Kartoffellagerung ; Ausfälle durch Lagerkrankheiten Fritz Stucki, Leiter Kartoffeln fenaco fenaco, Erlachstrasse 5, 3001 Bern (fritz.stucki@fenaco.com) Jeder Mensch hat seine Träume. Wir von fenaco träumen nicht nur über Kartoffeln, aber es kommt vor. Hie und da fragen wir uns, was denn so kompliziert daran ist, die bildlich gezeigte Kartoffelqualität Der Kartoffeltraum in breitem Ausmasse zu produzieren, und diese auch noch bis zum Anschluss an die neue Ernte lagern zu können. Wie wir alle wissen, bleiben in der Regel Träume eben Träume. Der Alltag sieht ganz anders aus. Die Frage, wie diese wunderschöne Qualität nach einer mehrmonatigen Lagerperiode aussehen würde, bleibt unbeantwortet. Lagerkrankheiten sind nicht gleich Lagerkrankheiten. Tritt am Lager Fäulnis auf, ist der Fall klar. Diese Partien sind weder für die menschliche noch für die tierische Ernährung verwendbar. Was aber ist mit Partien, die entweder von Schalenbräune oder Silberschorf befallen sind, oder wenn sich bei den Knollen trotz modernster Lagertechnik die Müdigkeit bemerkbar macht? Ist das eine Lagerkrankheit, und wenn ja, wo beginnen, resp. liegen die Ursachen. Bei den letzt genannten Krankheiten oder besser gesagt Mängeln ist es nämlich vielfach so, dass der innere Wert der Knollen noch einwandfrei, das Visuelle hingegen alles andere als das gelbe vom Ei ist. Nun aber der Reihe nach: Schalenbräune ist keine eigentliche Krankheit und doch führt das Auftreten der braun verfärbten Schale zu grossen Ausfällen und damit verbundenen finanziellen Verlusten. Obschon die Knollen noch fest und im inneren Wert nicht beeinträchtigt sind, ist das Optische alles andere als einladend. Seit Anfang Jahr beschäftigt uns Lagerhalter und Abpacker dieser optische Mangel alle Tage mehrmals. Deswegen verärgerte Konsumenten verschaffen ihrem diesbezüglichen Unmut alle Tage bei unseren Kunden, dem Detailhandel, Luft. Die Antwort auf die Frage, warum die Schale der Knollen insbesondere der Hauptspeisesorte Charlotte je nach Jahr mehr oder weniger braun wird, hätten wir als Lagerhalter auch gerne beantwortet. Unseren Beobachtungen zur Folge hängt die Intensität des Vorkommens sehr stark mit den Vegetationsbedingungen zusammen. Eindrückliche Beispiele lieferten die beiden letzten Ernten / Jahre. Das Jahr 2008 war kein so genannt frühes Jahr. Angefangen von einer witterungsbedingt späteren Auspflanzung, einer gemächlichen Vegetationsentwicklung und dadurch deutlich späteren Krautvernichtung bis hin zu einer Ernte, die eben nicht bereits im August bei sehr hohen Temperaturen, sondern im September bei optimalen Rodebedingungen stattfand. Auch der Zeitpunkt der Einlagerung ab dem 10. September war optimal. Das Resultat davon waren einwandfreie Qualitäten bis in den Monat Mai hinein mit nicht einer Kundenreklamation. 1
Ganz anderes das Jahr 2009. Frühe Pflanzung, rasante Vegetationsentwicklung, sehr frühe Krautvernichtung, Ernte 2. Hälfte August bei Temperaturen bis 32 o C, sehr frühe Einlagerung mit Knollentemperaturen die weit ab jeglicher Empfehlung lagen. Das Resultat ist wie vorgängig geschildert bekannt. Die Frage, in wie weit der Stickstoffeinsatz für die Schalenbräune noch mitverantwortlich ist, bleibt offen. Tatsache ist, dass die Biokartoffeln derselben Sorte sich optisch um Welten besser präsentieren. Weil dieser Qualitätsmangel / Schaden bei der Einlagerung nicht oder kaum sichtbar ist, stellt sich bei der Auslagerung die Frage der Haftung, resp. der Bezahlung des Schadens. Obschon das nachfolgende Bild klar die Einflussmöglichkeiten des Produzenten aufzeigt, weisen viele Produzenten die Verantwortlichkeit weit von sich. Im Falle unserer Firma fenaco, die die Kartoffeln bei der Anlieferung fest taxiert, abrechnet und ausbezahlt, bleibt der Schaden bei der übernehmenden Firma hängen. Sollte sich diesbezüglich bei den Produzenten keine Einsicht zur Besserung abzeichnen, bliebe nur noch die Übernahme auf Produzentenlager mit einer entsprechenden Haftung bis zur Auslagerung. Wegen diesem optischen Mangel deutlich grösseren Sortierausfall dürfte sich die Schadensumme auf eine siebenstellige Zahl belaufen. Schalenbräune Qualitätsfaktor im Einflussbereich des Produzenten gleicher Produzent - gleiches Feld gleicher Lagerraum Ernte 22.8.2008 bei 27 o C Einlagerung 25 August Auslagerung 10. April Ernte 12.9.2008 bei 18 o C Einlagerung 13. Sept. Auslagerung 13. April An mit Silberschorf befallen Partien haben weder die Lagerhalter, noch unsere Kunden (Detailhandel und schon gar nicht die Konsumenten Freude. Das Phänomen, resp. die Wirkung an der Ladenfront und beim Konsumenten ist dieselbe wie bei der Schalenbräune. Dazu kommt, dass die mit Silberschorf befallen Knollen viel schneller altern, weich und müde werden. Stark befallene Partien sind ab den Monaten März und ff. nicht mehr vermarktbar. Die Ursache ist mir selber wenig bekannt. Vermutlich ist bereits das Saatgut infiziert. Ein Beizen des Saatguts der auch diesbezüglich sehr anfälligen Sorte Charlotte ist in der Versuchsphase. 2
Wie bei der Schalenbräune ist dieser Mangel bei der Übernahme im Herbst in der Regel auch nicht zu erkennen. Weil aber die Einflussmöglichkeiten der Produzenten auf das Aufkommen der Krankheit / des Mangels kaum vorhanden sind, ist die Frage der Haftung bis heute nicht geregelt. In diesem Stadium befallene Knollen sind nicht mehr vermarktbar Von Schäden der übrigen Schorfarten, insbesondere dem Pulverschorf, sind die Produzenten viel mehr betroffen als die Lagerhalter. Für den Frischkonsum fallen schorfbefallene Partien aus dem Markt. Besonders anfällig die die Hauptfritessorte Agria. Als Handelsfirma, resp. Lagerhalter haben wir die Möglichkeit, mit Schorf befallene Partien dieser Sorte möglichst der Direktverarbeitung in einen Veredelungsbetrieb zuzuführen. Leicht befallene Partien lassen sich allenfalls auch an ein Kurzzeitlager stellen. Für stark befallene Partien bleibt aber ausschliesslich die Verfütterung übrig. Seid dem Wegfall der Marktstützung sind Ausfälle deswegen für die Produzenten sehr schmerzhaft. Schätzungsweise verlieren die Produzenten deswegen hunderttausende von Franken. Pulverschorf Schlimmer Schorf 3
Zu grosser Sorge Anlass geben mit der bakteriellen Krankheit Erwinia befallene Partien. Auffallend ist die unterschiedliche Anfälligkeit der einzelnen Sorten. Von den Frühsorten ist Lady Felicia sehr anfällig. Ohne Vorlagerung mit entsprechender Belüftung kann diese Sorte nicht gewaschen und abgepackt werden. Wird s doch gemacht, faulen die Knollen in den Verkaufsregalen stinkend vor sich hin. Bei den Speisesorten neigt auch Victoria, Hauptsorte im mehligkochenden Segment, zu Erwiniafäulnis am Lager. Im Segment der Chipssorten ist deren Hauptsorte Lady Claire relativ anfällig. Besonders anfällig sind die Fritessorten Agria und Markies. Vielfach ist der Mangel beim Wareneingang nicht sichtbar. Auch solange die Paloxen nach der Einlagerung nicht bewegt werden, ist die Krankheit kaum zu erkennen. In der Regel tritt der (Total)Schaden erst bei der Auslagerung sichtbar auf. Beim Bewegen der Paloxen fallen die Kartoffeln förmlich in sich zusammen, und das Wasser läuft wie ein Bach aus der Kiste. In vielen Fällen sind leicht infizierte Partien bei sofortiger Abtrocknung nach der Ernte / Einlagerung lagerfähig. Was sind die Ursachen von Erwinia und was kann / müsste dagegen unternommen werden: mit Erwinia-Bakterien befallenes Saatgut - keine Behandlungsmöglichkeit Auftreten von Schwarzbeinigkeit auf dem Feld während der Vegetation Säuberung resp. Ausziehen der kranken Stauden Umsetzung schwierig Ernte bei ungünstigen resp. nassen Bedingungen Beachtung schenken Information vom Produzenten an den Lagerhalter bei Ablieferung unbedingt tun Lagerung ohne Möglichkeit der sofortigen Abtrocknung entsprechende Lager / Techniken sind vorhanden In der Verantwortung des Lagerhalters, dafür bedarf es aber zwingend die Information des Produzenten bei Verdacht auf Erwinia Gravierender Befall im Frischkonsum keine Verwendung, bei Veredelungssorten möglichst sofortige Verarbeitung, d.h., innert 24 Stunden. Dies ist möglich, sofern einer der Verarbeiter zu dieser Zeit verarbeitet. 4
Fäulnisbefall mit Erwinia in Agria Da kommt jede Hilfe zu spät! Frühjarstagung der SGP - "Äpfel und Erdäpfel", 11.3.2010, Flawil 8 Anlieferung an einem Freitag Bildaufnahme (Totalschaden) am darauf folgenden Montag. Die Haftungsfrage ist in den Handelsusanzen für Kartoffeln geregelt. Bei Erwinia handelt es sich um einen verdeckten Mangel, für dessen Auftreten der Produzent bis zur Auslagerung haftet. Neben dem Totalschaden der Kartoffeln fallen in der Regel noch beachtliche Entsorgungskosten an. Wir hatten schon Fälle, wo die Schäden in die hunderttausende Franken gingen. Keimhemmung - keine Lagerkrankheit, aber ein Dauerthema! Sehr viele Partien werden heute ab Feld in loser Schüttung angeführt. In solchen Fällen wird die Keimhemmung vor der dem Abfüllen in Paloxen gleichmässig auf die Knollen appliziert. Und das mit sehr gutem Erfolg, wird doch die Dosierung auf die vorgesehene Lagerdauer abgestimmt. Bei einem Teil der Kartoffeln erfolgt die Keimhemmung direkt auf der Erntemaschine. Dabei ist eine gleichmässige Dosierung weit schwieriger, um nicht zu sagen praktisch unmöglich. So kommt es, wie das nachstehende Bild zeigt, dass innerhalb der gleichen Paloxe grosse Unterschiede vorhanden sind. Vielfach ist bei der Lagerkontrolle überhaupt keine Keimung sichtbar. Bei der Auslagerung kommt dann aber vor, dass Partien wegen Keimung unten in den Kisten nicht mehr vermarktbar sind, abgekeimt und der tierischen Verwendung zugeführt werden müssen. In solchen Fällen liegt die Haftungsfrage klar bei den betroffenen Produzenten. 5
Anhand der nachstehenden Darstellung zeigen wir den Produzenten an Fachtagungen auf, welche Einflussmöglichkeiten sie auf eine Qualitätsproduktion haben. Würden die Produzenten die vorhandenen Erkenntnisse, insbesondere diejenigen des Erntezeitpunktes besser beherzigen, wären die Kartoffelträume hie und da auch schöner resp. realitätsnaher. Von der Pflanzung bis zur Ernte Faktoren für eine Qualitätsproduktion, respektive Verhinderung von Lagerkrankheit und Mängeln Nicht ausgereifte und schalenlose Kartoffeln sind nicht lagerfähig Zertifiziertes Saatgut Fruchtfolge Bodenbearbeitung Fäulnis Verdacht auf Fäulnis Eigenverantwortung Düngung Pflanztermin Licht und Hitze Schalenfest ist nicht gleichbedeutend mit Reife Vegetationsdauer Frühjarstagung der SGP - "Äpfel und Erdäpfel", 11.3.2010, Flawil 11 6