Merkblatt Finanzierung von Kindesschutzmassnahmen

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Merkblatt Finanzierung von Kindesschutzmassnahmen 1. Allgemeines Dieses Merkblatt stellt in vereinfachter Form finanzierungsrechtliche Hintergründe dar, die bei kostenintensiven Kindesschutzmassnahmen für die Kostenträger/innen wichtig sind. Gemäss Art. 307 Abs. 1 ZGB trifft die KESB geeignete Massnahmen, wenn das Kindeswohl gefährdet ist und die Eltern nicht von sich aus für Abhilfe sorgen oder sie dazu nicht im Stande sind. Je nach Art der Massnahmen werden deren Kosten von den Eltern, mit Sozialhilfebeiträgen oder mit Staatsbeiträgen (Subventionen) finanziert. Allfällige Sozialhilfebeiträge und Staatsbeiträge werden teilweise von den Gemeinden und teilweise vom Kanton übernommen. 1.1 Elternbeiträge Die Kosten für Kindesschutzmassnahmen zählen zum Unterhalt des Kindes, für den grundsätzlich die Eltern aufkommen müssen (Art. 276 ZGB). 1.2 Sozialhilfe 1.2.1 Allgemeines Verfügen die Eltern nicht über hinreichende Mittel, um für den Unterhalt aufzukommen, haben sie einen bedarfsabhängigen Anspruch auf soziale Hilfe ( 14 SHG 1 ). Kostenträgerin von Leistungen der Sozialhilfe ist die politische Gemeinde ( 1 und 41 SHG), die eine Fürsorgebehörde zur Durchführung der Sozialhilfe bestellen muss ( 6 und 7 SHG). Die Fürsorgebehörde berechnet die Höhe der Sozialhilfeleistung bzw. der Elternbeiträge nach Richtlinien der SKOS 2. Die Gemeinden erhalten vom Kanton eine generelle Rückerstattung von 4 % der Kosten ( 45 SHG). Bei Ausländerinnen und Ausländern, die noch nicht zehn Jahre ununterbrochen Wohnsitz im Kanton haben, ersetzt der Kanton die vollen Kosten ( 44 SHG). Unter bestimmten Voraussetzungen werden die Eltern rückerstattungspflichtig ( 26ff. SHG). 1.2.2 Zuständigkeit Gemäss Art. 12 Abs. 1 ZUG 3 werden Schweizerinnen und Schweizer vom Kanton unterstützt, in dem sie ihren Wohnsitz haben. Im Kanton Zürich sind die politischen Gemeinden die Trägerinnen dieser Sozialhilfe ( 1 SHG). Die Pflicht zur Leistung persönlicher und wirtschaftlicher Hilfe obliegt im Kanton Zürich somit der Gemeinde, in der die betroffene Person ihren Unterstützungswohnsitz hat ( 32 SHG). 1 Sozialhilfegesetz LS 851.1 2 Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe 3 Bundesgesetz über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger SR 851.1

Der Unterstützungswohnsitz wird grundsätzlich ähnlich wie der zivilrechtliche Wohnsitz bestimmt. Als wegleitendes Kriterium gilt die Absicht dauernden Verbleibs. Die An- und Abmeldung bei der Einwohnerkontrolle hat für den Unterstützungswohnsitz insofern mehr Bedeutung, als damit eine Vermutung des Wohnsitzes begründet wird ( 34 Abs. 2 und 38 Abs. 2 SHG). Das minderjährige Kind hat einen unselbständigen Unterstützungswohnsitz am Wohnsitz der Eltern oder des Elternteils, unter dessen elterlicher Sorge es steht. Das gilt auch dann, wenn es sich vorübergehend nicht im Elternhaus aufhält (therapeutische Massnahmen, auswärtige Schul- oder Berufsbildung, etc.). Haben die Eltern die gemeinsame elterliche Sorge, ohne dass sie zusammen leben, teilt das Kind den Unterstützungswohnsitz desjenigen Elternteils, bei dem es wohnt (Art. 7 Abs. 2 ZUG, 37 Abs. 2 SHG). Teilen die Eltern auch die Obhut (Modelle mit Betreuungsanteilen) über das Kind, befindet sich sein Unterstützungswohnsitz dort, wo es sich mehrheitlich aufhält. Indizien sind etwa die Meldeadresse des Kindes, sein Schulort oder das Zentrum seiner Freizeitgestaltung. Es wird empfohlen, dem Kind in der Elternvereinbarung oder mit der Anordnung des Betreuungsmodells ausdrücklich ein Wohnsitz zuzuweisen (KOKES 4, Umsetzung gemeinsame elterliche Sorge als Regelfall, Empfehlungen der KOKES vom 13. Juni 2014, S. 10, Ziff. 6.3). Bei Eltern ohne gemeinsamen Unterstützungswohnsitz empfiehlt das kantonale Sozialamt, im Entscheid jeweils festzulegen, welcher Elternteil gegebenenfalls in welchem Umfang für die angeordnete Massnahme aufkommen muss. Leben wirtschaftlich unselbständige Minderjährige unter elterlicher Sorge dauernd nicht bei den sorgeberechtigten Eltern, haben sie einen eigenen Unterstützungswohnsitz dort, wo sie zuletzt mit den Eltern zusammengelebt haben (Art. 7 Abs. 3 lit. c ZUG bzw. 37 Abs. 3 lit. c SHG). Bei einer Fremdplatzierung auf unbestimmte Zeit oder für mehr als sechs Monate wird in der Regel von Dauerhaftigkeit ausgegangen. Eine dauernde Fremdplatzierung liegt insbesondere dann vor, wenn ein Kind wegen persönlichen, schulischen und/oder familiären Problemen einer speziellen Betreuung bedarf, die bei einem Verbleib bei den Eltern bzw. dem Elternteil nicht sichergestellt werden kann. In allen übrigen Fällen hat das Kind einen eigenen Unterstützungswohnsitz an seinem Aufenthaltsort. Es handelt sich um einen Auffangtatbestand, der nur subsidiär zur Anwendung gelangt um sicherzustellen, dass in allen Fällen ein Unterstützungswohnsitz des minderjährigen Kindes festgelegt werden kann. 1.2.3 Subsidiäre und direkte Kostengutsprachen Die Gemeinde am Unterstützungswohnsitz der Eltern erteilt auf Ersuchen der KESB subsidiäre Kostengutsprache, wenn zu erwarten ist, dass die angeordnete Massnahme nicht durch betroffene Personen oder Dritte bezahlt wird. Das Gesuch wird in der Regel mit besonderer Ziffer im Dispositiv des Massnahmenentscheids der KESB gestellt. Darin wird die Fürsorgebehörde gleichzeitig ersucht, den Elternbeitrag festzulegen. Die Abläufe sind in Ziffer 4 der Empfehlungen der Sozialkonferenz Kanton Zürich zum Vorgehen bei angeordneten Kindesschutzmassnahmen mit Folgekosten vom Mai 2013 festgehalten. Die subsidiäre Kostengutsprache dient der finanziellen Absicherung des Leistungserbringers und nimmt nicht etwa vorweg, dass die Betroffenen oder Dritte vom Bezahlen der Kosten befreit sind. Der Aufwand für das Inkasso bleibt beim Leistungserbringer. Will er die subsidiäre 4 Konferenz der Kantone für Kindes- und Erwachsenenschutz 2

Kostengutsprache beanspruchen, muss er gegenüber der Fürsorgebehörde nachweisen, dass die Forderungen bei primär Kostenpflichtigen uneinbringlich sind. Die Praxis der Fürsorgebehörden zum Nachweis der Uneinbringlichkeit ist nicht einheitlich (erfolglose Mahnung; Zahlungsbefehl; Verlustschein). Die Kosten angeordneter Kindesschutzmassnahmen zählen zum Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber den Eltern und fallen als Hilfen zur Erziehung unter den Begriff der Pflege und Erziehung im Sinne von Art. 276 Abs. 2 erster Satzteil ZGB (Hegnauer, Berner Kommentar Art. 276, N 83f.). Grundsätzlich ist somit die Gemeinde am Unterstützungswohnsitz der kostenpflichtigen Eltern zuständig. Die KESB kann das Gesuch aber generell an die Gemeinde am zivilrechtlichen Wohnsitz richten, der nach Prüfen der örtlichen Zuständigkeit jeweils klar sein sollte. Handelt es sich bei der zivilrechtlichen Wohngemeinde nicht zugleich um den Unterstützungswohnsitz der kostenpflichtigen Eltern, sollte Erstere das Gesuch um Kostengutsprache an die sozialhilferechtlich zuständige Gemeinde weiterleiten. Bei Streitigkeiten über die sozialhilferechtliche Zuständigkeit hat die zivilrechtliche Wohngemeinde, welche das Gesuch von der KESB erhalten hat, zunächst subsidiäre Kostengutsprache zu erteilen und sich anschliessend um eine Kostenübernahme durch die zuständige Stelle zu bemühen (Sozialhilfe-Behördenhandbuch des Kantons Zürich, Kapitel 8.1.10, Ziff. 2.2.). Diesem idealen Ablauf wird aber nicht immer nachgekommen. Direkte Kostengutsprache wird gegenüber einem Leistungserbringer erteilt, wenn die kostenpflichtige Person im Zeitpunkt des Kostengutsprachegesuchs bedürftig und nicht zu erwarten ist, dass die Kosten anderweitig gedeckt werden. Hauptanwendungsfall im Kindesschutz ist die dauerhafte Heimplatzierung eines Kindes mit eigenem Unterstützungswohnsitz. Die Gemeinde am Unterstützungswohnsitz des Kindes bezahlt die Heimrechnungen und kann allenfalls auf primär Kostenpflichtige zurückgreifen ( 27 SHG). 1.2.4 Innerkantonale Zuständigkeitskonflikte Gemäss 26 SHV 5 prüft die Fürsorgebehörde ihre Zuständigkeit von Amtes wegen. Hält sie sich für unzuständig, weist sie die hilfesuchende Person an die gemäss 32 SHG oder 33 SHG hilfepflichtige Gemeinde und macht dieser gleichzeitig Mitteilung. Können sich die beteiligten Gemeinden nicht einigen, muss eine der beiden dem kantonalen Sozialamt ein Begehren um Festlegung der Zuständigkeit stellen ( 9 lit. e SHG). Dieses prüft, ob vorsorglich eine vorläufige Unterstützungszuständigkeit anzuordnen ist und hält gegebenenfalls fest, dass die unterstützende Gemeinde bei Obsiegen einen Rückerstattungsanspruch gegenüber der unterliegende Gemeinde hat. 1.2.5 Interkantonale Zuständigkeitskonflikte Bei negativen Zuständigkeitskonflikten mit einer ausserkantonalen Gemeinde muss die Züricher Gemeinde das kantonale Sozialamt informieren. Geht das kantonale Sozialamt von der Unzuständigkeit der Zürcher Gemeinde aus, versucht es über die nach Art. 29 ZUG zuständige ausserkantonale Stelle eine Klärung herbeizuführen. Kommt keine Einigung zustande, wird nach dem Verfahren der Unterstützungsanzeige (vgl. Art. 30 ZUG und Art. 31 ZUG) vorgegangen. Danach übernimmt die Aufenthaltsgemeinde im Sinne einer Notzuständigkeit die Unterstützung und erstattet über das Kantonale Sozialamt dem mutmasslichen Wohnsitzkanton eine Notfallunterstützungsanzeige im Sinne von Art. 30 ZUG. Die Zuständigkeit wird dann über das Einspracheverfahren nach Art. 33 ZUG geklärt. 5 Verordnung zum Sozialhilfegesetz LS 851.11 3

1.3. Staatsbeiträge Mit Staatsbeiträgen übernehmen der Kanton oder die Gemeinden die Kosten gewisser Kindesschutzmassnahmen. Die Eltern sind in diesem Umfang von der (Mit-) Finanzierung grundsätzlich befreit. Das finanzierungspflichtige Gemeinwesen ist an den Entscheid der KESB gebunden. Für den Einbezug der Gemeinden bei voraussichtlich kostenintensiven Massnahmen gilt die Empfehlung Einbezug der Gemeinden in kindesschutzrechtliche Verfahren mit erheblichen Kostenfolgen. 2. Leistungen nach Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG 6 ) 2.1 Grundsätze Das KJHG regelt ambulante Leistungsangebote der Kinder- und Jugendhilfe und deren Finanzierung. Für Angebote im Bereich von Kindesschutzmassnahmen der KESB ist 17 lit. b KJHG wichtig. Das Amt für Jugend- und Berufsberatung hat die Leistungen im kjz-portfolio 2014 präzisiert. 2.2 Finanzierung der Leistungen nach KJHG Leistungen nach KJHG sind gemäss 7 KJHG unentgeltlich, unter Vorbehalt gebührenpflichtiger Leistungen nach 36 KJHG oder in anderen Erlassen geregelter Entschädigungen. Die Kosten der Leistungen werden grundsätzlich pauschal zu 60 % von den Gemeinden und zu 40 % vom Kanton getragen ( 35 KJHG). Vorrang hat aber die Finanzierung über Gebühren. Gebühren bedürfen einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage. Diese ist mit 36 KJHG gegeben. Gebührenpflichtig sind gegebenenfalls die auftraggebende Behörde oder die Eltern. Die Behörden wiederum können die Kosten teilweise weiterverrechnen oder die Eltern können davon entlastet werden. 2.3 Beistandschaften ( 17 lit. b KJHG) Die Kostentragung der Führung von Beistandschaften für Minderjährige richtet sich nach KJHG ( 25 EG KESR). Die Kosten von Leistungen nach 15 bis 17 KJHG - wozu auch die Führung von Beistandschaften gehört - werden grundsätzlich zu 40% von den Gemeinden und zu 60% vom Kanton getragen (35 Abs. 1 KJHG). Sie sind im Katalog der gebührenpflichtigen Leistungen gmäss 36 KJHG aufgeführt, so dass diese Dienstleistung für Kinder und Eltern unentgeltlich ist ( 7 KJHG). 2.4. Sozialpädagogische Familienbegleitung Sozialpädagogische Familienbegleitung gilt zwar als ambulante Leistung der Kinder- und Jugendhilfe, ist aber weder im KJHG noch einem anderen kantonalen Gesetz spezifisch geregelt. Die Finanzierung richtet sich daher nach den allgemeinen Grundsätzen. Für die Kosten müssen aufgrund von Artikel 276 ZGB grundsätzlich die Eltern aufkommen. Sind sie mittelos, leistet gegebenenfalls die Sozialhilfe subsidiär Kostengutsprache. 6 Kinder- und Jugendhilfegesetz LS 852.1 4

3. Leistungen nach Jugendheim- und Pflegefamiliengesetz 7 3.1 Unterbringung in Kinder- und Jugendheimen Das Jugendheim- und Pflegefamiliengesetz regelt die Finanzierung unabhängig davon, ob die Unterbringung mit Einwilligung der Eltern oder auf Anordnung der KESB erfolgt. Für einen Teil der Heimkosten kommt der Kanton mit Betriebsbeiträgen auf. Diese Beiträge gelten gemäss 8 Jugendheimgesetz unbestrittenermassen als Staatsbeiträge (vgl. Ziff. 2.1). Die Restkosten werden im Einzelfall über die sog. Versorgertaxe finanziert. Die Höhe der Taxe ist in der Verfügung der Bildungsdirektion vom 10. Juli 2013 über Versorgertaxen in beitragsberechtigten Sonderschulen, Schulheimen, Kinder- und Jugendheimen sowie Spitalschulen festgelegt. Mit Entscheid vom 23. Mai 2012 unterstützte der Regierungsrat das Konzept der Sicherheitsdirektion, wonach es sich auch bei den Versorgertaxen um Staatsbeiträge handelt, die primär zu Lasten der politischen Gemeinde gingen. Die Eltern galten demnach nicht als Schuldner der Versorgertaxe und ein subsidiäres Einspringen der Sozialhilfe bei ihrer Leistungsunfähigkeit entfiel. Das Verwaltungsgericht stiess dieses Konzept mit einem Grundsatzurteil vom 9. Juli 2014 (VB.2014.00054) um. Danach müssen primär die Eltern für die Versorgertaxe aufkommen. Bei Leistungsunfähigkeit muss die Sozialhilfe einspringen, weil wirtschaftliche Hilfe auch die notwendige Pflege in einem Heim sicherstellen muss ( 15 Abs. 3 SHG). Leistungsfähige Eltern kann die neue Praxis wesentlich stärker belasten. Für die Gemeinden bedeutet sie zunächst eine Umlagerung von Kosten aus dem Budget der politischen Gemeinde ins spezifische Budget der Sozialhilfe, mit entsprechenden Rückerstattungsansprüchen gegenüber dem Kanton (vgl. Ziff. 1.2). Sie kann zudem zu einer Änderung des Vorgehens gegenüber zahlungsunwilligen Eltern führen. Nach der früheren Praxis des Regierungsrates hätten die Gemeinde die Kosten unterhalts- und zivilrechtlich einfordern müssen. Nach der neuen Praxis können sie den Elternbeitrag im Sozialhilfeverfahren festlegen und einfordern. 3.2 Unterbringung in ausserkantonalen Kinder- und Jugendheimen nach IVSE Bei der Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in ausserkantonalen Heimen, die dem Anhang A der interkantonalen Vereinbarung über soziale Einrichtungen (IVSE) unterstellt sind, gelten gemäss 9a und 9b Gesetz über die Jugendheime und Pflegekinderfürsorge und der IVSE besondere Bestimmungen. Für die Anwendung der IVSE ist der zivilrechtliche Wohnsitz der minderjährigen Person massgebend, nicht ihr Unterstützungswohnsitz gemäss ZUG oder SHG. Gegebenenfalls lässt das ausserkantonale Kinder- oder Jugendheim über seine kantonale Verbindungsstelle beim Amt für Jugend und Berufsberatung eine Kostenübernahmegarantie beantragen und stellt die Kosten der Unterbringung direkt der im Kanton Zürich zahlungspflichtigen Stelle in Rechnung. Bei Unterbringungen nach IVSE müssten die Eltern einen Beitrag in der Höhe von CHF 30.00 pro Tag an die Tagesaufwendungen für Kost und Logis übernehmen (Art. 22 Abs. 1 IVSE). Bei Leistungsunfähigkeit für diesen Betrag muss die Sozialhilfe am Unterstützungswohnsitz einspringen. Höhere Elternbeiträge können bei ausserkantonalen Unterbringungen nach IVSE nicht verlangt werden. 7 Gesetz über die Jugendheime und die Pflegekinderfürsorge LS 852.2 5

Nach Auffassung des Regierungsrates ging die Versorgertaxe bei ausserkantonalen Unterbringungen nach IVSE zu Lasten der politischen Gemeinde (RRB 504/2012, vom 23. Mai 2012, E 10 a, b und c). Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich folgte dem jedoch nicht und legte den Begriff Staat in 9b Gesetz über Jugendheime und Pflegekinderfürsorge so aus, dass damit der Kanton Zürich gemeint ist (VK:2013.00002, vom 8. Januar 2014). Nach dieser Rechtsprechung können bei ausserkantonalen ISVE-Unterbringungen weder die Gemeinden noch die Eltern verpflichtet werden, die Versorgertaxe zu übernehmen. Die Gemeinden und Eltern werden bei dieser Form der Unterbringung somit weniger belastet als bei einer Unterbringung in einem innerkantonalen Heim. 3.3 Unterbringung in ausserkantonalen Kinder- und Jugendheimen, die nicht der IVSE unterstellt sind Bei der Unterbringungen in ausserkantonale Kinder- und Jugendheime, die nicht der ISVE unterstellt sind gelten für die Finanzierung weder die Regelungen der IVSE noch des Gesetzes über Jugendheime und Pflegekinderfürsorge. Die Kosten müssen demnach vollständig von den Eltern übernommen werden oder als situationsbedingte Leistungen von der Sozialhilfe, wenn es den Eltern an der nötigen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit fehlt. Somit werden Eltern und Gemeinden bei Unterbringungen in nicht der IVSE unterstellten Kinder- und Jugendheimen am stärksten belastet. 3.4 Unterbringung in Pflegefamilien Das Jugendheim- und Pflegefamiliengesetz enthält keine besonderen Bestimmungen über die Finanzierung von Platzierungen in Pflegefamilien. Im Rahmen von Artikel 294 ZGB haben Pflegeeltern Anspruch auf ein angemessenes Pflegegeld. Für diese Pflegegeld müssen primär die Eltern aufkommen (Art. 276 ZGB). Sind sie nicht leistungsfähig, muss die Gemeinde am Unterstützungswohnsitz des Kindes entsprechend Sozialhilfe leisten. Die Eltern bleiben rückerstattungspflichtig. Verfügt das Kind nicht über einen eigenen Unterstützungswohnsitz, bildet es zusammen mit seiner Familie eine Unterstützungseinheit. Reichen die Mittel der Familie nicht aus, um für das Pflegegeld und die weiteren Auslagen aufzukommen, würden in solchen Fällen alle Familienmitglieder sozialhilfeabhängig. Um dies zu vermeiden, rechtfertigt es sich, in Abweichung von den SKOS-Richtlinien (vgl. 17 Abs. 1 SHV) die Unterstützungsauslagen für das Pflegekind so zu berechnen, wie wenn es über einen eigenen Unterstützungswohnsitz verfügen würde und es somit als eigenen Unterstützungsfall zu führen. 4. Leistungen nach Volksschulgesetz Unterbringung in Schulheimen Gemäss 64 Abs. 1 des Volksschulgesetzes (VSG, LS 412.100) trägt die Wohngemeinde die Kosten der Sonderschulung. Darunter fallen unter anderem die Kosten für Unterricht, Therapien, Erziehung und Betreuung, Schulweg und Unterkunft in Sonderschulen und Schulheimen. Von den Eltern wird in der Regel ein Beitrag an die Verpflegungskosten erhoben ( 64 Abs. 2 VSG). Unter den Begriff Wohngemeinde fallen sowohl die Schul- als auch die politische Gemeinde am Wohnsitz der Eltern. Hat die Einweisung in ein Schulheim vorwiegend soziale Gründe, trägt die Schulgemeinde gemäss 4 Abs. 1 lit. a der Verordnung über die Finanzierung der Sonderschulung (VFiSo, LS 412.106) nur die Kosten für Unterricht und Therapien. Erfolgt die Unterbringung aus schulischen und sozialen Gründen, oder sind die Gründe nicht eindeutig feststellbar, tragen die Schul- und die politische Gemeinde die Kosten je hälftig ( 4 Abs. 1 lit. b VFiSo). 6

Für die Versorgertaxe kommt folglich immer das Gemeinwesen auf, unabhängig von der wirtschaftlichen Situation der Eltern. Die Kosten der Unterbringung in einem Schulheim können sich lediglich im Rahmen des Verpflegungsbeitrages 8 auf die wirtschaftliche Leitungsfähigkeit der Eltern auswirken. Die Gemeinde kann die Kosten für die Versorgungstaxe somit nicht als wirtschaftliche Hilfe im Sinne von 14 Abs. 1 SHG abrechnen (VB.2013.00498). Nach dem Grundsatz der Subsidiarität gehen andere Leistungen denjenigen der Sozialhilfe vor ( 2 SHG). 64 VSG verweist für Kosten der Sonderschulung auf die Wohngemeinde der Eltern als Kostenträgerin. Dies gilt selbst wenn das Kind bei dauerhafter Unterbringung sozialhilferechtlich einen eigenen Unterstützungswohnsicht begründet. 2 der Verordnung über die Finanzierung der Sonderschulung (VFiSO, LS 412.106) hält konkreter fest: Bei Eltern mit gemeinsamer elterlicher Sorge und getrenntem Wohnsitz trägt die Wohngemeinde desjenigen Elternteils die Kosten, bei dem die Schülerin oder der Schüler wohnt oder wohnen würde. Letzterer Fall ( wohnen würde ) betrifft gemäss Weisung zur VFisO Fälle auswärtiger Sonderschulung in Schulheimen, wobei der Wohnsitz des Elternteils massgebend sei, unter dessen Obhut das Kind steht. Die Abstimmung dieser Regel auf das neue Recht zur gemeinsamen Sorge ist noch unklar. Die Bestimmung müsste sinngemäss auch dann gelten, wenn dem betreffenden Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen wurde. Kompetenzkonflikte können sich in Fällen mit geteilter Obhut bezw. Regelungen mit Betreuungsanteilen ergeben. In diesen Fällen müssten die Kosten der Sonderschulung eigentlich anteilsmässig von den Wohngemeinden des jeweiligen Elternteils übernommen werden. März 2015 / Rechtsdienst 8 Der Verpflegungsbeitrag darf sich gemäss Verfügung der Bildungsdirektion vom 15. August 2008 auf höchstens Fr. 17.00 pro Tag belaufen 7