Konferenz evangelischer Freiwilligendienste im August Überlegungen zur Weiterentwicklung von Freiwilligendiensten im Raum der evangelischen



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Transkript:

Konferenz evangelischer Freiwilligendienste im August 2005 Überlegungen zur Weiterentwicklung von Freiwilligendiensten im Raum der evangelischen Kirche 1. Freiwilligendienste als wichtiges Zukunftsfeld der Kirche In den am 2. Juli 2004 verabschiedeten Sechs Grundsätzen einer mittelfristigen Finanzpolitik schreibt der Rat der EKD: Bei jeder finanziellen Unterstützung durch die EKD muss die Frage überzeugend beantwortet können, ob es für die Zukunft des Protestantismus in Deutschland von herausragender Bedeutung sei, diese Aufgabe fortzusetzen. Evangelische Freiwilligendienste, insbesondere solche für junge Menschen, erfüllen dieses Kriterium und stellen zudem ein wichtiges sozial- und bildungspolitisches Engagement von Kirche und Diakonie dar. Diese Position wird bestätigt durch die Ausführungen des Ratsvorsitzenden beim Jahresempfang von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste am 24. Februar diesen Jahres: Weil evangelische Freiwilligendienste von Ihrem Grundsatz her auf dem Gedanken der Freiheit eines Christenmenschen basieren, weil sie ferner hervorragende Bildungsmöglichkeiten für junge Menschen bereitstellen und weil sie schließlich auch soziale und diakonische Zwecke erfüllen, ist die künftige Ausweitung dieses Bereichs sehr zu wünschen. Die Nachfrage nach Freiwilligendienstplätzen übersteigt aktuell deutlich das Angebot. Nicht zuletzt aufgrund der massiven Reduzierung von Zivildienstplätzen in den letzten Jahren ist das Interesse bei Trägern/Einsatzstellen und jungen Menschen weiter gestiegen. Im Rahmen evangelischer Freiwilligendienste lernen ca. 6.000 Freiwillige im Jahr kirchliche und diakonische Arbeitsfelder im In- und Ausland kennen, für einige Jugendliche ist ein solcher Dienst sogar der erste Kontakt mit der Kirche. Evangelische Freiwilligendienste schaffen Möglichkeiten, sich mit Glaubensfragen und gelebter Spiritualität und dem sozialen Engagement der Kirchen auseinanderzusetzen. Freiwilligendienste sind auch wichtig für die Ökumene und den Ausbau partnerschaftlicher Beziehungen zu anderen Kirchen. Die Freiwilligen lernen andere kirchliche Strukturen, Arbeitsweisen und Arbeitsfelder im Ausland kennen und tragen diese Erfahrungen in die Arbeit der Kirche in Deutschland bzw. ihrem Heimatland zurück. Viele Ehemalige engagieren sich nach dem Freiwilligendienst weiter in kirchlichen und diakonischen Projekten, in ihren Gemeinden und nicht wenige entscheiden sich für eine Berufsausbildung im sozialen Bereich. Aber auch wenn die Freiwilligen nicht direkt im kirchlichen Bereich ihr Engagement später wirksam werden lassen, haben sie mit der Einheit von Freiheit und Dienst, von persönlicher Freiheit und sozialer Verbindlichkeit ein spezifisch protestantisches Lebensmodell kennen gelernt. Evangelische Freiwilligendienste richten sich inhaltlich an den Stichworten Dienst am Nächsten, Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung aus. Mit dieser Ausrichtung wirken sie aktiv in die Gesellschaft hinein und setzen Zeichen für ein gesellschaftliches Miteinander im Sinne Jesu Christi. Freiwilligendienste spielen als Lernort auch für bürgerschaftliches Engagement eine wichtige Rolle für die Weiterentwicklung der Zivilgesellschaft. Interkulturelle Lernerfahrungen im Rahmen von Freiwilligendiensten steuern einer Zunahme von Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit in unserer Gesellschaft entgegen. Die Lernerfahrungen im Freiwilligendienst verbinden die persönliche Weiterentwicklung mit dem Zeugnis für den Anderen und zeitigen auch deshalb eine protestantische Struktur.

- 2 - Freiwilligendienste eine Herausforderung für die Evangelische Kirche Gesellschaft und Politik nehmen in den letzten Jahren verstärkt die Relevanz von Freiwilligendiensten wahr. Die Zahl der Freiwilligendienste hat deutlich zugenommen und ihr weiterer Ausbau wird gefordert. Es liegt nun an der Kirche, ihren spezifischen Ansatz einzubringen. Wichtiger als inhaltliche Diskussionsbeiträge sind dabei gelebte Praxisbeispiele. Die Kirche steht dabei vor der Aufgabe, evangelische Freiwilligendienste gezielt weiter zu profilieren und zu entwickeln und dafür Mittel einzusetzen. Ein wichtiger Beitrag zu dem Profil sind Freiwilligendienste, die friedensförderlich sind, der Bewahrung der Menschenrechte dienen oder bei der Herstellung gesellschaftlicher Gerechtigkeit oder der Bewahrung der Schöpfung hilfreich sind Zur Stärkung der Ökumene bedarf es eines Ausbaus grenzüberschreitender Freiwilligendienste. Weiter bedürfen Einsatzplätze und Projekte in Deutschland der Unterstützung, die für die Kirche von besonderer Bedeutung sind und unzureichend refinanziert werden können. Auch Modelle und Programme zur inhaltlichen Weiterentwicklung der bestehenden Programme sind eine wichtige Aufgabe, um die evangelischen Freiwilligendienste für die Zukunft gut aufzustellen. Ein Defizit ist die unzureichende Beteiligung von gesellschaftlich Benachteiligten an Freiwilligendienstprogrammen, da für sie die Hürden besonders hoch sind. Grundsätzlich stellt sich die Frage, wie die tendenziell abnehmenden kirchlichen Mittel gezielt eingesetzt werden können, damit die Träger den steigenden Anforderungen gewachsen sind und in einem wachsenden Markt ein erkennbar protestantisches Angebot erhalten bleibt. 2. Aufgaben für die evangelischen Freiwilligendienste in den nächsten Jahren 2.1 Die Qualität evangelischer Freiwilligendienste sichern und verbessern Die Konferenz evangelischer Freiwilligendienste erarbeitet zur Zeit ergänzend zu den vorhandenen Instrumentarien übergreifende Qualitätsstandards für Freiwilligendienste in evangelischer Trägerschaft. 1 Um die erwünschten Wirkungen zu erzielen, müssen solche Qualitätsstandards aber flächendeckend im Raum der evangelischen Kirche umgesetzt werden. Ziel der evangelischen Trägergruppe des FSJ war und ist es, alle Träger, die ein freiwilliges soziales Jahr in der evangelischen Kirche anbieten, in der evangelischen Trägergruppe zusammenzuführen und auf die gemeinsamen weiter zu entwickelnden - Qualitätsstandards zu verpflichten. Nur so wird gewährleistet, dass das FSJ in der evangelischen Kirche den hohen qualitativen Standards entspricht. Es gibt sehr unterschiedliche, vorwiegend kleine Anbieter evangelischer Freiwilligendienste im Ausland, von denen viele nicht in der Konferenz evangelischer Freiwilligendienste vertreten sind, da sie nur im lokalen Bereich aktiv sind. Die unseres Erachtens notwendigen Qualitätsstandards können aber in der Regel nur Träger erfüllen, die eine bestimmte Zahl von Freiwilligen (mindestens 20 Freiwillige im Jahr) entsenden. 2 Eine Bündelung der Angebote kleiner Träger und einzelner Kirchengemeinden oder die Zusammenarbeit mit größeren Trägern ist in sofern sinnvoll. 1 Das seit 1997 entwickelte Qualitätsmanagement der evangelischen Trägergruppe des FSJ wird beständig weiterentwickelt und neuen Aufgaben und Erfordernissen angepasst. Die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) hat 2004 Qualitätsstandards für ihre Mitglieder verabschiedet, die implementiert und ergänzt werden. Die evangelischen Träger des FÖJ entwickeln im Bundesarbeitskreis FÖJ gemeinsam mit anderen Trägern Qualitätsstandards. 2 Bis zu einem bestimmten Umfang kann dies durch Dienstleister wie der Service- und Beratungsstelle Freiwillige Internationale Dienste bei der AGEH übernommen werden, aber bestimmte Ressourcen sollten in jedem Fall vorhanden sein.

- 3 - Darüber hinaus planen die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) und der E- vangelische Entwicklungsdienst (EED) ein Dienstleitungsangebot für Träger von Freiwilligendiensten in Übersee aufzubauen, das vor allem kleinere Träger zunächst durch das Angebot von Zwischenseminaren in Übersee unterstützt. 2.2 Das Profil evangelischer Freiwilligendienste stärken In der Konferenz evangelischer Freiwilligendienste wurde ein Austausch über die spezifischen protestantischen Profile der Träger mit dem Ziel begonnen, das evangelische Profil der Träger verstärkt der Öffentlichkeit deutlich zu machen. Der aktuelle Stand ist in das Grundsatzpapier der Konferenz evangelischer Freiwilligendienste eingeflossen. Weitere wichtige Merkmale für ein einheitliches Profil sind die Einhaltung bestimmter Mindeststandards, transparente Strukturen und eine gute Zusammenarbeit. Unterhalb dieser Gemeinsamkeiten ist es wünschenswert, wenn die einzelnen Träger ihre jeweiligen Spezifika hervorheben und nach außen deutlicher darstellen. 2.3 Das Angebot evangelischer Freiwilligendienste ausbauen Um der großen Nachfrage bei Interessierten und in Deutschland auch bei Einsatzstellen Rechnung zu tragen, haben die Träger ihr Angebot in den letzten Jahren erweitert. So hat die evangelische Trägergruppe ihre Teilnehmendenzahl für ein FSJ im Inland in den letzten drei Jahren von 3.150 auf 5.000 ausbauen können. Aufgrund stagnierender Fördermittel des Bundes ist die Ausweitung auf Kosten der Träger und der Einsatzstellen sowie in erster Linie in den klassischen Bereichen diakonischer Arbeit erfolgt. Hingegen sind Plätze in der kirchlichen Jugendarbeit oder ökologischen und kulturellen Aufgabenfeldern immer noch selten und zum Teil in ihrem Bestand gefährdet. Die Zahl der Interessenten, die für ein FSJ/FÖJ oder auch einen unregulierten Dienst aus dem Ausland einreisen möchten, ist in den letzten Jahren ständig gewachsen. Auch um ein besseres Gleichgewicht zwischen Incoming und Outgoing zu erreichen, wäre ein deutlicher Ausbau der Plätze wünschenswert, stößt aber aus verschiedenen Gründen an enge Grenzen. 3 Fast noch schwieriger ist der Ausbau von Freiwilligendienstplätzen im Ausland, da hierfür kaum Fördermittel des Bundes, der Länder und der EU zur Verfügung stehen. Dies führt unter anderem zu einer tendenziellen Bevorzugung von anerkannten Kriegsdienstverweigerern sowie zur Notwendigkeit für die Träger, enorme Anstrengungen zu unternehmen, durch Spenden und andere Zuwendungen die Gesamtkosten für einen Freiwilligenplatz aufzubringen. Weiter besteht ein Bedarf an Fördermöglichkeiten für Modellprojekte (z.b. für den Einbezug bestimmter Zielgruppen wie Migranten und Migrantinnen oder für neue Formen der inhaltlichen Ausgestaltung), um die Programme weiterzuentwickeln ohne sie im Umfang zu gefährden. 2.4 Die Angebotsstrukturen verbessern Die Strukturen evangelischer Freiwilligendienste müssen unseres Erachtens verbessert werden. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung war die Gründung der Konferenz evangelischer Freiwilligendienste 4 : Konkret geht es hier um das Profil der Träger evangelischer Freiwilli- 3 So wäre es wünschenswert, wenn neue Partnerorganisationen im Ausland die Vorbereitung und Nachbereitung der Freiwilligendienste vor Ort übernehmen. Auch muss die Bereitschaft von Einsatzstellen wachsen, Plätze für Freiwillige aus anderen Ländern anzubieten. Der Ausbau solcher Plätze ist letztlich auch eine Frage der finanziellen Förderung. 4 In ihr arbeiten mit: Ev. Freiwilligendienste für junge Menschen FSJ + DJiA ggmbh, AGDF (einschl. ASF, Eirene u.a.), Missionswerke, Diakonisches Werk der EKD, Arbeitsgemeinschaft ev. Jugend in der BRD (aej), EED und als Gast EKD, BAG Ev. Jugendsozialarbeit.

- 4 - gendienste, um die Verabredung von (Mindest-) Qualitätsstandards, um eine Informationsund Lobbyarbeit in die evangelische Kirche hinein und um Absprachen bezüglich der Lobbyarbeit im gesellschaftspolitischen Bereich. In Zukunft kann es weitere Aufgaben geben, die sinnvoller Weise gemeinsam angegangen werden sollten. Daneben gibt es aber für die Freiwilligendienste im Inland wie im Ausland auch unterschiedliche strukturelle Fragestellungen. Beim FSJ im Inland sollte der Aufbau von Doppelstrukturen in einzelnen Gliedkirchen und die Konkurrenz um die Gewinnung neuer Einsatzstellen durch eine verbesserte Kooperation und die Mitarbeit aller evangelischen FSJ-Anbieter in der evangelischen Trägergruppe vermieden werden. Bei den Freiwilligendiensten im Ausland stellt sich die Frage, inwieweit eine Konzentration auf größere Träger notwendig ist und wie die Verbindlichkeit von Mindeststandards sichergestellt werden kann. Zudem ist zu überprüfen, inwieweit Gliedkirchen Freiwilligendienstprogramme in eigener Regie durchführen, insbesondere wenn diese neu aufgebaut werden sollen. 5 Generell erscheint es für die Gliedkirchen effizienter, wenn sie stattdessen mit den größeren unabhängigen Trägern zusammen arbeiten. Sowohl im nationalen wie im internationalen Bereich muss das Beratungs- und Unterstützungsangebot ausgebaut werden. 3. Unterstützung und Förderung von Freiwilligendiensten durch die Kirche Zur Profilierung und zum Ausbau evangelischer Freiwilligendienste brauchen die Träger von Freiwilligendiensten und ihre Verbände die Unterstützung der Kirche. Die evangelische Kirche sollte sich stärker als bisher mit dem Thema Freiwilligendienste auseinandersetzen und sich aktiv an der aktuellen gesellschaftlichen Diskussion zu beteiligen. Ziel sollte es sein, die spezifischen inhaltlichen Anliegen einzubringen und sich bei der Politik für die Verbesserung der rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für Freiwilligendienste im In- und Ausland und die Bedarfsgerechte Schaffung von Angeboten für Menschen aller Altersgruppen einzusetzen. Die Konferenz evangelischer Freiwilligendienste bietet sich als Gesprächpartner für alle das Thema berührenden Fragen an und wünscht einen offenen Dialog mit der EKD: Gemeinsam mit der Konferenz und den einzelnen Anbietern von Freiwilligendiensten sollte die EKD sich weiter an der Profilierung der Angebote als evangelische Freiwilligendienste beteiligen. Wir sehen die Notwendigkeit, in der evangelischen Kirche auch eine Diskussion zum Thema Trägerstrukturen zu führen. Diese Diskussion müsste vorrangig in der Kirchenkonferenz geführt werden. Die Gliedkirchen der EKD und ihre Diakonischen Werke engagieren sich in vielfältiger Hinsicht für Freiwilligendienste. Daneben fördert die EKD die Evangelischen Freiwilligendienste für junge Menschen FSJ + DJiA ggmbh, Aktion Sühnezeichen Friedensdienste sowie die AGDF und die aej, die als Verbände auch wichtige Aufgaben für Träger von Freiwilligendiensten übernommen haben. Hierfür sind wir dankbar und würden uns wünschen, dass die Förderung von etwaigen Einsparungen verschont 5 In einigen Gliedkirchen gibt es bereits seit vielen Jahren etablierte Freiwilligendienstprogramme im Ausland, die meist aus der Arbeit mit Kriegsdienstverweigerern und Zivildienstleistenden entstanden sind ( Anderer Dienst im Ausland nach 14b Zivildienstgesetz) und für die Gliedkirche z.t. wichtige Funktionen erfüllen. In anderen wird überlegt, ob solche Programme auf- oder ausgebaut werden sollen. Angesichts abnehmender Finanzmittel stellt sich für die Kirche die Frage, welche Strukturen sie finanziell unterstützen bzw. selber vorhalten soll. Vor allem die Gliedkirchen stehen vor der Entscheidung, welche Arbeitsfelder sie erhalten können bzw., wo sie Schwerpunkte setzen.

- 5 - bleibt, da nur so sichergestellt wird, dass die evangelischen Freiwilligendienste zumindest im bisherigen Umfang weiter durchgeführt werden können. Zum Ausbau und zur Weiterentwicklung der Angebote im Rahmen der evangelischen Kirche sind aber weitere Finanzmittel nötig. Jeder von der Kirche in das Feld investierte Euro ist eine gute Investition, zumal er ein Vielfaches an Spenden und Zuschüssen freisetzt. Ein zusätzlicher Haushaltstitel für die Freiwilligendienste müsste angemessen ausgestattet werden, damit die beschriebenen Aufgaben übernommen werden können. Die Konferenz evangelischer Freiwilligendienste bietet sich als Ansprechpartnerin für ein Vergabeverfahren und die Vergabekriterien für die zusätzlichen EKD-Mittel an. Die gesellschaftliche Bedeutung der Freiwilligendienste ist unumstritten und wird weiter wachsen. Die Kirche hat die Möglichkeit, durch die Unterstützung evangelischer Freiwilligendienste sich in dem Feld zu profilieren und wichtige Impulse zu geben. Bonn/Hannover, den 25. August 2005 gez. Jan Gildemeister, Martin Schulze

- 6 - Anhang Angebote von Freiwilligendiensten von Trägern im Raum der ev. Kirche 1. Profil Evangelischer Freiwilligendienste Evangelische Freiwilligendienste unterscheiden sich nach unserem Verständnis in ihrer Begründung spezifisch von anderem freiwilligen Engagement. Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemanden untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan. Diese paradoxe Formel 6 weist auf das besondere e- vangelische Glaubensverständnis hin, aus dem sich der freiwillige Dienst von Christinnen und Christen ergibt. 7 Nicht nur in der Begründung, sondern auch in der Ausrichtung sehen wir bei den evangelischen Freiwilligendiensten ganz spezifische Akzente. Ihr Engagement lebt aus der biblischen Botschaft mit ihrer Verheißung und ihrem Anspruch einer Welt der Gerechtigkeit, des Friedens und des Heils für alle. Ist der Bereich des Sozialen im weiten Sinne das Feld für alle Freiwilligendienste, so gewinnen die evangelischen Freiwilligendienste ihre besondere Handlungsperspektive daraus, dass Gott sich auf die Seite der Armen, Benachteiligten und Schwachen und der sprachlosen Schöpfung stellt. Drängen die mit der Globalisierung verbundenen Entwicklungen zu verstärkter Verantwortung für die Gestaltung der Welt, so kann der konziliare Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung, aktualisiert in der Dekade zur Überwindung von Gewalt, dem weltweiten Engagement der evangelischen Freiwilligendienste eine zusätzliche Dynamik geben 8. 2. Angebote in Deutschland für Freiwillige aus Deutschland Ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) 9 in der evangelischen Kirche in Deutschland wird vor allem von Beteiligten der ev. Trägergruppe (FSJ) angeboten. In der evangelischen Trägergruppe (FSJ) sind 41 Träger zusammengeschlossen, die das FSJ regional bzw. bundesweit durchführen. Die Träger sind gebunden an die landeskirchliche Diakonie, die Jugendarbeit der Landes- und Freikirchen oder einzelne Verbände und Werke. 10 Seit der Gründung des Diakonischen Jahres 1954 haben in der evangelischen Kirche 90.000 Jugendliche an diesem Programm teilgenommen. Die Evangelische Kirche auch heute noch mit ca. 5.000 Freiwilligen der größte Anbieter im Freiwilligen sozialen Jahr. Die evangelischen Träger führen das FSJ auf der Grundlage gemeinsam vereinbarter Ziele und Qualitätsstandards durch. Jeder einzelne evangelische Träger arbeitet nach einem von ihm auf diesen Grundlagen erstellten Trägerkonzept, das sein spezifisches Profil darlegt. Ein Freiwilliges ökologisches Jahr (FÖJ) wird von 5 Evangelische Träger in 5 Bundesländern mit ca. 200 Freiwilligenplätzen angeboten. 11 6 Martin Luther Von der Freiheit eines Christenmenschen 1520. WA Band 7, S. 20ff 7 Näheres wird in der Selbstdarstellung der Konferenz ev. Freiwilligendienste ausgeführt. 8 In der christlichen Tradition heißt Freiheit nicht Maximierung des eigenen Nutzens, sondern Einsatz dafür, dass das von Gott zugesagte Leben in Fülle für alle erfahrbar wird (Beschlüsse der 6. Tagung der 9. Synode der EKD, November 2001). 9 Das FSJ ist wie auch das FÖJ- offen für junge Menschen von der Schulpflicht bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres 10 Die Bundesgeschäftsstelle der evangelischen Trägergruppe (FSJ) ist die die Evangelische Freiwilligendienste für junge Menschen fsj und djia ggmbh. Gesellschafter sind das Diakonische Werk der EKD e.v. und die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in der Bundesrepublik Deutschland e.v. In der Geschäftsstelle sind zwei Freiwilligendienste zusammengeführt: FSJ und Diakonisches Jahr im Ausland (DJiA). Die Beratung für alle an Freiwilligendiensten Beteiligten und Interessierten ist eine Aufgabe der Geschäftsstelle. 11 Die Evangelischen Träger des FÖJ haben sich zusammen mit anderen Trägern im Bundesarbeitskreis FÖJ organisiert. Mit ihren Angeboten wirken sie weit über die Kirche hinaus, da sich viele Einsatzstellen bei Natur- und Umweltschutzverbänden und Jugendorganisationen befinden.

- 7-3. Angebote in Deutschland für Freiwillige aus anderen Ländern ( Incoming ) FSJ und FÖJ sind offen auch für junge Menschen aus anderen Ländern. Die evangelische Trägergruppe hat derzeit ca. 300 Jugendliche aus dem Ausland, überwiegend aus Mittelund Osteuropa im FSJ. In FÖJ reisen ca. 10% der Freiwilligen aus dem Ausland für den Freiwilligendienst ein. Ein Nachteil des FSJ und FÖJ ist, dass für diese Freiwilligen die volle Sozialversicherung in Deutschland zwar (gleich) teuer ist, aber ihnen nicht denselben Nutzen bringt. Deshalb werden auch sogenannte unregulierte evangelische Freiwilligendienste insbesondere von Mitgliedern der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) angeboten (gut 100 Plätze). Diese sind auch offen für Freiwillige, die älter als 27 Jahre sind; für sie gibt es aber große rechtliche Hürden (Aufenthaltsstatus ). 4. Angebote für Freiwillige aus Deutschland in anderen Ländern ( Outgoing ) Freiwilligendienste im Ausland werden von Friedensdiensten wie Aktion Sühnezeichen oder Eirene bereits seit einigen Jahrzehnten angeboten. Auch die Evangelischen Freiwilligendienste für Junge Menschen (Diakonisches Jahr im Ausland) und die Missionswerke bieten Dienste mit langjähriger Tradition an. Mit über 1.000 Freiwilligen im Jahr wird noch heute die größte Gruppe von Auslandsfreiwilligen von Mitgliedern der Konferenz evangelischer Freiwilligendienste 12 mit jeweils unterschiedlichem Profil entsandt. Darüber hinaus werden Freiwilligendienste von weiteren Arbeitsstellen von Gliedkirchen bis hin zu einzelnen Gemeinden und Vereinen angeboten. Aufgrund der rechtlichen oder finanziellen Restriktionen deckt das Angebot bei weitem nicht die vorhandene Nachfrage und die meisten Freiwilligendienste im Ausland müssen in unregulierter Form angeboten werden. 13 Vor allem die konfessionellen Träger setzen sich daher bereits seit Jahrzehnten für eine deutliche Verbesserung der rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für grenzüberschreitende Freiwilligendienste ein. 5. Modellprojekte Träger evangelischer Freiwilligendienste führen auch Modellprojekte durch. Aktuell sind beispielsweise mehrere an dem bundesweiten Modellvorhaben des BMFSFJ zu generationsübergreifenden Freiwilligendiensten (sowohl mit nationalen wie auch grenzüberschreitenden Programmen) beteiligt. 12 Mitglieder der AGDF, Ev. Freiwilligendienste für junge Menschen (Diakonisches Jahr im Ausland), ev. Missionswerke, Mitglieder der aej, eed, BAG Ev. Jugendsozialarbeit 13 FSJ und FÖJ sind auch im Ausland möglich, werden aber zumeist wegen der damit verbundenen Zuschüsse nur für anerkannte Kriegsdienstverweigerer als Ersatz für einen Zivildienst ( 14c Zivildienstgesetz) angeboten. Weiter gibt es mit zu wenigen Plätzen den Europäischen Freiwilligendienst (EFD) und den finanziell nicht unterstützten - sog. Anderen Dienst im Ausland ( 14b Zivildienstgesetz), durch den ebenfalls ein Zivildienst ersetzt werden kann.