausbau der Kinderbetreuungsangebote in Deutschland. Das gilt in zweifacher Hinsicht. Zum einen können Jobcenter und Arbeitsagenturen ihr Wissen über Betreuungsbedarfe und -probleme aus der Beratung von Arbeitssuchenden mit Kindern (6.1) nutzen und weitergeben. Zum anderen entsteht mit wachsender Tendenz Kindertagespflege als mögliches Arbeitsfeld (6.2), in dem geeignete Arbeitsuchende eine Beschäftigung finden können. Das Engagement für eine bessere Kinderbetreuung lohnt sich aus Sicht von Jobcentern und Arbeitsagenturen, weil sich so die Vermittlungsfähigkeit vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbessert und offene Stellen besser oder schneller besetzt werden können. Außerdem lassen sich mit dem Ausbau der Kindertagespflege neue Beschäftigungsperspektiven für geeignete Arbeitsuchende erschließen. Das Online-Handbuch bietet vielfältige Möglichkeiten, auch für Eltern, sich über das Thema Kindertagespflege umfassend zu informieren. Informieren Sie darum in den Beratungsgesprächen über das Angebot dieser Website. Im Folgenden präsentieren wir Ihnen grundlegende Informationen, die im Beratungsalltag von Jobcentern und Arbeitsagenturen wichtig sein könnten, in konzentrierter Form. Beispiele aus der Praxis, die von Arbeitsagenturen und Jobcentern bereits erprobt und angewendet worden sind (6.3 Praxisbeispiele), sollen Ihnen konkrete Handreichungen für die Umsetzung im Alltag liefern. 6.1. Kinderbetreuung und Arbeitsvermittlung Jobcenter und Arbeitsagenturen verfügen für den Ausbau der Kinderbetreuungsinfrastruktur über wichtige Informationen: Denn bei der Arbeitsvermittlung kennen sie sowohl die Anforderungen von Betrieben an Arbeitszeiten und Flexibilität als auch die eingeschränkte zeitliche Flexibilität vieler Arbeit suchender Eltern, die ihre Kinder betreuen. Aufgrund dieses Wissens Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Handbuch Kindertagespflege Seite 3 von 58

könnten sie dazu beitragen, dass Kinderbetreuung in Deutschland vielfältiger und passgenauer wird. Jobcenter und Arbeitsagenturen können die Problematik der Kinderbetreuung in die Beratung und Vermittlung von Arbeit suchenden einbeziehen (6.1.1), Eltern bei der Suche nach einer geeigneten Kinderbetreuungslösung unterstützen (6.1.2), Informationen über Kinderbetreuungsbedarfe an die Kommunen weiterleiten (6.1.3) und die Intensität und Richtung des Ausbaus der Kinderbetreuung aufgrund ihrer vielfältigen Kontakte vor Ort mit beeinflussen (6.1.4). Das unterstützt nicht nur Familien, sondern trägt gleichzeitig dazu bei, Vermittlungshemmnisse zu beseitigen und führt zu mehr Chancengleichheit am Arbeitsmarkt. 6.1.1. Kinderbetreuung als Thema der Beratungsgespräche Der Beratungsauftrag der Agenturen für Arbeit ergibt sich aus 34 SBG III. Ob und wie das Thema Kinderbetreuung bei den Beratungsgesprächen angesprochen wird, ist im SGB II und SGB III unterschiedlich verbindlich geregelt. Dennoch ist das Thema für Jobcenter wie Arbeitsagenturen gleichermaßen relevant. Wenn unzureichende Kinderbetreuung die Vermittlung in Arbeit behindert oder andere in 34 SGB III genannte Themen berührt, wird der individuelle Bedarf an Kinderbetreuung von den Fachkräften angesprochen, manchmal auch von den Kunden bzw. Kundinnen selbst. Aber auch in vielen Eingliederungsvereinbarungen nach 15 SGB II ist die Organisation der Kinderbetreuung Teil des Vertrags. Um eine optimale Vermittlungsquote zu erreichen, ist es wichtig, die Arbeit Suchenden immer auf die unterschiedlichen Angebote der Kinderbetreuung, auch die Kindertagespflege als flexible Form, aufmerksam zu machen. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Handbuch Kindertagespflege Seite 4 von 58

6.1.1.1. Kinderbetreuungsbedarf Ursachen für ein Vermittlungshemmnis Kinderbetreuungsangebote sind häufig unzureichend oder fehlen ganz. Außerdem ist bei vielen Arbeit suchenden Eltern eine Grundhaltung festzustellen, die sich nur an den Standard-Öffnungszeiten von Kindertageseinrichtung und Schule orientiert. So entsteht ein schwerwiegendes Vermittlungshemmnis. Hinzu kommen oft Unwissenheit und Vorbehalte gegenüber flexibleren Formen der Kinderbetreuung. Die Chancen der Arbeit Suchenden sinken. 6.1.1.1.1. Flexible Arbeitsanforderungen Wenn Mütter und Väter am Berufs- und Arbeitsleben teilhaben wollen, müssen ihre Kinder während der jeweiligen Arbeitszeiten betreut werden. Angesichts der Betreuungsengpässe äußern Arbeit suchende Mütter meist den Wunsch nach Teilzeitbeschäftigung. Doch selbst die klassische Halbtagsstelle ist immer seltener mit verbindlich geregelten Arbeitszeiten von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr verbunden. Die Standard-Arbeitswoche ist insbesondere in dem für Frauen interessanten Dienstleistungssektor zur seltenen Ausnahme geworden. Dagegen nehmen Arbeitsangebote am Spätnachmittag, am Abend, nachts, am Wochenende auch als Teilzeitbeschäftigung weiter zu. 6.1.1.1.2. Kinderbetreuungslücken Das Kinderbetreuungssystem ist auf die Entwicklung, dass Arbeitszeiten zunehmend auf Abende und Wochenenden verlagert werden, kaum eingestellt. Tageseinrichtungen für Kinder sind meist von 8.00 Uhr bis höchstens 17.00 Uhr geöffnet immerhin: Denn für Schulkinder ist eine Betreuung bis in den späten Nachmittag immer noch nicht die Regel. Mancherorts wird selbst für die drei- bis sechsjährigen Kinder nur eine Vormittags- oder eine Nachmittagsbetreuung angeboten. Für Kinder unter drei Jahren gibt es fast überall in Deutschland viel zu wenige Betreuungsplätze. Die zahlreichen Betreuungslücken sollen aber so die Perspektiven des geänderten SGB VIII in den nächsten Jahren geschlossen werden. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Handbuch Kindertagespflege Seite 5 von 58

6.1.1.1.3. Kindertagespflege als Lösungsmöglichkeit Das vorhandene Angebot der institutionellen Kinderbetreuung reicht oft nicht aus, um gleichzeitig familiären und beruflichen Verpflichtungen nachkommen zu können. In vielen Fällen kann Kindertagespflege (insbesondere für Kinder unter drei Jahren) die geeignete Lösung sein. Sie bietet gerade berufstätigen Eltern eine Reihe von Vorteilen. Einige Beispiele sollen zeigen, in welchen Fällen und bei welchen Berufsgruppen Kindertagespflege besonders geeignet ist, weil sich Familie und Beruf mit Standard-Öffnungszeiten von Kitas und Schulen nicht vereinbaren lassen. Beispiele Polizistin, allein erziehend - im Schichtdienst (Teilzeit), Kind zwei Jahre; Krankenschwester im Schichtdienst, Kind vier Jahre, Betreuungsbedarf ergänzend zum Kindergarten; Stellvertretende Geschäftsführerin in einem Restaurant im Schichtdienst, Kind drei Jahre, flexible Betreuung ergänzend zur Tagesstätte; Selbstständige Mutter, zwei Kinder, schulpflichtig und Kindergarten, werden von der Tagesmutter abgeholt und 2-3 Nachmittage betreut; Mutter in Weiterbildung, drei Kinder werden von zwei Tagesmüttern abwechselnd zu Hause betreut; Journalistin, Kind drei Monate, wird von der Tagesmutter flexibel 20 Stunden betreut; Auszubildende als Tierarzthelferin, Kind ein Jahr, 50 Std./Woche Betreuung. 6.1.1.1.4 Vorbehalte von Eltern Gegen flexible Kinderbetreuungsangebote, ob es sich um Kindertagespflege oder kombinierte Kinderbetreuungslösungen handelt, äußern Eltern immer wieder ähnliche Vorbehalte: Sie seien zu teuer, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Handbuch Kindertagespflege Seite 6 von 58

schaden dem Kind, seien nicht verlässlich genug und darum organisatorisch kaum zu bewältigen. Dagegen lässt sich in einem Beratungsgespräch einwenden: 1. Die Kosten der Kindertagespflege können bei Erwerbstätigkeit oder Aus- und Weiterbildung der Eltern/Sorgeberechtigten von der Kommune in Anlehnung an die Finanzierung der Betreuung in Kindertageseinrichtungen zumindest teilweise übernommen werden, je nach Einkommenssituation der Familien (siehe hierzu auch Kapitel 1.4 Finanzierung der Kindertagespflege). 2. Erfahrungen zeigen, dass mehr Flexibilität bei den Kinderbetreuungszeiten nicht zu Lasten der pädagogischen Qualität gehen muss und diese Betreuungsangebote darum von den Familien nicht nur akzeptiert, sondern als Unterstützung bewertet werden. 3. Um die Verlässlichkeit zu erhöhen, hat die Kommune Vertretungslösungen vorzuhalten. Zusätzlicher organisatorischer Aufwand (zum Beispiel das Bringen und Abholen) kann eventuell auch von den Tagesmüttern oder -vätern übernommen werden. 6.1.1.2 Tipps zum Vorgehen Im Folgenden finden Sie eine Reihe von Anregungen für die Beratungspraxis. Manches davon wird bei Ihnen vielleicht schon umgesetzt, anderes könnte Ihre Arbeit noch unterstützen. In jedem Fall sollten Sie die Tipps den Bedürfnissen in Ihrem Jobcenter oder Ihrer Arbeitsagentur anpassen. 6.1.1.2.1 Frage nach Kinderbetreuungsbedarf Nehmen Sie die Frage danach, ob Arbeit Suchende Kinder haben, die betreut werden müssen als Standardfrage in Ihre Beratungsgespräche auf! Sie können sich dabei von dem folgenden Leitfaden anregen lassen. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Handbuch Kindertagespflege Seite 7 von 58

Leitfaden für Vermittler/innen Haben Sie Kinder, die eine Betreuung brauchen? Wie alt ist das Kind / sind die Kinder? Wie ist die Betreuung geregelt? Entstünden bei Annahme des Stellenangebots Betreuungslücken? Wenn ja, zu welchen Zeiten brauchen sie eine Kinderbetreuung? Sind alle Kinder gleichermaßen betroffen? Haben Sie schon eine Lösung? Brauchen Sie Unterstützung bei der Suche? Welche Kinderbetreuungsangebote in Ihrer Nähe kennen Sie? Welches wäre Ihre bevorzugte Kinderbetreuungslösung? Welchen finanziellen Beitrag könnten Sie leisten? 6.1.1.2.2. Individuelle Lösungsmöglichkeiten Machen Sie Arbeit suchende Mütter und Väter darauf aufmerksam, dass es verschiedene, auch flexible und miteinander kombinierbare Möglichkeiten der Kinderbetreuung gibt je nach dem Alter der Kinder und dem konkreten Betreuungsbedarf. Machen Sie deutlich, dass es für jede Familie geeignete Lösungen gibt. Beispiele sind Kindertagesstätte plus Kindertagespflege zu Randzeiten, an denen die Kita noch nicht oder bereits nicht mehr geöffnet ist Schule plus Schulbetreuung plus Kindertagespflege an einzelnen Tagen, wenn die Eltern besonders lange arbeiten müssen Schule plus Kindertagespflege zu den Zeiten, wenn die Eltern bei Bereitschaftsdiensten und/oder am Wochenende arbeiten müssen Kindertagespflege während der gesamten Arbeitszeit der Eltern, wenn diese außerhalb von Öffnungszeiten der Kindertageseinrichtungen liegen. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Handbuch Kindertagespflege Seite 8 von 58

6.1.1.2.3. Möglichkeiten der Kindertagespflege Informieren Sie Eltern über die Leistungen und den Nutzen der Kindertagespflege. Kurzprofil: Das zeichnet die Kindertagespflege aus Familienähnliche individuelle Kinderbetreuung Das Kind wird in der Regel im Haus der Tagesmutter (selten Tagesvater) betreut. Oft betreut diese gleichzeitig noch weitere Tageskinder und, wenn vorhanden und im entsprechenden Alter, ihre eigenen Kinder. So entsteht eine familienähnliche Betreuungssituation. Meist liegt die Tagespflegestelle in der Nähe der elterlichen Wohnung. In besonderen Fällen können Tageskinder auch außerhalb des Hauses der Tagesmutter betreut werden, zum Beispiel in angemieteten Räumen oder auch im Haus ihrer Eltern. Besonders (aber nicht nur) geeignet für sehr kleine Kinder Kindertagespflege ist besonders für Kinder unter drei Jahren zu einer beliebten Betreuungsform geworden, weil das öffentliche Angebot in Kindertagesstätten für Kinder in diesem Alter nicht ausreicht und weil viele Eltern sich wegen der familiären Atmosphäre für Kindertagespflege entscheiden. Für Kinder von 3 Jahren bis zur Einschulung schließt Kindertagespflege oft die Lücke, die durch fehlende Ganztagsplätze in Kindergärten entsteht, denn viele Halbtagesplätze in Einrichtungen lassen nicht einmal eine Teilzeittätigkeit zu. Auch für Schulkinder ist Kindertagespflege eine gute Ergänzung, um bei Unterrichtsausfall, spätem Schulbeginn und an Nachmittagen qualifiziert betreut zu werden. Sehr flexible Betreuung möglich Manche Tagespflegepersonen sind nach Absprache bereit, auf besondere Betreuungsbedürfnisse flexibel einzugehen, so dass ein Kind zum Beispiel früher gebracht oder später abgeholt werden kann oder am Wochenende oder über Nacht (zum Beispiel während einer Dienstreise) betreut wird. Manche Tagesmütter betreuen in Not- oder Ausnahmesituationen sogar Kinder, die sonst nicht regelmäßig bei ihnen betreut werden. Wenn sehr flexible Betreuung benötigt wird, sollten Eltern bereits bei der Auswahl der Tagesmutter klären, ob dies möglich ist. Kindertagespflege wird rechtlich zunehmend der Betreuung in Kindertagesstätten gleichgestellt Die Kindertagespflege wurde 2005 durch die Änderungen im SGB VIII Kinder- und Jugendhilfegesetz deutlich aufgewertet und wird der Betreuung in Kindertagesstätten mehr und mehr gleichgestellt. Daher wird in der nächsten Zeit der Markt für Kindertagespflege in Bewegung kommen. Immer mehr Jugendämter, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Handbuch Kindertagespflege Seite 9 von 58

aber auch die zuständigen Stellen der Bundesländer, setzen auf den Ausbau der Kindertagespflege und arbeiten dabei mit Vereinen und freien Trägern zusammen. Höhere Qualität durch Qualifikation, Beratung und Vertretung Manche Tagesmütter bieten jetzt schon dank ihrer Persönlichkeit, Erfahrung und einer attraktiven Betreuungsumgebung eine Kinderbetreuung mit hoher Qualität. Um aber die gesamte Kindertagespflege systematisch zu einer hochwertigen Form der Kinderbetreuung zu entwickeln und ihre Qualität zu sichern, sind folgende Voraussetzungen zu erfüllen: sorgfältige und professionelle Auswahl der Betreuungspersonen, Qualifikation der Tagespflegeperson speziell für diese Aufgabe, kontinuierliche, systematische Beratung und Begleitung der Tagespflegeperson, aber auch der Eltern, Angebote für Tagesmütter zum Austausch und zur Vernetzung, auch um gegenseitige Vertretung zu ermöglichen. Verfügbarkeit: Gute Kindertagespflege ist immer begehrt Je nach Aktivität von Jugendamt, Vereinen oder Agenturen ist der "Markt" für die Kindertagespflege, also das Angebot, die Bedingungen und die Nachfrage für die Eltern nicht immer leicht zu durchschauen: Wer ist aktiv in der Kindertagespflege? Wie komme ich an eine gute Tagesmutter? Was kostet mich die Kindertagespflege? Wie sind die Tagesmütter qualifiziert? Dennoch gibt es fast nirgends einen Überschuss an guten Tagespflegestellen. Hochwertige Kindertagespflege ist immer begehrt, und freie Plätze sind schnell wieder belegt. Kosten: Die Kosten für die Kindertagespflege werden pro Kind geleistet und schwanken erheblich je nach Region und den Regelungen des örtlichen Jugendamtes. Die Stundensätze liegen für die Eltern zwischen 3,- und 7,- Euro, bei Ganztags- oder Halbtagsbetreuung sind Wochen- oder Monatspauschalen üblich. Unter welchen Bedingungen und in welcher Höhe sich die öffentliche Hand an den Betreuungskosten beteiligt, ist lokal sehr unterschiedlich und beim zuständigen Jugendamt zu erfragen. Zuständigkeit vor Ort: In ihren Grundzügen wird die Kindertagespflege auf Bundesebene geregelt. Die Voraussetzungen für das Angebot vor Ort werden von den Ausführungsbestimmungen der Länder bestimmt. Die konkrete Verfügbarkeit und Qualität der Kindertagespflege hängt jedoch ganz entscheidend vom Engagement des Jugendamtes, von Tagespflegevereinen oder gewerblichen Agenturen ab. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Handbuch Kindertagespflege Seite 10 von 58

6.1.1.2.4. Verständnis für die Eltern Nehmen Sie die Vorbehalte von Eltern gegenüber einer flexiblen Kinderbetreuung sehr ernst. Im Gespräch lassen sich manche persönlichen Einschätzungen überdenken. 6.1.1.2.5. Sensibilisierung ein Thema auch für Betriebe Nutzen Sie auch Ihre Kontakte zu Betrieben, um auf das Thema Kinderbetreuung bzw. Kindertagespflege aufmerksam zu machen. Viele Unternehmen sind inzwischen daran interessiert, an einer verlässlichen Kinderbetreuung für ihre Beschäftigten mitzuwirken. (Siehe auch Kapitel 5) 6.1.2 Unterstützung von Eltern bei der Suche nach geeigneten Kinderbetreuungslösungen Viele Eltern fühlen sich bei der Suche nach einer Kinderbetreuung überfordert, sobald eine Standardlösung wie Kindergarten oder Schule nicht mehr ausreicht. Damit daraus kein Vermittlungshemmnis wird, können Jobcenter und Arbeitsagenturen die Eltern bei der Suche unterstützen. Hauptansprechpartner und kompetenter Berater für Eltern, die eine Kinderbetreuung benötigen, ist in allen Fällen zunächst das Jugendamt. In einigen Regionen gibt es mittlerweile einen Beratungs- und Vermittlungsservice oder eine Kinderbetreuungsbörse. 6.1.2.1 Informationslücken bei Eltern Eltern kennen oft nicht alle Kinderbetreuungsmöglichkeiten vor Ort, besonders wenn sie für ihr erstes Kind eine Betreuung suchen oder neu zugezogen sind. Oft ist es daher hilfreich, sie bei der Arbeitsvermittlung mit aktuellen Informationen über Kinderbetreuungsangebote in der jeweiligen Nähe zu versorgen. Der Aufwand für dieses Informationsangebot ist gering, bringt aber viele Eltern einen Schritt voran. Für eine gute Kinderbetreuung, die zu einem bestimmten Zeitpunkt etwa der Arbeitsaufnahme der Mutter beginnen soll, muss häufig schon früh ein Betreuungsplatz reserviert werden. In vielen Fällen kann Kindertagespflege eine geeignete Lösung sein. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Handbuch Kindertagespflege Seite 11 von 58

6.1.2.1.1. Überblick Die Leistungen der Kindertagespflege sind bundesgesetzlich verankert ( 22, 23, 24 SBG VIII) und von den kommunalen Jugendämtern zu erbringen. Kindertagespflege wird als gleichrangig zur Betreuung in Kindertageseinrichtungen gesehen und soll in den nächsten Jahren ausgebaut werden. Kindertagespflege kann für Eltern eine Alternative oder ergänzende Unterstützung bei Betreuungslücken sein. Unterschiedliche Betreuungsformen sind möglich. Auch die Finanzierung der Kosten der Kindertagespflege und die Kostenbeteiligung der Eltern sind gesetzlich geregelt. 6.1.2.1.2 Gesetzlicher Rahmen und gesetzlicher Auftrag Kindertagespflege ist die regelmäßige Betreuung von Kindern inner- oder außerhalb des Kindeshaushaltes. Sie soll die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit fördern. Die Tagesmutter unterstützt und ergänzt die Familie bei der Bildung, Erziehung und Betreuung des Kindes. Kindertagespflege kommt für Kinder zwischen 0 und 14 Jahren in Frage, vor allem aber für Kinder unter drei Jahren. Kinder haben vom vollendeten dritten Lebensjahr an bis zum Eintritt in die Schule einen Anspruch auf einen Platz in einer Tageseinrichtung. Für sie kann (auch zusätzlich) eine Förderung durch die Betreuung in Kindertagespflege in Frage kommen. Auch für Schulkinder kann die Betreuung in Kindertagespflege eine Alternative sein. Die Grundsätze der Kindertagesbetreuung regelt der 22 SGB VIII gleichermaßen für die Tageseinrichtungen und die Kindertagespflege. In 23 SGB VIII ist im Besonderen die Kindertagespflege geregelt. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Handbuch Kindertagespflege Seite 12 von 58

6.1.2.1.3. Ausbau der Kindertagespflege Kindertagespflege hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Ziel der Novellierung des SGB VIII im Jahr 2005 ist es, nicht nur mehr Plätze in Kindertagespflege bis zum Jahr 2010 zu schaffen, sondern sie zu einer qualitativ anspruchsvollen Betreuungsform weiterzuentwickeln. Sie soll gleichrangig mit der institutionellen Kinderbetreuung zu einer Angebotsform werden, die genauso verlässlich, qualifiziert und flexibel auf die Bedürfnisse von Familien reagiert. Darum wird sie stärker als bisher öffentlich reguliert und kontrolliert. Kindertagespflege soll mit der institutionellen Betreuung vernetzt werden. Detaillierte Informationen zum Ausbau der Kindertagespflege finden Sie in den Empfehlungen des Deutschen Vereins. 6.1.2.1.4. Die Rolle des Jugendamtes Die Jugendämter in den Kommunen sind der Dreh- und Angelpunkt bei der Kindertagespflege: Sie vermitteln Tagespflegepersonen, erteilen die Pflegeerlaubnis und zahlen den Tagesmüttern und vätern ein Entgelt aus. Das Jugendamt stellt zuvor die Eignung der Tagespflegeperson fest und sorgt für eine ausreichende Qualifizierung. Erziehungsberechtigte und Tagespflegepersonen haben einen Anspruch auf Beratung in allen Fragen der Kindertagespflege. Das Jugendamt muss darüber hinaus geeignete Vertretungslösungen bereithalten. Außer dem Jugendamt können freie Träger der Jugendhilfe Aufgaben im Bereich der Kindertagespflege wahrnehmen, zum Beispiel die Vermittlung und Beratung. Gemeinsam ist die Öffentlichkeit über das Angebot der Kindertagespflege zu informieren. Die Länder können weitere Regelungen schaffen. 6.1.2.1.5. Leistungen für Kinder Das Angebot der Kindertagespflege richtet sich insbesondere an Kinder von null bis drei Jahren und an Kinder im schulpflichtigen Alter (bis 14 Jahre). Für Kinder vom vollendeten 3. Lebensjahr an bis zum Schuleintritt besteht ein Rechtsanspruch auf den Besuch einer Kindertageseinrichtung. Dies schließt aber nicht aus, dass Kinder Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Handbuch Kindertagespflege Seite 13 von 58

in diesem Alter auch in Kindertagespflege betreut werden können, da sich Jugendhilfe generell am Bedarf der Eltern ausrichten muss. Eine Kindertagespflege zusätzlich zur Tageseinrichtung kann quantitativ (Ausweitung der Betreuungszeit) oder qualitativ (besonderer Betreuungsbedarf) begründet sein. Der Umfang der täglichen Betreuungszeit richtet sich nach dem individuellen Bedarf. 6.1.2.1.6. Leistungen für Eltern Kindertagespflege ist besonders geeignet zur Betreuung von Kleinkindern und bei ungünstigen Arbeitszeiten der Eltern. Sie kann helfen, Betreuungslücken zwischen den Arbeitszeiten der Eltern und institutioneller Kinderbetreuung in der Kindertagesstätte oder Schule zu schließen. Darauf lässt sich im Rahmen der Arbeitsberatung gezielt hinweisen. 6.1.2.2 Tipps zum Vorgehen Im Folgenden finden Sie eine Reihe von Anregungen für die Beratungspraxis. Manches davon wird bei Ihnen vielleicht schon umgesetzt, anderes könnte Ihre Arbeit noch unterstützen. In jedem Fall sollten Sie die Tipps den Bedürfnissen in Ihrem Jobcenter bzw. Ihrer Arbeitsagentur anpassen. 6.1.2.2.1. Ansprechpartner benennen Ansprechpartner Jugendamt Eltern wissen oft nicht, dass der kompetente Ansprechpartner zur Beratung und Vermittlung von Kinderbetreuungsangeboten auch von Kindertagespflege das zuständige Jugendamt ist. Oft ist es hilfreich, wenn Sie selbst den Kontakt zum Jugendamt herstellen. Ein regelmäßiger Kontakt kann die Zusammenarbeit für alle Seiten erleichtern. Unterstützung bei dieser Aufgabe können die Beauftragten für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt oder die Ansprechpartner in den Jobcentern geben. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Handbuch Kindertagespflege Seite 14 von 58

Weitere Ansprechpartner Mittlerweile gibt es allerdings regional sehr unterschiedlich Tagespflegevereine oder Vermittlungsagenturen für Kinderbetreuung, die den Familien unbekannt sind. Manche Eltern würden es sicher als große Entlastung empfinden, wenn Sie den Kontakt für sie herstellen. Vielleicht ist es sogar sinnvoll, mit einem Tagespflegeverein oder einem Vermittlungsservice kontinuierlich zusammenzuarbeiten. Sehen Sie hierzu auch unter www.tagesmuetter-bundesverband.de. 6.1.2.2.2 Regionale Informationen bereitstellen Broschüren und Adressenlisten aus der Region, aber auch Internetadressen der lokalen Stellen, die zur Tagespflege beraten oder Betreuungsplätze vermitteln, helfen Arbeit Suchenden auf dem Weg, eine geeignete Kinderbetreuung zu finden. Die Informationen sind möglichst gebündelt, präzise und kundenorientiert aufzubereiten. Bei der Zusammenstellung des Informationspaketes sollten Sie alle Gemeinden, die für Ihre Kundinnen und Kunden relevant sein können, berücksichtigen. Stellen Sie das Informationspaket allen Interessierten, auch Ihren Kolleginnen und Kollegen, zur Verfügung. Regionalspezifische Internet-Auftritte zum Thema Kindertagespflege / Kinderbetreuungsangebote (Beispiele): Familien für Kinder ggmbh, Berlin http://www.familien-fuer-kinder.de/ Forum für innovative Kinderbetreuung in Brandenburg http://www.finkbrandenburg.de/ Datenbank Kinderbetreuung Ostwestfalen-Lippe www.kinderbetreuung-owl.de Datenbank Kinderbetreuung in der Emscher-Lippe-Region www.kinderbetreuungplus.de Hessisches Tagespflegebüro http://www.hessisches-tagespflegebuero.de/ca/b/b/ Familienratgeber des nordrhein-westfälischen Ministeriums für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie http://www.mgsff.nrw.de/familienratgeber/familie_und_beruf/kinderbetreuung/privat.htm#8 Darmstädter Bündnis für Familie http://www.familien-willkommen.de/p_derrfj.htm Tagesmütter-Verein, Kreis Schwäbisch-Hall http://www.tagesmuetter-schwaebischhall.de/ Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Handbuch Kindertagespflege Seite 15 von 58

6.1.2.2.3 Lokale Bündnisse für Familie Beim Sammeln von Informationen achten Sie möglichst auf die Lokalen Bündnisse für Familie (siehe hierzu auch: http://www.lokale-buendnisse-fuer-familie.de/), die sich seit zwei Jahren bundesweit etablieren. Hier werden die Vorteile einer Vernetzung und Kooperationsstruktur beim Auf- und Ausbau des Kinderbetreuungsangebots schon in vielfältiger Weise genutzt. Darüber hinaus sind sie ein wichtiger Informationspool, der über das regional oder lokal verfügbare Kinderbetreuungsangebot und vielfältige Initiativen informiert 6.1.2.2.4 Allgemeine Informationen bereitstellen Auch allgemeine Informationen für die Suche und Auswahl von Kindertagespflegeplätzen und -personen können Arbeit suchenden Eltern eine Entscheidungshilfe sein. Hier einige Beispiele und Möglichkeiten: Anforderungsliste Tagesmutter Diese Tabelle soll Ihnen helfen, sich vor der Kontaktaufnahme mit Tagesmüttern über Ihre Wünsche und Anforderungen klar zu werden. So gehen Sie vorbereitet ins Erstgespräch und können zielgerichtet das Wichtigste abfragen. Bitte kreuzen Sie an, wie wichtig Ihnen die Details sind. In der Tabelle finden Sie Kriterien, die für Eltern bei der Auswahl einer Tagesmutter entscheidend sein können. Bitte überlegen Sie, was Ihnen wirklich am Herzen liegt - wenn Sie sehr viele Kriterien als wichtig einstufen, wird die Auswahl natürlich kleiner. Auch wenn eine Tagesmutter nicht alle Ihre Kriterien erfüllt: Sympathie, Vertrauen und ein guter Umgang mit dem Kind ist genau so wichtig wie die angeführten vor allem äußerlichen - Kriterien. Wie wichtig sind Ihnen folgende Merkmale bei einer Tagesmutter? wichtig wünschens -wert nicht wichtig Sie soll bereits Erfahrung als Tagesmutter haben. ο ο ο Sie soll eine Tagesmütter-Fortbildung besucht haben (in vielen Regionen selten). ο ο ο Sie soll eine pädagogische Ausbildung haben (Erzieherin, Kinderpflegerin, etc). ο ο ο Sie sollte unter 30 30 bis 40 über 40 Jahre alt sein. ο ο ο Sie soll perfekt Deutsch sprechen. ο ο ο Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Handbuch Kindertagespflege Seite 16 von 58

Sie darf nicht mehr als 2 nicht mehr als 5 Kinder betreuen. ο ο ο Die Fahrt zur Tagesmutter soll weniger als 15 Minuten weniger als 30 ο ο ο Minuten dauern. Sie darf keine Haustiere haben. ο ο ο Ein Garten bzw. ein Spielplatz in unmittelbarer Nähe muss vorhanden sein. ο ο ο Die Tagesmutter soll täglich mit den Kindern ins Freie gehen. ο ο ο Sie darf nicht rauchen, die Wohnung muss rauchfrei sein. ο ο ο Sie soll auf gesunde Ernährung achten und / oder ο den Kindern keine Süßigkeiten geben. ο ο Ein separates Schlaf/Spielzimmer soll vorhanden sein. ο ο ο Während der Betreuung darf nicht ferngesehen werden. ο ο ο Sauberkeit, Hygiene und Ordnung sollen ihr ο ο ο wichtig sein. Hinweis: Wichtig ist, dass die Kinder spielen können und nicht ständig aufpassen müssen, dass nichts schmutzig wird. Die Tagesmutter soll den Führerschein und ein eigenes Auto haben, z. B. für Ausflüge mit den ο ο ο Kindern. Sie soll eine Vertretung bei Urlaub oder Krankheit ο haben. ο ο Der Stundensatz darf nicht über 3 nicht über 5 nicht ο ο ο über 8 liegen. Die Tagesmutter muss mir sympathisch sein, ich muss Vertrauen zu ihr haben und gut mit ihr kommunizieren können. ο ο ο Leitfaden für das ausführliche Gespräch mit der Tagesmutter Dieser Leitfaden enthält alle Fragen, die für die Auswahl der geeigneten Tagesmutter von Interesse sein könnten. Sie können diese Liste natürlich nach Wunsch ergänzen oder auch einzelne Fragen weglassen, die vielleicht vorher schon beantwortet wurden. Fragen zur Person Wie alt sind Sie? Bei nicht Deutschen: Aus welchem Land kommen Sie, wo wurden Sie geboren? Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Handbuch Kindertagespflege Seite 17 von 58

Welche Personen leben in diesem Haushalt (Ehemann, Kinder)? Zu welchen Zeiten sind sie anwesend? Haben Sie eine Berufsausbildung, welche? In welchem Beruf haben Sie gearbeitet? Zur Tätigkeit als Tagesmutter Seit wann arbeiten Sie als Tagesmutter? Warum haben Sie sich entschlossen, als Tagesmutter zu arbeiten? Haben Sie eine Weiterbildung für Tagesmütter oder andere Kurse (z. B. Erste Hilfe) besucht? Würden Sie dies tun? Wie viele Kinder betreuen Sie derzeit: wie alt, zu welchen Zeiten, wie viele Kinder würden Sie maximal betreuen? Haben Sie eine Pflegeerlaubnis vom Jugendamt? Wie lange möchten Sie voraussichtlich als Tagesmutter arbeiten, gibt es zeitliche Begrenzungen? Haushalt / Familie der Tagesmutter Worauf legen Sie bei der Erziehung von Kindern besonderen Wert? Wird in Ihrem Haushalt geraucht? Wie ist der Umgang mit Fernsehen? Wie der Umgang mit Süßigkeiten? Welche Ernährung bevorzugen Sie? Haben Sie Haustiere? Welche? Welche Vorlieben, Interessen und Hobbys gibt es in Ihrer Familie? Gibt es Besonderheiten bei Ihnen oder in Ihrer Familie? Zur geplanten Betreuung Welche Spielmaterialien haben Sie, für welche Altersstufe? Welche Aktivitäten bieten Sie an? (Spiele, Basteln, Backen, etc.) Machen Sie mit den Kindern Ausflüge? Feiern Sie die Geburtstage Ihrer Tageskinder? Gehen Sie regelmäßig mit den Kindern ins Freie? Gibt es Dinge, die ein Tageskind bei Ihnen nicht darf? Welche? Worauf legen Sie bei der Betreuung / Erziehung der Tageskinder wert? Wie wichtig ist Ihnen Ordnung? Müssen die Tageskinder bei Ihnen aufräumen? Können Sie eine Vertretung anbieten, wenn Sie Urlaub haben oder krank sind? Rechtliche / Finanzielle Voraussetzungen: Welche Versicherungen haben Sie für Ihre Tätigkeit als Tagesmutter (Haftpflichtversicherung erweitert für den Fall der Aufsichtspflichtverletzung / Unfallversicherung)? Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Handbuch Kindertagespflege Seite 18 von 58

Auf welcher Basis arbeiten Sie (öffentlich gefördert über das Jugendamt, selbstständig auf Honorarbasis, Minijob, Festanstellung)? Für Privatzahler: Welchen Stundensatz verlangen Sie? Haben Sie noch andere Beschäftigungen oder Nebenjobs? Wenn ja, in welchem Umfang? Kommunikation mit den Eltern Wie stellen sich Ihre Beziehung zu den Eltern vor? Wie gehen Sie mit Konflikten mit Eltern um? Bieten Sie gemeinsame Aktionen für ihre Tageskinder und deren Eltern an? Checkliste: Was Sie beim Hausbesuch beachten sollten In dieser Checkliste finden Sie einige wichtige Dinge, auf die Sie bei dem Besuch der Tagesmutter achten sollten. Lesen Sie diese Liste vor Ihrem Besuch gründlich durch und nutzen Sie sie als Entscheidungshilfe. Schauen Sie die Liste nach dem Besuch noch einmal an und überlegen Sie sich, welche der genannten Kriterien auf die eben besuchte Tagesmutter zutreffen. Hinweis: In dieser Checkliste werden die einzelnen Merkmale nicht bewertet, denn die Erwartungen von Eltern an eine Tagesmutter sind sehr unterschiedlich. Vereinbarung des Besuches Ideal ist es, wenn bei dem Treffen auch die Tageskinder und / oder die eigenen Kinder der Tagesmutter anwesend sind. So erleben Sie direkt, wie diese mit den Kindern umgeht und wie die Stimmung ist. Vermeiden Sie allerdings betriebsame Zeiten wie die Mittagszeit oder die Bring- und Abholphase am Morgen und am Nachmittag. Beim Hausbesuch Wohnsituation der Tagesmutter Ist die Wohnung geräumig, hell und freundlich? Welche Zimmer sind für die Tageskinder zugänglich und nutzbar? Sind die Zimmer kindgerecht eingerichtet: gibt es genug Platz zum Spielen, keine empfindlichen Gegenstände, die schmutzig werden oder kaputt gehen können? Wie denkt die Tagesmutter über Sauberkeit und Ordnung und wie harmoniert dies mit Ihren eigenen Vorstellungen? Ist die Wohnung kindersicher, oder ist die Tagesmutter bereit, sie kindersicher umzugestalten? Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Handbuch Kindertagespflege Seite 19 von 58

Gibt es einen separaten Raum, wo die Kinder schlafen können? Ist altersgerechtes, vielfältiges Spielmaterial vorhanden? Gibt es einen Garten, Spielplätze oder Grünanlagen in der Nähe? Umgang mit den Kindern Zeigt die Tagesmutter Interesse an den Kindern, hört sie ihnen zu und geht sie auf die Kinder ein? Wirkt sie gelassen oder gestresst? Welchen Erziehungsstil hat die Tagesmutter? Setzt sie Grenzen und Richtlinien? Persönlichkeit der Tagesmutter / Verhalten Ihnen gegenüber Ist sie ruhig oder lebhaft? Wie ist ihre äußere Erscheinung: ungepflegt, gepflegt oder übertrieben gestylt? Ist Sie offen und freundlich oder wirkt sie abweisend oder gehemmt? Hat sie sich auf den Hausbesuch vorbereitet (aufgeräumt, Kaffee gekocht, etc.)? Wie reagiert sie auf Fragen von Ihnen? Kann sie zuhören? Das Wichtigste: Wie fühlen Sie sich? Konnten Sie gut und offen mit der Tagesmutter reden? Fanden Sie die Atmosphäre in der Wohnung angenehm? Denken Sie, dass Sie zu dieser Person eine vertrauensvolle Beziehung aufbauen können? Glauben Sie, dass sich ihr Kind bei der Tagesmutter wohl fühlen wird? Wichtige Internetadressen/ Links, die umfassend über Kinderbetreuung und Kindertagespflege informieren: http://www.deutschland-wird-familienfreundlich.de/familienfreundlich/kinderbetreuung.html Infos zur Förderung der Tagespflege (Bund und Länder) http://www.bildungsserver.de/zeigen.html?seite=3555 Infos zur Tagespflege http://www.bildungsserver.de/zeigen.html?seite=2463 Der Familien-Wegweiser des BMFSFJ http://www.familienwegweiser.de/wegweiser/stichwortverzeichnis,did=38652.html Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Handbuch Kindertagespflege Seite 20 von 58

http://www.kinderbetreuung.de/ Informationen des Tagesmütter- Bundesverbandes http://www.tagesmuetterbundesverband.de/webdateien/ind/indinfo.html 6.1.3. Informationstransfer an die Kommune Job-Center und Arbeitsagenturen, die den Kinderbetreuungsbedarf ihrer Kundinnen und Kunden kennen, können diese wichtigen Daten anonymisiert zur Bedarfsermittlung und zur Gestaltung von Kinderbetreuungsangeboten an die Kommunen liefern. 6.1.3.1. Aufbau eines Angebots- und Nachfragesystems im Jugendamt Eltern wenden sich bei Kinderbetreuungsproblemen nicht regelmäßig an das Jugendamt. Deshalb kommt den Jobcentern, in denen die Kommune gemäß SGB II als Akteur eingebunden ist und die eng mit den kommunalen Einrichtungen kooperieren, eine erhebliche Bedeutung zu. Sie könnten die bei den Beratungsgesprächen festgestellten Kinderbetreuungsbedarfe auf kurzem Dienstweg an die Jugendämter weiterleiten. Die Träger der Grundsicherungsleistungen haben darüber hinaus den Auftrag, bei der Vergabe von Kinderbetreuungsplätzen die Interessen von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen geltend zu machen ( 10 I Nr. 3 SGB II). Wenn Jobcenter und Arbeitsagenturen ihre Informationen über den Bedarf an Kinderbetreuung regelmäßig weiterleiten, unterstützen sie den Aufbau eines differenzierten Angebots-Nachfrage-Systems in der Kommune. Die örtlichen Träger der Jugendhilfe gem. 24a SGB VIII sind verpflichtet, bis zur Schaffung eines bedarfsgerechten Förderangebotes gem. 24 SGB VIII jährlich den aktuellen Bedarf zu ermitteln. Deshalb haben sie ein Interesse daran, auch die aus der Arbeitsverwaltung gemeldeten Daten systematisch zu erfassen. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Handbuch Kindertagespflege Seite 21 von 58

6.1.3.2 Arbeitsvermittlung und Jugendhilfeplanung 24 Abs. 3 SGB VIII erlegt dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe eine objektiv-rechtliche Verpflichtung auf, genügend Plätze in Kindertagespflege bedarfsgerecht vorzuhalten. Die Jugendhilfeplanung muss sich also am Bedarf der Sorgeberechtigten und Kinder orientieren. Jobcenter und Arbeitsagenturen haben aus den Beratungsgesprächen teilweise differenzierte Kenntnisse darüber, welche Berufs- und Personengruppen besonders von fehlenden Kinderbetreuungsangeboten betroffen sind, wo deshalb beim Ausbau Prioritäten gesetzt werden und wie die Kinderbetreuungsangebote gestaltet sein sollten. Sie könnten die Bedarfsermittlung in den Kommunen unterstützen, indem sie ihre Informationen zum Betreuungsbedarf Arbeit suchender Eltern in gebündelter und strukturierter Form an die Jugendhilfeplanung weitergeben. 6.1.3.3. Tipps zum Vorgehen Je mehr und je differenzierter die Informationen über den lokalen Kinderbetreuungsbedarf bei den Jugendämtern ankommen, desto hilfreicher sind sie, und desto besser kann das kommunale Kinderbetreuungsangebot weiterentwickelt werden. Deshalb empfiehlt sich ein regelmäßiger Austausch zwischen Jobcentern, Arbeitsagenturen und Jugendämtern. Gemeinsam könnten möglichst konkrete und differenzierte Bedarfsabfragen bei Arbeit Suchenden mit Kinderbetreuungsbedarf entwickelt werden. Eine förmliche Kooperationsvereinbarung zwischen den beteiligten Institutionen könnte den Informations- und Erfahrungsaustausch erleichtern. Für die Gruppe der unter 25- jährigen Kunden und Kundinnen (erwerbsfähigen Hilfebedürftigen) existiert bereits eine solche Kooperationsvereinbarung zwischen der Bundesagentur für Arbeit und der Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe (AGJ) ( Das SGB II und seine Auswirkungen auf die Kinder- und Jugendhilfe - Empfehlungen für die kommunale Ebene der Kinder- und Jugendhilfe und für die Arbeitsgemeinschaften ) (siehe hierzu auch www.agj.de/pdf/5/2005/sgb2.pdf). Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Handbuch Kindertagespflege Seite 22 von 58

6.1.4. Kooperation mit lokalen Akteuren Jobcenter und Arbeitsagenturen nutzen in vielen Gemeinden ihre vielfältigen Kontakte in Wirtschaft und Verwaltung, um die Bedeutung einer guten Kinderbetreuung für die erfolgreiche Arbeitsmarktintegration auf der politischen Tagesordnung zu halten. Durch ihre Mitwirkungsmöglichkeiten in Gremien können sie Intensität und Richtung des Ausbaus der Kinderbetreuungsinfrastruktur vor Ort beeinflussen. Diese Formen von Zusammenarbeit könnten weiter intensiviert und ausgebaut werden. Nicht nur ein schneller Anruf beim Jugendamt lässt sich im Rahmen des Fallmanagements institutionalisieren. Die enge organisatorische Zusammenarbeit der Jobcenter mit den Kommunalverwaltungen und Jugendämtern lässt sich generell für eine bessere Vernetzung mit lokalen Initiativen (wie den Lokalen Bündnissen für Familie) und zum Aufbau weiterer Aktivitäten nutzen. Eine engere Zusammenarbeit der lokalen Akteure fördert eine differenziertere Bedarfsermittlung und eine bessere Informationsgrundlage, nicht nur für Arbeit suchende Eltern. 6.1.5. Was können Jobcenter und Arbeitsagenturen darüber hinaus zur Verbesserung der Kinderbetreuung tun? Nach den relativ einfachen Unterstützungsmöglichkeiten stellen wir Ihnen jetzt weitere, aber etwas aufwändiger umzusetzende Anregungen für die Beratungspraxis vor. Auch diese Tipps sollten Sie bei Bedarf den Bedürfnissen in Ihrem Jobcenter oder Ihrer Arbeitsagentur anpassen. 6.1.5.1 Vorhandene Arbeitsstrukturen nutzen eigene Strukturen schaffen Die Aufgaben der Arbeitsvermittlung rund um das Thema Kinderbetreuung / Kindertagespflege lassen sich an eine Person oder Arbeitsgruppe delegieren, die sich zum fachlichen Experten im Jobcenter oder in der Arbeitsagentur entwickeln könnte. Die Fachkräfte könnten alle Anregungen und Probleme, die sich im Rahmen der Beratungsgespräche mit den Kunden und Kundinnen ergeben, an die Beauftragten für die Chancengleichheit am Arbeitsmarkt (BCA) oder an die zuständige Expertin bzw. den Experten im Jobcenter weitergeben. Hier könnten Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Handbuch Kindertagespflege Seite 23 von 58

Informationen gebündelt, in einem Expertinnengespräch dargelegt und im dringenden Fall als Anregung an die Kommune weitergeleitet werden. Möglich ist aber auch, einen eigenen Beratungsservice für Arbeit Suchende zum Thema Kinderbetreuung zu organisieren. Vertreter der Arbeitsgemeinschaften / Grundsicherungsträger sollten auch in die Arbeitsgemeinschaften nach 78 SGB VIII bei geeigneten regionalen Strukturen eingebunden werden. Den Kommunen wird empfohlen, einen Vertreter der Jugendhilfe in die Trägerversammlung der ARGE zu entsenden, zumindest aber eine Beteiligung im ARGE-Beirat sicherzustellen. Der Sitz der Arbeitsagentur im Jugendhilfeausschuss könnte im Sinne der Verbesserung der Kinderbetreuungsinfrastruktur vor Ort genutzt werden. Auch Jobcenter könnten darauf hinwirken, in diesem Gremium vertreten zu sein. 6.1.5.2 Eigene Homepage zum Thema Kinderbetreuung / Kindertagespflege aufbauen Jobcenter und Arbeitsagenturen könnten eine Kinderbetreuungsseite in ihre Homepage aufnehmen. Einige Arbeitsagenturen nutzen bereits die Möglichkeiten des Internet, um ihre Projekte zu dokumentieren. 6.2 Kindertagespflege als Arbeitsfeld Der Ausbau der Kindertagespflege-Angebote in Deutschland kann nur gelingen, wenn mehr motivierte und qualifizierte Personen für diese Aufgabe gewonnen werden. Dabei können Arbeitsagenturen und Jobcenter sehr helfen insbesondere durch: eine Sensibilisierung für das Thema Kindertagespflege die Ansprache und Information potenzieller Interessent/innen für den Bereich Kindertagespflege Qualifizierungsangebote und Einsatz weiterer Integrationshilfen Zu der verantwortungsvollen Tätigkeit in der Kindertagespflege darf niemand überredet werden. Interessierte sollten mit den erforderlichen Informationen versorgt und bei der Aufnahme einer Tätigkeit in der Kindertagespflege mit Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Handbuch Kindertagespflege Seite 24 von 58

geeigneten Förderinstrumenten unterstützt werden. So lassen sich mehr legale Beschäftigungsverhältnisse in der Kindertagespflege schaffen. Vertiefung der genannten Punkte Sensibilisierung für das Thema Kindertagespflege Kindertagespflege wird als neues Arbeitsfeld für Arbeitslose bislang kaum beachtet. Die Verdienstchancen in der Kindertagespflege sind eher gering, und sie wird bislang häufig von Hausfrauen und Müttern kleiner Kinder als eine Art Nachbarschaftshilfe geleistet. Die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen zielen darauf ab, Kindertagespflege als Beschäftigungsfeld und zur Absicherung des Lebensunterhaltes interessanter zu gestalten. Arbeitsagenturen und Jobcenter können diese Anstrengung gezielt unterstützen. Ansprache potenzieller Interessent/innen für den Bereich Kindertagespflege Wenn im Zuge der Beratung deutlich wird, dass Arbeit Suchende für dieses Arbeitsfeld geeignet erscheinen oder bereits vorqualifiziert sind, geht es zunächst einmal darum, sie auf Kindertagespflege als mögliches Arbeitsfeld hinzuweisen. Dies ist bei Informationsveranstaltungen für bestimmte Personengruppen (Mütter, Berufsrückkehrerinnen, allein Erziehende, pädagogisch Vorqualifizierte) möglich, aber auch bei der persönlichen Beratung von Arbeit Suchenden. Wenn Interessierte prüfen wollen, ob eine Beschäftigung in der Kindertagespflege für sie tatsächlich attraktiv ist, können Sie bei der Kontaktanbahnung zu regionalen Ansprechpartnern helfen und schriftliches Informationsmaterial zusammenstellen - zu möglichen Beschäftigungsformen, Anforderungen, und Verdienstmöglichkeiten. Qualifizierungsangebote und weitere Förderung Arbeit Suchende, die an einer Tätigkeit in der Kindertagspflege interessiert sind oder dafür geeignet erscheinen, sollten über Qualifizierungsangebote in der Region informiert werden. Einige Arbeitsagenturen haben bereits selbst solche Kurse angeboten und durchgeführt (vgl. Beispiele guter Praxis). Grundsätzlich besteht Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Handbuch Kindertagespflege Seite 25 von 58

darüber hinaus auch die Möglichkeit, selbstständige Tätigkeit in der Kindertagespflege zu fördern etwa durch den Gründungszuschuss (6.2.3.2) bei ALG I-Bezieher/innen (SGB III) oder das Einstiegsgeld (6.2.3.3) bei ALG II- Bezieher/innen (SGB II). 6.2.1 Grundinformationen zur Kindertagespflege als Arbeitsfeld Zur Einschätzung der Chancen, aber auch Grenzen der Eignung der Kindertagespflege als Arbeitsfeld sind die folgenden Informationen für Arbeit Suchende hilfreich: - In welchen Formen wird Kindertagespflege angeboten? - Welche Eignungskriterien sind zugrunde zu legen? - Wie sehen Verdienstmöglichkeiten und soziale Absicherung aus? 6.2.1.1 Beschäftigungsformen in der Kindertagespflege Das Spektrum von Beschäftigungsformen in der Kindertagespflege ist weit gefasst. Es reicht von einer geringfügigen Beschäftigung (Minijob) oder sozialversicherungspflichtigen Anstellung im Haushalt der Eltern ( Kinderfrau ) bis hin zu diversen Formen der selbstständigen Tätigkeit im eigenen Haushalt ( Tagesmutter ). In Einzelfällen besteht die Möglichkeit, als Tagesmutter bei einer Kommune, einer Kindertagesstätte oder einem anderen Träger angestellt zu werden. Diese Option wird mit dem weiteren Ausbau und der Professionalisierung der Kindertagespflege, aber auch durch die Vernetzung der Kinderbetreuungsangebote an Bedeutung gewinnen. Das zuständige Jugendamt gibt Auskunft darüber, welche Formen vor Ort möglich sind. 6.2.1.2 Wer eignet sich für Kindertagespflege? Aus dem Kreis der Arbeit Suchenden kommen in erster Linie pädagogisch vorqualifizierte Frauen in Frage. Eine weitere Zielgruppe sind Mütter oder allein erziehende Frauen, die ein eigenes Kleinkind betreuen und Interesse an der Betreuung weiterer Kinder haben Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Handbuch Kindertagespflege Seite 26 von 58