Die Bibel Die Bibel ist das Heilige Buch der Christen. Sie wird deshalb auch Heilige Schrift genannt. Bibel Bibel (aus dem Griechischen) heißt nichts anderes als Buch. Was wir darunter verstehen ist aber im Grunde genommen, eine ganze Sammlung von Büchern, an der sehr viele Menschen geschrieben haben und die in mehr als tausend Jahren entstanden ist. Die Bibel ist eine ganze Bibliothek zwischen zwei Buchdeckeln. Aus diesem Grunde sind die vielen Bücher der Bibel auch sehr unterschiedlich. Inhalt Die Bibel handelt von Freude und Leid, Leben und Sterben, Liebe und Hass. In ihr wird deutlich, dass Gott diese manchmal missratene Welt nicht sich selbst überlassen hat. Der Schöpfer hat an der Geschichte des Volkes Israel teilgenommen und uns durch Jesus sein menschliches Gesicht gezeigt. Die Bibel hat zwei große Teile oder Testamente. Testament bedeutet Bund. In der Bibel lesen wir vom Bund zwischen Gott und den Menschen. AT: Das Altes Testament, auch Hebräischen Bibel genannt ( alt klingt etwas abwertend im Sinne von vergangenem). NT: Das Neue Testament Das Alte Testament Die Bücher der Hebräische Bibel wurden in der Zeit zwischen 1000 und 100 v. Chr. geschrieben, wobei manche Geschichten noch viel älter sind. Bis auf kleine Teile wurden diese Bücher ursprünglich in hebräischer Sprache geschrieben. Die Verfasser waren Angehörige des Volkes Israel: Propheten, Priester und Weisheitslehrer. In der Hebräischen Bibel finden wir die Geschichte des Volkes Israels mit Gott, Gesetze (z.b. die 10 Gebote), Gebete (Psalmen) u.v.m. Die Hebräische Bibel hat drei Teile: - Geschichtsbücher - Weisheitsbücher - Prophetenbücher Am bekanntesten sind die ersten fünf Geschichtsbücher, die fünf Bücher Mose. Die Juden nennen diese Bücher auch Tora, das heißt Weisung (Gottes). Diese Bücher haben auch lateinische Namen: 1. Genesis (Ursprung, Entstehung) 2. Exodus (Auszug aus Ägypten) 3. Levitikus (Gesetz für die Leviten, Priester) 4. Nummeri (Volkszählung) 5. Deuteronomium (zweites Gesetz) Die Hebräische Bibel ist gleichzeitig das Heilige Buch der Juden (Tenach geannnt) und verbindet somit Christen und Juden miteinander. Auch wenn wir Christen das Neuen Seite 1 von 5
Testament kennen, ist die Hebräische Bibel ebenso wichtig, denn diese Bücher waren die Bibel der ersten Christen und die Bibel von Jesus. Auch wenn heute manches im Alten Testament überholt ist (z.b. der Gedanke, dass sich Gott nur ein einziges Volk erwählt hat. Gott liebt alle Menschen!), haben diese Bücher heute noch einen eigenen Wert. Das Neue Testament Die Bücher des Neuen Testamentes wurden zwischen 50 und 120 n. Chr. auf Griechisch geschrieben. Hier finden wir: - Geschichtsbücher: Erzählungen vom Leben Jesu (Evangelien 1 ) und Erzählungen vom Leben der ersten christlichen Gemeinden (Apostelgeschichte 2 ) - Briefe der ersten Christen (von Paulus u.a.) - ein prophetisches Buch (Offenbarung oder Apokalypse) Überlieferung Die Bibel ist weder vom Himmel gefallen, noch wurden die wenigsten Bücher am Stück von einem einzigen Autor geschrieben. Manche Ereignisse wie den Auszug aus Ägypten erzählten sich die Israeliten jahrhundertelang am Lagerfeuer in immer neuen Varianten, bis sie endlich niedergeschrieben wurden. Als die Geschichten dann endlich aufgeschrieben waren, wurden sie immer wieder neu geschrieben, immer wieder für die Gegenwart aktualisiert. Die alten Geschichten wurden nicht verfälscht, sondern immer wieder neu gedeutet, nichts anderes also als was Pfarrer beim Predigen machen. Die neuen Interpretationen wurden aber nicht mit Fußnoten am Text kenntlich gemacht, sondern sind in den Text eingegangen, mit ihm untrennbar verschmolzen. Die biblischen Texte gingen somit einen langen Weg gegangen, bis sie in der Gestalt unverändert festgehalten wurden in der wir sie heute kennen. All diese Prozesse kann man heute noch gut erkennen. Heute besitzen wir nämlich keine Urbibel, sondern Hunderte fragmentarischer Schriftstücke aus ganz verschiedenen Jahrhunderten. Diese weichen sowohl im Detail, als auch im großen Zusammenhang, voneinander ab. Welche Textfassung ist nun die Wahre? Ich würde sagen alle, alle haben für ihre Zeit ihre ganz persönliche Wahrheit. In der Antike begannen die Schriftgelehrten dann eine Textfassung unveränderlich einzufrieren. Daran durfte nichts mehr geändert werden, denn die damaligen Menschen hielten diese Schriften für von Gott diktiert und eingegeben (inspiriert). Neben der Festlegung des Wortlautes geschah in der Antike noch etwas ganz entscheidendes: Die Sammlung der biblischen Bücher. Jahrhunderte dauerte der Prozess, bis fest stand, welche Bücher zur heiligen Schrift gehören sollten und welche nicht. Im ersten Jahrhundert nach Christi Geburt war die Sammlung der Schriften des Alten Testaments abgeschlossen. Für das Neue Testament wurden zunächst die Briefe von Paulus zusammengestellt, danach wurden die Evangelien gesammelt. Der heutige Umfang des Neuen Testamentes wurde zum ersten Mal in einem Brief von Bischof Athanasisus 367 nach Christus genannt. Für ihre Auswahl legten die Gelehrten folgendes Kriterium an: sie 1 In vier Büchern, die nach ihren Verfassern benannt sind, wird erzählt von dem, was Jesus von Nazareth gesagt und getan hat. Diese Bücher nennt man Evangelien. Evangelium heißt übersetzt frohe Botschaft. 2 Ein Apostel ist ein Bote des christlichen Glaubens. Der Begriff wird allerdings nur auf die ersten Christen angewandt. Seite 2 von 5
sammelte alle Schriften, von denen man damals annahm, dass sie auf einen Apostel zurückgehen. Alle Bücher, die es nicht schafften in die Sammlung der Schriften (= Kanon) aufgenommen zu werden, werden Apokryphen genannt, d.h. verborgene Bücher. Das sind keine Geheimbücher, sondern Bücher, die als nicht ganz so wichtig eingestuft wurden und deshalb nicht so bekannt wurden wie die Bücher der Bibel. Es gibt alttestamentliche Apokpryhen (in manchen Bibeln mit abgedruckt) und neutestamentliche Apokryphen. Die Entscheidungen von damals machten einige Schriften weltberühmt, während andere in Vergessenheit gerieten. Wir müssen also wissen, unsere Bibel ist eine Auswahl. Das Wirken Gottes geht weit über sie hinaus, bis hin in unsere Gegenwart hinein. Übersetzungen Die Bibel ist das meistübersetzte Buch der Welt. Bereits in der Antike gab es erste berühmte Übersetzungen, z.b. die Spetuaginta, die Übersetzung des AT ins Griechische oder die Vulgata, die Übersetzung der griechischen Bibel ins Lateinische. Martin Luther hat als erster die Urtexte (und nicht irgendwelche schlechten Übersetzungen) in ein für jedermann verständliches Deutsch übersetzt. Die Lutherübersetzung ist heute eine Bibelübersetzung, die sich an der ursprünglichen Übersetzung Luthers orientiert. Diese Übersetzung ist v.a. in evang. Gottesdiensten in Gebrauch. Im kath. Bereich wird die sogenannte Einheitsübersetzung verwendet. Daneben gibt es aufgrund von verschiedenen Übersetzungsprinzipien zahlreiche Übersetzungen: Übersetzungen, die sich stark am Urtext orientieren (Elberfelder) oder Übersetzungen, die sich mehr an der modernen Sprache orientieren (Gute Nachricht, Unsere Hoffnung, Neues Leben). Gottes Wort? Die Bibel wird auch Gottes Wort genannt und ist von ihrer Entstehung zugleich ein durch und durch menschliches Buch. Ein Buch voller Spannungen und Widersprüche. Ein Gelehrter hat es einmal so auf den Punkt gebracht: Die Bibel ist Gotteswort in Menschenwort. Gottes Wort begegnet uns verpackt in zutiefst menschlichen Gedanken. In der Bibel sagt uns nicht Gott, wie er ist, sondern wir lesen von Menschen, die mit dem Denken und der Sprache ihrer jeweiligen Zeit von ihren Erfahrungen mit Gott berichten. Einheit und Zentrum? Gottes Wort begegnet uns in der Bibel auf über 1000 Seiten. Wenn wir die Bibel richtig fassen wollen, dann müssen wir deshalb die einzelnen Aussagen gewichten. Jesus hat das getan. Für ihn ist die Mitte der Schrift die Liebe, die Liebe zu Gott, zum Nächsten und zu sich selbst (vgl. Mk 12,28-34). Was ist allen Schriften gemeinsam? Es ist der Glaube an den Gott Israels, also der Glaube an einen persönlichen Gott, der uns Menschen und alles Leben geschaffen hat und unser Bestes will. Aus diesem Glauben sind die Bücher der Bibel geschrieben worden. Wie lese ich die Bibel? Bibellesen will gelernt werden. Keiner kann von einem Tag zum anderen alles verstehen, aber jeder kann es erlernen. Manches in der Bibel leuchtet beim ersten Lesen auch heute noch unmittelbar ein. Anderes ist für uns heutige Menschen schwer verständlich. Seite 3 von 5
Eigentlich ist das kein Wunder, schließlich ist unsere Bibel nicht erst zehn, Hundert oder Tausend Jahre alt. Die ältesten Schriftstücke sind dreitausend Jahre alt. Manche Passagen haben eine noch längere mündliche Geschichte. Ich weiß nicht, wie alt das zweitälteste Buch ist, das sie bisher gelesen haben. Ich zumindest lese gewöhnlich nicht in Büchern die älter sind als unsere Klassiker Goethe oder Schiller. Die Bibel nun ist zum Teil zehnmal so alt wie diese. Was aber hat sich nicht alles in den letzen zwei-, dreitausend Jahren verändert. Diese Predigt habe ich am Computer geschrieben. Mose soll die zehn Gebote in Stein geritzt haben. Es liegen Welten zwischen uns und der Welt der Bibel. Es ist also kein Wunder, dass die Bibel nicht nur das meistgelesene Buch der Welt ist, sondern auch das am häufigsten missverstandene ist. Die Bibel ist zunächst keine Nachrichtenzeitung. Die Autoren der Bibel waren keine Historiker. Vieles ist Jahre, im alten Testament sogar Jahrhunderte nach den Ereignissen aufgeschrieben. Trotzdem erfahren wir im alten Testament erstaunlich viel über die Geschichte des alten Orients, jedoch aus Betroffenheit heraus geschrieben und theologisch gedeutet und nicht aus der Distanz eines neutralen Betrachters. Auf jeden Fall sind die historischen Darstellungen der Bibel in der Regel wesentlich zuverlässiger als manche populärwissenschaftliche Bestseller. Jeden Tag halten wir Texte unterschiedler Art in unseren Händen: Gebrauchsanweisungen, Kochrezepte, Nachrichtenmeldungen, Science-Fiction-Romane, Gedichte und vieles mehr. Um einen Text zu verstehen müssen wir beachten, um welche Art von Text es sich jeweils handelt. Eine Fantasiegeschichte sagt uns etwas anderes als die neuste Meldung aus aller Welt. Ein Gedicht will anders gelesen werden als eine Packungsbeilage. Auch in der Bibel finden sich verschiedenste Textformen. Die Angabe, um was für eine Art von Text es sich jeweils handelt fehlt aber. Nehmen wir als Beispiel einfach einmal den ersten Text der Bibel (Gen 1,1-2,4a): Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Nicht nur in Amerika wird dieser Text von fundamentalistischen Christen plump wörtlich verstanden. Sie lesen dieses Gedicht wie einen naturwissenschaftlichen Bericht. Der uns unbekannte Verfasser dieses Textes hat aus seiner damaligen Sicht bereits viel von der Evolution erkannt. Er beschreibt, wie die Welt nach und nach entstanden ist, zuerst die einfachen, dann komplexere Lebewesen. Und doch war er ein Kind seiner Zeit. Er wusste noch nichts von unserer Atmosphäre. Er sah Wasser vom Himmel kommen und in das Erdreich versickern und stellte sich die Erde deshalb von Wasser umgeben vor. Dieser Text ist heute naturwissenschaftlich nicht mehr aktuell, aber er ist theologisch noch topaktuell. Denn die Kernaussage dieses Textes, dass Gott diese Welt geschaffen hat, wird auch von vielen Naturwissenschaftlern heute unterstützt. Fundamentale Christen, die platt und oberflächlich behaupten: Ich halt mich an die Bibel, kommen mit diesem Vorhaben bereits im zweiten Kapitel der Bibel an ihre Grenzen. Dort finden wir nämlich erneut eine Schöpfungsgeschichte (Gen 2,4b-25), aus einer noch älteren Zeit. Diese Geschichte widerspricht der ersten in den Details. Der Mensch wird hier zum Beispiel am Anfang und nicht am Ende geschaffen. Diese Geschichte trägt aber die gleiche Wahrheit in sich, wie die erste Schöpfungsgeschichte: Gott hat diese Welt geschaffen und nicht wir selbst. Zwei Geschichten, die sich also auf den ersten Blick widersprechen und doch beide wahr sind. Seite 4 von 5
Die Bibel versteht man also am Besten, wenn man sich zuerst überlegt: Wie war das eigentlich ursprünglich, als dieser Text geschrieben wurde? Was wollte der Textschreiber damals sagen? Die Propheten redeten zuerst ihre Zeitgenossen an. Paulus schrieb an die Römer und an die Korinther und nicht an die Kasseler. Erst dann sollte gefragt werden: Was will l Gott uns heute damit sagen? Nicht alles, was damals seine Bedeutung hatte, ist heute noch genauso aktuell. Oder kennen sie jemanden, der Gott heute noch Schlachtopfer darbringt, so wie es seitenlang im 3. Buch Mose gefordert wird? Die Bibel darf nicht nur wörtlich verstehen werden. Biblische Texte stammen aus einer Zeit, wo es noch keine objektiven, rein sachlichen Erzählungen gab. Biblische Texte erzählen manchmal mit Hilfe von bildhaften Geschichten von Vorgängen, die in uns stattfinden. Wir lesen von unsichtbaren Gottesbegegnungen in bildhafter Form. Ich glaube, dass Gott dem Volk Israel nicht anders als uns heute begegnete, nämlich schlicht und unauffällig. Die Israeliten waren aber mutiger als wir von Gott zu sprechen. Sie sprachen von Gott als Sturm, als Wolken- und Feuersäule oder als alten Mann auf einem Thron. Damals verstand man diese Aussagen noch als Sprachbilder. Viele Menschen haben heute den Schlüssel zu diesen Bildern verloren. Sie verstehen sie wörtlich und halten die Gleichnisbilder für die Wirklichkeit selbst. Wenn wir die Bibel wirklich verstehen wollen, dann müssen wir sie wie auch uns selbst immer wieder in Frage stellen. Gott, der uns unseren Verstand geschenkt hat, will nicht, dass wir uns Scheuklappen aufsetzen. Wir selbst haben doch Probleme angemessen von Gott zu erzählen. Für das Ereignis Gott ist unsere Sprache völlig unzureichend. Deshalb können die biblischen Autoren von Gott nur in unzulänglichen Vergleichen und mit irdischen Dingen sprechen. Hüten wir uns davor alles platt wörtlich zu verstehen! Es ist nicht einfach die Bibel zu verstehen, aber es ist auch nicht unmöglich. Es lohnt sich täglich ein kleines Stück aus der Bibel zu lesen. Wichtig dabei ist, die Bibel im Zusammenhang zu lesen. Ein Hilfe beim Bibellesen sind auch Begleitbücher (z.b. Mit der Bibel durch das Jahr, Kreuz Verlag). Eine Hilfe kann es auch sein verschiedene Übersetzungen zu vergleichen oder in einem Lexikon bzw. in einer Konkordanz nachzuschlagen. 3 Sinnvoll sind auch Bibelhandbücher, die einen Überblick über die Bibel und die einzelnen Bücher geben (z.b.: Henrietta Mears: Alles, was man über die Bibel wissen muss, 17.90 ). Das Bibellesen kostet nicht viel Zeit, bringt zwar auch nicht jeden Tag ein großartiges Aha-Erlebnis, kann uns jedoch auf die Dauer zu einem Leben mit Gott und zu einem Hineinwachsen in die Bibel verhelfen. Dass dies für uns heute eine lohnende Sache ist, erfahren täglich viele Bibelleser. 3 Eine Konkordanz ist ein alphabetisches Verzeichnis von biblischen Stichwörtern zum Vergleich ihres Vorkommens und ihres Sinngehaltes. Seite 5 von 5