Transgene Tiere Definition: Ein transgenes Tier besitzt definierte Veränderungen im Genom, die nicht durch klassische Züchtung oder zufällige Mutagenese zu erreichen wären. Beispiele: - Das Gen für Wachstumshormon (GH) wurde mit einem starke Promotor in das Genom der Maus eingepflanzt. - Das Gen für humanes a1-antitrypsin (AAT) wurde in das Genom des Schafs übertragen. - Das Gen für das Prion-Protein (PRP) wurde bei der Maus durch homologe Rekombination inaktiviert (knock out Maus).
Transgene Tiere Wildtyp Maus GH-transgene Maus
Erzeugung transgener Tiere 1. Mikroinjektion von DNA-Konstrukten in befruchtetete Eizellen 2. Intramuskuläre DNA-Injektion 3. Genetische Veränderung von embryonalen Stammzellen (ES) und Erzeugung chimärer Transgene 4. Klonierung von Tieren aus genetisch veränderten Zellen 5. Gentransfer mittels retroviraler Vektoren
Mikroinjektion (1) Spendertier Superovulation Besamung Gewinnung befruchteter Eizellen (Vorkernstadium) in vitro Kultivierung Mikroinjektion des DNA-Konstrukts transferfähiger Embryo
Mikroinjektion (2) transferfähiger Embryo zyklussynchronisertes Empfängertier Embryotransfer Trächtigkeit Geburt Überprüfung auf Integration und Expression des Transgens F1-Generation, F2-Generation transgene Linie transgenes Foundertier
Eigenschaften der Mikroinjektion - stabile Integration des DNA-Konstukts in das Genom - häufig viele Kopien (ca. 10 100) tandemartig wiederholt - Integrationsort zufällig (Positionseffekte!) - Foundertiere besitzen genetisch einheitliche Zellen - experimentell aufwendig (Mikroinjektion, in vitro Kultur der Embryonen)
Intramuskuläre DNA-Injektion - nur einzelne wenige Zellen des Tiers integrieren das Konstrukt - Transgen wird nicht an die Nachkommen weitergegeben - Durchführung sehr einfach - ideal geeignet zur genetischen Immunisierung - DNA besser lager- und transportfähig als Protein-Impfstoffe - einmalige Applikation ausreichend - keine Gefahr durch Lebendimpfstoffe (abgeschwächte Viren)
Gentransfer mittels ES oder durch Klonierung genetisch veränderter Zellen - genetische Veränderung wird an einzelnen Zellen in Zellkultur vorgenommen -durch homologe Rekombination kann man Integrationsstelle steuern - praktisch jede denkbare Modifikation der DNA möglich - ES-Zellen nur für Mäuse verfügbar - Klonierung von Tieren aus differenzierten Zellen bietet prinzipiell die gleichen Möglichkeiten zum Gentransfer wie die Verwendung von ES-Zellen
Expression des Transgens - abhängig vom gewählten Promotor - starke virale Promotoren (CMV, SV40) - endogene Promotoren - induzierbare Promotoren (z.b. Tet R -Promotor) - gewebsspezifische Promotoren (z.b. ß- Lactoglobulinpromotor für Expression in der Milchdrüse) - abhängig vom Integrationsort (Positionseffekt) - abhängig von der Kopienzahl der integrierten Konstrukte - cdna-konstrukte funktionieren häufig nicht gut
Kosten bei der Erstellung transgener Tiere Maus Schwein Schaf Rind Kosten/Tier (DM) 13 320 120 1 040 Kosten/Tag/Tier (DM) 0,40 14 4 24 Betreuungszeit (Anzahl Tiere x Tage) 204 2 412 20 400 30 135 Kosten für ein exprimierendes transgenes Tier (DM) 195 40 000 96 000 873 000
Anwendungsmöglichkeiten transgener Tiere Tiergesundheit - genetische Immunisierung - Übertragung von Resistenzgenen - Modifikation von endogenen Genen Humanmedizin - Produktion therapeutischer Proteine (Bioreaktor, gene pharming) - Produktion von Organen für die Xenotransplantation Verbesserung tierischer Produkte - Fleischleistung (Wachstumshormon) - Fettverteilung, Fettzusammensetzung - Milchzusammensetzung (Lactose-Gehalt, Caseine) - Eigenschaften der Wolle Umweltschutz - Urinzusammensetzung (Reduktion von Phosphat und Nitrat)
Mögliche Ansatzpunkte für die Veränderung der Milchzusammensetzung Gen Effekt Casein verändertes Casein Anti-sense ß-Lactoglobulin Anti-sense Acetyl-CoA-Carboxylase ß-Galactosidase, Lactase spezifische Antikörpergene Steigerung des Proteingehalts Änderung der Verarbeitungseigenschaften Verringerung des ß-Lactoglobulingehalts Verringerung des Fettgehalts Verminderung des Lactosegehalts Mastitisprävention, verbesserte Hygiene der Milch
Erstellung einer transgenen Kuh, die Lactase produziert (Reduzierung des Lactosegehalts in der Kuhmilch) DNA ß-Lactoglobulin- Promotor (Rind) Lactasegen ohne Promotor (Rind oder Mensch) Embryokultur, Embryotransfer transgenes Foundertier (hemizygot) Überprüfung der Integration des DNA-Konstrukts Überprüfung der Expression des Lactase-Gens (= Wird tatsächlich Lactase in der Milch gebildet?) Mikroinjektion des DNA-Konstrukts Aufbau einer transgenen Linie mit homozygot transgenen Tieren
Humane Proteine, die bislang in der Milch transgener Nutztiere produziert wurden: Gen Spezies Konz. [mg/l] Anwendung α1-antitrypsin (AAT) Schaf 35 000 Lungenemphysem γ-interferon (γifn) Schaf 0,02 Krebs Faktor IX (FIX) Schaf 100 Hämophilie Wachstumshormon (GH) Schaf 1 700 Wachstumsstörungen Plasminogen-Aktivator (tpa) Schaf 3 Herzinfarkt, Schlaganfall Fibrinogen Schaf 1 000 Blutersatzprodukte monoklonaler Antikörper Schaf 300 antikörperspezifisch Antithrombin III (ATIII) Ziege 10 Durchblutungsstörungen lange wirksamer Plasminogen-Aktivator (LA-tPA) Ziege 5 Herzinfarkt, Schlaganfall Interleukin 2 (IL2) Kaninchen 0,4 Krebs Protein C (PC) Schwein 0,2 Thrombose Lactoferrin Rind Infektionen, Anämie
Erstellung einer knock out Maus (1) homologe Rekombination Startcodon ATG Stopcodon genomische DNA + 1 2 3 Gen mit 3 Exons DNA-Konstrukt für knock-out neo R HSV-TK homologe DNA-Bereiche Transfektion des DNA-Konstrukts in ES-Zellen homologe Rekombination von Konstrukt und gen. DNA Zellkultur der ES-Zellen Selektion mit G418 (Anwesenheit von neo R ) Selektion mit Ganciclovir (Abwesenheit von HSV-TK) Überprüfung der korrekten Integration des Konstrukts rekombinierte genomische DNA neo R Stopcodon 1 2 3 1. Exon des Gens fehlt, Genprodukt kann nicht mehr gebildet werden
Erstellung einer knock out Maus (2) Erzeugung einer Keimbahnchimäre genetisch modifizierte ES-Zellen Injektion in eine Blastocyste, Implantation in Empfängertier Trächtigkeit Chimäre Maus Überprüfung, ob genetisch modifizierte ES-Zellen zur Keimbahn beigetragen haben Erzeugung heterozygoter F1-Tiere und homozygot Gen-defizienter F2-Tiere (= knock out Mäuse)
Dolly (erstes kloniertes Schaf) Wilmut et al., (1997) Nature 385, 810-813
Polly (Klon eines Faktor IX transgenen Schafs)
Abstammungssicherung in der Tiermedizin? Kommt ein bestimmtes männliches Tier als Vater in Frage? M N V1 V2 3 Systeme: - Blutgruppen - Mikrosatelliten (STR-Typisierung) - AFLP/Fingerprint Quelle: Tosso Leeb, Tierärztl. HS Hannover
Abstammungssicherung in der Tiermedizin Notwendigkeit eines gesicherten Abstammungsnachweises: - Nutzung erblicher Leistungsmerkmale - Vermeidung erblicher Defekte Kennzeichnung von Tieren: (Abhängig von Tierart) Aufnahme des Signalements Tätowierungen Brandzeichen Ohrmarken Geburtsmeldung nach VVO (Tierpass) Mikrochip Quelle: Tosso Leeb, Tierärztl. HS Hannover
Doppellender ( Myostatin-Gen) Blaue Belgier (Belgian Blue): Extreme Bemuskelung (+ 20 %), reine Fleischrasse Muskuläre Hyperplasie (mehr Muskelzellen, Größe normal) Verminderte Fruchtbarkeit Verminderte Milchleistung Häufig Schwergeburten monogenetisch, autosomal rezessiver Erbgang
Erbliche Immunschwäche bei Arabern (SCID) Severe combined immunodeficiency (SCID): Vollständiges Fehlen von B- und T- Lymphozyten Tiere sterben früh an opportunistischen Infektionen monogenetisch, Erbgang autosomal rezessiv Ursache: Mutation im Gen f. d. katalytische Untereinheit d. DNA-Abhängigen Proteinkinase (PRKDC) keine funktionelle DNA-PK, keine VDJ-Rekombination (Sequenzspezifische Rekombination zur Umlagerung von Genen für Immunglobuline und T-Zell-Rezeptoren)