Verordnung zur Vermeidung unbilliger Härten durch Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente (Unbilligkeitsverordnung)



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Transkript:

Referentenentwurf Verordnung zur Vermeidung unbilliger Härten durch Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente (Unbilligkeitsverordnung) A. Problem und Ziel Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erhalten nur Personen, die hilfebedürftig sind. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus dem zur Verfügung stehenden Einkommen und Vermögen oder anderen Sozialleistungen sichern kann. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind nicht zu gewähren, soweit die Hilfebedürftigkeit anderweitig beseitigt werden kann. Insofern gilt insbesondere der im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch verankerte Nachranggrundsatz, wonach Hilfebedürftige vor den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende andere vorrangige Leistungen in Anspruch zu nehmen haben. Nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sind Hilfebedürftige nach Vollendung des 63. Lebensjahres grundsätzlich auch zur Inanspruchnahme einer vorgezogene Altersrente verpflichtet, sofern sie die dafür erforderlichen rentenversicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende haben nach derzeitiger Rechtslage zu prüfen, ob sie einen Hilfebedürftigen im konkreten Einzelfall zur entsprechenden Rentenantragstellung auffordern. Kommt der Hilfebedürftige der Aufforderung nicht nach, kann der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für den Hilfebedürftigen den entsprechenden Rentenantrag stellen. Im Einzelfall kann unter Berücksichtigung der Ziele des Leistungsrechts der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Pflicht, eine vorgezogene Altersrente in Anspruch zu nehmen, angesichts der damit verbundenen Rentenabschlägen unbillig sein. Mit der Rechtsverordnung soll geregelt werden, in welchen Fällen und für welche Dauer ein Hilfebedürftiger auch nach Vollendung des 63. Lebensjahres ausnahmsweise nicht verpflichtet ist, eine vorgezogene Altersrente in Anspruch zu nehmen. B. Lösung Mit der Verordnung sollen Unbilligkeiten vermieden werden, die dadurch entstehen können, dass Hilfebedürftige nach Vollendung des 63. Lebensjahres grundsätzlich zur Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente verpflichtet sind, die mit Rentenabschlägen verbunden ist. Die mit der Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente verbundenen Rentenabschläge stellen nach der Fassung der Verordnungsermächtigung für sich allein keine unbillige Härte dar. Da das Leistungsrecht der Grundsicherung für Arbeitsuchende vorrangig das Ziel hat, erwerbsfähige Hilfebedürftige in Arbeit einzugliedern, damit sie ihren Lebensunterhalt und der mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen ohne staatliche Hilfe sichern können, müssen sich die in der Verordnung zu regelnden Unbilligkeitsgründe an diesem Ziel orientieren.

Die Verordnung regelt zudem, für welche Dauer Hilfebedürftige nach Vollendung des 63. Lebensjahres nicht verpflichtet sind, eine vorgezogene Altersrente in Anspruch zu nehmen. 2 C. Alternativen Keine. D. Finanzielle Auswirkungen 1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand Werden 63-jährige und ältere Hilfebedürftige auf Grund unbilliger Härten nicht in eine Rente mit Abschlägen verwiesen, entstehen dem Bund Mehrkosten bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende für diese Personen, sofern sie nicht aufgrund eigenen Entschlusses von der Möglichkeit des vorgezogenen Rentenbeginns Gebrauch machen. Die Kosten des Bundes belaufen sich in diesem Fall auf 7 Millionen Euro im Jahr 2008 und 14 Millionen Euro im Jahr 2009. Im Jahr 2010 belaufen sich die Mehrkosten auf 30 Millionen Euro und auf 49 Millionen Euro im Jahr 2011. Den Kommunen entstehen Mehrkosten bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung von knapp 2 Millionen Euro im Jahr 2008, ansteigend auf 11 Millionen Euro ab dem Jahr 2011. Aufgrund des späteren Rentenzugangs ergeben sich in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) zunächst vorübergehend Minderausgaben, die sich (inkl. der von der GRV zu tragenden KV-Anteile) auf ein Volumen von bis zu rd. 40 Millionen Euro aufbauen. Da der spätere Rentenzugang mit geringeren Abschlägen erfolgt und daher höhere Rentenausgaben nach sich zieht, ist die Finanzwirkung langfristig ausgeglichen. Den Sozialversicherungsträgern entstehen Mehreinnahmen durch die Beiträge der zusätzlichen Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Dem stehen wegfallende Beiträge von Rentnern an die Kranken- und Pflegeversicherung gegenüber. Im Saldo verbleiben geringe Beitragsmehreinnahmen der Sozialversicherungen, die bis zum Jahr 2011 auf gut 6 Millionen Euro ansteigen können. 2008 2009 2010 2011 Mehrkosten des Bundes bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende 7 14 30 49 Mehrkosten Kommunen bei LfU der 2 3 7 11 Saldierte Auswirkungen auf die SV-Träger GRV 0 1 2 3 GKV 0 1 2 3 PflV 0 0 0 0

3 in Millionen Euro 2. Vollzugsaufwand Durch die Verordnung werden bei den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende Prüfungen anfallen, ob eine unbillige Härte vorliegt und damit keine vorzeitige Altersrente in Anspruch zu nehmen ist. Hierdurch wird der Verwaltungsaufwand geringfügig in nicht quantifizierbarer Höhe erhöht. E. Sonstige Kosten, Bürokratiekosten Der Wirtschaft und insbesondere den mittelständischen Unternehmen entstehen durch diese Neufassung keine Kosten. Auswirkungen auf die Einzelpreise, das allgemeine Preisniveau und das Verbraucherpreisniveau sind nicht zu erwarten. Informationspflichten werden mit dieser Verordnung weder eingeführt noch geändert oder aufgehoben.

4 Referentenentwurf für eine Verordnung zur Vermeidung unbilliger Härten durch Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente (Unbilligkeitsverordnung Unbilligkeits-V) Vom [Datum der Ausfertigung] Auf Grund des 13 Abs. 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch Grundsicherung für Arbeitsuchende (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954, 2955), der durch Artikel 2 des Gesetzes vom 8. April 2008 (BGBl. I S. 681) eingefügt worden ist, verordnet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales: 1 Grundsatz Hilfebedürftige sind nach Vollendung des 63. Lebensjahres nicht verpflichtet eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen, wenn die Inanspruchnahme unbillig wäre. 2 Verlust eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld Unbillig ist die Inanspruchnahme, wenn und solange sie zum Verlust eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld führen würde. 3 Bevorstehende abschlagsfreie Altersrente Unbillig ist die Inanspruchnahme, wenn Hilfebedürftige in nächster Zukunft die Altersrente abschlagsfrei in Anspruch nehmen können. 4 Erwerbstätigkeit Unbillig ist die Inanspruchnahme, solange Hilfebedürftige sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind oder aus sonstiger Erwerbstätigkeit ein entsprechend hohes Einkommen erzielen. Dies gilt nur, wenn die Beschäftigung oder sonstige Erwerbstätigkeit den überwiegenden Teil der Arbeitskraft in Anspruch nimmt. 5 Bevorstehende Erwerbstätigkeit

(1) Unbillig ist die Inanspruchnahme, wenn Hilfebedürftige durch die Vorlage eines Arbeitsvertrages oder anderer ebenso verbindlicher, schriftlicher Zusagen glaubhaft machen, dass sie in nächster Zukunft eine Erwerbstätigkeit gemäß 4 aufnehmen und nicht nur vorübergehend ausüben werden. (2) Haben Hilfebedürftige bereits einmal glaubhaft gemacht, dass sie alsbald eine Erwerbstätigkeit nach Absatz 1 aufnehmen, so ist eine erneute Glaubhaftmachung ausgeschlossen. (3) Ist bereits vor dem Zeitpunkt der geplanten Aufnahme der Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit anzunehmen, dass diese nicht zu Stande kommen wird, entfällt die Unbilligkeit. 5 6 Inkrafttreten Diese Verordnung tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2008 in Kraft.

6 Begründung A. Allgemeiner Teil Hilfebedürftige haben vor Inanspruchnahme der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende andere Leistungen in Anspruch zu nehmen (sog. Nachrang der Grundsicherung für Arbeitsuchende). Seit dem 1. Januar 2008 müssen auch diejenigen (erwerbsfähigen) Hilfebedürftigen, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen, insbesondere ihre Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts einsetzen. Neben dem Einsatz zu berücksichtigenden Einkommens und Vermögens gehört dazu grundsätzlich auch die Inanspruchnahme vorrangiger Sozialleistungen. Hierzu zählt auch eine Altersrente, die vor dem für den Versicherten maßgebenden Rentenalter bezogen werden kann, also der Bezug einer Rente mit Abschlägen. Die Leistungsträger können nach 5 Abs. 3 SGB des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch Hilfebedürftige, die das 63. Lebensjahr vollendet haben, dazu auffordern, eine entsprechenden Rentenantrag zu stellen und nach erfolgloser Aufforderung die Rente mit Wirkung für den Hilfebedürftigen beantragen. Davon unberührt bleibt das Recht der Hilfebebedürftigen, selbst einen Rentenantrag zu stellen, damit sie nicht mehr alle Möglichkeiten nutzen müssen, um ihre Hilfebedürftigkeit zu überwinden. Ausgenommen hiervon bleiben Personen, die nach dieser Verordnung trotz Vollendung des 63. Lebensjahres ausnahmsweise nicht zur Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente verpflichtet sind. Damit werden den Leistungsträgern einheitliche Kriterien zur Beurteilung vorgegeben, ob die Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente im Einzelfall unbillig ist. Mit den Zielsetzungen des Leistungsrechts der Grundsicherung für Arbeitsuchende Überwindung der Hilfebedürftigkeit und Ausübung einer Erwerbstätigkeit ist es vereinbar, bestimmte Personen von der Pflicht zur Inanspruchnahme der Altersrente auszunehmen. Dazu gehören Personen, die in naher Zukunft eine abschlagsfreie Altersrente beziehen können sowie Personen, die bereits sozialversicherungspflichtig oder in vergleichbarem Umfang nicht abhängig beschäftigt sind und Erwerbstätigkeit in einem erheblichen (zeitlichen) Umfang ausüben. Hinzu kommen Personen, bei denen sich deutlich abzeichnet, dass ihre Eingliederungsbemühungen in naher Zukunft mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein werden. Finanzielle Auswirkungen Werden 63-jährige und ältere Hilfebedürftige auf Grund unbilliger Härten nicht in eine Rente mit Abschlägen verwiesen, entstehen dem Bund Mehrkosten bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende für diese Personen, sofern sie nicht aufgrund eigenen Entschlusses von der Möglichkeit des vorgezogenen Rentenbeginns Gebrauch machen. Die Kosten des Bundes belaufen sich in diesem Fall auf 7 Millionen Euro im Jahr 2008 bei rund 900 betroffenen Personen und 14 Millionen Euro im Jahr 2009 bei rund 1.800 betroffenen Personen. Im Jahr 2010 belaufen sich die Mehrkosten für die rund 3.900 betroffenen Personen auf 30 Millionen Euro und auf 49 Millionen Euro für die rund 6.300 betroffenen Personen im Jahr 2011. Den Kommunen entstehen Mehrkosten bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung von knapp 2 Millionen Euro im Jahr 2008 und ansteigend auf 11 Millionen Euro ab dem Jahr 2011.

Aufgrund des späteren Rentenzugangs ergeben sich in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) zunächst vorübergehend Minderausgaben, die sich (inkl. der von der GRV zu tragenden KV-Anteile) auf ein Volumen von bis zu rd. 40 Millionen Euro aufbauen. Da der spätere Rentenzugang mit geringeren Abschlägen erfolgt und daher höhere Rentenausgaben nach sich zieht, ist die Finanzwirkung langfristig ausgeglichen. Den Sozialversicherungsträgern entstehen Mehreinnahmen durch die Beiträge der zusätzlichen Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Dem stehen wegfallende Beiträge von Rentnern an die Kranken- und Pflegeversicherung gegenüber. Im Saldo verbleiben geringe Beitragsmehreinnahmen der Sozialversicherungen, die bis zum Jahr 2011 auf gut 6 Millionen Euro ansteigen können. 2008 2009 2010 2011 7 Mehrkosten des Bundes bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende Mehrkosten der Kommunen bei LfU 7 14 30 49 2 3 7 11 Saldierte Auswirkungen auf die SV-Träger GRV 0 1 2 3 GKV 0 1 2 3 PflV 0 0 0 0 in Millionen Euro Durch die Verordnung werden bei den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende Prüfungen anfallen, ob eine unbillige Härte vorliegt und damit keine vorzeitige Altersrente in Anspruch zu nehmen ist. Hierdurch wird der Verwaltungsaufwand geringfügig in nicht quantifizierbarer Höhe erhöht. Gleichstellungspolitische Auswirkungen Die Auswirkungen dieser Verordnung auf die Gleichstellung von Frauen und Männern wurden geprüft. Durch die mit dieser Verordnung vorgesehenen Änderungen sind keine für Frauen und Männer unterschiedlichen Auswirkungen zu erwarten. B. Besonderer Teil Zu 1 (Grundsatz) Grundsätzlich sind Hilfebedürftige im Sinne des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) nach Vollendung des 63. Lebensjahres verpflichtet, eine vorzeitige Altersrente zum frühest möglichen Zeitpunkt in Anspruch zu nehmen. Ausnahmsweise gilt dies nicht in Fällen, in denen die Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersrente unbillig wäre.

Die 2 5 regeln Fälle, in denen die Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente unbillig ist. Die Leistungsträger haben diese Unbilligkeitsgründe im Rahmen ihrer nach 5 Abs. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch zu treffenden Entscheidungen zu beachten: Sie müssen, wenn Hilfebebedürftige die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente erfüllen und ein Unbilligkeitsgrund vorliegt, von der Aufforderung zur Rentenantragstellung sowie von der eigenen Antragstellung für den Hilfebedürftigen absehen. 8 Zu 2 (Verlust eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld) Die Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente ist insbesondere in den Fällen unbillig, in denen sie aus gesetzlichen oder verfassungsrechtlichen Gründen vom Hilfebedürftigen nicht verlangt werden kann. Ausdrücklich normiert wird der Fall, dass Hilfebedürftige Arbeitslosengeld beziehen, auf das sie für eine bestimmte Dauer und in bestimmter Höhe einen eigentumsrechtlich geschützten Anspruch haben, und ergänzend dazu Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II erhalten. Der Bezug einer Altersrente führt zum (dauerhaften) Ruhen des Anspruch auf Arbeitslosengeld. Hilfebedürftige können daher nicht auf eine vorgezogene Altersrente verwiesen werden, da die Inanspruchnahme der Altersrente zum Verlust des geschützten Anspruchs führen würde. Zu 3 (Bevorstehende abschlagsfreie Altersrente) Nach dieser Vorschrift müssen Hilfebedürftige eine Abschlagsrente nicht in Anspruch nehmen, wenn sie in nächster Zukunft eine abschlagsfreie Altersrente beziehen können, d.h., sie innerhalb von längstens drei Monaten ihre individuelle Regelaltersgrenze für den Bezug einer Altersrente erreichen. Unter Abwägung der Höhe der Abschläge für die gesamte Dauer des Rentenbezugs und des vergleichsweise kurzen Bezugszeitraums von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist es gerechtfertigt, bei Personen, die kurz vor der abschlagsfreien Altersrente stehen, von der Pflicht zur Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente abzusehen. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass den Hilfebedürftigen nur noch ein vergleichsweise kurzer Zeitraum zur Eingliederung in Arbeit zur Verfügung steht. Zu 4 (Erwerbstätigkeit) Die Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass die Ursachen für Hilfebedürftigkeit, insbesondere bei einer bestehenden Erwerbstätigkeit sehr unterschiedlich sein können. Übt eine hilfebedürftige Person eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aus, so trägt sie bereits zu einem nicht unerheblichen Umfang zur Deckung des eigenen Lebensunterhalts bei. Das gleiche gilt für Personen, die aufgrund ihrer nicht abhängigen Erwerbstätigkeit nicht sozialversicherungspflichtig sind, deren Einkommen aber so hoch ist, dass es dem monatlichen Bruttoeinkommen eines sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von derzeit mindestens 400 Euro entspricht. Die abhängige Beschäftigung oder sonstige Erwerbstätigkeit muss zudem in einem zeitlichen Umfang ausgeübt werden, der zeigt, dass die hilfebedürftige Person ihre Arbeitskraft überwiegend zur Verringerung der Hilfebedürftigkeit einsetzt; reine Nebenerwerbstätigkeiten scheiden damit aus. Mit der Zielsetzung, die Eingliederung in Arbeit zu fördern, wäre es nicht vereinbar, gerade diese in Arbeit eingegliederten Personen zur Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente zu verpflichten. Zu 5 (Bevorstehende Erwerbstätigkeit) Zu Absatz 1

Die Regelung berücksichtigt, dass Hilfebedürftigen, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, seit dem 1. Januar 2008 unverzüglich eine Arbeit oder Arbeitsgelegenheit angeboten werden soll. Sofern die Eigenbemühungen des Hilfebedürftigen und die Vermittlungsbemühungen des Leistungsträgers mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine alsbaldige Arbeitsaufnahme erwarten lassen, wäre es kontraproduktiv, diese Bemühungen dadurch zunichte zu machen, dass die Betroffenen sofort mit Vollendung des 63. Lebensjahres zur Rentenantragstellung verpflichtet sind. Daher ist nicht zur Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente verpflichtet, wer glaubhaft machen kann, dass er in nächster Zukunft (längstens drei Monate) eine sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit oder eine Erwerbstätigkeit mit einem entsprechend hohen Einkommen und mit einem zeitlichen Umfang, die den überwiegenden Teil der Arbeitskraft in Anspruch nimmt, aufnehmen und nicht nur vorübergehend ausüben wird. Nach dieser Vorschrift können Hilfebedürftige längstens bis zur konkret beabsichtigten Beschäftigungsaufnahme nicht in eine Altersrente verwiesen werden. An die Glaubhaftmachung durch den Hilfebedürftigen sind strenge Anforderungen zu stellen, um Leistungsmissbrauch zu verhindern. Insbesondere die Pflicht zur Glaubhaftmachung anhand schriftlicher Zusagen soll verhindern, dass Hilfebedürftige Formen der nicht abhängigen Beschäftigung nur zu dem Zweck aufnehmen, den Verweis in die Altersrente zu vermeiden. Eine bloße Bescheinigung, die die Tragfähigkeit einer geplanten selbständigen Tätigkeit bestätigt, reicht danach ebenso wenig aus, wie die schriftliche Einladung zu einem Vorstellungsgespräch. Zu Absatz 2 Um zu verhindern, dass bei Hilfebedürftigen dauerhaft von der Pflicht zur Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente abgesehen wird, ohne dass diese durch Ausübung einer Erwerbstätigkeit zu einer wesentlichen Minderung ihrer Hilfebedürftigkeit beitragen, wird mit Absatz 2 klargestellt, dass die Glaubhaftmachung der alsbaldigen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nur einmal und nur für die Zeit bis zur geplanten Aufnahme der Erwerbstätigkeit die Pflicht zur Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente suspendiert. Zu Absatz 3 Hilfebedürftige, die glaubhaft gemacht haben, demnächst eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, sind bis zur geplanten Aufnahme der Beschäftigung nicht zur Inanspruchnahme der vorgezogenen Altersrente verpflichtet. Steht allerdings bereits vor dem Termin der geplanten Aufnahme der Erwerbstätigkeit fest, dass diese nicht aufgenommen oder ausgeübt werden, so ist eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass jede vorrangige Sozialleistung in Anspruch zu nehmen ist, nicht mehr gerechtfertigt. Der Hilfebedürftige ist dann zur Inanspruchnahme der vorgezogenen Altersrente verpflichtet. Zu 6 (Inkrafttreten) Die Verordnung tritt ebenso wie die im Siebten Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze geregelte Verordnungsermächtigung rückwirkend zum 1. Januar 2008 in Kraft. Damit wird sichergestellt, dass auch in den Fällen, in denen zwischen 1. Januar 2008 und Erlass der Verordnung aufgrund des Auslaufens der Regelung in 65 Abs 4 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch Hilfebedürftige nach Vollendung des 63. Lebensjahres zur Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente aufgefordert worden sein könnten, dieselben einheitlichen Kriterien gelten. 9