Fachoberschule am Beruflichen Schulzentrum e. o. plauen F A C H A R B E I T. in der Fachrichtung Technik im Fach Geschichte FOS T 03 A

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Transkript:

Fachoberschule am Beruflichen Schulzentrum e. o. plauen F A C H A R B E I T in der Fachrichtung Technik im Fach Geschichte von Daniel Stöhr FOS T 03 A Betreuer: Herr Grüner Ort, Datum: Plauen, 03. März 2005

Inhaltsverzeichnis 2 1 GRÜNDE FÜR DEN KRIEG AUF SEITEN DER USA............................. 4 2 BEGINN DER AMERIKANISCHEN PHASE DES KRIGES........................ 5 2.1 Politische Unruhen in Südvietnam 5 2.2 Der Tonking-Zwischenfall (1964).............................................. 6 2.3 Amerikanische Ausweitung des Krieges............................................ 7 2.4 Verstärkung der militärischen Präsenz.............................................. 7 3 KRIEGSMETHODEN DER USA.................................................. 8 3.1 Grausame Methoden als Folge militärischer Misserfolge............................. 8 3.2 Einsatz von biochemischen Waffen................................................. 9 4 DIE WEGE DES NORDENS ZUM SIEG.......................................... 9 4.1 Der Ho Chi Minh Pfad.......................................................... 9 4.2 Ho Chi Minhs Verbündete......................................................... 10 4.3 Mobilisierung der Massen......................................................... 11 5 DIE TET-OFFENSIVE (1968)..................................................... 12 5.1 Planung und Vorbereitung......................................................... 12 5.2 Militärische Auswirkungen........................................................ 12 5.3 Politische Auswirkungen.......................................................... 13 6 VIETNAMISIERUNG DES KRIEGES (1969-1971).............................. 13 6.1 Friedensverhandlungen............................................................ 13 6.2 Fehlende Kampfmoral gegen Patriotismus.......................................... 14 6.3 Erneute Eskalation des Krieges..................................................... 15 7 PROTESTE IN DEN USA......................................................... 16 8 NIXONS KRIEGSPOLITK........................................................ 16 8.1 Verhandlungsstillstand............................................................. 16 8.2 Erstmalige Einigung in Sicht....................................................... 17 9 VORLÄUFIGER FRIEDEN....................................................... 18 9.1 Pariser Frieden (1973)............................................................. 18 9.2 Bürgerkrieg....................................................................... 18 9.3 Der Norden überrennt den Süden................................................... 19 9.4 Wiedervereinigung Vietnams (1976)................................................ 19 10 GRÜNDE FÜR DAS ERSICHTLICHE SCHEITERN DER USA.................... 20 11 AUSWIRKUNGEN DES KRIEGES............................................... 21 12 Begriffserklärungsverzeichnis...................................................... 23 13 Quellenverzeichnis................................................................ 25 14 Literaturverzeichnis................................................................ 26 15 Selbstständigkeitserklärung........................................................ 26 16 Anlagenverzeichnis................................................................ 26

3 Vorbemerkung Der Vietnamkrieg war ein Konflikt um Unabhängigkeit, Einheit und Vorherrschaft des vietnamesischen Volkes. Dieser Krieg verlief in mehreren Fasen. Die erste Fase begann als Kampf Vietnams gegen die französische Kolonialherrschaft von 1946 bis 1954 und wird vielfach unter der Bezeichnung Indochinakrieg als eigenständiger Krieg beschrieben. Die zweite Fase wird als Vietnamkrieg bezeichnet, der zwischen 1964 und 1975 in Vietnam, wie auch zum Teil in den beiden Nachbarstaaten, Laos und Kambodscha geführt wurde. In Vietnam ist diese Fase als der amerikanische Krieg bekannt. Er entwickelte sich im Rahmen des Ost-West-Konflikts zu einer der wichtigsten Auseinandersetzungen mit internationaler Beteiligung. International wurde der Vietnamkrieg äußerst heftig und kontrovers diskutiert und rief weltweit antiimperialistische Protestbewegungen hervor. Die dritte Fase des Krieges stellte sich, nach Beendigung der amerikanischen Beteiligung, in Form eines Bürgerkrieges zwischen Süd- und Nordvietnam dar. Diese Facharbeit bezieht sich auf den Verlauf der amerikanische Fase des Krieges, insbesondere auf die politische Rolle der USA und deren Gründe für den Krieg. Mein Interesse für den Vietnamkrieg kam durchs Kino. Die zahlreichen Hollywood-Verfilmungen weckten in mir die Neugier auf ein detaillierteres Hintergrundwissen des Konfliktes. Denn all diese mehr oder wenigeren Antikriegsfilme stellten immer nur die amerikanische Sicht des Konfliktes dar. Also begann ich mich in authentischeren Materialien, wie Dokumentationen zu informieren. Woher auch der größte Teil meiner Kenntnisse herrührt, die in dieser Facharbeit zum Ausdruck kommen. Weiterhin habe ich Informationsquellen, wie Enzyklopädien, Sachliteratur und Internet für statistisch- spezifische Angaben und politische Fakten genutzt.

1 GRÜNDE FÜR DEN KRIEG AUF SEITEN DER USA 4 Die amerikanische Politik wurde in der Eisenhower-Ära stark von Wörtern wie Eiserner Vorhang und Dominoeffekt geprägt. Die Bedeutungen dieser Schlagwörter bildeten auch die entscheidenden Ursachen für die Beteiligung der USA am Vietnamkonflikt. Zum Einen wurden die Nordvietnamesen von der UdSSR unterstützt, welche mit den USA in einer ideologischpolitischen Auseinandersetzung, im Kalten Krieg stand. Nach dem 2. Weltkrieg kam es zur Polarisierung der beiden Siegermächte in ein westliches, parlamentarisch-demokratisches Lager unter der Führungsmacht USA und ein östliches, sozialistisch-kommunistisches Lager unter Vorherrschaft der UdSSR. Womit auch gleich der nächste Grund der Amerikaner für den Einstieg des Konfliktes in Kraft trat. Denn durch die Unterstützung von China und der Sowjetunion gewann der Vietminh im Indochinakrieg gegen die französischen Kolonialisten immer mehr an Boden. Die USA befürchtete nun, entsprechend der so genannten Dominotheorie, ein Übergreifen der kommunistischen, antikolonialen Bewegung auf die benachbarten Länder, weshalb die USA 1950 der französischen Bitte um Hilfe nachkamen und Frankreich umfangreiche finanzielle und logistische Unterstützung zukommen ließen. Als sich in den sechziger Jahren der Vietnamkrieg verschärfte, spitzte sich im Rahmen des Ost-West-Konflikts die Auseinandersetzung zwischen der UdSSR und den USA weiterhin zu. 1954 setzte sich der Vietminh durch und brachte den Franzosen in der Schlacht von Dien Bien Phu die entscheidende Niederlage bei. Am 21. Juli 1954 wurde auf der Genfer Indochina-Konferenz ein Waffenstillstand zwischen dem Vietminh und Frankreich geschlossen und das Land wurde in Süd- und Nordvietnam geteilt. Der 17. Breitengrad wurde als entmilitarisierte Zone und als vorläufige Grenze festgelegt. Im Norden lebte die Demokratische Republik Vietnam unter Ho Chi Minh weiter und im Süden die Republik Vietnam unter dem von den USA eingesetzten und unterstützten Regierungschef Ngo Dinh Diem. Außerdem sah das Abkommen für 1956 gesamtvietnamesische Wahlen zur Wiedervereinigung des Landes vor. Zusammen mit dem Westen boykottierte Diem die gesamtvietnamesischen Wahlen aufgrund der Befürchtung einer kommunistischen Mehrheit. 1955 lösten die USA Frankreich als Schutzmacht in Südvietnam ab. Die eigentliche Absicht der Amerikaner bestand darin, Südvietnam in eine amerikanische Kolonie und einem amerikanischen Militärstützpunkt zu verwandeln. Damit stießen sie allerdings nicht nur von Seiten der Nordvietnamesen auf Widerstand. Das autoritäre Regime Diems stieß im Süden auf starken Protest und es kam zu Volksaufständen. In Südvietnam entwickelte sich daraus die kommunistische Widerstandsbewegung, die die Amerikaner den Vietcong nannten. 1960 baute der Vietcong durch Unterstützung Nordvietnams eine organisierte Armee auf die Nationale Befreiungsfront, kurz NLF genannt. Dadurch sah sich Amerika gezwungen Nordvietnam anzugreifen und so kam es letztendlich zur Eskalation des Krieges.

2 BEGINN DER AMERIKANISCHEN PHASE DES KRIEGES 5 2.1 Politische Unruhen in Südvietnam Nach der Teilung des Landes, kam es auch zu einer Polarisierung der Menschen in Vietnam. Viele Vietnamesen hatten vor einem kommunistisches Regime Angst. Rund eine Millionen Menschen flohen aus dem Norden, darunter achtzig Prozent Katholiken. Die Truppen der Volksbefreiungsarmee rückten unterdessen in Hanoi ein und machten dort weiter wo die Franzosen aufgehört hatten bei der Verfolgung politisch Andersdenkender. Nordvietnam baute sich im Laufe der Jahre eine schlagkräftige Armee auf. Trotz finanzieller Notlage löste man das Problem die vielen Soldaten unter Waffen zu bringen indem man Rüstungsindustrie und Armee miteinander verbunden hatte. Dies nahm zwar einige Zeit in Anspruch, aber Nordvietnam hatte schließlich zehn Jahre Zeit um eine Armee aufzubauen und zu trainieren. Außerdem gab es ja auch noch Verbündete. Man schaffte es 5000 politische Kader in Vietnam, China und Sowjetunion ausbilden zu lassen. Mit amerikanischer Rückendeckung errichtete Ngo Dinh Diem ein autoritäres Regime, unterdrückte jede Art von Opposition, baute eine starke Armee auf und holte zahlreiche amerikanische Militärberater ins Land. Diem rechnete brutal mit den buddhistisch Oppositionellen ab. Wer das Regime nicht unterstützte wurde zum Kommunisten abgestempelt. Der Vietminh dagegen konnte sich in ganz Vietnam auf die Zustimmung der Mehrheit, der vor allem bäuerlichen Bevölkerung stützen, während Diems Regierung nur über eine äußerst schmale Basis verfügte. Das lag daran das die Regierung für das südvietnamesische Volk total unrepräsentativ war. Diem war zwar der kompetenteste politische Führer den Südvietnam hatte, doch auf der anderen Seite kam er nicht aus dem Volk. Er war ein Autokrat und Katholik in einem buddhistischen Land. Die gesamtvietnamesischen Wahlen lehnte Diem mit dem Argument, dass im Norden die Meinungsfreiheit nicht gewährleistet und mit Wahlfälschungen zu rechnen sei ab. Diems Bestreben das Volk zu befrieden konnte man durchaus als Erfolg bewerten, aber durch den Gebrauch seiner harten Methoden das Land in den Griff zu kriegen, bildeten schon damals die Wurzeln für seinen Untergang. Angesichts der zunehmenden Angriffe des Vietcong, bekräftigten die USA erneut ihre Unterstützung für Saigon. Im April 1961 unterzeichneten sie mit Südvietnam einen Freundschafts- und Wirtschaftsvertrag, und ab Dezember verstärkte Präsident John F. Kennedy die militärische Präsenz der USA in Südvietnam. Ende 1962 waren bereits 11 200 US-Soldaten in Südvietnam stationiert, ein Jahr später zusätzliche 5 000.Unterdessen sah sich das Diem-Regime zunehmend vom Vietcong bedrängt Der Vietcong hatte schon bald den größten Teil der ländlichen Gebiete Südvietnams unter seiner Kontrolle und begann mit dem Aufbau einer eigenen Verwaltung, während sich die südvietnamesischen Regierungstruppen immer weiter zurückziehen mussten. Buddhisten und Angehörige anderer weltanschaulicher und religiöser Gruppen, die von der Regierung unterdrückt wurden, gaben ihrer Opposition gegen das Regime und dem ständig näher rückenden Krieg immer stärkeren Ausdruck. Am 11. Juni 1963 setzte der Mönch Quan Duc in

6 der brodelnden Atmosphäre Saigons ein Zeichen, indem er sich demonstrativ auf einer Straßenkreuzung verbrannte. Es folgten Massenproteste. Die sogenannte Buddhistenkrise führte zu Straßenschlachten mit den Elitegruppen der Regierung, von denen mehrer Buddhisten getötet wurden. Seit diesen Tagen gab es für Diem keine Chance mehr zu überleben. In einem buddhistischen Land unbewaffnete Priester und Nonnen zu töten war politischer Selbstmord. Am 1. November 1963 stürmten Putschisten den Regierungspalast. Diem wurde gefasst und exekutiert. Das südvietnamesische Volk feierte diesen Tag und die federführenden Generäle des Staatsstreiks wurden zu Nationalhelden erkoren. Das Jahr 1963 prägte sich nicht nur bei der Bevölkerung in Südvietnam ein, auch dam amerikanischen Volk blieb es in Erinnerung. Drei Wochen nach dem Mord an Diem starb auch Kennedy eines unnatürlichen Todes. Wenn Kennedy auch niemals einen Krieg in Indochina gewollt haben mag, die Grundlagen ihn zu führen hatte er jedenfalls geschaffen. Der Nachfolger von Kennedys, Lyndon B. Johnson, äußerte wenige Tage nach seiner Vereidigung in einer Rede: Unsere Jungs sollen rausgehen in den Dschungel und den Kommunisten das Fürchten lehren 1). Doch in den nächsten zwölf Jahren würden die Amerikaner am eigen Leib erfahren was Furcht im Dschungelkampf bedeutete. Nach weiteren Militärputschen und zehn verschiedenen Regierungen innerhalb von achtzehn Monaten, die alle am Widerstand des Vietcong scheiterten, übernahm Nguyen Van Thieu 1965 die Regierung und wurde 1967 zum Staatspräsident. Auch bei ihm war das Ansehen der Sündvietnamesen gering. Denn er war ein Mann der Amerikaner und des Militärs und auch ihm gelang es nicht das Geflecht aus Korruption und Vettenwirtschaft in Südvietnam zu zerschlagen. 2.2 Der Tonking-Zwischenfall (1964) Der Krieg begann mit einem Zwischenfall, der bis heute nicht ganz geklärt ist. Am 2. August 1964 kreuzten zwei US-Zerstörer vor der nordvietnamesischen Küste. An Bord waren auch CIA- Agenten die an Land geschleust werden sollten, deren Ziel die Destabilisierung des Landes beinhaltete. Gegen diese Infiltration von Agenten setzte sich Nordvietnam zur Wehr. Patrouilienboote drohten den US-Zerstörer Maddox durch Schüsse vor dem Bug. Zwei Tage später, in der Nacht zum 4. August meldete der US-Zerstörer Turner Joy feindliche Angriffe vor der Insel Hon Me, im Golf von Tonking. Die amerikanische Befehlszentrale beantwortete dies mit dem Befehl zurückzufeuern. Die Maddox und die Turner Joy schossen aus allen Rohren. Ob aber tatsächlich am Morgen des 4. August Angriffe der Nordvietnamesen erfolgten bleiben bis heute unklar. Der so genannten Tonking-Zwischenfall führte zur Verabschiedung einer Resolution durch den amerikanischen Kongress am 7. August 1964. US-Präsident Lyndon B. Johnson nutzte diese Attacken um an das amerikanische Nationalgefühl zu appellieren und brachte den Kongress dazu ihm quasi einen Freibrief für den Krieg zu erteilen. Eine offizielle Kriegserklärung wurde niemals ausgesprochen.

7 Die Johnson-Regierung hatte das Volk mit den Vorfällen im Golf von Tonking absichtlich irregeführt. Später erfuhr man durch Untersuchungen das keiner der Zerstörer beschädigt worden war. Der ehemalige US Senator, George McGovern, bestätigte dies in einem Interview. 2.3 Amerikanische Ausweitung des Krieges Im Februar 1965 begannen die USA mit systematischen Bombenangriffen auf strategisch wichtige, militärische und wirtschaftliche Ziele in Nordvietnam sowie auf den Ho-Chi-Minh-Pfad in Laos und Kambodscha, über den der Vietcong seinen Nachschub aus dem Norden erhielt. Am 8. März 1965 landeten in Dan Nahm, nahe des 17. Breitengrades zwei Bataillone der Marineinfanterie mit Panzern und Artillerie. Dort entstand der größte Militärstützpunkt der US-Streitkräfte. Man muss den Kampf zum Feind tragen. Noch nie hat jemand eine Schlacht gewonnen der auf seinem Hintern sitzt. 2), lautete die Devise des Generalstabes. Keiner der Militärs stellte zu diesem Zeitpunkt den Krieg in Vietnam in Frage, nur die amerikanische Botschaft in Saigon warnte eindringlich vor einer Eskalation. Zuerst rechtfertigte man die Präsenz der amerikanischen Soldaten damit, dass man eine Schutzzone für die Fliegerhorste brauchte. Anfangs bezogen die US-Truppen eine defensive Position. Später wurden sie auch damit beauftragt außerhalb der Schutzzonen zu patrouillieren, um die Schutzzonen zu bewachen. Der nächste Schritt war dann die Unterstützung bedrohter südvietnamesischer Einheiten, die um amerikanische Hilfe baten. Automatisch ging es weiter, bis amerikanische Truppen auf eigene Faust operieren konnten. Des Weiteren verstärkten die USA ihre Truppen in Vietnam Ende 1965 auf 185 000 Mann und Ende 1968 auf 543 000. Unterstützt wurden die USA außerdem von SEATO-Verbänden aus Australien, Neuseeland, Südkorea und anderen Staaten. 2.4 Verstärkung der militärischen Präsenz 1965/66 signalisierten die USA mehrmals Verhandlungsbereitschaft. Nordvietnam lehnte jedoch ab. Im Juni 1967 traf sich Präsident Johnson mit dem sowjetischen Ministerpräsidenten Aleksej N. Kossygin in der vergeblichen Hoffnung, mit dessen Hilfe Hanoi an den Verhandlungstisch zu bringen. Zugleich wurden die Bombardements in Nordvietnam weitergeführt und sogar noch intensiviert. Wirtschaft und Infrastruktur Nordvietnams wurden weitgehend zerstört, so dass das Land schließlich fast vollständig auf Militär- und Wirtschaftshilfen aus China und der Sowjetunion angewiesen war. Im Süden gingen die USA mit massiven Hubschraubereinsätzen gegen die Vietcong-Partisanen vor. Ende 1966 waren bereits annähernd 200 000 GIs in Vietnam stationiert. Die finanziellen Aufwendungen beliefen sich nach Angaben des US-Präsidenten auf jährlich 25 Milliarden US- Dollar. Amerika setzte vor allem auf die Luftüberlegenheit. Mit der Operation Roaling Thun-

8 der sollte Nordvietnam in die Steinzeit zurück gebombt werden, wie ein Luftwaffengeneral forderte. 1965 wurden 63 000 Tonnen Bomben abgeworfen. Zwei Jahre später waren es bereits 226 000 Tonnen. Trotz großflächigen Bombardements gelang es ihnen aber nicht, den Gegner militärisch zu besiegen. 3 KRIEGSMETHODEN DER USA 3.1 Grausame Methoden als Folge militärischer Misserfolge Die Amerikaner setzten Spezialeinheiten ein, deren Auftrag lautete: Search and Destroy. Dies wurde zur entscheidenden Kriegstaktik der Amerikaner. Nahkampf erprobte Truppen wurden im Dschungel ausgesetzt um Feindbewegung zu lokalisieren und den Vietcong zu bekämpfen. Doch während die US-Truppen versuchten ihn aufzuspüren, entschied fast immer Charlie wann und wo gekämpft wurde. Durch den Geheimdienst wussten die amerikanischen Soldaten zwar wo der Feind stationiert war und wo ihre Kommunikationszentralen lagen, doch durch die Mobilität des Vietcong, konnte man kaum Nutzen daraus ziehen. Einen klaren Frontverlauf gabt es nicht. Es wurden mobile Einsatztruppen eingesetzt um die Dörfer zu belagern und nach Sympathisanten und Anführern des Vietcong zu suchen. Die Leute die den Widerstand indizierten, sollten umgebracht werden. Meistens jedoch wurden gesamten Dörfer im wahrsten Sinne das Wortes ausgeräuchert. Die blutige Bilanz dieser Einsätze: 20 000 Menschen wurden erschossen und 28 000 verhaftet. Doch weil die militärische Überlegenheit der Amerikaner nicht so recht deutlich werden wollte, begannen sie ihren Erfolg an der Zahl der getöteten Vietnamesen zu messen. Der Body count wurde eingeführt. Es war der Versuch den Vorschritt zu messen. Die Amerikaner hatten sogar die Angewohnheit die Toten nach den Bombenangriffen zu zählen. Innerhalb einiger Jahre wurde klar das dies eine völlig unsinnige Art und Weise war an die Sache heranzugehen, denn nach den Ergebnissen des Body count hätten die Amerikaner zweimal so viele Kommunisten getötet wie tatsächlich im Feld gekämpft haben. Die Zahl der toten GIs dagegen kannte man genau. Ende 1967 waren es ca. 16 000. Immer mehr neue Truppen wurden angefordert. Auf dem Höhepunkt des amerikanischen Kreuzzuges kämpften 543 000 Soldaten in Vietnam. 400 Tote die Woche galten dabei als akzeptabler Durchschnitt. Angesichts der steigenden Zahl der Opfer wurden in den USA Forderungen laut, den Krieg unter allen Umständen sofort zu beenden. Johnson: Es ist für mich nicht leicht, die Blüte unserer Jugend, die besten jungen Männer in den Kampf zu schicken, aber solange es Männer gibt, die hassen und zerstören, müssen wir den Mut haben, sie zu bekämpfen. Wir haben nicht beschlossen, die Wächter am Tor zu sein, aber es gibt niemand anderen außer uns. Liebe Mitbürger, das ist der Grund warum wir in Vietnam sind! 3) Durch Desinformation gelang es Johnson seine Politik fortzusetzen.

9 3.2 Einsatz von biochemischen Waffen Die Zahl der Luftangriffe der USA war verheerend. Vietnam wurde in den siebziger Jahren der dichtbeflogenste Luftraum der Welt. Die Luftwaffe setzte alles ein was die Rüstungsschmieden zu bieten hatten. Lenkwaffen, Splitterbomben und Napalm setzten der vietnamesischen Bevölkerung stark zu. Als besonders grausam galt der Einsatz von Napalm. Ein brennbares Gemisch aus Benzin. Da Benzin selbst zu schnell verbrennt und somit als Brandwaffe für Bomben oder Flammenwerfer ungeeignet war, mischte man ein Pulver aus Naphthen und Palmitat (daher: Napalm") bei, welche als langsam verbrennende Stoffe zu einer seifenartigen Substanz werden. Einmal in Brand geratenes Napalm ist praktisch unlöschbar. Die jeweilige Menge des Pulvers beeinflusst die Brenneigenschaft und ist bei Flammenwerfern und Bomben unterschiedlich. Selbst kleine Spritzer verursachen sehr starke, schlecht heilende Verbrennungen auf der Haut. Unter den unzähligen Napalmopfern in Vietnam, waren vor allem Frauen und Kinder der Zivilbevölkerung betroffen. Wer die heimtückischen Brandbomben überlebte ist für immer entstellt. Der Schutz des Waldes war der entscheidende Vorteil des Vietcong und machte ihn zu einem unsichtbaren Feind. Deshalb setzten die Amerikaner das Entlaubungsmittel Agent Orange ein. Agent Orange ist ein Herbizid, das im Vietnamkrieg am 7. Februar 1967 erstmalig eingesetzt wurde. Seinen Namen bekam es durch einem breiten Farbstreifen auf den Giftfässern. Weitere, weniger bekannte Gifte waren Agent Blue, oder Agent Purple, sowie Agent White. Der Einsatz von Entlaubungsmitteln dauerte bis 1975 großflächig an. Agent Orange wurde nicht nur eingesetzt um Verstecke und Versorgungswege des Gegners aufzudecken, sondern auch um Militärbasen und Flugplätze im dichten Dschungel zu erweitern. Darüber hinaus wurden auch die Ackerflächen bespritzt, um dem Feind die Nahrungsgrundlage zu entziehen. Auch mit Bulldozer kamen zum Einsatz um im Dschungel Herr der Lage zu werden. Mit solchen Methoden begann das Bild der großen Supermacht vom Kampf der Guten gegen das Böse zu bröckeln. 4 DIE WEGE DES NORDENS ZUM SIEG 4.1 Der Ho-Chi-Minh-Pfad Der Ho Chi Minh-Pafad wurde im Vietnamkrieg zur Hauptnachschubslinie des Nordens und der FNL. In den Jahren des Krieges gegen die Franzosen war der Ho-Chi-Minh-Pafad wirklich nur ein Pfad. 1959 begannen Pioniereinheiten der Armee und viele Jugendbrigaden mit dem Ausbau des Pfades zu einer Straße auf der auch LKW und Panzer fahren konnten. Am Ende waren fast 200 000 Männer und Frauen daran beteiligt. Entlang der Stecke entstanden Depots für Waffen, Treibstoff und Reis. Täglich transportierten die Kolonnen mehr als tausend Tonnen in den Süden.

10 1965, seit der Landung der Amerikaner in Südvietnam, versuchten diese den Pfad zu zerstören. Neben den heftigen Bombardements der US-Luftstreitkräfte, hatten die Truppen des Ho-Chi- Minh-Pfades zusätzlich mit Regenzeiten und Malaria zu kämpfen. 1969 umfasste das Straßennetz des Ho-Chi-Minh-Pfades 16 000 Kilometer. Er reichte von Nordvietnam über die Grenzregionen von Laos und Kambodscha bis tief in den Süden. Er endete etwa hundert Kilometer nördlich von der Hauptstadt Saigon. Später wurden von ihm auch die Partisanengebiete von Kambodscha versorgt. Den US-Soldaten war es nicht gestattet sich außerhalb des Territoriums von Südvietnam zu bewegen, was eine prinzipielle Entscheidung gewesen war. Allerdings galt diese Einschränkung nicht für die Bomber der US-Air Force. Regelmäßig bombardierten B52 die Nachschubwege in Laos. Im Verlauf des Krieges warf die US-Luftwaffe auf das neutrale Laos mehr Bomben ab, als im 2.Weltkrieg auf Deutschland gefallen sind. Die Politik Kambodschas zielte darauf ab, sich aus dem Krieg im Nachbarland herauszuhalten. Die Regierung tolerierte stillschweigend die Nachschublieferungen der Vietnamesen durch ihr Grenzgebiet und nahm die anfangs noch sporadischen Bombenangriffe der Amerikaner in kauf. Damit ignorierte jedoch Hanoi, wie Washington, die Souveränität seiner Nachbarstaaten. Der Ho Chi Minh Pfad war wie ein Netz. Es gab ungefähr fünf Längsachsen und einundzwanzig Querverbindungen. Die Straßen waren wie Linien auf einem Schachbrett. Dementsprechend konnte man den Bombardements großzügig ausweichen und so schafften es die Amerikaner nie vollständig den Nachschub zu stoppen. Die Amerikaner setzten neuentwickelte Waffen gegen den Ho-Chi-Minh-Pfad ein, wie z.b. Magnetbomben, die sich nach ihrem Abwurf wie Blindgänger in den Boden bohrten und erst explodieren wenn der Magnetzünder durch das Metall vorbeifahrende LKW aktiviert wurde. Anfangs erlitt die FNL dadurch hohe Verluste, doch man wandte eine Gegenmaßname an. Man schickte Panzerwagen mit einem eingebauten Elektromagneten vorweg, die die Magnetbomben zur Explosion brachten. Später setzten die Amerikaner spezielle Abhörgeräte ein, sodass der Geheimdienst die Anzahl der Feinde feststellen konnte. Flugzeuge warfen diese Geräte direkt am Ho-Chi-Minh-Pfad ab. Sie enthielten eingebaute Mikrofone und Sender die die Geräusche vorbeifahrender LKW in eine Abhörzentrale übertrugen. So konnten die Amerikaner vor allem bei Nacht größere Konvois orten. Doch auch diese Methode bewährte sich kaum. Einsatztruppen der nordvietnamesischen Armee und des Vietcong sammelten die Abhörgeräte wieder ein, oder nutzten sie um die Amerikaner auf eine Falsche Fährte zu locken. Außerdem waren die Vietnamesen Meister der Tarnung. An Offenen Stellen und Brücken errichteten sie Tarndächer aus Laub und Lianen. So konnten sie auch mehr Transporte am Tag verlegen. 4.2 Ho Chi Minhs Verbündete Anfangs kamen Waffen, Sprengstoff und Planierraupen von Hanois wichtigsten Verbündeten, der Volksrepublik China. Seit Mitte der sechziger Jahre lieferte auch die Sowjetunion immer

11 mehr Rüstungsgüter. Besonders Interesse galt den Luftabwehrraketen gegen die amerikanischen Bomber. Sowjetische Militärberater wurden im Land aktiv und unterwiesen die nordvietnamesischen Streitkräfte. In Kasachstan wurden vietnamesische Piloten in sowjetischen MiG-Jets ausgebildet. Kein direktes militärisches Engagement, aber stille Hilfe für den Verbündeten, lautete die Politik Moskaus. Bis zum Ende des Krieges wurde der Wert sowjetischer Lieferungen auf zehn Milliarden Dollar geschätzt. Auch Peking beließ es nicht nur bei materieller Unterstützung und Massenaufmärschen, um gegen den Krieg der Amerikaner zu protestieren. Bewaffnete chinesische Pioniereinheiten halfen z.b. auch bei der Wiederherstellung von Brücken, Straßen und Schienenstrengen. Bis 1966 waren rund 70 000 chinesische Soldaten in Nordvietnam stationiert. Ihr wirklicher Auftrag war präsent zu sein, um die Amerikaner vor einer Invasion in den Norden abzuhalten. Mit dem Schulterschluss des chinesischen Revolutionsführer, Mao Tse-tung, gelang Ho Chi Minh ein schwieriger Balanceakt, als er gleichzeitig gute Beziehungen zu Moskau pflegte. In den sechziger Jahren entzündete sich ein ideologischer- und zeitweise militärisch ausgetragener Machtkampf zwischen Moskau und Peking. Daraus zog Ho Chi Minh einen Vorteil. Dadurch das beide Verbündete Gegner waren, konnte keiner seine Politik Vietnam aufzwingen, denn das wäre für die jeweilige Seite eine hohe Herausforderung gewesen. So war Nordvietnam ziemlich unabhängig in ihren Entscheidungen. Sie konnten bestimmen wie sie den Krieg führten, wann sie kämpften und wann sie verhandelten. 4.3 Mobilisierung der Massen Die US-Luftwaffe nahm vor allem die Lebensadern des Vietcong ins Visier. An strategischen wichtigen Stellen, wie Brücken die für den Nachschub des Vietcong eine äußerste Wichtigkeit darstellte, leistete die Volksmiliz ganze Arbeit. Krieg hieß im kommunistischen Norden Volkskrieg. In jedem Dorf, in jeder Stadt gab es Volksmilizgruppen. Frauen kämpften an Seiten der Männer und lernten mit Gewehren auf Flugzeuge zu schießen. Karabiner gegen Kampfjets David gegen Goliat. Doch hinter den Zielübungen auf Holzflugzeugen steckte mehr. Das Gewehrfeuer sollte die amerikanischen Piloten zwingen höher zu fliegen damit sie zu einer leichteren Beute für die Flaggeschütze wurden. Der Hass auf überlebende Piloten war groß. Für das nordvietnamesische Regime galt jeder überlebende amerikanische Pilot als Trophäe, die für die Propaganda ausgeschlachtet wurde. Gedemütigt und gefoltert wurden die Kriegsgefangenen öffentlich vorgeführt, um den Amerikanern zu zeigen das sie verletzbar sind. Die Milizionäre arbeiteten auf den Felder und in Fabriken. Bei Alarm griffen sie zu den Waffen. Für die reguläre Armee war die Volksmiliz eine unverzichtbare Stütze. Der Volkskrieg galt als Parole zur Mobilisierung der Massen. Im Gebiet Cu Chi, in unmittelbarer Nähe zur Hauptstadt Saigon, verschanzten sich damals Tausende Guerillas. Die Bevölkerung unterstützte fast geschlossen die NLF. In gesamt Südvietnam kämpften Mitte der Sechziger rund 300 000 Männer und Frauen im Untergrund.

12 5 DIE TET-OFFENSIVE (1968) 5.1 Planung und Vorbereitung Seit Mitte der sechziger Jahre lieferten sich der Vietcong und amerikanische Soldaten, im Gebiet Cu Chi Südvietnams, erbitterte Kämpfe. Das Gebiet befand sich zwischen dem Endpunkt des Ho Chi-Minh-Pfades und Saigon. Die GIs kämpften verbissen und mit allen Mitteln um die Vorherrschaft in Cu Chi. Denn nur 60 Kilometer waren es von dort bis nach Saigon, was diesen Unruheherd so gefährlich machte. Aus den Tunneln der Partisanen war längst ein kilometerlanges, ausgeklügeltes Labyrinthsystem geworden. Ursprünglich dienten die unterirdischen Tunnel als Schutzbunker, die in jahrelanger Arbeit zu Verbindungsgängen wurden. Jedes Dorf in der Gegend von Cu Chi existierte praktisch zweimal. Den Amerikanern gelang es nie das ausgeklügelte Tunnelsystem unter Kontrolle zu bringen. Anfang 1968 liefen in der Befehlszentrale unter der Erde die Fäden für eine streng geheime Offensive des Vietcong zusammen. Über Funk hielten die Untergrundkämpfer Verbindung zum Hauptquartier in Kambodscha, von wo aus sie ihre Befehle erhielten. Mehrere tausend Partisanen wurden in den unterirdischen Gängen zusammengezogen und erhielten über den Ho-Chi- Minh-Pfad reichlich Waffen und Munition. Hanoi plante den entscheidenden Schlag gegen die Amerikaner und der südvietnamesische Regierung. Nervosität machte sich in Saigon breit und man verschärfte die Kontrollen. Doch da es nicht nur ein Krieg von Vietnamesen gegen Amerikaner, sonder auch ein Krieg von Vietnamesen gegen Vietnamesen war, hatte der Feind kein Gesicht und sickerte so unbemerkt in die Hauptstadt ein. Die Terroreinheiten des Vietcong, die sogenannten Biet Dong, begannen Waffen in die Stadt zu schmuggeln. Sie galten als Elite und waren darin geschult in Städten Anschläge zu verüben, welche südvietnamesischen- und amerikanischen Einrichtungen gelten sollten. 5.2 Militärische Auswirkungen Am 31. Januar 1968, sprengte das Spezialkommando des Vietcong gegen 3:11 Uhr ein großes Loch in die Mauer der Saigoner US-Botschaft. Das war das Signal zur Tet-Offensive. Neunzehn Kämpfer eines Selbstmordkommandos belagerten das Gebäude der US-Botschaft. Gleichzeitig erstürmten die Truppen des Vietcong die Stadt. 70 000 Soldaten der FNL griffen zur selben Zeit in vierzig Städten Südvietnams an. Dies war ein Bewies für die Leistungsfähigkeiten der Kommandostrukturen und ein Beleg für die zentrale Planung der Offensive, denn die FNL schlug im Schatten eines strategischen Ablenkungsmanövers der Nordvietnamesen zu. Der amerikanische Militärstützpunkt, am 17. Breitengrad, stand seit dem 21. Januar 1968, eine Woche vor Tet, unter Dauerbeschuss der nordvietnamesischen Artillerie. Gleichzeitig unterbrach man die Landverbin-

13 dung zur Küste. 6000 Marines und 3000 Südvietnamesen waren demzufolge eingeschlossen. Den Nordvietnamesen gelang es dadurch die alte Kaiserstadt Huë einzunehmen. Zum ersten Mal standen den GIs in Südvietnam Kampfdivisionen der nordvietnamesischen Volksarmee gegenüber. Erstmals gab es auch eine klare Frontlinie. Nur durch massive Angriffe der Luftwaffe gelang es den Amerikanern die Vietnamesen zum Rückzug zu zwingen. Die Verluste des Vietcong während der Tet-Offensive waren enorm. Amerikanische Quellen sprachen von 40 000 Toden. Opfer die der Oberbefehlshaber aus strategischen Gründen in kauf nahm. Militärisch scheiterte die Offensive zwar, aber sie demonstrierte äußerst effektvoll die Schlagkraft Nordvietnams und war insofern politisch und psychologisch sehr erfolgreich. 5.3 Politische Auswirkungen Obwohl es den amerikanischen Truppen gelang die Partisanen zurückzuschlagen, versetzte die Tet-Offensive die USA in einen kollektiven Schock. Mehr als 100 Millionen Zuschauer sahen diese Bilder. Nach der Tet-Offensive richtete sich die aufgestaute Frustration der GIs vor allem gegen die Zivilbevölkerung, wie beim Massaker von My Lai, wo sich die Soldaten in einen Blutrausch hineinsteigerten. Die Kriegesmüdigkeit und Empörung erreichte in der Heimat ihren Höhepunkt. Weltweit verschärfte sich die Kritik an der amerikanischen Vietnampolitik, insbesondere auch an dem Einsatz chemischer Kampfstoffe. Durch ganz Amerika ging ein Riss. Das war der Anfang vom Ende des amerikanischen Kreuzzuges. Bis zum Frühjahr 1968 hatte sich in den USA zudem die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Krieg in Vietnam nicht zu gewinnen sei. Die Verhandlungsbereitschaft war gestiegen, auch auf nordvietnamesischer Seite. Die Proteste zeigten Wirkung. Am 31. März verkündete Präsident Johnson das Ende der US-Luftangriffe auf Nordvietnam, das die Einstellung der Bombardierungen als Bedingung für die Aufnahme von Friedensgesprächen gefordert hatten. Zugleich erklärte Johnson seinen Verzicht auf die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen. 6 VIETNAMISIERUNG DES KRIEGES (1969-1971) 6.1 Friedensverhandlungen Trotz der ständigen Erweiterungen des Waffenarsenals und der Anzahl der US-Truppen, blieb die nordvietnamesische Armee und die FNL standhaft. Keiner von Beiden konnte bislang einen entschiedenen Durchbruch erzielen. Amerikaner und Vietnamesen erkannten das mit militärischen Mitteln der Krieg nicht zu gewinnen sei. Am 13. Mai 1968 nahmen die USA und Nordvietnam in Paris Waffenstillstandsverhandlungen auf und ab 1969 nahmen auch Südvietnam und der Vietcong an den Verhandlungen teil. Dies war der Beginn eines fast fünf Jahre dauernden

14 Verhandlungsmarathons. In Südvietnam ging unterdessen der Krieg in unverminderter Härte weiter. 1969 legte Johnsons Nachfolger Richard M. Nixon, um die Beendigung des amerikanischen Engagements in Vietnam einzuleiten, wenige Monate nach seinem Amtsantritt sein Programm der Vietnamisierung des Krieges vor. Damit ging ein neues Schlagwort durch die Medien, mit dessen Programm die US-Regierung versuchte sich aus dem Krieg zurückzuziehen ohne ihr Gesicht zu verlieren. Der Plan der Vietnamisierung zielte darauf ab, die amerikanische Verwicklung in Südostasien abzubauen. Dies beinhaltete einen stufenweisen Abzug von 90 000 US-Soldaten aus Vietnam bis Ende 1969, des Ausbaus der südvietnamesischen Streitkräfte, sowie die allmähliche Übertragung der Verantwortung für die Kriegsführung an die südvietnamesische Regierung. Die US-Basen wurden nach und nach an die südvietnamesischen Streitkräfte übergeben und man begann die Soldaten nach dem Muster amerikanischer Kriegsführung auszubilden. Die Pattsituation bei den Pariser Verhandlungen konnte jedoch weder durch den US-Truppenabzug noch durch den Tod des nordvietnamesischen Staatspräsidenten Ho Chi Minh am 3. September 1969 überwunden werden. Nordvietnam forderte weiterhin als Verhandlungsgrundlage den völligen Abzug der US-Truppen aus Vietnam. 6.2 Fehlende Kampfmoral gegen Patriotismus Neben militärischen Gütern unterstützte die USA zusätzlich Südvietnam mit einer jährlichen Wirtschaftshilfe von einer Milliarden US-Dollar. Die Republik Südvietnam hatte zu der Zeit eine Millionen Männer unter Waffen, bei einer geschätzten Bevölkerung von 17 Millionen. Doch Waffen sind im Krieg nun mal nicht alles. Die Aufrüstung des südvietnamesischen Militärs zu einer der schlagkräftigsten und modernsten Armee des südasiatischen Raumes, um nach amerikanischer Kampfweise mit einer drückend überlegen Feuerkraft ins Feld zu ziehen, brachte keinen Erfolg. Das südvietnamesische Militär glich einen Koloss auf tönernen Füssen. Jährlich desertieren über 10 000 Soldaten, die sich zunehmend vom amerikanischen Bündnispartner allein gelassen fühlten. Auch die Bezahlung war trotz Wirtschaftshilfen auf ein Minimum gesunken, sodass die Soldaten kaum noch davon leben konnten. Doch vor allem hatte man Angst vor einem zu allem entschlossenen Gegner. Die Moral die im Süden Vietnams fehlte war im Norden um so größer. Anders als sie selbst hatte der ein klares Ziel: Befreiung des Südens und Widervereinigung des Landes. Die FNL kontrollierte um die vierzig Prozent des südvietnamesischen Territoriums. Auch das Leben in den von der Befreiungsfront kontrollierten Dörfern hatte sich im Laufe der Zeit normalisiert. Die Versorgungslage blieb zwar bescheiden, aber dank der Lieferungen über den Ho-Chi-Minh-Pfad stabil. Es entstanden eigene Schulwesen, medizinische Versorgung und eine straffe Verwaltung. Besonders die Bauern, die wie lange erhofft, eigenes Land bekamen, waren eine Stütze des Vietcong. Die Steuern waren gering und wer ein Familienmitglied bei den Partisanen hatte zahlte noch weniger. Die FNL präsentierte sich in der Propaganda als Sammelbecken aller Patrioten.

15 Im Vordergrund stand der vietnamesische Nationalismus - kommunistische Ideologie trat dabei in den Hintergrund. 6.3 Erneute Eskalation des Krieges Vietnamisierung des Krieges bedeutete zwar den allmählichen Rückzug der amerikanischen Landstreitkräfte, keineswegs aber ein Ende des militärischen Engagement der USA. Die US-Air Force wollte die südvietnamesischen Truppen in eine möglichst gute Ausgangslage bomben, indem sie weiterhin die Nachschubwege des Ho-Chi-Minh-Pfades ins Visier nahmen. In einem Monat kamen die US-Luftstreitkräfte auf über 8000 Einsätze. Der Ho-Chi-Minh-Pfad stellte für lange Zeit den Brennpunkt der Ereignisse dar. Die massiven Bombardierungen hinterließen Mondlandschaften. Doch das verzweigte und ausläufige System des Ho-Chi-Minh-Pfades blieb weiterhin in takt. Im April 1970 plante Nixon den entscheidenden Schlag gegen die Stützpunkte der FNL und Nordvietnamesen im Grenzgebiet Südvietnams. Der Vietcong operierte mit seinen Hauptkräften in Kambodscha und Laos, im sogenannten neutralen Territorium. Von diesen Zufluchtsorten startete er die Angriffe und floh dann zurück in die sichere Zuflucht jenseits der Grenze. Darauf reagierte Präsident Nixon. Über 40 000 südvietnamesische Soldaten und 31 000 Amerikaner marschierten in Kambodscha ein. Fast zur gleichen Zeit verkündete Nixon den Abzug weiterer 150 000 Amerikaner. Als die US-Truppen am Hauptquartier der FNL und Nordvietnamesen ankamen, fanden sie es jedoch verlassen vor. Die Vietcong hatten sich weit in das kambodschanische Kernland zurückgezogen und verbündeten sich mit den Roten Khmer und bedrohten einige Monate später die Hauptstadt Phnom Penh. Der militärische Erfolg der großangelegten Offensive war gering. Zweitausend getötete Vietcong, ein paar zerstörte Stützpunkte und ausgehobene Waffenlager. Dafür stand nun auch noch Kambodscha in Flammen. Vietnamisierung und Eskalation des Krieges aus militärischer Sicht war das kein Wiederspruch. Ein Jahr nach dem Einmarsch in Kambodscha, im Februar 1971, starten die Südvietnamesen mit amerikanischer Luftunterstützung eine Offensive gegen Laos. 21 000 südvietnamesische Soldaten stießen in das benachbarte Laos vor, um den Ho-Chi-Minh-Pfad wirksam zu unterbrechen. Der Vietcong begrüßte diese Offensive, denn sie griffen an einer Stelle an wo er äußerst stark war. Die Nordvietnamesen hatten ihre Truppen in Erwartung des Angriffs mit Artillerie und Panzern verstärkt. Das südvietnamesische Expetitionskore erlitt eine vernichtende Niederlage. Die fehlgeschlagene Aktionen in Kambodscha und Laos, warfen die ganze Vietnamisierungs-Politik über den Haufen. Beide Aktionen wurden international verurteilt und intensivierten die antiamerikanischen Proteste.

16 7 PROTESTE IN DEN USA In den USA formierte sich aus Protest gegen die amerikanische Kriegsführung eine breite Friedensbewegung. Mit Fortschreiten des Krieges verzeichnete sie einen wachsenden Zulauf, besonders nachdem Einzelheiten über die amerikanische Kriegsführung bekannt wurden, vor allem über von US-Soldaten an der vietnamesischen Zivilbevölkerung begangenen Gräueltaten wie das Massaker von My Lai. Auch weltweit organisierten sich nun zunehmend Protestbewegungen. Als Nixon 1970, um den Krieg doch noch zu gewinnen in Kambodscha einfiel, wollten das die Studenten in der Heimat nicht hinnehmen. Im ganzen Land brachen Proteste aus. Nixon wurde regelrecht gezwungen seine Truppen zurückzuziehen. Anfang Mai 1970 demonstrierten Tausende Studenten der Kent-State-University und der Jackson-State-University gegen Nixons Vietnampolitik, wobei es durch den Eingriff der Nationalgarde zu Tumulten kam. Dabei wurden vier Studenten erschossen. Nach diesen Ereignissen schärfte sich der Geist auf politische Art und Weise für gewaltfreie Proteste, die auch in Dr. Martin Luther King oder in Gandhi ihre Vorbilder sahen. Sechzig Prozent aller Amerikaner empfanden 1970 den Krieg in Vietnam als unmoralisch. Die US-Regierung konnte aber auch nicht von ihrem Volk erwarten, nachdem sie ihnen Leichsäcke oder Bilder von sterbenden vietnamesischen Kinder gezeigt hatte, diese Politik zu unterstützen. 1971 erfuhr die Vietnampolitik der USA durch die Veröffentlichung der so genannten Pentagon Papers in der New York Times und anderen Zeitungen eine neue Interpretation. Die Unterlagen warfen ein völlig neues, und zwar ziemlich düsteres Licht auf die Kriegsführung und die Friedensbemühungen der USA in den sechziger Jahren. Als Folge kam es zur Spaltung des amerikanischen Volkes. Heimkehrenden Soldaten wurden als Kindermörder beschimpft. Zu dieser Zeit gab es nichts das die Leute so polarisierte wie der Vietnamkonflikt. 8 NIXONS KRIEGSPOLITK 8.1 Verhandlungsstillstand Am 25. Januar 1972 legte Präsident Nixon einen Achtpunkteplan zur Wiederherstellung des Friedens in Vietnam vor, der u. a. Präsidentschaftswahlen in Südvietnam vorsah. Dem Friedensplan Nixons folgte eine überarbeitete Version des Friedensplanes des Vietcong vom Juli 1971. Dieser neue Plan forderte den sofortigen Rücktritt des südvietnamesischen Präsidenten Thieu und sagte Verhandlungen mit der Saigoner Regierung zu, sofern diese ihre Kriegspolitik aufgäbe. Nordvietnam verlangte ebenfalls den sofortigen Rücktritt des südvietnamesischen Präsidenten. Außerdem sollten US-Kriegsgefangene erst dann freigelassen werden, wenn die USA ihr Engagement in Vietnam beendet hätten. Am 23. März gerieten die Verhandlungen in Paris, trotz unterschriftsreifer Verträge, ins Stocken. Nordvietnam startete am 30. März eine breit angelegte Offensive.120 000 Soldaten der nordvietnamesischen Armee drangen mit Unterstützung von starken Panzerverbänden, aus der demilitari-

17 sierten Zone bis in die südvietnamesische Provinz Quang Tri vor. Im April reagierten die USA mit einer Gegenoffensive in Form von verheerenden Bombenangriffen auf Nordvietnam. Am 8. Mai 1972 ordnete Präsident Nixon die Verminung der wichtigsten nordvietnamesischen Häfen, darunter Haiphong an, um die Versorgungswege des Vietcong zu unterbrechen. Mit beiden Aktionen beabsichtigten die USA, Nordvietnam unter Druck zu setzen und zu Zugeständnissen zu zwingen. 8.2 Erstmalige Einigung in Sicht Nixon wusste das er den Krieg nicht gewinnen konnte, aber er wollte auch nicht als erster Präsident der USA einen verlieren. Nixons Mann für außenpolitische Probleme war Henry Kissinger. Der Sonderberater des Präsidenten sollte ihn das leidige Vietnamproblem vom Hals schaffen. Seit Anfang 1970 fliegt Kissinger, von der Öffentlichkeit unbemerkt, immer wieder nach Paris um sich zu vertraulichen Gesprächen mit Le Duc Tho zu treffen. Le Duc Tho war Mitglied des Politbüros und nach dem Tod von Ho Chi Minh graue Eminenz der Nordvietnamesen. Von da an gab es zwei Ebenen der Verhandlungen. Einmal die öffentlichen Verhandlungen unter Beteiligung aller vier Partein, und die geheimen Verhandlungen zwischen Nordvietnam und den USA. Am 8. Oktober 1972 erzielten die vertraulichen Friedensgespräche zwischen Henry Kissinger und Le Duc Tho einen Durchbruch. Nordvietnam stimmte einen Friedensplan zu, der getrennte Vereinbarungen für den militärischen und den politischen Bereich vorsah, von seiner Forderung nach einer Koalitionsregierung in Südvietnam Abstand nahm und gleichzeitig Verhandlungen über Laos und Kambodscha zustimmte. Am 26. Oktober gab Kissinger einen Neunpunktefriedensplan bekannt, in dem allerdings technische Fragen ungelöst blieben, und den der südvietnamesische Präsident Thieu als Verrat bezeichnete. Mit der Wiederaufnahme der Gespräche zwischen Kissinger und Le Duc Tho, am 4. Dezember 1972, war seit dem Beginn der Pariser Verhandlungen 1968 erstmalig das Zustandekommen eines Abkommens in Sicht. Am 16. Dezember stagnierten die Verhandlungen jedoch erneut, und zwei Tage später ordnete Nixon die massive Bombardierung von Hanoi und Haiphong an. Nixon wollte die Nordvietnamesen zurück an den Verhandlungstisch bomben. Nach elf Tagen wurden die Bombenangriffe wieder eingestellt. Diese Angriffe galten als die schwersten des Vietnamkrieges und schockierten die Bevölkerung nicht nur in den USA.

18 9 VORLÄUFIGER FRIEDEN 9.1 Pariser Frieden (1973) Anfang 1973, nachdem die USA ihre Angriffe eingestellt hatten, wurden in Paris die Friedensgespräche weitergeführt. Nach sechstägigen Beratungen zwischen Kissinger und Le Duc Tho gab Nixon am 23. Januar 1973 bekannt, dass ein offizielles Waffenstillstandsabkommen erreicht worden sei. Nach kurzen Verhandlungen einigten sich Washington und Hanoi auf einen Friedensvertrag. Jetzt musste nur noch der südvietnamesische Präsident Thieu zustimmen. Nach zahlreichen Drohungen von Nixon musste Thieu den Pariser Vertrag akzeptieren. Er wurde von Nixon und Kissinger vor folgende Wahl gestellt worden: Einerseits Unterzeichnung und damit Hoffnung auf mehr Hilfe von den USA. Andererseits Ablehnung, welche eine komplette Einstellung der Hilfe bedeutet hätte. Thieu hatte also keine Wahl. Am 27. Januar unterzeichneten die Vertreter der USA, Süd-Vietnams, Nordvietnams und der Provisorischen Revolutionsregierung Südvietnams ein Abkommen zur Beendigung des Krieges und zur Wiederherstellung des Friedens in Vietnam. Der Waffenstillstand trat offiziell am 28. Januar 1973 in Kraft. Jede Seite bewahre ihr Gesicht: Die Regierung Thieu musste nicht gehen, die Nordvietnamesen bleiben im Süden, und die USA beendeten ihr militärisches Engagement in Vietnam. Das Waffenstillstandsabkommen forderte die vollständige Einstellung sämtlicher Kampfhandlungen, den Abzug der gesamten Truppen der USA und ihrer Verbündeten innerhalb von sechzig Tagen nach Unterzeichnung des Abkommens, die Herausgabe der Kriegsgefangenen beider Seiten innerhalb von ebenfalls sechzig Tagen, die Anerkennung der entmilitarisierten Zone als einer nur provisorischen und nicht politischen oder territorialen Grenze und die Einsetzung einer internationalen Kontrollkommission zur Überwachung der Einhaltung des Friedens. Außerdem sollte ein Nationaler Versöhnungsrat aus Vertretern der südvietnamesischen Regierung unter Nguyen Van Thieu, der Provisorischen Revolutionsregierung der FNL sowie anderer Oppositionsgruppen zusammentreten, um allgemeine Wahlen in Südvietnam vorzubereiten. Diese Verhandlungen scheiterten jedoch. 9.2 Bürgerkrieg Nach fast 100 Jahren französischer Kolonialherrschaft, nach japanischer Besatzung und amerikanischer Vorherrschaft, standen nun keine fremden Truppen mehr im Land. Aber der Krieg war noch immer nicht zu Ende. Mit dem fortschreitenden Abzug der US-Soldaten wurde der Vietnamkrieg immer mehr zum Bürgerkrieg. Beide Parteien suchten ihre Gebiete zu verteidigen bzw. auszuweiten. Die nordvietnamesischen Truppen griffen immer offener in die Kämpfe im Süden ein. Auf beiden Seiten wuchs die Brutalität und wieder kam es zu Misshandlungen bei Kriegsgefangenen. Auch hier war die Kamera Zeuge der Gräueltaten im ersten Fernsehkrieg der Geschichte. Nicht nur Ameri-

19 kaner, auch südvietnamesische Kameraleute dokumentierten die Grausamkeiten des Krieges. Allerdings blieb oft unscharf wer die Täter waren und wer die Opfer, und warum diese Bilder gedreht wurden. Doch sie belegten die Härte die auf beiden Seiten herrschte. Der Norden und der Süden kämpften mit allen Mitteln - beide kannten keine Gnade.. 9.3 Der Norden überrennt den Süden Bislang hing Südvietnam am Tropf der USA. Nach 1973 befand sich das Land am Boden. Es gab kaum noch Industrie und die Landwirtschaft hatte stark unter den Krieg gelitten. Millionen Flüchtlinge lebten in den Städten. Eine rasante Inflation trieb die Preise in die Höhe und das alles wurde durch Korruption und Vettenwirtschaft noch verschärft. Die wirtschaftliche Situation in Südvietnam verschlechterte sich ebenso wie die militärische. Hanoi erkannte seine Chance für den Todesstoß gegen den Süden Ende 1974 begannen die nordvietnamesischen Truppen eine Großoffensive gegen Südvietnam. Gut trainiert, modern ausgerüstet und straff geführt, griffen sie am 10.März 1975 an. Die südvietnamesischen Truppen, jetzt ohne die Unterstützung seitens der USA, mussten sich nach und nach zurückziehen. Nach 14 Tagen fiel die alte Kaiserstadt Huë und kurze Zeit später standen kommunistische Verbände vor Da Nang. Ende März 1975 war die Hälfte der südvietnamesischen Armee in die Flucht geschlagen. Überall am Straßenrad stand zurückgelassenes Kriegsmaterial der USA im Wert von hunderten Millionen Dollar. 9.4 Wiedervereinigung Vietnams (1976) Der Krieg war für Südvietnam verloren. Am 21. April trat Präsident Nguyen Van Thieu zurück, am 30. April wurde Saigon eingenommen, und am selben Tag kapitulierte Südvietnam gegenüber der Provisorischen Revolutionsregierung der FNL. Am 2. Juli 1976 wurde mit der Errichtung der Sozialistischen Republik Vietnam der gesamtvietnamesische Staat wieder hergestellt. Saigon wurde in Ho-Chi-Minh-Stadt umbenannt, zu Ehren des ehemaligen Präsidenten von Nordvietnam. Nach 35 Jahren Krieg schweigen endlich in ganz Vietnam die Waffen. Doch das Land fand noch immer keine Ruhe. In den folgenden Jahren flohen hunderdtausende Vietnamesen, darunter vieler chinesischer Herkunft, über das offene Meer vor der Zwangskollektivierung, vor wirtschaftlichen Schwierigkeiten, vor Umerziehungslagern und politischer Engstirnigkeit. Im Dezember 1978 marschierte die vietnamesische Armee in Kambodscha ein, um die Mordherrschaft der Roten Khmer zu beenden und verstrickten sich in einen jahrelangen Partisanenkrieg. China, mit den Roten Khmer verbündet, griff Anfang 1979 Vietnam an. Die nördlichen Grenzregionen, die zuvor von amerikanischen Bombenangriffen weitgehend verschont geblieben