Mitgliedermitteilung Nr. II.7/2014 Kö Fahrerlaubnis auf Probe 1. Wann wird die Fahrerlaubnis auf Probe erteilt? Beim erstmaligen Erwerb einer Fahrerlaubnis wird diese grundsätzlich auf Probe erteilt. Dies gilt nicht für die Klassen AM, L und T. Auch der Inhaber der Prüfbescheinigung für Mofa (Mofa 25) unterliegt keiner Probezeit. 2. Wie lange dauert die Probezeit? Die Probezeit dauert zwei Jahre. Sie beginnt mit der Erteilung der Fahrerlaubnis. Das heißt mit der Aushändigung des Führerscheins. Wenn statt des Führerscheindokuments ersatzweise eine befristete, nur im Inland geltende, Prüfbescheinigung erteilt wird, beginnt damit die Probezeit. Das ist insbesondere beim Begleiteten Fahren ab 17 der Fall. 3. Wann verlängert sich die Probezeit und wie lange läuft sie maximal? Wenn wegen eines schwerwiegenden Verkehrsverstoßes innerhalb der Probezeit die Teilnahme am Aufbauseminar angeordnet worden ist, verlängert sich die Probezeit um zwei auf insgesamt vier Jahre. 4. Hat der Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis bei einem Umzug nach Deutschland eine Probezeit? Der Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis unterliegt unabhängig von einem (freiwilligen) Umtausch den Regelungen über die Fahrerlaubnis auf Probe, sofern der Führerschein jünger als zwei Jahre ist und es sich um die erste Fahrberechtigung handelt. 5. Unterliegen auch Inhaber einer umgetauschten ausländischen Fahrerlaubnis (Drittstaat) bei der deutschen Fahrerlaubnis den Regeln zur Probezeit? Wenn für eine außerhalb der EU- oder EWR-Staaten erworbene Fahrberechtigung eine deutsche Fahrerlaubnis ausgestellt wird, ist für die Berechnung der verbleibenden Probezeit auf den Zeitpunkt der Erteilung des ausländischen Führerscheines abzustellen. Ein Zeitraum, in welchem der Inhaber zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland nicht berechtigt war, wird nicht berücksichtigt.
2 6. Wirkt sich eine Beschlagnahme des Führerscheins oder eine Entziehung auf die Probezeit aus? Vorläufige führerscheinrechtliche Maßnahmen bezüglich der Fahrerlaubnis (z. B. Beschlagnahme oder Sicherstellung) hemmen den Ablauf der Probezeit bis zur Aufhebung der Maßnahme. Die Probezeit verlängert sich insoweit. Bei einer Fahrerlaubnisentziehung endet die Probezeit vorzeitig. Das gilt auch, wenn der Inhaber auf die Fahrerlaubnis verzichtet. Wenn später die Fahrerlaubnis neu erteilt wird, beginnt eine neue Probezeit im Umfang der Restdauer. 7. Welche Zuwiderhandlungen haben Konsequenzen für die Probezeit? Eintragungspflichtige Verstöße, die im Fahreignungsregister mit Punkten bewertet werden, ziehen je nach Schwere des Delikts führerscheinrechtliche Konsequenzen mit sich. Relevant sind: die Verurteilung zu einer Geldbuße ab 60 Euro die Verhängung eines Fahrverbotes der Entzug einer Fahrerlaubnis die strafrechtliche Verurteilung im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr. Verstöße, die nicht mit Punkten geahndet werden (z. B. Falschparken), sind für den Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe nicht mit besonderen Maßnahmen belegt. 8. Wie werden die relevanten Zuwiderhandlungen bewertet? Es gibt zwei Gruppen von Verstößen, in die die Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten eingestuft werden: Gruppe A: Gruppe B: schwerwiegende Zuwiderhandlungen (z. B. Rotlichtverstoß, Alkoholfahrt, mehr als 20 km/h zu schnell gefahren) weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen (z. B. Handyverstoß, Verstoß gegen zulassungsrechtliche Vorschriften) Zwei Zuwiderhandlungen der Gruppe B entsprechen einem Delikt nach Gruppe A. Begeht der Führerscheininhaber einen in Gruppe A genannten Verstoß oder zwei Verstöße nach Gruppe B, lösen die rechtskräftigen Entscheidungen Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde aus. 9. Auf welchen Zeitpunkt kommt es bei der Zuwiderhandlung an? Die Tat muss innerhalb der Probezeit begangen worden sein. Auf den Tag der späteren Rechtskraft kommt es insofern nicht an.
3 10. Was passiert wenn zwischenzeitlich die Probezeit abläuft? Auch nach Ablauf der allgemeinen Probezeit können Maßnahmen angeordnet werden, wenn die Tat innerhalb der Probezeit erfolgte und laut Verkehrszentralregister noch verwertet werden darf, also noch nicht tilgungsreif ist. 11. Wie kommt die Führerscheinstelle an die Information über entsprechende Verstöße? Das Kraftfahrt-Bundesamt unterrichtet die zuständige Fahrerlaubnisbehörde über entsprechende Eintragungen nach Rechtskraft. 12. Welche Maßnahmen werden ergriffen? Es gibt ein dreistufiges Sanktionssystem: 1. Stufe: Wer in der Probezeit eine schwerwiegende oder zwei weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen begangen hat, wird zur Teilnahme am Aufbauseminar verpflichtet; die Probezeit verlängert sich um zwei Jahre. 2. Stufe: Wer nach der Teilnahme am Aufbauseminar innerhalb der nunmehr verlängerten Probezeit erneut einen schwerwiegenden oder zwei weniger schwerwiegende Verstöße begeht, wird schriftlich verwarnt. Dem Inhaber der Fahrerlaubnis auf Probe wird zudem nahe gelegt, innerhalb von zwei Monaten (freiwillig) an einer verkehrspsychologischen Beratung teilzunehmen. Stufe 3: Wer nach Ablauf dieser zweimonatigen Frist abermals einen schwerwiegenden oder zwei weniger schwerwiegende Verstöße begeht, dem wird die Fahrerlaubnis entzogen. 13. Wie ist das Aufbauseminar ausgestaltet? Es gibt zwei Arten von Aufbauseminaren: Beim gewöhnlichen Aufbauseminar unterrichten Fahrlehrer Gruppen mit mindestens sechs und höchstens zwölf Teilnehmern. Der Kurs besteht aus vier Sitzungen von jeweils 135 Minuten Dauer in einem Zeitraum von zwei bis vier Wochen. Zwischen der ersten und zweiten Sitzung ist eine Fahrprobe von mindestens 30 Minuten Dauer durchzuführen. Das besondere Aufbauseminar wird durch amtlich anerkannte Verkehrspsychologen durchgeführt. Es ist für Fahranfänger vorgesehen, die unter Einfluss von Alkohol oder Drogen am Straßenverkehr teilgenommen haben. Es wird ebenfalls in einer Gruppe mit sechs bis zwölf Teilnehmern durchgeführt. Nach einem Vorgespräch sind drei Sitzungen von jeweils 180 Minuten in einem Zeitraum von zwei bis vier Wochen zu absolvieren. Außerdem müssen die Teilnehmer zwischen den Sitzungen Kursaufgaben anfertigen.
4 14. Welches Ziel haben die Aufbauseminare? Durch Gruppengespräche, Verhaltensbeobachtungen in der Fahrprobe, Analyse problematischer Verhaltensbeobachtungen und durch weitere Informationsvermittlung soll das gewöhnliche Aufbauseminar ein sicheres und rücksichtsvolles Fahrverhalten vermitteln. Im besonderen Aufbauseminar werden die Ursachen, die zu der Anordnung geführt haben, diskutiert und Möglichkeiten für deren Beseitigung erörtert. Durch die Entwicklung geeigneter Verhaltensmuster soll ein Rückfall vermieden werden. 15. Wann erhält der Fahrerlaubnisinhaber eine Teilnahmebescheinigung? Der Teilnehmer des gewöhnlichen Aufbauseminars muss dafür nur sämtliche festgesetzte Termine besucht haben. Beim besonderen Aufbauseminar ist die bloße Teilnahme nicht ausreichend; auch die Anfertigung der Kursaufgaben ist entscheidend. Eine Verweigerung führt dazu, dass keine Teilnahmebescheinigung ausgestellt wird. Eine Prüfung ist bei beiden Seminaren nicht erforderlich. 16. Was ist die verkehrspsychologische Beratung und welchen Vorteil hat sie? Die Beratung findet durch einen amtlich anerkannten Verkehrspsychologen in Form von Einzelgesprächen statt. Diese können durch eine Fahrprobe ergänzt werden. Der Fahranfänger soll veranlasst werden, Mängel in seiner Einstellung zum Straßenverkehr und im verkehrssicheren Verhalten zu erkennen und die Bereitschaft zu entwickeln, diese Mängel abzubauen. Die freiwillige Teilnahme wird seit dem 01.05.2014 nicht mehr mit einem Punkteabzug belohnt. 17. Wann wird die Fahrerlaubnis entzogen und wie schnell darf eine neue Fahrerlaubnis erteilt werden? Erst nach dem Aufbauseminar und der weiteren Verwarnung wird bei erneuter Begehung in der Probezeit die Fahrerlaubnis entzogen. Sie darf frühestens nach 3 Monaten neu erteilt werden. Die Teilnahme oder Nichtteilnahme an der verkehrspsychologischen Beratung ist dabei irrelevant. 18. Bedarf es für die Wiedererteilung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU)? Nein, eine MPU ist nicht erforderlich. Erst wenn nach einer Neuerteilung in der (Rest-) Probezeit erneut ein schwerwiegender oder zwei weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen begangen werden, wird die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle von der Fahrerlaubnisbehörde angeordnet. 19. Welche Rechtsmittel gibt es? Gegen die Anordnung des Aufbauseminars und die Entziehung der Fahrerlaubnis sind Widerspruch und anschließende Anfechtungsklage möglich. Um die sofortige Wirkung trotz Rechtsmittel zu verhindern, muss ein Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung gestellt werden. Hier ist anwaltliche Hilfe notwendig.
5 19. Gelten für den Inhaber des Führerscheins auf Probe besondere Verhaltensregeln? Der Konsum alkoholischer Getränke während der Fahrt ist für den Inhaber des Führerscheins auf Probe verboten. Auch der Fahrtantritt unter der Wirkung alkoholischer Getränke ist nicht erlaubt. Dies ist der Fall, wenn der aufgenommene Alkohol zu einer Veränderung physischer oder psychischer Funktionen führen kann. In der Praxis wird das ab einem Wert von 0,2 Alkohol im Blut oder 0,1 mg/l Alkohol in der Atemluft angenommen. Der Verstoß wird mit einem Regelsatz von 250,-- sanktioniert und im Fahreignungsregister mit 1 Punkt bewertet. Die rechtskräftige Ahndung der Tat führt zur Anordnung eines Aufbauseminars und Verlängerung der Probezeit von 2 auf 4 Jahre. Kontakt Sollten Sie Fragen zu diesem oder anderen rechtlichen Problemen haben, so können Sie sich als ADAC Mitglied kostenfrei an Ihre Clubjuristen unter der Telefonnummer 089 / 76 76-24 23 oder per E-Mail an recht@adac.de wenden. Auch im Internet stehen wir Ihnen unter www.adac.de/rechtsberatung kostenfrei zur Verfügung. Wünsche und Anregungen senden Sie bitte an servicerecht@adac.de.