Nachvollziehbare Bedarfskennzahlen? Konzepte und Indikatoren zur Abbildung des Versorgungsbedarfs

Ähnliche Dokumente
Das Stadt-Land-Gefälle in der ärztlichen Bedarfsplanung Stand und Perspektiven

Neue Bedarfsplanungsrichtlinie 2013

Sektorenübergreifende Bedarfsplanung Perspektive des G-BA Josef Hecken Unparteiischer Vorsitzender im Gemeinsamen Bundesausschuss

Statusbericht. AOK Rheinland/Hamburg Die Gesundheitskasse Regionaldirektion Kreis Kleve

Bedarfsplanung neu Änderungen, Fragen, Herausforderungen

Regionalkonferenz Weimarer Land

XV. Gesundheitspolitisches Symposium der Ersatzkassen

des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Bedarfsplanungs- Richtlinie: Zusammenlegung der Facharztgruppen

Beschlussfassung des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen im Saarland vom

Bedarfsplanung der ambulanten medizinischen Versorgung

Wie funktioniert die Bedarfsplanung für die ambulante ärztliche Versorgung in Schleswig-Holstein?

Praxiserweiterung und Praxisabgabe 2013

Ambulante Bedarfsplanung und Versorgungssteuerung - Fortschreibung gemäß Protokollnotiz zum Letter of Intent (LOI)

Ambulante medizinische Versorgung in Bayerns Kommunen weiterentwickeln Herausforderungen und Lösungsmöglichkeiten

Gemeinsamer Bundesausschuss. - Gutachten zur Weiterentwicklung der Bedarfsplanung. Statement des GKV-Spitzenverbandes

Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat am folgende Beschlüsse gefasst:

Voraussetzungen und Bedingungen der Zulassung als Vertragspsychotherapeut/-in Daniela Krajka

Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat am folgende Beschlüsse gefasst:

Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat am folgende Beschlüsse gefasst:

Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat am folgende Beschlüsse gefasst:

Faktencheck Gesundheit

Die Grundzüge der Bedarfsplanungsreform

Die neue Bedarfsplanung in RLP. Torsten Erb, Abteilungsleiter Sicherstellung, KV RLP

Kanzlei Dr. Hahne, Fritz, Bechtler & Partner

Nachwuchsgewinnung für die ambulante vertragsärztliche Versorgung

Bedarfsplanung aus Sicht der niedergelassenen Ärzte

Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat am folgende Beschlüsse gefasst:

Faktenblatt. Thema: Ambulante Versorgung - Bedarfsplanung , Pressestelle GKV-Spitzenverband

Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat am folgende Beschlüsse gefasst:

Beschlussfassung des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen im Saarland vom

FAQs zur Weiterentwicklung der Bedarfsplanung

Grundsätze Bedarfsplanung:

Eintragung in die Warteliste der KV RLP

Ass. jur. Constance Petersen stellvertretende Geschäftsbereichsleiterin Vertragsärztliche Versorgung

DIE FACHÄRZTLICHE VERSORGUNG IN RHEINLAND-PFALZ FACHÄRZTETAG 2014

Versorgungsatlas Arztgruppen: gesonderte fachärztliche Versorgung

Medizinische Versorgungszentren aktuell. zum Stichtag Kassenärztliche Bundesvereinigung

Bedarfsplan. für den Zulassungsbezirk der. Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen

Medizinische Versorgungszentren aktuell. zum Stichtag: Kassenärztliche Bundesvereinigung

Medizinische Versorgungszentren aktuell. zum Stichtag Kassenärztliche Bundesvereinigung

Tabelle 1: Anzahl der Ärzte und Psychotherapeuten mit hälftiger Zulassung nach Kassenärztlichen

17. Wahlperiode /10168

Bedarfsplan für den Zulassungsbezirk Berlin. (ergänzt mit Wirkung vom )

Ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum Landkreis Konstanz Dr. med. Christoph Graf

Die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum: Herausforderungen und Zukunftskonzepte

HESSISCHER LANDTAG. b) In wie vielen Fällen treten Schwierigkeiten bei der Nachfolge auf? Bitte nach Facharztgruppen aufteilen.

MEDIZINISCHE VERSORGUNGSZENTREN AKTUELL STATISTISCHE INFORMATIONEN ZUM STICHTAG

Bedarfsplanung Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung Nutzenbewertung: Arzneimittel aus dem Bestandsmarkt

Zulassungsrecht/Bedarfsplanung Update 2013

Regionalkonferenz. Medizinische Versorgung im Landkreis Nordsachsen. 17. Oktober 2012

Neuordnung der ärztlichen Bedarfsplanung

DEMOGRAPHIETAG TORSTEN ERB ABTEILUNGSLEITER SICHERSTELLUNG MAINZ NOVEMBER 2015

Management im Gesundheitswesen TU-Berlin Block Leistungserbringer

SACHSEN. Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz Dresden

Verteilungsgerechtigkeit in der ambulanten Versorgung in unterschiedlich strukturierten Regionen

News für Patientenvertreter

Management im Gesundheitswesen TU-Berlin Block Leistungserbringer

LANDESAUSSCHUSS DER ÄRZTE UND KRANKENKASSEN

LANDESAUSSCHUSS DER ÄRZTE UND KRANKENKASSEN

LANDESAUSSCHUSS DER ÄRZTE UND KRANKENKASSEN

LANDESAUSSCHUSS DER ÄRZTE UND KRANKENKASSEN

Frage 2: Wie viele Ärzte haben in den Jahren 2015 und 2016 ihre Praxis aufgegeben?

LANDESAUSSCHUSS DER ÄRZTE UND KRANKENKASSEN

Kein Mangel an Ärzten, sondern ungleiche regionale Verteilung

Faktencheck Gesundheit

Ambulante ärztliche Versorgung im Regierungsbezirk Oberbayern aus der Sicht einer Krankenkasse

Bedarfsplanung Psychotherapeuten

Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr

Bedarfsplan 2013 für Rheinland-Pfalz

Bedarfsplanung der Kinder- und Jugendpsychiater und -psychotherapeuten

Seit wann gibt es die Terminservicestellen? Vermittelt der Terminservice Ärzte aller Fachrichtungen?

LANDESAUSSCHUSS DER ÄRZTE UND KRANKENKASSEN FÜR BADEN-WÜRTTEMBERG

Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen

Neuordnung der ärztlichen Bedarfsplanung

LANDESAUSSCHUSS DER ÄRZTE UND KRANKENKASSEN FÜR BADEN-WÜRTTEMBERG

Letter of Intent: zwischen

Grundsätze Bedarfsplanung:

Patientenorientierte Bedarfsplanung der ärztlichen Versorgung. Pressegespräch am 15. Februar 2013

Honorarverteilung 2017

Entwicklung des Versorgungs- und Arztbedarfs in Thüringen und Westfalen-Lippe auf Basis der Bevölkerungsprognose bis 2025

Tragende Gründe zum Beschluss. des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung. der Bedarfsplanungs-Richtlinie:

Ärzteatlas 2015 Wissenschaftliches Institut der AOK

Dr. med. Max Kaplan. Präsident der Bayerischen Landesärztekammer Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbandes Memmingen-Mindelheim

Hintergrundinformation

Anlage 1.1 Psychotherapeuten

Das GKV-Versorgungsstrukturgesetz Ziele, Instrumente und Ergebnisse

Joachim Klose Isabel Rehbein. Ärzteatlas Daten zur Versorgungsdichte von Vertragsärzten. Wissenschaftliches Institut der AOK

Altersstruktur- und Arztzahlentwicklung in Deutschland

Bayerischer Landesgesundheitsrat 14. März Dr. Krombholz, Vorsitzender des Vorstands

Sachstand und Weiterentwicklung der Bedarfsplanung

Die Praxisübergabe aus zulassungsrechtlicher Sicht. 10. Infotag. KVSH-Präsentation Bianca Hartz

Entwicklung der Zahl ambulant tätiger Ärzte

Mandanteninformation Medizinrecht 1 / 2013

Comtesse & Comtesse RA Hermann Comtesse Fachanwalt für Medizinrecht

Zukünftige Herausforderungen einer patientengerechten Bedarfsplanung

Ärzte und der ambulante Sektor

Postfach Stuttgart FAX:

Dr. med. Thomas Fischbach

Transkript:

Gesundheit Mobilität Bildung Nachvollziehbare Bedarfskennzahlen? Konzepte und Indikatoren zur Abbildung des Versorgungsbedarfs Dr. Martin Albrecht, IGES Institut 14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung Berlin, 8. Oktober 2015 Indikatoren Versorgungsbedarf IGES Institut. Ein Unternehmen 08.10.2015 der IGES Gruppe. Seite 1

Inhalt 1. Bedarfsfeststellung gemäß aktueller Bedarfsplanung 2. Einbeziehung weiterer Bedarfsindikatoren (Bedarfsindex) 3. Anwendung des Bedarfsindex zur Messung der Bedarfsorientierung 4. Ausblick Indikatoren Versorgungsbedarf 08.10.2015 Seite 2

Gesundheit Mobilität Bildung 1. Bedarfsfeststellung gemäß aktueller Bedarfsplanung Indikatoren Versorgungsbedarf 08.10.2015 Seite 3

Abbildung des Versorgungsbedarfs was ist gemeint? Absoluter Bedarf Gesamtzahl Ärzte Historische Einwohner-Arzt-Verhältnisse Arzt- und Einwohnerzahlen zum Stichtag der Einführung der Bedarfsplanung in der jeweiligen Arztgruppe allgemeine fachärztliche Versorgung: 31.12.1990 (West) Hausärzte: 31.12.1995 Psychotherapeuten: 1.1./31.8.1999 allgemeiner bedarfsgerechter Versorgungsgrad Relativer Bedarf Regionale Verteilung einer gegebenen Gesamtzahl Ärzte Regionaler Mehr-/ Minderbedarf ggü. Durchschnitt Indikatoren Versorgungsbedarf 08.10.2015 Seite 4

Bedarfsplanung seit 2013 Versorgungsebenen und Planungsräume Arztgruppen Hausärztliche Versorgung Allgemeine fachärztliche Versorgung Spezialisierte fachärztliche Versorgung Gesonderte fachärztliche Versorgung Hausärzte Augenärzte Chirurgen Frauenärzte HNO-Ärzte Hautärzte Nervenärzte Psychotherapeuten Orthopäden Urologen Kinderärzte Fachinternisten Anästhesisten Radiologen Kinder- und Jugendpsychiater PRM-Mediziner Nuklearmediziner Strahlentherapeuten Neurochirurgen Humangenetiker Laborärzte Pathologen Transfusionsmediziner Planungsräume Mittelbereiche (909) Kreise (371) Raumordnungsregionen (97) KV-Regionen (17) bundeseinheitlich (1.671 Einw./Arzt) je Arztgruppe differenziert nach 5 Regionstypen (Mitversorgung) Verhältniszahlen je Arztgruppe bundeseinheitlich je Arztgruppe bundeseinheitlich Demografiefaktor (Modifikation der Verhältniszahlen) Quelle: IGES, G-BA (2014) Indikatoren Versorgungsbedarf 08.10.2015 Seite 5

Regionale Bedarfsadjustierung gemäß aktueller Bedarfsplanung Regionale Mitversorgung Für große Städte mit überproportionalem Anteil Ärzte (2012) ggü. Anteil Einwohner (2010) werden entsprechend relativ mehr Ärzte geplant. Annahme: Mitversorgungsleistung (Konzept Großstadtregionen) Demografiefaktor Höherer Einwohneranteil 65+ bedeutet Ärzte-Mehrbedarf (außer Frauenärzte und Psychotherapeuten) Ausmaß je nach Fachgruppe gem. Leistungsbedarfsfaktor (gem. KV-Abrechnungsstatistik) Regionale Besonderheiten Möglichkeit zur Abweichung von GBA-Richtlinie (Landesebene) z.b. auffällige Prävalenzraten, Erreichbarkeit, Infrastruktur, sozioökonomische Faktoren Indikatoren Versorgungsbedarf 08.10.2015 Seite 6

Gesundheit Mobilität Bildung 2. Einbeziehung weiterer Bedarfsindikatoren (Bedarfsindex) Indikatoren Versorgungsbedarf 08.10.2015 Seite 7

Auswahl von Indikatoren des Versorgungsbedarfs Vorauswahl wissenschaftliche Literatur / Studien Faktorenanalyse Verdichtung auf zwei Faktoren Faktor 1: Alter und Geschlecht Faktor 2: sozioökonomische Faktoren und Morbidität Arbeitslosigkeit Einkommensarmut Pflegebedürftigkeit regionale Abweichungen vom Bundesdurchschnitt Indikatoren Versorgungsbedarf 08.10.2015 Seite 8

Quantitativer Zusammenhang: Faktor- und Bedarfsunterschiede Alters- und geschlechtsbezogene Aufwandsrelationen gem. RSA- Ausgabenprofil (Ärzte) durchschnittliche jährliche Leistungsausgaben für Ärzte 1.200 1.000 800 600 400 200 Männer Frauen - 0 3 6 9 12 15 18 21 24 27 30 33 36 39 42 45 48 51 54 57 60 63 66 69 72 75 78 81 84 87 90 Alter alternativ: Demografiefaktor (gem. Bedarfsplanungs-Richtlinie) Mortalität als Proxy für Versorgungsbedarf Regressionsrechnung (Daten auf Kreisebene) Ergebnis: signifikant positiver Zusammenhang Schätzung der %-Abweichung des regionalen Bedarfs aufgrund von Faktor 2-Ausprägungen Indikatoren Versorgungsbedarf 08.10.2015 Seite 9

Ergebnis: Spektrum der Bedarfsunterschiede Arztgruppe Bedarfsindex (Modifikation Altersfaktor) regionale Planungsebene Min Max Hausärzte Nervenärzte / Orthopäden Erwachsene 15+ Mittelbereiche 91% 107% 94% 107% Frauenärzte Frauen 18-45 97% 103% Kinderärzte Kinder 0-14 96% 103% Augenärzte Kreise 89% 117% HNO-Ärzte Demografiefaktor 96% 104% Psychotherapeuten (unter 65/65+) 96% 105% Urologen 91% 110% Quelle: IGES Indikatoren Versorgungsbedarf 08.10.2015 Seite 10

Gesundheit Mobilität Bildung 3. Anwendung des Bedarfsindex zur Messung der Bedarfsorientierung Indikatoren Versorgungsbedarf 08.10.2015 Seite 11

Messung der Bedarfsorientierung der regionalen Ärzteverteilung Arztdichte IST regionale Unterschiede Arztdichte SOLL regionale Unterschiede Bedarfsindex Regionale Unterschiede des Versorgungsbedarfs exogene direkte/indirekte Morbiditätsindikatoren Quintil Arztdichte (IST) Arztdichte (SOLL) Mehr-/Minderbedarf zum Bundesdurchschnitt Planungsregion XY 1. niedrigste niedrigste deutlicher Minderbedarf 2. niedrige niedrige Minderbedarf 3. mittlere mittlere durchschnittlicher Bedarf 4. hohe hohe Mehrbedarf 5. höchste höchste deutlicher Mehrbedarf Quelle: IGES Indikatoren Versorgungsbedarf 08.10.2015 Seite 12

Hausärzte: Regionale Verteilung stärker bedarfsorientiert (2014) regionale Unterschiede: Ärztedichte und Bedarf Übereinstimmungen Abweichungen Anteil der Planungsbereiche IST 18,7% 81,3% SOLL 46,4% 53,6% Indikatoren Versorgungsbedarf 08.10.2015 Seite 13

Einbeziehung weiterer bedarfsbeeinflussender Faktoren aktueller Versorgungsgrad (Ist/Soll) Soll ggü. Bedarfsindex Bsp. Hausärzte Quelle: IGES, Faktencheck Ärztedichte (Bertelsmann Stiftung) Indikatoren Versorgungsbedarf 08.10.2015 Seite 14

Allgemeine Fachärzte: Verteilung Stadt- Land fast unverändert (Bsp. Orthopäden) Orthopäden aktuell 36.2% 10.2% 9.8% 14.7% 23.4% 5.7% Großstadtzentrum nahes Nebenzentrum Orthopäden geplant 35.8% 10.2% 10.0% 14.8% 23.5% 5.7% nahe Umgebung einer Großstadt weitere Umgebung einer Großstadt Bevölkerung 24.9% 10.9% 12.1% 18.8% 27.0% 6.2% außerhalb der Umgebung einer Großstadt Quelle: IGES, Bertelsmann Stiftung (2015) Indikatoren Versorgungsbedarf 08.10.2015 Seite 15

Gesundheit Mobilität Bildung 4. Ausblick Indikatoren Versorgungsbedarf 08.10.2015 Seite 16

Perspektiven der Weiterentwicklung Stärkere Differenzierung der Bedarfsermittlung nach Arzt-/Fach- oder Patientengruppen, Indikationsbereichen Entwicklung empirischer Grundlagen (z.b. altersbezogene oder regionale Prävalenzdaten) Anpassung Verhältniszahlen an tatsächlichen Versorgungsbedarf VSG: kleinräumige Planung, Einbeziehung der Sozial- und Morbiditätsstruktur historische Einwohner-Arzt-Verhältnisse? Indikatoren Versorgungsbedarf 08.10.2015 Seite 17

Gesundheit Mobilität Bildung IGES Institut Dr. Martin Albrecht www.iges.com Indikatoren Versorgungsbedarf IGES Institut. Ein Unternehmen 08.10.2015 der IGES Seite Gruppe. 18