ZUR KENNTNIS DES DIAZOHARNS. II. Uber die chemische Zusammensetzung des Diazoharns bei Typhus abdominalis. VON YUZO SENDJU. (Aas dem physiologisch-chemi.scchen Institut Vorstand: Prof. M. Tomita.) (Eingegangen am 27. Dezember 1926.) zu Nagasaki. In einer Reihe von Arbeiten ist von verschiedenen Forschern gezeigt worden, dass im Harn eine Anzahl organischer Verbind ungen stecken, die die Ehrlich sche Diazoreaktion geben. Kurzlich hat Y. Komori (1926) im hiesigen Institut sich davon uberzeugt, dass die Antoxyproteinsaure an der Diazoreaktion des Harns bei Phthisis sehr wesentlich beteiligt ist. Naheren Aufschluss uber die chemische Natur der Diazo reaktion des pathologischen Harns zu erlangen, habe ich weiter das Studium des Diazoharns bei Typhus abdoininalis unternom men, dessen Ergebnisse im folgenden mitgeteilt werden sollen. 50 1 Diazoharn bei Typhus abdominalis wurden bei schwachsaurer Reaktion stark eingeengt und so lange mit Bleies sig versetzt, bis keine Fallung mehr aultrat. Nach dezn Ent bleien des Filtrats mit Schwefelsaure wurde die Flussigkeit mit lauwarmem Barytwasser deutlich alkalisch gemacht und das von dem Bariumsulfat abgetrennte Filtrat mit Kohlensaure von dem uberschussigen Bsrium beseitigt. Nun wurde die klare Fli s sigkeit unter vermindertem Druck stark eingeengt und dann tropfenweise in absoluten Alkohol eingegossen. Der voluminose weisse Niederschlag wurde abgenutscht und mit absolutem Alkohol gewaschen. Zur Trennung der Protein saure wurde diese Alkoholfallung nach dein Verfahren von Bondzynski u. Mitarbeitern (1905) behandelt und das Filtrat zur Isolierung der Aminosauren benutzt. 311
312 Y. Sendju: I. ALKOHOLFALLUNG. (Trennung der Antoxy- und Oxyproteinsaure.) Die Alkoholfallung wurde in Wasser gelost, von dem Barium durch verdunnte Schwefelsaure befreit, das Filtrat mit Essig saure schwach angesauert und dann so lange mit 20% Queck silberazetatlosung versetzt, bis keine Fallung mehr auftritt. Nach einigen Tagen wurde der Niederschlag abgesaugt und mit 20% Quecksilberazetatlosung sorgfallig ausgewaschen. Der Nieder schlag wurde als A und das Filtrat als B behandelt. A. Quecksilberazetatniederschlag bei essigsaurer Reaktion. (Trennung der Antoxyproteinsaure. ) Zur Darstellung der Antoxyproteinsaure wurde der bei saurer Reaktion ausgefallene Quecksilberniederschlag abgenutscht, grundlich ausgewaschen und mit Schwefelwasserstoff zerlegt. Das Filtrat vom Quecksilbersulfid wurde durch Eindampfen unter vermindertem Druck vom Schwefelwasserstoff vertrieben, weiter zu dickem Sirup eingedampft und dann in absoluten Alkohol unter Umschutteln eingegossen. Das alkoholische Filtrat vom anorganischen Salze wurde durch Vakuumdestillation unter Zusatz von SchwefeIsaure von Essigsaure befreit. Der Sirup wurde nun in Wasser gelost, mit lauwarmem Barytwasser gesattigt und die Antoxyproteinsaure nach dem Aus fallen des Barytuberschusses mit Kohlensaure sowie der Konzen tration der Flussigkeit in vacuo bis zur Sirup-Konsistenz durch Eingiessen in Alkoholathergemisch als Bariumsalz gefallt. Da die erhaltenen Praparate noch Chlor enthielten, so wurden sie zuerst mit Tierkohle entfarbt und weiter durch wiederholtes Auflosen in Wasser und Umfallen mit einem Alkoholatherge misch zuranalyse gereinigt, worauf sie schliesslich mit Ather nachgespult und im Vakuumexsikkator getrocknet wurden. Die Gesamtausbeute an Bariumsalz der Saure betrug 115,0 g. 0,1617g Substanz gaben 18,4 ccm N (13,5, 762 mm)
Zur Kenntnis des Diazoharns. 313 N=13,39% Sie gibt keine der charakteristischen Farbenreaktionen von Eiweiss. Wohl aber zeigt die minimale Menge der Substanz eine deutliche Ehrlichsche Diazoreaktion. B. Quecksilberazetatniederschlag aus dem antoxyproteinsaurefreien Filtrate bei sodaalkalischer Reaktion. (Trennung der Oxyproteinsaure.) Nach dem Abtrennen der Antoxyproteinsaure aus essig saurer Losung mit Quecksilberazetat wurde das Filtrat mit kaltgesattigter Natriumkarbonatlosung neutralisiert, und weiter mit Sodalosung so large versetzt, bis ein gelber Niederschlag erschien. Die Fallung bestand nun zum grossten Teil aus dem Quecksilbersalz der Oxyproteinsaure. Das Filtrat wurde mit dem bereits erwahnten Filtrat von Alkoholfallung (I) vereinigt und zur Darstellung der Amino sauren verwendet. Der abgesaugte Niederschlag wurde mit Schwefelwasserstoff zerlegt, die dadurch frei genvordene Saure nach dem Verjagen von Schwefelwasserstoff zur Beseitigung der anorganischen Salze mit Alkohol ausgezogen. Zum Ent fernen der Essigsaure wurden nun die alkoholischen Auszuge u nter Zusatz von Schwefelsaure in vacuo verdampft und dann in Bariumsalz in ahnlicher Weise, wie dies bei der Darstellung des entsprechenden Salzes der Antoxyproteinsaure geschah, umgewandelt. Die Ausbeute betrug 25,5g. 0,2104g Substanz gaben 18,6 cem N (18,7, 764 mm) N=10,17% Seine Eigenschaften stimmten auch mit denen des Fraparats von Bondzynski und Gottlieb (1905) vollstandig uberein. II. FILTRAT VON ALKOHOLFALLUNG. (Trennung der Monoaminosauren und Hexonbasen.) Das bereits beschriebene Filtrat von Alkoholfallung (I) und das Filtrat von Quecksilbersalz der Oxyproteinsaure wurden
314 Y. Sendju: vereinigt, das geloste Quecksilber mit Schwefelwasserstoff besei tigt, die voin Quecksilbersulfid abfiltrierte Fldssigkeit dann unter vermindertem Druck stark eingeengt. Der darin reichlich er haltene Harnstoff wurde durch Urease zerlegt, das Filtrat in vacuo stark eingeengt und mit absolutem Alkohol ausgezogen. Die alkoholischen Auszuge wurden wieder unter vermnin dertem Druck eingedampft, der Ruckstand in 5% H2SO4 gelost und mit Phosphorwolframsaurelosung gefallt. Diese Nieder schlage dienten zur Trennung der Hexonbasen und das Filtrat wurde zur Isolierung der Monoaminosauren benutzt. A. Trennung der Hexonbasen. Die Phosphorwolframsaureniederschlage wurden mit Baryt zerlegt und die weitere Bearbeitung fur die quantitative Bestim mung der Hexonbasen geschah nach dem Vorschlag von Kosse1 und Kutscher (1900). Es ergab sich folgendes: Histidin... 0,05g (als Pikrolonat). Arginin...1.12 g (als Pikrat). Lysin... 1,74g (als Pikrat). Analyse: Histidinpikrolonat. 0,0373 g Substanz gaben 7,6 ccin N (17, 755 mm). Bereclinet fur C6H9N3O2 C10H3N4O5: Gefunden: N=23,38% 23,26% Argininpikrat. 0,1008 g Substanz gaben 19,4 ccm N (15, 760 mm). Berechnet fur C6H14N4O2 C6H3N3O7+2H20: Gefunden: N=22,32% 22,44% Lysinpikrat. 0.1378 g Substanz gaben 22,6 cem N (17, 766 mm). Berechnet fur C6H14N2O2 C6H3N3O7: Gefunden: N=18,67% 19,08%
Zur Kenntnis des Diazoharns. 315 B. Trennung der Monoaminosauren durch die Estermethode nach E. Fischer (1901). Das Filtrat von der Phosphorwolframsaurefallung wurde auf die bekannte Weise mit Baryt behandelt, der Barytuberschuss durch Kohlensaure beseitigt, das Filtrat vom Bariumkarbonat unter Zusatz von Salzsaure stark eingeengt und dann mit gas foimiger Salzsaure ubersattigt. Die von dem ausgeschiedenen Chlorammonium abgetrennte Flussigkeit wurde nun in vacuo stark eingeengt und in bekannter Weise verestert. Die weitere Operation und die fraktionierte Destillation der Aminosaureester wurden nach dem Verfahren von E. Fischer ausgefuhrt. Die einzelnen Fraktionen wurden wie folgt abgegrenzt: Fraktion I bis 100 des Wasserbades u nd 12 mm Druck... 4,0 g. Fraktion II bis 100 des Wasserbades u nd 0-2,0 mm Druck... 2,0 g. Fraktion III 100-180 des Olbades u nd 0-2,0 mm Druck... 2,0 g. Aus Fraktion I und II wurden folgende Aminosauren gewonnen. 1-Prolin. 0,27 g als Cu-Salz. 0,1354 g. Substanz gaben 0,0369 g CuO. Berechnet fur (C5H8N02)2 Cu: Gefunden: Cu 21,79% 21,71% dl-prolin. 0,26 g als Cu-Salz. 0,1508 g Substanz gaben 0,0154 g H2O. Berechnet Mr (C5H8NO2)2Cu+2H2O: Gefunden: H2O 10,99% 10,21% 0,1048g Kristallwasserfreies Prolinkupfer gaben 0,0284g CuO. Berechnet fur (C5H8NO2)2 Cu: Gefunden: Cu 21,79% 21,56% Valin. 0,47 g als Cu-Salz. 0,1552 g. Substanz gaben 0,0418 g CuO.
316 Y. Sendju: Berechnet fur (C5H10NO2)2 Cu: Gefunden: Cu 21,49% 21,52% Alanin. 0,30 g als Cu-Salz. 0,0608 g Substanz gaben 0,0200 g CuO. Berechnet fur (C3H6NO2)2Cu: Gefunden: Cu 26,52% 26,31% Leucin. 0,09 g als Cu-Salz. 0,0808 g Substanz gaben 0,0199 g CuO. Berechnet fur (C6H1zN09), Cu: Gefunden: Cu 19,63% 19,67% Fraktion III bestand aus Phenylalanin, Asparaginsaure und Glutaminsaure. Phenylalanin und Glutaminsaure waren als Chlorhydrat isoliert worden. Serine wurde vergeblich gesucht. Phenylalaninchlorhydrat (0,13 g). 0,1280g Substanz verbrauchten 6,3 ccm N/10H2SO4. Berechnet fur C9H11O2N EHCl: Gefunden: N 6,94% 6,89% Asparaginsaure (0,07 g). 0,0636 g Substanz verbrauchten 4,8 ccm N/10H2SO4. Berechnet fur C4H7NO4: Gefunden: N 10,52% 10,56% Glutaminsaurechlorhydrat (0,17 g). 0,0700 g Substanz verbrauchten 3,8 cem N/10H2SO4. Berechnet fur C5H9NO4 EHCl: Gefunden: 7,63% 7,60% Die Gesamtmenge der aus 50 1 Diazoharn bei Typhus abdominalis isolierten Antoxyproteinsaure, Oxyproteinsaure und Aminosauren ist in folgender Tabelle zusammengestellt.
Zur Kenntnis des Diazoharns. 317 TABELLE. LITERATUR. Bondzynski und Dombrowski, (1905): H-S. 46, 83. Bondzynski und Gottlieb, (1905): in H-S. 46,97 zitiert. Fischer, E. (1901): H-S. 33, 151. Komori, Y. (1926): diese Zeitschrift. 6, 297. Kossel, A. und Kutscher, F. (1900): H-S. 31, 165.