TEAMS OHNE CHEF. Einführung qualifizierter Gruppenarbeit bei der Jura Elektroapparate AG



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Transkript:

Einführung qualifizierter Gruppenarbeit bei der Jura Elektroapparate AG Ende der 90-er Jahre hat Peter Rieder als Mitglied des damaligen QUBI (Qualifizierung und Beratung für soziale Innovationsprojekte ) die Umstrukturierung der Jura AG Service und Produktion durchgeführt. Das Ziel des von Bund und SMUV geförderten Projektes, war die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, durch Förderung von innovativen Arbeitsstrukturen, Partizipation sowie Qualifizierung der Mitarbeitenden. Das Projekt Jura wurde ein viel beachteter Erfolg. Die Philosophie, die hinter diesem Projekt stand, ist auch heute noch Bestandteil des incube-konzepts. Wir sind überzeugt, dass durch eine menschenorientierte Führung, gepaart mit professionellen Instrumenten des Personalmanagements und Bildungselementen, eine Effizienzsteigerung im Unternehmen erreicht wird. Der folgende Artikel beschreibt ein mögliches Vorgehen und seine Ergebnisse am Beispiel der Firma Jura Elektroapparate AG. 1

Ausgangslage Vorgaben Nach der Einführung der Impressa Vollautomaten 1994, schlitterte die Firma Jura im darauf folgenden Jahr in eine Krise, ausgelöst durch Qualitäts- und Logistikprobleme. Ein überforderter Service und Kundendienst, der 500 Aufträge pro Tag verarbeiten sollte, und Neubesetzungen innerhalb der GL bereiteten dem Unternehmen zusehends Schwierigkeiten. Die Geschäftsleitung beschloss deshalb ein Projekt zu starten, das folgende Zielsetzungen beinhaltete: die geforderte Servicemenge wird mit bestehender Personalkapazität bewältigt die Durchlaufzeit muss auf eine Woche reduziert werden die Servicequalität steigt ein Deckungsbeitrag von..mio (Lohnkosten) muss erwirtschaftet werden. Für die Erreichung dieser Ziele standen maximal zwei Jahre zur Verfügung. Um die Ausgangslage festzuhalten, wurden rund 20 Arbeitsplatzanalysen und 10 Expertengespräche durchgeführt. Es wurde eine Pilotgruppe ausgewählt, die mit der Reparatur von Impressa Vollautomaten betraut war, da es sich dabei um ein strategisch wichtiges Produkt handelte. Die Gruppe für die erste Umsetzung sollte zudem mindestens 50% Frauen umfassen. Sofern die Resultate in dieser Pilotgruppe positiv ausfielen, würde die Vorgehensweise auf weitere Gruppen (Service/Produktion/Logistik) übertragen. Folgende Grundsätze wurden definiert: die Service-Mitarbeitenden führen alle Aufgaben pro Auftrag im Team aus heute überqualifizierte Arbeitskräfte sollen durch weniger qualifizierte Mitarbeitende ersetzt werden Frauen haben die gleichen Chancen wie Männer gleicher Lohn für gleiche Arbeit Erste Gespräche zwischen Peter Rieder vom QUBI (CIM-Aktionsprogramm) und der Geschäftsleitung der Jura ergaben bald drei Handlungsalternativen: 1. Konventioneller Ansatz: Rationalisierungsmassnahmen (stark arbeitsteiliges System) 2. Qualifizierende Gruppenarbeit/Teilautonomie gemäss Konzept QUBI (fertigungstechnischer und arbeitspsychologischer ganzheitlicher Ansatz) 3. Qualifizierung von ungelernten oder angelernten Frauen (Konzept QUALIFRA des SMUV) Im Vergleich zu Ansatz 1 waren, bezogen auf die Alternativen 2 und 3, die Auswirkungen in der CH- Industrielandschaft, nur wenig bekannt. Denkbare Risiken wurden eingegrenzt und Ansatzpunkte für Gegenmassnahmen anhand von Hypothesen mehrmals überprüft. Die Geschäftsleitung der Jura entschied sich für die etappenweise Umsetzung der Varianten 2 und 3. Ein Pilotprojekt mit qualifizierter Gruppenarbeit sollte erste Resultate liefern. Grundsätze zu den technischen Anlagen logistisch am richtigen Ort, offen für Erweiterungen U-Form (konzeptionelle Vorgabe / durch Arbeitsgruppe geprüft) die Anlagen sollen auf Wünsche/Ansprüche der Mitarbeitenden angepasst werden der Unterhalt und die Journalführung obliegt der Gruppe. Grundsätze zum Lohnsystem Das Personalmanagement der Jura, die Angestellten-Kommission und QUALIFRA erarbeiten gemeinsam ein Lohnsystem Frauen und Männer sind absolut gleichgestellt Die Gesamtlohnsumme darf nicht erhöht werden. Dies führte unweigerlich zur Anpassung von Löhnen. Sowohl plus (bei Frauen) als auch minus (einige Männer). 2

Umsetzung Von der bekannten Gruppenarbeit/Inselfertigung hin zu selbstgesteuerten Arbeitsgruppen Von einer Gruppenarbeit (auch Inselfertigung) wird üblicherweise gesprochen, wenn eine organisatorische Einheit (max. 12 Mitarbeitende) alle notwendigen Schritte in der Herstellung eines Produktes gemeinsam bearbeitet. Dies bedingt die Förderung der Polyvalenz der Mitarbeitenden. Ziel von Jura war aber die Implementierung von qualifizierender, teilautonomer Gruppenarbeit, durch Partizipation der Mitarbeitenden bei der Gestaltung der Arbeitsprozesse und der Migration. Somit waren die Gruppen auch verantwortlich für: die Planung die Ausführung die Kontrolle durch selbstorganisiertes Arbeiten. Die Teams übernahmen entsprechend teilweise Aufgaben der ehemaligen Abteilungsleiter. Daraus entstanden neue, von der Gruppe definierte Kernaufgaben: Festlegung wer, wann Gruppensprecher/in wird Festlegung wer, wann, welche Ausbildung besucht Planung wie die Bearbeitung der Produkte zeitlich erfolgen soll Einsatzplanung Durchführung der Qualitätsprüfung und definieren der nötigen Massnahmen Kan Ban (just in time-lieferung von Material) Einführungsworkshops pro Gruppe mit dem Management wurden durchgeführt, um die Geschäftsleitung, die Vorgesetzten, Personalverantwortliche, AK/BK-Mitglieder und den Anlagenbau auf den gleichen Stand, in Hinblick auf die zu erreichenden Ziele und organisatorischen Lösungen, zu bringen. Da Teams auftretende Konflikte künftig selbst lösen mussten, wurden Konfliktmanagement-Seminare durchgeführt. Die Gruppensprecher absolvierten zusätzliche Weiterbildungsmodule um Konflikte, die Planungsprozesse und Qualitätssicherung sowie die Einführung des 360 0 -Feedbacks moderieren zu können. Hinzu kam Deutschunterricht für Ausländer/innen. Durch Fachausbildung konnte die Polyvalenz und somit die Flexibilität des Mitarbeitereinsatzes erhöht werden. Diese Bildungsveranstaltungen waren ein kontinuierlicher Begleiter des Umstellungsprozesses. Parallel dazu wurden die ehemaligen Abteilungsleiter durch die Projektleitung gecoacht in den Themen: Pflichten in der neuen Rolle Einführung einer 360 0 -Feedback-Kultur sich selber abgrenzen können. Die Schulungen der Pilotgruppe wurden vom Projektleiter, Peter Rieder, konzeptioniert und durchgeführt. Darauf baute er eine interne Ausbildungsabteilung auf und sorgte für die Ausbildung der künftigen Trainer/innen. Bildung Um eine so rigorose Umstellung zum Erfolg zu führen, braucht es die richtigen Kompetenzen (sozialer, fachlicher und methodischer Art) und dementsprechende Ausbildungen für alle betroffenen Personen. 3

Erfolge und Fazit TEAMS OHNE CHEF Hürden und Stolpersteine Einführung der qualifizierenden Gruppenarbeit im gesamten Service Bereich Die Erfolge für das Unternehmen lagen klar auf der Hand: Verkürzung der Durchlaufzeit auf weniger als eine Woche 25% weniger Zweitreparaturen Deckungsbeitrag nach einem Jahr doppelt so hoch wie vereinbart Abteilungsleiter übernehmen Verantwortung und Initiative Lean-Management eingeführt Chancen- und Lerngleichheit realisiert Einbindung von Allen führte zu Eigenverantwortung und Motivation. Die Umstellung hatte darüber hinaus einen wahren Kulturwechsel ausgelöst, getreu dem Leitbild: Begeisterung durch Innovation Bedingt durch diesen Kulturwandel im Bereich Service sprangen andere Bereiche zwangsläufig auf den Veränderungsprozess auf. Aber auch die einzelnen Gruppen profitierten von den Neuerungen: Die Erhöhung der Flexibilität in den Gruppen und die Polyvalenz bei über 80% der Gruppenmitgliedern führte zu höherer Leistung, was sich günstig auf die Gruppenprämien auswirkte Frauen aus dem Reinigungsbereich konnten neu bis zu 3 Stufen abdecken (Eingangsdiagnose, Service/Reparatur, Ausgangsdiagnose). Dadurch konnte die Gruppe Zusatzaufgaben übernehmen Übernahme von Zusatzaufgaben (Statistiken, Materialbestellung...) führte zu höheren Gruppenprämien Gruppensprecherfunktion pro Gruppe (2-4 MA) Persönlichkeitsbildung Entwicklungsmöglichkeiten für alle Mitarbeitenden Ausbildungsnachweise für alle Mitarbeitenden Dass ein solch riesiger Change nicht ohne Nebengeräusche über die Bühne geht, versteht sich von selbst. Die Reflexion des Projekts hat folgende Schwierigkeiten aufgedeckt: ein solcher Änderungsprozess braucht einen langen Atem die Abteilungsleiter waren anfänglich zu wenig einbezogen, was zu Wiederstand und intensiven Zusatzgesprächen führte die Zusammensetzung der Pilotgruppe sollte bewusst gewählt werden viele Projekte führen zu hoher Belastung Lohngleichheit führte zum Teil auch zu Unzufriedenheit Die Umstrukturierung in einem Bereich führte zu Spannungen mit anderen Bereichen. So wurde beispielsweise die Entwicklung vom Service rechts überholt. Auch in den Gruppen selbst, kam es zu schwierigen Situationen: einzelne Männer fühlten sich durch Chancengleichheit bedroht einige Mitarbeitende fielen wieder in alte Denkmuster zurück einzelen Gruppensprecher/innen waren teilweise überfordert die Rückendeckung in der Gruppe war nicht immer gegeben. Die Kulturänderung führte dazu, dass den Mitarbeitenden nicht mehr alles auf dem Silbertablett serviert wurde. Nach und nach wurden ihnen aber die positiven Wirkungen dieser Veränderung klar: Sie fühlten sich einbezogen und trugen dann auch die Verantwortung. 4

Würden wir es wieder tun? Schwierig waren die Konkurrenz unter verschiedenen Kulturen und der Umgang mit der Frauenförderung, die nicht überall Begeisterung hervorrief. Um diesen Schwierigkeiten zu begegnen, wurden, in Zusammenarbeit der Vorgesetzten, HR und Peter Rieder, mit den Betroffen intensive Gespräche geführt. Mit den betroffenen Mitarbeitenden wurden Lösungen gesucht, die beispielsweise auch Umpositionierungen innerhalb des Unternehmens und in Einzelfällen Begleitungen, bis hin zum Outplacement, beinhalteten. Durch das bessere Sprachverständnis konnte aber die Kommunikation gestärkt werden. Das Führungsverhalten schloss von nun an den Umgang mit mitdenkenden Mitarbeitenden ein. Auf die Frage: würden wir diesen Schritt noch einmal machen?, antwortete das Management der Jura klar mit: Ja! Die gesteckten Ziele wurden erreicht, wenn dahinter auch viel Aufwand im Bereich der Ausbildung und bei einzelnen Personen ein Quäntchen milder Zwang stand. Die Zusammenarbeit mit Peter Rieder brachte neue Arbeitsmethoden und Chancengleichheit in die Firma. Diverse zusätzliche Innovationen, wie zum Beispiel interaktive Lern-CD s, weltweite Schulung der Händler mit neuen Lernkonzepten, konnten realisiert werden und es entstand eine gänzlich neue Firmenkultur. Schlussendlich wurden 16 teilautonome Gruppen in den Bereichen Service und Produktion aufgebaut und bestehen noch heute. Der Betrieb gestaltet sich sauber und übersichtlich und repräsentiert so auch das Image der Firma Jura. incube Falkenplatz 11 012 Bern T +41 (0)31 305 05 13 F+41 (0)31 371 69 78 www.incube.ch info@incube.ch 5