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Transkript:

Stand: Juni 2008 GALK - Arbeitskreis Stadtbäume Positionspapier Feinstaub Erhöhte Feinstaubkonzentrationen und ihre gesundheitsbedrohenden Folgen sind zu einem zentralen Problem im städtischen Raum geworden. Daher stellt die quellenbezogene Reduzierung von Feinstaub ein vorrangiges Ziel dar. Hinsichtlich der Senkung der Feinstaubkonzentration steht aber auch die Filterwirkung von Vegetation und hier im Besonderen von Bäumen im Fokus der Fachöffentlichkeit. Angesichts dieser Diskussion hat sich der Arbeitskreis Stadtbäume der Ständigen Konferenz der Gartenamtsleiter beim Deutschen Städtetag (GALK-DST) des Themas angenommen. Der Arbeitskreis vertritt die Auffassung, dass ein gut durchdachtes Grünkonzept, das die verschiedenen Funktionen und Wirkungen des Stadtgrüns berücksichtigt, einen messbaren Beitrag zur Senkung der Feinstaubkonzentration leisten kann. Feinstaub in der Atemluft Die Luftqualität in unseren Städten steht seit einiger Zeit in der öffentlichen Diskussion, seitdem bekannt ist, dass die mit der Atemluft aufgenommenen festen Bestandteile für Menschen schädlich sind. Dabei handelt es sich um den sogenannten Feinstaub, nahezu unsichtbare Partikel, die sich durch Luftbewegungen auf Straßen und Plätzen verteilen und bis in die Wohnungen und an die Arbeitsplätze gelangen. Im Fokus stehen insbesondere Partikel mit einem Durchmesser kleiner als 10µm (= 0,01 mm = PM 10 ). Damit werden viele giftige Verbindungen wie Schwermetalle und organische Verbindungen unterschiedlicher Herkunft erfasst. Mit jedem Atemzug werden diese feinsten Partikel eingeatmet, die dann ungehindert in die Lunge und teilweise sogar in den Blutkreislauf gelangen können. Dabei schädigen die Partikel sowohl physikalisch aufgrund der Partikelgröße und form als auch chemisch durch die jeweils stoffeigene Giftigkeit. Dieses führt auf Grund gesteigerter Blutgerinnung zu einem deutlich erhöhten Herzinfarkt- oder Hirnschlagrisiko sowie zu Atemwegserkrankungen. Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass in Deutschland ca. 70.000 Todesfälle pro Jahr auf die Belastung mit Feinstaub zurückzuführen sind.

Herkunft des Feinstaubes Feinstäube sind entweder natürlichen Ursprungs oder vom Menschen verursacht. Natürlichen Ursprungs sind Mineralstaubauswehungen aus Wüstenregionen oder Vulkanausbrüchen sowie der Meeresgischt, ferner Pollen, Pilzsporen, Bakterien, Wüstenstaub sowie kleinste Teilchen von Tieren und Pflanzen. Die Feinstäube anthropogenen Ursprungs entstehen bei der Verbrennung fossiler Energieträger oder stammen aus industriellen Hochtemperaturprozessen. Ein großer Teil der emittierten Feinstäube entstammt dem Straßenverkehr. Durch die Verbrennung von Benzinund Dieselkraftstoff werden Kohlendioxid, Stickoxide, Ruß sowie eine Vielzahl weiterer die Gesundheit und die Umwelt belastender Stoffe freigesetzt. Die Abnutzung von Brems- und Kupplungsbelägen, von Reifen und sonstigen Materialien erzeugt Stäube in großem Umfang. Hinzu kommen die Staub- und Gasemissionen aus Industrie, Gewerbe, Kraftwerken, Handwerk und Hausbrand. Es wird unterschieden zwischen der sogenannten Hintergrundbelastung der Luft, die regional und großräumig auftritt, und der jeweils lokalen Belastung, die steuerbar ist und daher einen Ansatzpunkt für Vermeidungsstrategien bildet. Bereiche mit sehr hoher Schadstoffkonzentration, auch Hot-Spots genannt, bilden die Städte, da hier die Grenzwerte der Feinstaubkonzentrationen oftmals überschritten werden. Die Herkunft des Feinstaubes wirft noch viele Fragen auf und die Senkung der Werte stellt sich nach heutigem Kenntnisstand als ein sehr komplexes Feld dar, das allein seitens der Kommunen kaum umfassend zu bewältigen ist. Dennoch sind diese aufgefordert, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die Grenzwerte nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz nicht überschritten werden. Angesichts der ständig zunehmenden Motorisierung kann eine erfolgreiche Umsetzung der EU-Luftqualitätsrahmenrichtlinie in der kommunalen Praxis nur dann gelingen, wenn zusätzlich zu den quellenbezogenen spezifischen Immissionsminderungen am Fahrzeug selbst sowohl planerische als auch ordnungsrechtliche Maßnahmen zur Minderung der Schadstoffbelastungen ergriffen werden. Modernes Verkehrsmanagement, eine Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs, der Ausbau des ÖPNV, schärfere Grenzwerte für Dieselruß sowie die konsequente Weiterentwicklung technischer Maßnahmen tragen wesentlich dazu bei, die Entstehung von Feinstäuben nachhaltig zu begrenzen. Insbesondere Bund und Länder sind aufgerufen, eine rasche Änderung der rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen im Interesse einer Verbesserung der Luftqualität in den Städten zu schaffen. Dazu gehört die Umstellung der Wohnraumförderung zu Gunsten innerstädtischen Wohnens, um zusätzlichen Pkw-Verkehr zu vermeiden. 2

Rechtslage Normen für Luftqualität sollen das Gesundheitsrisiko für Menschen auf ein Minimum beschränken. Die Rahmenrichtlinie Luftqualität (Rat der Europäischen Union 96/62/EG, 1996) und ihre erste Tochterrichtlinie (Rat der Europäischen Union 99/30/EG, 1999) über Immissionsgrenzwerte u.a. für Partikel in der Luft wurden im September 2002 von der Bundesregierung mit der Novellierung der 22. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV, BMU 2002) in nationales Recht umgesetzt. Seit dem 01. Januar 2005 sind die Vorgaben der EU Luftreinhalterichtlinie in allen EU-Mitgliedsstaaten verbindliches und für den Bürger einklagbares Recht geworden (siehe Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25. September 2007, BverwG 7 C 36.07). Das Ziel ist die Verringerung bzw. Begrenzung der Feinstaubbelastung der Atemluft. Bereits im Frühjahr 2005 wurde die Vorgabe für den Tagesmittelwert von inhalierbarem Feinstaub mit einer Partikelgröße von < 10µm von 50 µg/m³ in verschiedenen deutschen Städten mehr als die pro Jahr (!) erlaubten 35 x überschritten (Stuttgart: 186 Überschreitungen). So wurde beispielsweise im Frühjahr 2006 in Frankfurt/Oder ein Tagesmittelwert von 228 µg/m³ gemessen. Der festgelegte Jahresmittelwert liegt gemäß BImSchG bei 40 µg/m³. Im Falle der Überschreitung des Grenzwertes muss die zuständige Verwaltung einen Aktionsplan aufstellen, der effektive Maßnahmen zur Reduzierung der Feinstaubbelastung der Luft - wie Fahrverbote oder Einführung von Umweltzonen - vorsieht. Am 9. Oktober 2007 stimmte der Umweltausschuss in Brüssel in zweiter Lesung für eine Veränderung der Feinstaubrichtlinie mit der Folge, dass den Mitgliedsstaaten nun eine Fristverlängerung von fünf Jahren für die Einführung verschärfter Grenzwerte für alle Feinstaubkategorien gewährt wird. Gleichzeitig wurden die Grenzwerte für die Partikel PM 2,5 und PM 10 verschärft. Reduzierung der Feinstaubbelastung durch Gehölze Neben den Luft verbessernden Maßnahmen des technischen Emissionsschutzes und des verkehrspolitischen Managements kann auch eine Durchgrünung der Städte einen wichtigen Beitrag zur Verminderung der Staubbelastung in der Atemluft leisten. Grundsätzlich filtern alle Pflanzen Staub und gasförmige Verunreinigungen aus der Luft, die Effizienz ist allerdings von den jeweils verwendeten Pflanzenarten, deren Wuchsform, dem strukturellen Aufbau der Pflanzung sowie deren räumlicher Anordnung abhängig. Hinsichtlich der Reduzierung des insbesondere durch den Verkehr verursachten Feinstaubes in der Luft durch Straßenbegleitgrün wird unterschieden zwischen den direkten Effekten in Form der Bindung von Feinstaub durch die Blätter und den indirekten Effekten, die die Luftströmung und damit die lokale Konzentration des Feinstaubes beeinflussen. 3

Der Beitrag von Pflanzen zur Feinstaubminderung und damit zur Luft- und Wohnumfeldverbesserung unter bestimmten Voraussetzungen ist bereits seit langem bekannt. Bereits in den 1970er Jahren haben Untersuchungen in Frankfurt/Main gezeigt, dass in Straßen ohne Baumbestand und in Gebieten mit einem Defizit an Grünflächen die Staubbelastung bis zu 6 mal höher war als in Baum bestandenen Straßen und Regionen mit guter Grünversorgung (Bernatzky, A.: Baum und Mensch, 1973). Neuere wissenschaftliche Untersuchungen aus den Bereichen Botanik und Stadtklimatologie (Universität zu Köln 2002, Universität Karlsruhe 2005) belegen dies. Insbesondere in der Nähe einer Emissionsquelle, wie beispielsweise einer verkehrsreichen Straße, kann eine Baumpflanzung die Schadstoffkonzentration lokal senken. Dennoch besteht weiterhin ein großer Forschungsbedarf hinsichtlich der Quantifizierung der Filterleistung von Gehölzen hinsichtlich ihrer artspezifischen Blatteigenschaften, unter Berücksichtigung der physikalisch-chemischen Eigenschaften der Partikel und der mikroklimatischen Bedingungen. Pflanzen auf dem Mittelstreifen und an den Straßenrändern filtern den Feinstaub, indem sie ihn aus der Luft passiv aufnehmen. Neben einer möglichen elektrostatischen Anziehung und Bindung wird die Ablagerung von Feinstaub von der strukturellen Beschaffenheit insbesondere der Blattoberflächen hinsichtlich Mikrorauigkeit, Mikrorelief, Behaarung und Wachsüberzug bestimmt. Eine zu dichte Pflanzung kann allerdings zu einer verminderten Durchmischung der bodennahen Luftschicht führen und damit eine lokale Anreicherung von Luftschadstoffen bewirken. Ebenso kann die Schadstoffkonzentration der Luft unter einer dicht geschlossenen Allee entlang einer vielbefahrenen Straße deutlich höher sein als die der umgebenden Luft. Eine solche Behinderung des Luftaustausches wird als Tunneleffekt bezeichnet. Insofern führt eine Straßen begleitende Baumpflanzung nicht immer zu einer Senkung der Schadstoffkonzentration am Standort. Eine pauschale Forderung nach mehr Grün in der Stadt führt demnach nicht automatisch zum Ziel. Für die Feinstaubfilterung spielen Auswahl und Anordnung der richtigen Pflanzen eine entscheidende Rolle. Durch die Baumartenwahl wie auch durch gezielte Schnitt- und Pflegemaßnahmen kann der Tunneleffekt reduziert werden. Im Falle von sehr engen Straßen kann auf die Anpflanzung von Kletter- und Schlingpflanzen ausgewichen werden. Diese verändern die Luftdurchmischung nur unwesentlich, dennoch können auf den Blattoberflächen Feinstäube abgelagert werden. Die Feinstaubteilchen werden elektrostatisch angezogen, wenn sie mit dem Blatt in Kontakt kommen. Eine raue Blattoberfläche und Blatthaare verstärken diesen Effekt. Weitere Einflussfaktoren für die 4

Filterwirkung der Vegetation sind der Grad der Feuchtigkeit und der Klebrigkeit des Blattes sowie die Dichte der Baumkrone. Hinsichtlich der Effektivität von Pflanzen in Bezug auf die Feinstaubfilterung bestehen folgende Grundsätze: 1. Nadelbäume filtern effektiver als Laubbäume. 2. Laubbaumblätter mit rauen und behaarten Blättern filtern effektiver als glatte und flache Blätter. 3. Immergrüne Arten filtern Feinstaub auch im Winter und sind daher insgesamt wirkungsvoller. 4. Das Vermögen der Feinstaubfilterung der Blätter ist abhängig von der Größe und dem Mikrorelief der Blattoberfläche. 5. Von der Luft durchströmbare Pflanzungen filtern durch die gute Durchlässigkeit besser als dichte Pflanzungen. 6. Wirkungsvoll sind in der Höhe gut strukturierte Pflanzenbestände in Form der Kombination von aufgeasteten Bäumen mit einer Unterbepflanzung von krautigen Pflanzen und Sträuchern, da die Blattmasse durch die dreistufige Struktur verschiedene Höhen aufweist. Hinsichtlich der Feinstaubreduzierung durch das Straßenbegleitgrün wäre es demnach am effektivsten, die vorhandenen Laubbäume durch Nadelbäume zu ersetzen, da diese ihre Blattmasse im Unterschied zu den Laubbäumen im Winter nicht verlieren und somit das ganze Jahre über Feinstaub filtern können. Außerdem dürfte nicht mehr jeder Baumstandort bepflanzt werden, da in vielen innerstädtischen Straßen die Bäume so dicht stehen, dass sie den Luftaustausch beeinträchtigen. Ferner wäre es erforderlich, dicht belaubte Laubbäume auszulichten, um die Luftströmung nicht zu behindern und schließlich wäre eine dreistufige Struktur der Vegetation erforderlich. Das verdeutlicht, wie verfehlt es wäre, innerstädtisches Grün nur allein im Zusammenhang mit der aktuellen Feinstaubdiskussion zu betrachten. Gerade im Innenstadtbereich erfüllt die Vegetation eine Vielfalt von Aufgaben und Wohlfahrtswirkungen, die weit über naturwissenschaftlich messbare Funktionalitäten im Zusammenhang mit der Feinstaubdiskussion hinaus reichen. Insofern bieten u.a. auch unter Berücksichtigung der Feinstaubproblematik ausgewählte Baum- und Gehölzpflanzungen die Möglichkeit, eine Wohnumfeldverbesserung mit einer Reduktion von Stäuben und Luftschadstoffen sowie einer Verbesserung des Stadtklimas zu kombinieren. 5

Fazit Für den verbesserten Gesundheitsschutz sind die Feinstaubemissionen vornehmlich quellenbezogen zu reduzieren. Neben der Weiterentwicklung technischer Maßnahmen spielen dabei verkehrliche Maßnahmen die entscheidende Rolle. Ein Grünkonzept kann dabei eine ergänzende Rolle spielen. Insofern sind die bisherigen Bemühungen zur Durchgrünung der Städte fortzuführen. Die aus den wissenschaftlichen Untersuchungen gewonnenen Erkenntnisse sind bei der Anlage oder der Verbesserung von Anpflanzungen im öffentlichen Raum verstärkt zu berücksichtigen. Auch private Initiativen, wie Pflanzung von Bäumen und Sträuchern, Fassadenbegrünungen, Dachbegrünungen und die Begrünung von Balkonen, Dachterrassen und ähnlichen Flächen können unterstützend wirken und sollten daher gefördert werden. Bäume können die Filterleistung nur dann vollständig erbringen, wenn sie auf einem geeigneten Standort stehen und an das städtischen Standortbedingungen angepasst sind, denn vitale Bäume haben den größten Filtereffekt. Insofern kann ein gesunder Baumbestand auch der Feinstaubreduzierung dienen. Hierfür ist Fachwissen hinsichtlich der jeweiligen Ansprüche und der Wachstumseigenschaften erforderlich. Die regelmäßig aktualisierte Straßenbaumliste des Arbeitskreises Stadtbäume der GALK enthält konkrete Empfehlungen für die Eignung ausgewählter Arten und Sorten. Da Bäumen in Bezug auf die Verbesserung der Luftqualität eine besondere Bedeutung zukommt, sind die Städte und Gemeinden gefordert, Grünflächen und Baumpflanzungen dauerhaft zu sichern und gezielt weiterzuentwickeln. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass für den verbesserten Gesundheitsschutz Feinstaubemissionen in erster Linie quellenbezogen zu reduzieren sind. Neben der technischen Weiterentwicklung spielen verkehrliche Maßnahmen die entscheidende Rolle. Ein Grünkonzept, das die verschiedenen Funktionen und Wirkungen des Stadtgrüns berücksichtigt, kann hier allerdings eine wichtige ergänzende Rolle spielen. 6