Gewalt und Aggression in der stationären Altenhilfe. Lydia Kassing Pflegesachverständige Case Managerin

Ähnliche Dokumente
Arbeits- und Schulungsmaterialien zur Pflege-Charta für die Pflegepraxis

Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen

Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen 09/2005 Averosa Auszug Quelle: Deutsches Zentrum für Altersfragen/ Runder Tisch Pflege

Pflege-Charta. Maßstab für eine würdevolle Pflege. Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen

Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen

Das Recht des Patienten auf Patientenrechte. Umsetzung von Patientenrechten in Krankenhäusern

Angebote der Basalen Stimulation zur Verbesserung der Lebensqualität in der Palliativ Care - Phase

Charta der Rechte der hilfeund pflegebedürftigen Menschen Qualitätsmaßstab für Pflege/Betreuung

Das PNG ein Durchbruch bei der Versorgung demenzkranker Menschen?

Wertekonflikte in der Pflege am Beispiel des Internationalen Ethikkodex für Pflegekräfte (ICN) Symposium des IQP, Fürstenfeldbruck, 8.

PFLEGELEITBILD DER MOBILEN PFLEGE

Verhaltenskodex und Selbstverpflichtung

Praxiszentrum. Lebensphase Alter / Menschen mit Behinderungen / Sonstige. Iim Wintersemester / Sommersemester 2015.

Grundbegriffe klären, Themenfeld abstecken. Auseinandersetzng mit Kulturalität in der. Transkulturelle pflegeethische Prinzipien

Gewalt durch Pflegepersonen

Ergebnisbericht 2017 für Haus am Steinnocken

Kinderschutz. Das Konzept in der Kita (Elbkinder)

Leitbild Pflegeheim Carolinum

Pflegeleitbild. Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen

Gewalt in der Pflege. 29. Dresdner Pflegestammtisch Prof. Dr. Kathrin Engel


Bewegung pflegt Von der Fähigkeit Konzepte genau anzupassen

MEINE RECHTE NEU! VINZENZ-HEIM AACHEN. Mit Audio-CD Meine Rechte. Sprecher: Michael Korneffel. Recht auf Schutz. Vinzenz-Heim Aachen

Meike Schwermann, Sprecherin der Sektion Pflege, DGP,

Scham. Warum ist es so schwer, darüber zu reden? 25. März Frankfurt Diplom-Berufspädagogin (Pflege) Dorothea Meudt

Die Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen Qualitätsmaßstäbe und ihre Umsetzung in der Praxis

Kindesmisshandlung und -vernachlässigung. Definition, Grundlagen, Formen Erkennen und Handeln

Konzept zur Gewaltprävention und zum Umgang mit Gewalt

Gewalt durch Pflegepersonen

Leitbild des Universitätsklinikums Bonn

Wir sind die Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung Obere Saar e.v.

Leitgedanken für die Heime Kriens

Leitsätze Pflege und Betreuung im Rüttigarten

Tageszentrum im Altersheim Gontenbad. Appenzell Innerrhoden. ai.prosenectute.ch

So wollen wir. Unser Pflege- und Betreuungskonzept für die Pflege und Betreuung hilfebedürftiger Menschen. pflegen.

Meine Rechte. Vinzenz-Heim Aachen

Palliative Basisversorgung

DIE GEWALT LEBT DAVON, DASS SIE VON ANSTÄNDIGEN LEUTEN NICHT FÜR MÖGLICH GEHALTEN WIRD. (JEAN-PAUL SARTRE, )

Der neue Expertenstandard - Erhaltung und Förderung der Mobilität in der Pflege. Sarah Oswald, Christof Wiesmann

Persönliche Patientenverfügung für die individuelle Gestaltung der letzten Lebensphase

Reader des Workshops

Eingebunden sein und bleiben auch wenn die Gesundheit es oftmals schwer macht

PSG I, II, III: Wie geht es der Pflege?

INKLUSION ALS FRAGE GESELLSCHAFTLICHER ANERKENNUNG KONSEQUENZEN FÜR PSYCHISCH KRANKE MENSCHEN UND IHR UMFELD? Sigrid Graumann

Nimm mich an so wie ich bin.

Selbstbewertung und Messung von Ergebnisqualität auf dem Fundament der Pflegecharta. Sozial-Holding der Stadt Mönchengladbach GmbH

Menschenrechtsbildung mit Jugendlichen Karteikarten für den Workshopeinsatz

Förderung und Lebensgestaltungskonzepte für Menschen im Wachkoma.

Anmeldeformular für Pflegeelterninteressentinnen und interessenten

Verbesserung der Teilhabe pflegebedürftiger Menschen durch Pflege. Gudrun Gille Präsidentin a.d. Bundessverband DBfK

Gewaltpräven,on im professionellen Umfeld

Freiheit und/vor Sicherheit

Teilhaben und selbstbestimmt leben

Berufsspezifische Kompetenzfeststellung für: Kompetenzfeststellung durchgeführt durch:... Name: Vorname: NIQ-Chiffre : Geburtsdatum: Geschlecht: m

Sexualpädagogisches Konzept der Kinder- und Jugendhäuser Lollar

Fachtag. Vortrag. Palliative Care»Grenzsituationen in der Pflege bewältigen« Landesgruppe Baden-Württemberg

Der Verhaltenskodex.

Inhalt des Vortrages:

P A L L I A T I V E PA C L A L R IA E T IVE C A R E

Modul 4 Krisenbewältigung für Pflegende

Schulstufe Fach Themen/Inhalte. Grundschule. Sachunterricht 1. Körperteile, körperliche Veränderungen in der Pubertät

Ältere Menschen mit Behinderung und Pflegebedürftigkeit Unterstützungsbedarf und passende Angebote

Befragung der Mitarbeitenden

Grundsätze für ethisches und verantwortliches Handeln in der LAK

Gewalt in engen sozialen Beziehungen, in Fällen von Nachstellung (Stalking) sowie in Fällen von Kindeswohlgefährdung

Ausbildung im Gesundheitsbereich

Prävention und Pflegebedürftigkeit

Das Gebäude der Kinderrechte

Orientierungshilfe, gefährdende Indikatoren des Kindeswohls und Risikofaktoren, Beispiele

Wahrnehmen Verstehen

Einführung zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) bildungswerk.de

ETHISCHE FRAGE FAKTEN

Vielfalt gehört dazu Demografische Entwicklung, Inklusion und Diversität: Herausforderungen für die Selbsthilfe

Umgang mit Häuslicher Gewalt am Arbeitsplatz Nicole Waldmann

DAS LEBEN NEU ORGANISIEREN. Die richtigen Entscheidungen treffen

Abkürzungsverzeichnis Einführung... 13

Rechte und Pflichten

RESPEKTVOLLER UMGANG MIT KINDERN. Copyright: K. Larondelle

Haus Casa Reha Gilberghof Eisenhutstr Siegen 0271/

Grußwort Demenz im Blick, Haus der Ärzteschaft, Düsseldorf, Bernd Zimmer, Vizepräsident der Ärztekammer Nordrhein:

HOSPIZGEMEINSCHAFT ARCHE NOAH HOCHTAUNUS

Aufsicht für unterstützende Wohnformen. Überwachungskonzept. Kapitel B Prüfungen

Nachholbildung Fachfrau / Fachmann Gesundheit EFZ. Kompetenzprofil gemäss Bildungsplan Berufskunde

KLINIK SCHLOSS MAMMERN Dr. A. O. Fleisch-Strasse CH-8265 Mammern Telefon +41 (0) Fax +41 (0)

Zugewandt und engagiert - Pflege, wie wir sie verstehen!

Integrierte Versorgungskonzepte - Aufgaben einer Kommune -

Was passiert mit den Kindern?

Zum Geschmack am Leben verhelfen

Hospiz und Palliativpflege im stationären Bereich

Universitätsmedizin Göttingen Georg-August-Universität Göttingen Pflegedienst der UMG

Wanderausstellung Hier wohnt Familie Schäfer

Arbeitsgruppe Erkenntnisse aus MDK-Qualitätsprüfungen Jürgen Brüggemann, Team Pflege

Klausurtagung 2017 ETHIK in der Beziehung vpsg PIBB Klausurtagung 2017 _Dr. Günter Meyer

Teilhabe als Brücke zwischen Gesundheit und Behinderung

Zartbitter e.v. Phänomene traumatischen Erlebnissen. Ganz normale kindliche Sexualität oder sexuelle Übergriffe? Zartbitter e.v.

Transkript:

Gewalt und Aggression in der stationären Altenhilfe Lydia Kassing Pflegesachverständige Case Managerin

Zu Gewalt zählen alle Handlungen und Unterlassungen, die gravierende negative Auswirkungen auf die Lebenssituation und Befindlichkeit des älteren Menschen haben. Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) 2012

Fachliches Fehlverhalten, durch das ein Mensch negativ beeinträchtigt oder geschädigt wird, respektive ein Schaden eintreten könnte (.) durch die der pflegerische Auftrag nicht erfüllt oder beeinträchtigt wird. Tschan (2012)

Aggression: durch Affekte ausgelöstes, auf Angriff ausgerichtetes Verhalten des Menschen, das auf einen Machtzuwachs des Angreifers bzw. eine Machtverminderung des Angegriffenen zielt (Duden.de) - eine lebenserhaltende, aktive Energie: Ich setze mich kraftvoll für meine Interessen ein.

Wer übt Gewalt gegen wen aus? Mitarbeitende gegen hilfebedürftige Menschen Mitarbeitende gegen Mitarbeitende Drittpersonen (Angehörige, Besucher/innen, Dienstleister, etc.) hilfebedürftige Menschen untereinander hilfebedürftige Menschen gegen Mitarbeitenden

Gewaltsensibel zu pflegen ist eine Herausforderung und ein Ausdruck von Professionalität.

Aus: http://www.takequickbreak.com

Pflegerischer Auftrag: 11 SGB XI Die Pflegeeinrichtungen pflegen, versorgen und betreuen die Pflegebedürftigen (.), entsprechend dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse. Inhalt und Organisation der Leistungen haben eine humane und aktivierende Pflege unter Achtung der Menschenwürde zu gewährleisten.

ICN-Ethikkodex: Untrennbar von Pflege ist die Achtung der Menschenrechte, einschließlich dem Recht auf Leben, auf Würde und auf respektvolle Behandlung. Sie wird ohne Unterschied auf das Alter, Behinderung oder Krankheit, das Geschlecht, den Glauben, die Hautfarbe, die Kultur, die Nationalität, die politische Einstellung, die Rasse oder den sozialen Status ausgeübt. (aus der Präambel)

Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen Art. 1 Selbstbestimmung und Hilfe zur Selbsthilfe Art. 2 körperliche und seelische Unversehrtheit, Freiheit und Sicherheit Art. 3 Privatheit Art. 4 Pflege, Betreuung und Behandlung Art. 5 Information, Beratung und Aufklärung Art. 6 Kommunikation, Wertschätzung und Teilhabe an der Gesellschaft Art. 7 Religion, Kultur und Weltanschauung Art. 8 Palliative Begleitung Sterben und Tod

Aus: http://www.schalltechnikdrmueller.de/pflegezimmer.gif

Grenzverletzungen Privatsphäre nicht achten - unaufgefordert, ohne anklopfen in die privaten Räumlichkeiten eintreten Menschen den Abläufen in der Einrichtung anpassen Respektlose Sprache benutzen

Grenzverletzungen Gespräche über den Kopf des Hilfebedürftigen Körperpflege ohne Sicht- und Intimschutz Handlungen ohne vorherige Aufklärung Menschen aus den Augen verlieren Bedürfnisse und Bedarf nicht erkennen

Misshandlung und Vernachlässigung Verbale Aggression anschreien, drohen, beleidigen, bewerten, herabwürdigen Emotionale Gewalt / psychosoziale Verwahrlosung Ignoranz: Bedürfnisse nicht erfragen/erfüllen Nichtbeachtung der Klingel Mensch wird als lästig, anspruchsvoll erlebt

Körperliche Misshandlung Unsanfte / schmerzhafte Berührung um den Menschen zum Aufstehen/ zum Sitzen zu Bringen schlagen, schubsen, kneifen, flitschen Essen und Trinken unter Zeitdruck und Zwang

keine erforderlichen Positionswechsel Körperliche Misshandlung Inkontinenzvorlagen statt Toilettengänge bewegungseinschränkende Maßnahmen fachlich unbegründete freiheitsentziehende Maßnahmen

Sexualisierte Gewalt abwertende Sprache über Sexualität aberkennen sexueller Bedürfnisse Un-eindeutiges berühren des Körpers Vergewaltigung

Warnsignale für Gewaltbereitschaft Verrohte Sprache/ Abwertung Nicht-Achten von Grenzen Aberkennen von Persönlichkeitsrechten Ängstigen und einschüchtern

Warnsignale für Gewaltbereitschaft Gewaltsame Pflegehandlungen fachlich unbegründete freiheitsentziehende Maßnahmen Bagatellisieren und tabuisieren von Übergriffigkeit im Team

Warnsignale für Gewaltbereitschaft Häufig auftretende Verletzungen, z.b. Hämatome Tätlichkeiten vor Zeugen Auffälligkeiten in der Medikation

Warnsignale für Gewaltbereitschaft Überraschende, unerklärliche Todeszeitpunkte Materielle Ausbeutung Drogenkonsum bei Pflegenden

Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt. Mahatma Gandhi

Zentrale pflegerische Aufgaben Wahrnehmen und beobachten Beziehung herstellen Sicherheit geben Fähigkeiten erkennen und erhalten Ängste nehmen

Zentrale pflegerische Aufgaben Wärme geben, Person erhalten Lebensqualität ermöglichen und achten Würde belassen geduldig sein

Quelle: Lokal Autor: Sandra Niermann; www.programm-altersbilder.de Altersbilder

Strategien zur Gewaltprävention Strukturen die Gewalt fördern, frühzeitig wahrnehmen, thematisieren und verändern klare Qualitätsstandards Transparenz der Prozesse

Strategien zur Gewaltprävention informieren, schulen, -Bewusstsein schaffen Vertraulichkeit garantieren Experten finden Pflegekultur deutlich herausstellen

Vielen Dank!