Zwangsarbeit in der Hamburger Kriegswirtschaft 1939-1945



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Transkript:

Hintergrundinformationen zur Publikation Zwangsarbeit in der Hamburger Kriegswirtschaft 1939-1945 Landeszentrale für politische Bildung, Hamburg Freundeskreis KZ-Gedenkstätte Neuengamme e.v. KZ-Gedenkstätte Neuengamme Zwangsarbeit in Hamburg - Ein Überblick Ausländische Zwangsarbeitskräfte waren während des 2. Weltkriegs in allen Bereichen der nationalsozialistischen Kriegswirtschaft anzutreffen. Der Historiker Mark Spoerer 1 schätzt die Gesamtzahl der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter zwischen 1939 und 1945 auf 13,5 Millionen. Unter diesen wird unterschieden zwischen den zivilen Arbeitskräften mit knapp 8,5 Millionen, den Kriegsgefangenen mit etwas über 4,5 Millionen und den KZ-Häftlingen mit rund 1,5 Millionen Menschen. Jede der drei genannten Gruppen von Zwangsarbeitskräften unterstand einer anderen Institution des nationalsozialistischen Staates: zivile Arbeitskräfte dem Arbeitsamt und der Deutschen Arbeitsfront sowie dem Ausländerreferat der Gestapo, Kriegsgefangene der Wehrmacht, KZ-Häftlinge der SS. Innerhalb dieser drei Gruppen existierten Unterschiede in der Behandlung der Zwangsarbeitskräfte, die sich je nach der ideologischen Bewertung der Nationalität im Rahmen der nationalsozialistischen Rassenhierarchie weiter differenzierten. Die anfänglichen Erwartungen der Nationalsozialisten, in den besetzten Ländern genügend Freiwillige für den Arbeitseinsatz in Deutschland gewinnen zu können, wurden schnell enttäuscht. 1

Um dem Arbeitskräftemangel begegnen zu können, wurde daraufhin in vielen Regionen eine Arbeitspflicht eingeführt. Insbesondere in Polen und der Sowjetunion wurden die Menschen mit brutalen Mitteln erfasst und nach Deutschland deportiert. Im Rahmen der Recherchen für ihre Dissertation zum Thema Zwangsarbeit in der Hamburger Kriegswirtschaft ist die Historikerin Friederike Littmann zu dem Ergebnis gekommen, dass in Hamburg während der Kriegsjahre insgesamt rund 500.000 Menschen als Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter eingesetzt waren: Männer, Frauen und Kinder. Untergebracht waren sie in annähernd 1300 Lagern, die über das gesamte Stadtgebiet verteilt lagen. Etwa 1000 Hamburger Unternehmen aller Wirtschaftszweige setzten Zwangsarbeitskräfte ein, außerdem wurden sie in zahllosen Haushalten und auf Bauernhöfen beschäftigt. Viele der Arbeitskräfte aus Polen und der Sowjetunion waren noch minderjährig, als sie nach Hamburg verschleppt wurden. Kinder, die zusammen mit ihren Eltern nach Hamburg kamen, mussten z. T. leichtere Arbeiten im Lager verrichten, in einigen Betrieben wurden Kinder ab 10 Jahren zur Arbeit herangezogen. Im März 1941 waren 8819 ausländische Frauen und Männer in der Hamburger Kriegswirtschaft eingesetzt. Im August 1941 betrug die Zahl bereits 28.612, und am 30. September 1944 wurden 63.478 Zwangsarbeitskräfte gezählt: 50.656 Männer und 12.822 Frauen. In manchen Betrieben lag der Anteil der Zwangsarbeitskräfte bei bis zu 70%. Der Hamburger Gauleiter Karl Kaufmann entschied im März 1941, dass alle ausländischen Arbeitskräfte in Lagern unterzubringen seien, um so eine bessere Überwachung zu gewährleisten. Es gab Lager unter der Verwaltung der Deutschen Arbeitsfront (DAF), Lager unter ausschließlicher Verwaltung der Betriebe, sowie Mischformen, bei denen die DAF nur den Lagerleiter stellte. Außerdem wurden Gemeinschaftslager eingerichtet, in denen mehrere Betriebe ihre ausländischen Arbeitskräfte unterbrachten. Viele der Lager waren Barackenlager, aber auch Schulen, Festsäle in Gasthäusern, Lagerhäuser und andere Gebäude dienten als Unterkünfte für Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter. Verpflegt wurden sie meist von Werksküchen oder großen Fernverpflegungsküchen. Das Essen war in Menge und Qualität unzureichend, insbesondere für die osteuropäischen Arbeitskräfte; ständiger Hunger und Unterernährung waren die Folge. Der Einsatz der osteuropäischen Arbeitskräfte erfolgte im Spannungsfeld von wirtschaftlicher Notwendigkeit und rassenideologischen Bedenken. So wurden die Lebensbedingungen der sowjetischen und polnischen Arbeitskräfte durch strenge Anweisungen und Regeln bestimmt. Sie mussten Abzeichen auf ihrer Kleidung tragen, die sie auf den ersten Blick als Ausländerinnen und Ausländer erkennbar machten: Die polnischen Arbeitskräfte trugen ein P, die sowjetischen Arbeitskräfte ein Zeichen mit den Buchstaben OST (Ostarbeiter). Es bestanden strenge Auflagen, ob und wann das Lager verlassen werden durfte, Kontakte zur deutschen Bevölkerung waren streng verboten (Liebesbeziehungen zu Deutschen wurden meist mit dem Tod bestraft), es durften keine Gottesdienste besucht werden und für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel war eine Genehmigung erforderlich. Bei so genannter Arbeitsbummelei, Fluchtversuchen oder Diebstahl wurde die Gestapo eingeschaltet. Neben Gefängnisstrafen konnten die befristete Einweisung in das Arbeitserziehungslager Langer Morgen in Hamburg-Wilhelmsburg oder die unbefristete Überstellung in ein Konzentrationslager verfügt werden. Wurde ein Verhalten als Rebellion oder Sabotage ausgelegt, kam es zu Erschießungen durch die Gestapo. So wurden im 2

November 1943 fünf russische Arbeiterinnen der Firma Noleiko aus Hamburg-Ottensen hingerichtet, nachdem sie und ihre Kameradinnen sich geweigert hatten, verdorbene Nahrungsmittel zu essen. Besonderer Gefahr waren die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter während der Bombenangriffe ausgesetzt. Häufig durften sie die Schutzräume nicht aufsuchen. So starben 140 sowjetische Arbeiterinnen der Valvo-Werke in Hamburg-Lokstedt im Juni 1944, als eine Bombe direkt in den Splittergraben fiel, der ihnen als einziger Schutz diente. Noch schlimmeren Bedingungen waren die Häftlinge des Konzentrationslagers Neuengamme und seiner Außenlager ausgesetzt. Der Arbeitseinsatz dort nahm keinerlei Rücksicht auf das Leben der Menschen, ihr Tod wurde nicht nur in Kauf genommen, sondern war beabsichtigt. Neben den SS-eigenen Unternehmen in Neuengamme mussten die Häftlinge auch für verschiedene private und öffentliche Betriebe arbeiten. Ab 1944 entstanden allein im Hamburger Stadtgebiet 20 Außenlager des KZ Neuengamme. In vielen von ihnen wurden junge Jüdinnen aus Polen, Tschechien und Ungarn untergebracht, die im KZ Auschwitz bei den Selektionen als arbeitsfähig eingestuft und zum Arbeitseinsatz ins Deutsche Reich geschickt worden waren. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen der KZ-Häftlinge sind mit denen der zivilen ausländischen Arbeitskräfte nicht zu vergleichen, sie standen unter dem Vorzeichen der Vernichtung durch Arbeit. Gegen Ende des Krieges waren sich die politischen und wirtschaftlichen Führungskräfte Hamburgs einig in dem Bestreben, möglichst viele der ausländischen Arbeitskräfte, die als Sicherheitsrisiko und potentielle Unruhestifter angesehen wurden, vor dem Einmarsch der britischen Truppen aus der Stadt zu bringen. Während es gelang, das KZ Neuengamme und seine Außenlager zu räumen, verblieben von den übrigen ausländischen Zwangsarbeitskräften jedoch viele in der Stadt und erlebten dort ihre Befreiung durch die britischen Truppen. Bis zum 10. Mai 1945 registrierten die Briten 571 Lager mit ausländischen zivilen Arbeitern, Kriegsgefangenen und wenigen KZ-Häftlingen. Bis zur Rückkehr in ihre Heimatländer wurden sie in Lagern für Displaced Persons (DP-Lagern) untergebracht und mit dem Nötigsten versorgt. 1 Mark Spoerer: Zwangsarbeit unter dem Hakenkreuz. Ausländische Zivilarbeiter, Kriegsgefangene und Häftlinge im Deutschen Reich und im besetzten Europa 1939-1945. München 2001. Gesamtzahl abzüglich der Doppelzählungen (z.b. ins KZ eingewiesene Zwangsarbeiter). Hinweise zur Datengrundlage Bei den Recherchen zu ihrer Dissertation hat die Historikerin Friederike Littmann unterschiedliche Quellen in- und ausländischer Archive ausgewertet und Listen erstellt der nachweisbaren Lager für ausländische Zwangsarbeitskräfte in Hamburg sowie der Unternehmen, die diese zur Arbeit einsetzten. Ursprünglich nicht zur Veröffentlichung bestimmt, gewann diese Zusammenstellung an Bedeutung im Zusammenhang mit den Leistungen der Bundesstiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft, als Tausende von ehemaligen Zwangsarbeitskräften Nachweise für die von ihnen geleistete Zwangsarbeit benötigten. Die vorliegenden Informationen wurden in eine Datenbank übertragen, die es ermöglichte, schnell nach Namen von Lagern und Firmen zu suchen. Bewusst wurde dabei die Vielfalt der Informationen beibehalten: So kann u. U. ein Lager unter verschiedenen Bezeichnungen geführt werden. Alle Angaben basieren auf historischen 3

Quellen, voneinander abweichende Angaben spiegeln die Unterschiedlichkeit der Quellen wider. Die Datenbank erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Für diese Veröffentlichung wurde die Datenbank überarbeitet, offensichtliche Doppelnennungen und Ungenauigkeiten wurden korrigiert. Die Karte und die in ihr enthaltenen Informationen sind trotzdem in erster Linie als Anregung zu weiteren Forschungen zu verstehen, zumal die ausgewerteten Quellen meist keine umfassenden Angaben zu den einzelnen Lagern und ihren Insassen geben. Offen bleibt demzufolge für viele Lagerstandorte, wie lange sie bestanden haben, wie hoch die Belegungsziffern waren und woher die dort untergebrachten Menschen kamen. Wenn möglich, wurde die Verknüpfung zwischen Lagern und Unternehmen hergestellt. Nicht für alle Unternehmen, die Zwangsarbeitskräfte einsetzten, ist jedoch feststellbar, wo sie diese unterbrachten. Umgekehrt sind nicht allen Lagern Unternehmen zuzuordnen. Weitgehend unbekannt und deshalb in der Karte nicht abgebildet sind die Adressen, an denen einzelne ausländische Zwangsarbeitskräfte auf Bauernhöfen, in Privathaushalten oder kleinen Handwerksbetrieben untergebracht und zur Arbeit eingesetzt waren. Weitere Hinweise zur Quellengrundlage können über das Archiv der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Jean-Dolidier-Weg 75, 21039 Hamburg, Telefon 040-428 131 537 erfragt werden. Die Verortung der Lagerstandorte in der Karte wurde vom Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung, Hamburg, vorgenommen. Je präziser die historische Adresse eines Lagers, um so genauer konnte es in der aktuellen Karte lokalisiert werden, umgekehrt konnten Lager ohne genaue Adresse nur entsprechend ungenau verzeichnet werden. Konsultieren Sie bitte die Hilfefunktion in der Karte für weitere wichtige Hinweise! Weiterführende Hinweise Literatur: Zwangsarbeit Karl-Heinz Biehl: Zwangsarbeit im Hanseatischen Kettenwerk (HAK) in Langenhorn. Erinnerungsberichte, Firmengeschichte. Hamburg, 2005. Erhältlich bei: Willi-Bredel-Gesellschaft Geschichtswerkstatt, Im Grünen Grunde 1b, 22337 Hamburg. Soja Derlein, Katharina Schultz: Wenn ich die Hoffnung auf Befreiung verloren hätte, wäre ich nicht am Leben geblieben... Tamara Nassononwa als Zwangsarbeiterin in Hamburg 1942-1945. Erhältlich über das Heisenberg-Gymnasium, Triftstr. 4, 21075 Hamburg. Mit dem Bertini-Preis 2004 ausgezeichnete, sehr umfangreiche Schülerarbeit. Ulrich Herbert: Fremdarbeiter. Politik und Praxis des Ausländer-Einsatzes in der Kriegswirtschaft des Dritten Reiches. (Neuauflage). Bonn 1999. Das wissenschaftliche Standardwerk. Jörn-Uwe Lindemann: Wir wurden Roboter Zwangsarbeit in Bergedorf. In: Kultur- und Geschichtskontor (Hg.): Bergedorf im Gleichschritt. Ein Hamburger Stadtteil im Dritten Reich. Ham- 4

burg 1995. Seite 101-118. Basierend auf dem Bericht einer ehemaligen Zwangsarbeiterin aus der Ukraine. Friederike Littmann: Zwangsarbeiter in der Kriegswirtschaft. In: Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg (Hg.): Hamburg im Dritten Reich. Göttingen 2005. S. 225-245. Friederike Littmann: Ausländische Zwangsarbeiter in der Hamburger Kriegswirtschaft 1939-1945. (Forum Zeitgeschichte, Bd. 16). München, Hamburg 2006. Eine umfangreiche und auf vielfältigem Quellenmaterial basierende Studie, als Dissertation vorgelegt. Friederike Littmann: Kriegsgefangene in Hamburg. In: KZ-Gedenkstätte Neuengamme (Hg.): Zwangsarbeit in Norddeutschland. (Beiträge zur Geschichte der nationalsozialistischen Verfolgung in Norddeutschland, Bd. 8). Bremen 2004. Seite 19-45. Hans-Kai Möller: Ein verdrängtes Kapitel. Rüstungsproduktion und Zwangsarbeit in der Metallindustrie. In: Stadtteilarchiv Ottensen e.v. (Hg.): Ohne uns hätten das gar nicht machen können. Nazi-Zeit und Nachkrieg in Altona und Ottensen. Hamburg 1985. Seite 74-99. Museum für Bergedorf und die Vierlande (Hg.): Zwangsarbeit in Bergedorf. Stationen einer verlorenen Jugend. (Schlossheft Nr. 7). Bergedorf 2001. Mit vielen Berichten ehemaliger Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, Fotos und Dokumenten. Andreas Seeger: Der Tod eines Zwangsarbeiters. Bremen 2003. Ein polnischer Zwangsarbeiter wird wegen seiner Liebesbeziehung zu einer Deutschen zum Tode verurteilt und hingerichtet. Sven Tode: Fremd- und Zwangsarbeiter im Dritten Reich. In: Henri Labrie: Von Königsberg nach Hause. Erinnerungen eines niederländischen Zwangsarbeiters 1942-1945. Herausgegeben, kommentiert und mit einem Vorwort versehen von Sven Tode. (Hamburger Wirtschafts- Chronik, Beiheft 4). Hamburg 2002. S. 11-30. Videofilm: Wir hätten ins KZ kommen können Wiedersehen nach 57 Jahren. Maria und Lydia erinnern sich. Ein Videofilm von Jürgen Kinter (im Auftrag des Freundeskreis KZ-Gedenkstätte Neuengamme e. V.). Gefördert von der Senatskanzlei der Freien und Hansestadt Hamburg. Länge 41 Minuten, Hamburg 2003. Erhältlich in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, auch als DVD. Die Ukrainerin Maria und die Hamburgerin Lydia arbeiteten während des Krieges in dem Wilhelmsburger Betrieb Martin Merkel. Anlässlich eines Wiedersehens im Jahr 2002 erinnern sich beide an die damalige Zeit und ihre Freundschaft. Literatur: KZ-Zwangsarbeit Herbert Diercks (Hg.): Verschleppt nach Deutschland. Jugendliche Häftlinge des KZ Neuengamme aus der Sowjetunion erinnern sich. Herausgegeben im Auftrag des Freundeskreis KZ- Gedenkstätte Neuengamme e. V. Bremen 2000. 5

Schicksale von 69 ehemaligen Häftlingen werden thematisch gegliedert vorgestellt, jedes Kapitel beginnt mit einer Einführung in den jeweiligen Themenkomplex. Das Buch ist zeitgleich in einer russischen Ausgabe erschienen. KZ-Gedenkstätte Neuengamme (Hg): Zeitspuren. Die Ausstellungen. Bremen 2005. Katalog zu den drei ständigen Ausstellungen in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme mit den Haupttexten in drei Sprachen (dt., engl., frz.). Ausstellungen Die einzige noch erhaltene Zwangsarbeiter-Baracke in Hamburg steht im Wilhelm-Raabe-Weg 23 in Fuhlsbüttel. Sie wird betreut durch die Willi-Bredel-Gesellschaft-Geschichtswerkstatt e.v., die dort eine kleine Ausstellung eingerichtet hat. Öffnungszeiten und Absprachen für Führungen telefonisch unter 040-59 11 07. Mobilisierung für die Kriegswirtschaft: KZ-Zwangsarbeit in der Rüstungsproduktion. Ausstellung auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Neuengamme in den ehemaligen Walther-Werken. Jean- Dolidier-Weg 75, 21039 Hamburg. Besuchsprogramm für ehemalige Zwangsarbeiter Der Freundeskreis KZ-Gedenkstätte Neuengamme führt seit dem Jahr 2001 im Auftrag des Hamburger Senats das Besuchsprogramm für ehemalige Zwangsarbeiter durch. Über 200 ehemalige Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus der Ukraine, aus Weißrussland und Russland, aus Lettland, Litauen, Polen und der Tschechischen Republik haben Hamburg bereits besucht. Beim Freundeskreis befindet sich ein großer Bestand an Briefen, Fotos und Erinnerungsberichten ehemaliger Zwangsarbeiter. Eine Einsicht ist nach Verabredung möglich: Freundeskreis KZ- Gedenkstätte Neuengamme, Jean-Dolidier-Weg 75, 21039 Hamburg, Telefon: 040-88 30 13 95. Stadtteil-Forschung Hinweise bei Recherchen in den Stadtteilen können die Geschichtswerkstätten und Stadtteilarchive geben (z. B. zu genauen Standorten von Firmen, Straßenumbenennungen, etc.). Adressen und Informationen unter www.hamburger-geschichtswerkstaetten.de. Internetseiten www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de Internetseite der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, u. a. Publikationsliste, Übersicht über die pädagogischen Angebote, Veranstaltungshinweise. Link zum Freundeskreis KZ-Gedenkstätte Neuengamme e.v. www.hamburger-geschichtswerkstaetten.de Links zu den Geschichtswerkstätten und Stadtteilarchiven in Hamburg. www.stiftung-evz.de Informationen über die Arbeit der Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft und die finanziellen Leistungen an ehemalige Zwangsarbeiter. 6

www.fonds-ez.de Informationen über die Arbeit des Zukunftsfonds Erinnerung und Zukunft, über Fördermöglichkeiten z. B. für Begegnungsprojekte mit ehemaligen Zwangsarbeitern und andere Projekte. www.ns-zwangsarbeit-im-unterricht.de Datenbank mit Unterrichtsprojekten. www.politische-bildung.hamburg.de Internetseite der Landeszentrale für Politische Bildung Hamburg. Hinweise auf Publikationen, Veranstaltungen, Angebote. Impressum Herausgeber Landeszentrale für Politische Bildung Hamburg Steinstraße 7 20095 Hamburg Freundeskreis KZ-Gedenkstätte Neuengamme e.v. Jean-Dolidier-Weg 75 21039 Hamburg KZ-Gedenkstätte Neuengamme Jean-Dolidier-Weg 75 21039 Hamburg Kartenmaterial und Verortung der Lagerstandorte Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung, Hamburg Basis der Darstellung: Digitale Stadtkarte von Hamburg im Maßstab 1:20.000. Vervielfältigt mit Zustimmung der Freien und Hansestadt Hamburg, Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung, Vorgangsnummer: 241-05-016-0. Datengrundlage Alle Angaben basieren auf der wissenschaftlichen Arbeit von Dr. Friederike Littmann. Die Daten wurden für diese Veröffentlichung von Thomas Käpernick überarbeitet. Die Angaben zu den Außenlagern des KZ Neuengamme im Hamburger Stadtgebiet stammen aus dem Archiv der KZ-Gedenkstätte Neuengamme. 7

Wir danken Frau Dr. Littmann für die Bereitstellung ihrer Datenbank. Fotos Freundeskreis KZ-Gedenkstätte Neuengamme e.v. Archiv KZ-Gedenkstätte Neuengamme Konzeption, Programmierung zeile2 GbR, Johannes Textor, Lübeck Grafische Gestaltung o2id. Hochgürtel + Lohse, Lübeck Text für das Booklet Katharina Hertz-Eichenrode c 2007 Landeszentrale für Politische Bildung Hamburg; KZ-Gedenkstätte Neuengamme; Freundeskreis KZ-Gedenkstätte Neuengamme e.v. Kopierwerk: ODS Optical Disc Service Auflage: 3.000 Stück Hamburg, Mai 2007 ISBN: 3-929728-84-2 8