Handekzeme im medizinischberuflichen. Uwe Hillen

Ähnliche Dokumente
Hautschutz und Händehygiene - ein Widerspruch? Harald Löffler Hautklinik der SLK-Klinken Heilbronn

Personalhautschutz in der Pflege

Hauterkrankungen in der Krankenpflege

Dermatologische Probleme bei der Berufsfindung. Dr.med.Ingrid Feldmann-Böddeker Untersuchungen im Jugendarbeitsschutz

Toxische Kontaktdermatitis und chronisches toxisches Kontaktekzem

Unverträglichkeitsreaktionen bei der Verwendung von Wasch-, Pflege- und Reinigungsmitteln

Händehygiene und Hautschutz in physiotherapeutischen Berufen

Ergebnisbericht zu dem Projekt Hautirritationen durch Endotoxine in Kühl-Schmierstoffen

Allergien bei Waschmitteln. Standpunkt des Forum Waschens

HÄNDEHYGIENE NOTWENDIGKEIT UND BELASTUNG

Aktuelle Forschungen zu Hauteinwirkung von Irritanzien und Feuchtarbeit sowie Rolle des Hautschutzes

Luftgetragene Kontaktallergene. häufige Ursache von Ekzemen?

Nahrungsmittelallergie

Kolophonium, vor allem bei Streichern wie Violinisten und Cellisten, zurückgeführt [34,18]. Eine nachgewiesene Allergie gegen Kolophonium wurde in

Hygiene aus der Praxis für die Praxis. Hygiene Praxis Rosana Jetschmanegg. BERATUNG BEGEHUNG FORTBILDUNG hygiene online.de.

Imlan Einzigartiger Hautschutz bei gestörter Hautbarriere

Fortbildung Hautschutz am

Händehygiene Schutz nur mit gesunder Haut!

in den Kliniken Mühldorf / Haag

3. BERUFSBEDINGTE HAUTERKRANKUNGEN

Unterweisungskurzgespräch Hautschutz

AUVA Forum Neues zur Prävention und Rehabilitation berufsbedingter Hauterkrankungen

Interdisziplinäres Zentrum für Infektionsmedizin Tübingen. Händedesinfektion. Prof. Dr. Peter Heeg Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene

Vorgabe oder Eigenverantwortung Was macht bei der Händedesinfektion mehr Sinn? Prof. Dr. Günter Kampf

Einweghandschuhe Beim Putzen eher Gefahr als Schutz

Händedesinfektion so oft wie möglich

Durchführung des Epikutantest mit Kontaktallergenen

Wahrnehmung und Wissensstand zum Thema chronisches Handekzem bei Betroffenen und Nicht-Betroffenen

dargestellt werden und wie man die Haut davor schützen kann. Geeignete Hautschutzmaßnahmen Geeignete Hautschutzmaßnahmen Geeignete Hautschutzmaßnahmen

Dermatologie in der Hausarzt und Notfallpraxis Tips und Tricks für den Praktiker Paul Scheidegger, Brugg

Hautschutz. Handschutz. PATIENTENRATGEBER ZUM CHRONISCHEN HANDEKZEM WISSENSWERTES UND VORSORGE-TIPPS

Sekundäre Individualprävention bei Berufsdermatosen

Atopische Dermatitis (Neurodermitis)

Prävention berufsbedingter Hautkrankheiten

Chronisches Handekzem. Klinik für Dermatologie

Untersuchung der Bedeutung luftgetragener Kontaktallergene (Typ-IV- Allergene) bei der Entstehung von Kontaktekzemen

Hautschutz. Kurz-Instruktion 10 ABZ

Diasammlung Ekzeme. für die wissenschaftliche Beratung und das überlassene klinische Bildmaterial.

Inhalt. Vorwort Frage: Warum sollte man ein alkoholisches Händedesinfektionsmittel nicht als Flächendesinfektionsmittel verwenden?

Dekubitus / Druckwunden / Liegewunden

Beruflicher Hautschutz Evidenz basierte Beratung in der Apotheke

Schweizerisches Zentrum für Allergie, Haut und Asthma Kontaktdermatitis

Prävention von Hauterkrankungen im Gesundheitswesen

Gesundheitliche und soziale Auswirkungen langer Arbeitszeiten

Händehygiene im Zollernalb Klinikum

Hauterkrankungen am Arbeitsplatz - Eine Herausforderung für den Betriebsarzt. Prof. Dr. med. H. Drexler

MUSTER Bitte entsprechend den Praxisgegebenheiten die Textfelder ausfüllen, Unzutreffendes streichen und ggf. weitere relevante Inhalte ergänzen.

Definition Dekubitus Wann entsteht Dekubitus? Workshop

Die Inkontinenz-assoziierte Dermatitis (IAD): eine Zusammenfassung des aktuellen Wissens

Validierung eines Fragebogens zur Selbsteinschätzung des Parodontitisrisikos

Medizinische Hautpflege auf das Wesentliche reduziert Imlan zeigt hervorragende Hautverträglichkeit bei Allergikern

Prävention von beruflichen Hauterkrankungen in der Praxis

Leitlinie Kontaktekzem

Prävention von berufsbedingten Hauterkrankungen. Arbeitsmedizinisches Zentrum

Ekzemschübe bei atopischer Dermatitis vermeiden Protopic Salbe jetzt zur proaktiven Therapie zugelassen

Berufskrankheiten und medizinischer Arbeitsschutz im Krankenhaus Aktuelle Schwerpunkte und Entwicklungen

Einmalhandschuhe sollen verwendet werden, wenn ein direkter Handkontakt mit erregerhaltigem Material vorhersehbar ist, so z.b. bei

Gemeinsamkeiten von Hygiene und Arbeitsschutz bei der Beurteilung von Infektionsrisiken

Gefährdungsbeurteilung Haut. Mit heiler Haut Hautschutz am Arbeitsplatz 2016

HERZLICH WILLKOMMEN ZUR HAUTSCHUTZSCHULUNG

Ansatzpunkt zur Reduktion sexuellen Risikoverhaltens bei HIV-positiven MSM

Beruf ist wichtigster Risikofaktor für junge Neurodermitiker

Niereninsuffizienz und die Elimination von jodhaltigem Kontrastmittel per Dialyse

UI Bayer Austria GesmbH

Prävention von berufsbedingten Hauterkrankungen. Arbeitsmedizinisches Zentrum

PROFESSIONELLE HANDHYGIENE SAUBER.SICHER.EFFIZIENT. Epicare Des. Epicare Des wird durch den Ecolab Wandspender oder über die Flaschenpumpe

Arbeitskreis erstellt durch: Datum

Berufsdermatologie - Exogene Risikofaktoren

Referat zum Kongress für betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz am 06. September 2007 in Hildesheim

Gebrauchsinformation: Information für Anwender. Benzaknen 5%- Suspension zum Auftragen auf die Haut

kontrolliert wurden. Es erfolgte zudem kein Ausschluss einer sekundären Genese der Eisenüberladung. Erhöhte Ferritinkonzentrationen wurden in dieser S

Algorithmus Handekzem

PatientInnen-Edukationsprogramm zur Verbesserung des Händehygieneverhaltens

Einführung in die Handlungshilfe

Epicare 3. Antimikrobielle Waschlotion. geeignet für den Lebensmittelbereich parfüm- und farbstofffrei

Firmenseminar: Management der atopischen Dermatitis mit subkutaner Immuntherapie und innovativen Dermokosmetika

Atopic (Allergic) March

Durchführung einer Studie an der Uni-Klinik Heidelberg mit den Textilien der Serien Sensitive Pure und Sensitive Silver unter dem Thema

Epicare Hand Protect

Der Einfluss von topisch appliziertem L-Arginin auf. Trockenheit und Juckreiz der Haut bei. Hämodialysepatienten in vivo

Pathophysiologie und therapeutisches Management von Arzneimittelreaktionen

Ekzemerkrankungen. Prof. Dr. M. Jünger

Aesthetico Produkte - medizinische Kosmetik. für verschiedenste Hautbedürfnisse

Epidemiologie, Übertragung und natürlicher Verlauf der HCV-Infektion

Dr. Matthias Rudolf: M3 Multivariate Statistik Vorlesung LogRA. Folie Nr. 1

UMFANGREICHE EINSATZGEBIETE

Die 6 Säulen des Hautschutzes

Patientenbefragung Innere Medizin III Q1/2018

Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Das 10 µsv Konzept: Gibt es eine ungefährliche Dosis?

Abschlußbericht Anwendungsbeobachtung Biatain Silikon Ag. Dr. rer.nat. Horst Braunwarth, Hamburg 21.Mai 2012

TROCKENE, JUCKENDE HAUT?

Berufsbedingte Hautkrankheiten und berufsbedingte obstruktive Atemwegserkrankungen -Gesundheitsuntersuchung in einem großen Nahrungsmittelbetrieb-

Analyse kategorieller Daten

Gebrauchsinformation von Cordes VAS, Creme

Hautstatus, Effloreszenzenlehre, Fotografie von Hautbefunden

Hautschutz. Welche Ziele sollten Sie erreichen? Welche Anforderungen müssen Sie erfüllen?

Sensitop Sensitop Hydrolotio SensitopF Lipolotio

Individualhygiene. Kurs Hygienebeauftragte Dient sowohl dem Schutz der eigenen Person, als auch dem Schutz des Patienten.

Transkript:

Handekzeme im medizinischberuflichen Umfeld Uwe Hillen

Epidemiologie des Handekzems 1-Jahresprävalenz bis zu 10% in der gesamten Bevölkerung 5% der Patienten mit Handekzem sind arbeitsunfähig Anteil der Patienten mit schwerem chronischen Handekzem beträgt 5-7% In meisten Untersuchungen Prävalenz bei Frauen >Männern 2

Einteilung des Handekzems Ätiologie Endogen atopisch andere endogene Ekzeme Exogen allergisch irritativ 3

Ursachen des Handekzems -Verteilung Meding B und Swanbeck G (1990) Irritative Kontakdermatitis 35% Atopische Dermatitis 22% Allergische Kontaktdermatitis 19% Bäurle G (1985) atopische Dermatitis 38,5% Irritative Kontaktdermatitis 24,2% allergische Kontaktdermatitis 15,8%. 4

5

Irritative Kontaktdermatitis Akute irritative Kontaktdermatitis Verätzung Verzögerte AIK Chronische irritative Kontaktdermatitis 6

Akute irritative Kontaktdermatitis Variables Erscheinungsbild, abhängig von der einwirkenden Noxe Verätzung Innerhalb von Minuten auftretende Rötung, Schmerzen, nachfolgend je nach Grad der Schädigung Nekrosen Verzögerte AIK Ähnlich der akuten irritativen Kontaktdermatitis, auftretend erst 8 bis 24 Stunden nach Exposition Erythem und Ődem, eher Brennen als Juckreiz 7

Akute irritative Kontaktdermatitis 8

Chronische irritative Kontaktdermatitis Repetitives Einwirken von schwachen Noxen, die zu subklinischer Schädigung führen, klinisch manifestes Ekzem tritt nach Überschreiten einer Schwelle auf: kumulativ-subtoxisches Kontaktekzem Irritativ wirkende Faktoren zahlreich, oft kombiniert einwirkend Häufigste Lokalisation ist die Hand 9

Kumulativ subtoxische Schädigung Ekzem Subklinischer Schaden Noxe t 10

Kumulativ subtoxische Schädigung Schwelle Noxe t 11

Entwicklung einer chronischen irritativen Kontaktdermatitis Nach Frosch (1985) 12

Irritantien 13 Löffler (2000)

Wesentlicher Faktor: Feuchtarbeit Beschäftigte, die einen erheblichen Teil ihrer Arbeitszeit d.h. - regelmäßig mehr als 2 Stunden mit ihren Händen Arbeiten im feuchten Milieu ausführen oder - einen entsprechenden Zeitraum feuchtigkeitsdichte Schutzhandschuhe tragen oder - häufig bzw. intensiv ihre Hände reinigen bzw. desinfizieren müssen. 14 Aus TRGS 401

Klinik des irritativen Kontaktekzems Morphe Erste Zeichen Trockenheit Blasses Erythem mit feiner Schuppung Fortgeschrittener Befund Erythem, Ődem Fissuren, Rhagaden Hyperkeratosen Lokalisation Handrücken Fingerkuppen Interdigital (Schwimmhautbereich) 15

Epidermale Barriere Fartasch 16

Löffler (2000) 17

18

Allergische Kontaktdermatitis Auftreten am Ort des (direkten oder indirekten) Allergenkontaktes Eher unscharfe Abgrenzung zur gesunden Haut Übergreifen auf nicht exponierte Hautareale (Streuung) Stadienhafte Entwicklung der Effloreszenzen, Auftreten von Erythemen, Vesikeln, Papeln, Exsudationen und Krusten 19

20

Medizinische Berufe 21

Inzidenzraten des Kontaktekzems in verschiedenen Berufsgruppen 22 Diepgen (2003)

Irritative Noxen Feuchtarbeit Häufiges Händewaschen Tragen von Handschuhen Kontakt mit Irritantien Waschlotionen, Seifen Desinfektionsmitteln Alkohol 23

Beobachtung einer Stichprobe von 53 Krankenschwestern Altenpflegeeinrichtungen Krankenhaus Normalstation Krankenhaus Dialyse Intensivstation Nur Schwestern mit mindestens einjähriger Berufserfahrung 24

Häufigkeit und Dauer der Feuchtarbeit 25 Jungbauer et al. 2004

Häufigkeit und Dauer des Handschuhgebrauchs 26 Jungbauer et al. 2004

Multizentrische Studie Händehygiene und Handekzeme der Deutschen Kontaktallergie-Gruppe Anzahl der Fragebögen Verschickt 5451 Rücklauf 2290 Geschlechterverteilung: männlich 16% weiblich 84% Lebensalter: 17-64 Jahre, Mittelwert: 38 Jahre Berufsjahre: 1-46 Jahre, Mittelwert: 17 Jahre 27 Persönliche Information Prof. Harald Löffler

Händehygiene und Handekzeme Was schädigt die Haut Ihrer Meinung nach mehr? wasschaedlicher Alkoholische Händedesinfektion Händewaschung mit Seife 72,13% des befragten Pflegepersonals hält die alkoholische Händedesinfektion für schädlicher als die Hygienische Händewaschung 28 Persönliche Information Prof. Harald Löffler

29

30

Was wurde gemacht? Epikutantest (einzeln und repetitiv) 60% - 100% Alkohole (Ethanol,1-Propanol, 2-Propanol 0,5% Natriumlaurylsulfat (Positivkontrolle) Leere Testkammer und Wasser (Negativkontrolle) Waschtests mit 80% Ethanol und 0,5% Natriumlaurylsulfat einzeln und in Kombination bei 15 Probanden Durchführung von Hautfunktionstests 31

Ergebnisse Keine signifikante Veränderung der Hautbarrierefunktion unter Alkohol-Patchtest Applikation von Alkohol auf irritierter Haut zeigte keine stärkere Störung der Hautbarriere als SLS allein Waschtest mit Ethanol zeigte eine signifikant geringere Hautirritation als das Detergenz Auf geschädigter Haut führte Ethanol nicht zu einer Verstärkung der Irritation Anwendung von alkoholischer Desfinfektion nach vorheriger Handwaschung zeigte eher protektive Effekte (Hydratation, Erythem) 32

Sterillium Slotosch et al. 2007 33

Empfehlung Anwendung von alkoholbasierten Desinfektionsmitteln Handwaschung mit Seife und Wasser nur bei sichtbarer Verschmutzung/Kontamination 34

Kontaktallergene 35

Auswertung von 31848 Patienten, erfasst zwischen 1992 und 1995 Frauen 86%, 70% jünger als 40 Jahre Kofaktoren Tragen von Handschuhen 34% Feuchtarbeit 46% 36

37

Gehäufte Sensibilisierungen in einzelnen Berufsgruppen Duftstoffe Methacrylate Krankenschwestern Masseure Zahntechniker 38

Zusammenfassung Hautkrankheiten stehen an der Spitze der gemeldeten Verdachtsfälle einer Berufskrankheit Berufsdermatosen manifestieren sich in 80-90% an den Händen (Bruze) Mit 7,3 Neuerkrankungen pro 10.000 Vollzeitbeschäftigten p.a. zählen Beschäftigte im Gesundheitsdienst zu den besonders hautbelasteten Berufen (Diepgen) Irritative Schädigungen wie Feuchtarbeit, Kontakt mit Detegentienwirkenhäufigein Häufige Kontaktallergene sind Bestandteile von Schutzhandschuhen (Thiurame, Carbamate), Desinfektionsmitteln (Formaldehyd, Glutardialdehyd, Glycoxal u.a.), Duftstoffe und Konservierungsstoffe Handhygiene mit alkoholbasierten Desinfektionsmitteln stellt im Vergleich zu Handwaschungen ein geringeres Risiko für die Haut dar (Löffler) 39