2. Predigt im Rahmen der Vater-Unser- Reihe vom 31. Juli 2011 Geheiligt werde dein Name Die Gnade unseres Bruders Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen Liebe Gemeinde, letzte Woche habe ich in das Vater Unser eingeführt und zur 1. Zeile gesprochen. Im Vater Unser begegnet uns Jesus selbst - habe ich gesagt - sein ganzes Wesen und Sein wird deutlich, seine Persönlichkeit zeigt sich. Das merken wir heute ebenso: geheiligt werde dein Name - ist die 2. Zeile und 1. von 7 Bitten! Das Vater Unser wird auch das 7 Bitten Gebet genannt. Wir erleben Jesus ganz und gar als Jude: denn er schöpft aus einer Vorlage: aus dem 18 Bitten Gebet, dem wichtigsten Gebet des Judentums. Er kürzt und bringt auf den Punkt. So kennen wir ihn: Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist..., ich aber sage euch...!! Er spricht auf vertrautem Grund: alle, die ihm damals zuhören, kennen die gemeinsame Tradition! Das ist ja das Skandalöse, dass Jesus sich anmaßt im Namen des Vaters diese Tradition neu zu fassen und neu zu beleben und ganz und gar mit seiner Person zu verknüpfen: Ich und der Vater sind eins! Geheiligt werde dein Name - das musste damals und muss heute gebetet und gebeten werden, weil der Name Gottes eben nicht automatisch in dieser Welt heilig gehalten wird. Das Heilige ist immer wieder und zu allen Zeiten gefährdet. Die Älteren unter Ihnen haben s erlebt: Adolf Hitler war die wohl größte Gefährdung des Heiligen im 20. Jahrhundert. Mit der Wahn-Idee alles jüdische ausrotten zu wollen, wurde nicht nur schreckliches Leid über viele, viele Menschen gebracht, sondern auch unser eigenes Christentum entsetzlich entheiligt! Die Auswirkungen spüren wir noch heute in der geistigen und geistlichen Krise unserer nationalen Seele!
Da tut es gut, sich daran zu erinnern, wer uns das Vater Unser gelehrt hat: Jesus, der Jude! Er beginnt seine 7 Bitten mit dem Wichtigsten, Wesentlichsten: Geheiligt werde dein Name. Ja, nach Holocaust und Weltkrieg ist es genau das, was wir von Herzen mitsprechen können: Gottes Name soll nie wieder so entheiligt werden! Und doch spüre ich auch eine Spannung: in vielen privaten Gebeten - auch meinen eigenen - stehen andere Dinge an erster, wichtigster Stelle: die Sorge um liebe Menschen; um Gesundheit; die Sorge um Weltfrieden... oder den Hunger in der Welt! Ich glaube, viele Gebete haben den Charakter von Fürbitten (auch sie kommen ja in jedem Gottesdienst vor) und kreisen vornehmlich um das, was wir uns sorgen. Anders das Vater Unser. Geheiligt werde dein Name, da geht es nicht um unsere Sorgen, um unsere Bewahrung in den Herausforderungen, es geht darum, dass Gott wieder die Nummer 1 ist in der Welt! Aber es ist eine Bitte an Gott: Sorge du selbst - Gott - dafür, dass dein Name bei uns geheiligt wird! Schaffe dir Raum unter uns! Sorge dafür, dass dein Name nicht unter die Räder kommt in den Schrecknissen der Welt! Gottes ureigene Sache - nämlich Gott zu sein - steht auf dem Spiel, und dafür kann nur er sorgen! Das ist nicht unsere Sache! Schrecklich?! Unmöglich?! Können, sollen wir gar nichts tun? Doch, darauf vertrauen, dass Gott das kann, sich durchsetzen in dieser Welt! Sich Raum verschaffen und Heilig sein! Das Gott nur durch uns, durch menschliches Tun, in dieser Welt etwas werden könnte, hat sich in der Geschichte immer verheerend ausgewirkt. Wenn Menschen meinen, sie müssten dafür sorgen; sie müssten Gott auf die Sprünge helfen mit Programmen und Macht, mächtigen Kirchen und kämpferischen Ideen, dann ist Gottes Name schon entheiligt. So wie gerade entsetzlich schrecklich in Norwegen geschehen durch die Bluttat eines Wahnsinnigen, der sich für einen fundamentalistischen Christen hält. Fundamentalist? - Ja. Christ? - nicht die Bohne, verdient er diese Bezeichnung!
Luther sagt Gottes Name ist von selbst heilig - aber wir müssen bitten, dass er auch bei uns, in uns heilig werde. Unsere Aufgabe ist nicht, Gott zu retten, unsere Aufgabe ist demütig daran festzuhalten, dass Gott das kann: Neues Schaffen... Neues in Bewegung kriegen... Totes aufrichten... Erstarrtes zu neuem Leben erwecken. Die Kehrseite dieser Bitte geheiligt werde dein Name ist unsere Demut... unser Festhalten daran,: - dass nicht Geld die Welt regiert, sondern Gott; - dass nicht Waffen für Frieden sorgen, sondern Gott; dass nicht der Dumme siegt, sondern Gott. Und wo immer die scheinbar Mächtigen in Politik und Wirtschaft meinen, uns sagen zu müssen, es sei anders, sollten wir laut und deutlich dagegen sein. Gutmenschen sein, (was für viele ja ein Schimpfwort ist), aber im Prinzip nur die Demut derer ausspricht, die darauf vertrauen, dass Gott immer noch ein Wörtchen mitredet - auch gegen allen Anschein! Oder wie der brasilianische Befreiungstheologe Leonardo Boff gesagt hat: Wir heiligen den Namen Gottes, wenn wir durch unser Leben, durch unser solidarisches Handeln dazu beitragen, menschliche Beziehungen herzustellen, die gerechter und heiliger sind und mit der Gewalt und der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen Schluss machen. Gott wird immer dann verletzt, wenn man sein Bild und Gleichnis, das der Mensch ist, verletzt, und er wird immer dann geheiligt, wenn die Würde der Enteigneten und Vergewaltigten wieder hergestellt wird. Christen bewahren die Hoffnung, dass Gott sich Raum schaffen wird hier auf Erden - nicht erst nach dem Tod! Geheiligt werde dein Name das heißt eben auch genau an dieser Hoffnung festzuhalten. Wir nehmen uns die Freiheit, Gott mehr zu vertrauen als allen Mächten der Welt. Wenn Gott sich Raum schafft, dann ist nicht nur er heilig, sondern dann heiligt er alles, was er geschaffen hat: seine ganze Schöpfung, jeder Teil dieser Erde, und sein geliebtes Geschöpf: den Menschen! Dadurch bekommen wir unseren Wert... unsere Würde... unsere Heiligung.
Wir müssen uns in dieser Welt keinen Namen machen!! Wir müssen nicht gut dastehen!! Weder vor den Nachbarn... noch vor Vorgesetzten und Kollegen!! Wir dürfen uns freuen, dass wir bei Gott gut angeschrieben sind! Freut euch sagt Jesus, freut euch, dass eure Namen bei Gott im Himmel angeschrieben sind! Dadurch sind wir geheiligt! Auch das bekennen wir ja in jedem Gottesdienst: ich glaube an die Gemeinschaft der Heiligen - das sind ja wir!! Eigentlich müsste es treffender heißen... an die Gemeinschaft der Geheiligten - denn Gott ist es, der handelt - und wir bitten, dass er es tun möge: geheiligt werde den Name! Ihn bitten wir, sich mit seiner Heiligkeit zu zeigen - alles andere muss uns nicht heilig sein: die Kirche nicht... die Tradition nicht... schon gar nicht der Pastor oder die Pastorin!! Und in den großen strukturellen Umwälzungen z. Zt. auf dem Weg zur Nordkirche, habe ich den Eindruck wir heiligen nur noch uns selbst und unsere Angst vor Bedeutungsverlust anstatt gemeinsam auf das Gebet zu vertrauen und z. B. mit den Worten Jörg Zink s zu sprechen: In dir sein, Gott, das ist alles. Das ist das Ganze, das Vollkommene, das Heilende. Die leiblichen Augen schließen, die Augen des Herzens öffnen und eintauchen in deine Gegenwart. Wir holen uns aus aller Zerstreutheit zusammen und vertrauen uns dir an. Wir legen uns in dich hinein wie in eine große Hand. Wir brauchen nicht zu reden, damit du uns hörst. Wir brauchen nicht aufzuzählen, was uns fehlt, oder dir zu sagen, was in dieser Welt geschieht und wozu wir deine Hilfe brauchen. Wir wollen nicht den Menschen entfliehen. Den Lärm und die Unrast wollen wir nicht hassen.
Wir möchten sie in unser Schweigen aufnehmen und für dich bereit sein. Stellvertretend möchten wir schweigen für die Eiligen, die Zerstreuten, die Lärmenden. Stellvertretend für alle, die keine Zeit haben. Mit allen Sinnen und Gedanken warten wir, bis du da bist. In dir sein, Gott das ist alles, was wir uns erbitten. Damit haben wir alles erbeten, was die Menschen von uns brauchen und was uns selbst das Leben gibt für Zeit und Ewigkeit. Amen