Migranten und Finanzdienstleistungen

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Migranten und Finanzdienstleistungen Studie im Auftrag des Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) Schlussbericht Projektnummer: 514-33.93/04HS056 Laufzeit: 1. Mai - 15. Dezember 2005 Autoren: Dagmar Hayen Dr. Martina Sauer Dr. Jan Evers Michael Unterberg Marco Habschick Hamburg, Dezember 2005 Diese Studie wurde erstellt in Zusammenarbeit mit:

Migranten und Finanzdienstleistungen Seite 1 von 207 Inhalt 1 Ziele und Aufgabenstellung der Studie...9 1.1 Ausgangslage: Migranten und FDL...10 1.2 Methodischer Ansatz und Fragestellung der Studie...12 1.3 Ablauf des Projekts...14 2 Migranten in Deutschland: Rahmenbedingungen...15 2.1 Grundbegriffe und Definitionen...15 2.1.1 Migration/Migrant...15 2.1.2 Migrationsphasen...16 2.1.3 Migrantengenerationen...17 2.1.4 Finanzdienstleistungen...20 2.2 Demographische und sozio-ökonomische Situation...21 2.3 Finanzdienstleistungen und Verbraucherschutz...27 3 Migranten und FDL: Wissenschaftlicher Stand...29 3.1 (Datenlage) National...29 3.2 (Datenlage) International...32 3.3 Implikationen für das Forschungsdesign...36 4 Methodisches Vorgehen...38 4.1 Qualitative Erhebung...38 4.1.1 Experteninterviews zur deutschen Situation...38 4.1.2 Fokusgruppen...39 4.2 Quantitative Erhebung...40 4.2.1 Erhebungsmethode...40 4.2.2 Grundgesamtheit und Stichprobenziehung...41 4.3 Vergleichsdaten...42 5 Ergebnisse der qualitativen Erhebung...45 5.1 Experteninterviews...45 1

Migranten und Finanzdienstleistungen Seite 2 von 207 5.1.1 Bedarf...45 5.1.2 Versorgung...47 5.1.3 Zugang...48 5.2 Fokusgruppen...49 5.2.1 Lebenssituation und Bindung an die Türkei...50 5.2.2 Allgemeiner Kenntnisstand zu Finanzdienstleistungen...51 5.2.3 Informationsverhalten...53 5.2.4 Persönliche Erfahrungen mit Finanzdienstleistungen...55 5.2.5 Anbieter von Finanzdienstleistungen...63 5.2.6 Islamische Finanzdienstleistungen...65 6 Annahmen zum Finanzverhalten der türkischstämmigen Migranten in Deutschland...67 7 Ergebnisse der quantitativen Erhebung...71 7.1 Durchführung der Erhebung...71 7.2 Repräsentativität: Fehlertoleranz und Vergleich von Befragten und Grundgesamtheit 73 7.2.1 Theoretische Fehlertoleranz...73 7.2.2 Vergleich der Befragtengruppe mit der amtlichen Statistik...74 7.3 Soziodemographische Struktur...75 7.4 Ergebnisse der Telefonbefragung...89 7.4.1 Nutzung von Bankdienstleistungen...89 7.4.2 Sparziele...92 7.4.3 Versorgung mit Geldanlagen...96 7.4.4 Immobilienbesitz in der Türkei und in Deutschland...107 7.4.5 Bedarf an Geldanlagen...110 7.4.6 Kreditverhalten...117 7.4.7 Versorgung mit Versicherungen...126 7.4.8 Altersvorsorge...129 7.4.9 Information und Beratung...136 2

Migranten und Finanzdienstleistungen Seite 3 von 207 7.4.10 Erfahrung mit Finanzvertrieben...149 7.4.11 Islamic Banking...154 7.5 Zentrale Erkenntnisse der Untersuchung...159 8 Migranten und FDL: Erfahrungen aus anderen Ländern...167 8.1 Länderbericht Großbritannien...167 8.2 Länderbericht Spanien...170 8.3 Länderbericht Niederlande...173 8.4 Zentrale Erkenntnisse...177 9 Nutzen und Verwertbarkeit der Ergebnisse: Handlungsempfehlungen...180 9.1 Bedarf / Produktentwicklung...181 9.2 Versorgung / Produktnutzung...184 9.3 Zugang, Information und Marketing...185 9.4 Bewertung der Empfehlungen für die Verbraucherschutzpolitik...187 10 Zusammenfassung...189 11 Weiterführende Fragestellungen...197 11.1 Gegenüberstellung geplanter und erreichter Ziele...197 11.2 Offene/Neue Fragen...199 12 Literatur...203 3

Migranten und Finanzdienstleistungen Seite 4 von 207 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Wirtschaftsdaten der türkischstämmigen Bevölkerung in Deutschland 2002...26 Tabelle 2: Ausschöpfung und Ausfallgründe...72 Tabelle 3: Vergleich der Befragten mit den Angaben des Statistischen Bundesamtes (Stand Ende 2003 - nur türkische Staatsangehörige ab 18 Jahren, Prozentwerte)...74 Tabelle 4: Soziodemographische Merkmale der Befragten (Prozentwerte)...75 Tabelle 5: Länderorientierung - Gesamt und nach Generationszugehörigkeit (Spaltenprozentwerte)...76 Tabelle 6: Gesellschaftliche Einbindung - Gesamt und nach Generationszugehörigkeit (Spaltenprozentwerte)...78 Tabelle 7: Grad der subjektiven Religiosität - Gesamt und nach Generationszugehörigkeit (Spaltenprozentwerte)...79 Tabelle 8: Schulausbildung Gesamt und nach Generationszugehörigkeit (Spaltenprozent) 80 Tabelle 9: Berufsausbildung Gesamt und nach Generationszugehörigkeit (Spaltenprozent)...84 Tabelle 10: Erwerbstätigkeit, berufliche und soziale Stellung (Prozentwerte)...85 Tabelle 11: Durchschnittliches Haushaltseinkommen und Anzahl der Erwerbstätigen nach Generationszugehörigkeit, beruflicher und sozialer Stellung (Mittelwerte)...87 Tabelle 12: Nutzung verschiedener Bankdienstleistungen nach Generationszugehörigkeit (Prozentwerte)...89 Tabelle 13: Nutzung verschiedener Bankdienstleistungen nach Haushaltseinkommensgruppen (Prozentwerte)...90 Tabelle 14: Probleme bei der Einrichtung eines Girokontos oder bei der Beantragung einer Kreditkarte (Prozentwerte)...91 Tabelle 15: Sparziele nach soziodemographischen Merkmalen (Mehrfachnennungen, Zeilenprozent)...95 Tabelle 16: Ort der angelegten Ersparnisse nach soziodemographischen Merkmalen (Mehrfachnennungen, Prozentwerte*)...98 Tabelle 17: Land der Geldanlagen nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent*)...99 Tabelle 18: Anzahl der Geldanlagebereiche nach Anlageform (Mittelwerte*)...104 4

Migranten und Finanzdienstleistungen Seite 5 von 207 Tabelle 19: Art der Geldanlagen nach soziodemographischen Merkmalen (Mehrfachnennungen, Prozentwerte*)...106 Tabelle 20: Immobilienbesitz in der Türkei und in Deutschland (Prozentwerte)...108 Tabelle 21: Immobilienbesitz in Deutschland nach Immobilienbesitz in der Türkei (Prozentwerte bezogen auf alle Befragte)...108 Tabelle 22: Immobilienbesitz nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent)...109 Tabelle 23: Finanzierung der Immobilien in der Türkei (Prozentwerte)...110 Tabelle 24: Land der künftigen Geldanlagen nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent*)...111 Tabelle 25: Künftige und derzeitige Anlageformen (Prozentwerte, Mehrfachnennungen*)...114 Tabelle 26: Art der künftigen Geldanlagen nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent, Mehrfachnennungen*)...115 Tabelle 27: Art der künftigen Geldanlagen nach Sparziel (Prozentwerte, Mehrfachnennungen*)...116 Tabelle 28: Familie als erster Ansprechpartner bei Kreditwunsch nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent)...117 Tabelle 29: Höhe des möglichen Familienkredits nach soziodemographischen Merkmalen (Mittelwert in Euro*)...120 Tabelle 30: Ansprechpartner für Kredit neben Familie nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent*)...121 Tabelle 31: Inanspruchnahme eines Kredits nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent)...122 Tabelle 32: Gründe für Ablehnung des Kreditwunsches...123 Tabelle 33: Derzeit laufende Kredite nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent)...123 Tabelle 34: Versorgung mit Versicherungen nach soziodemographischen Merkmalen (Prozentwerte, Mehrfachnennungen)...127 Tabelle 35: Verantwortlichkeit für die Altersvorsorge nach Geschlecht und Generation (Prozentwerte, Mehrfachnennungen)...130 Tabelle 36: Altersvorsorge nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent)...133 5

Migranten und Finanzdienstleistungen Seite 6 von 207 Tabelle 37: Geplanter Abschluss einer (weiteren) Altersvorsorge nach soziodemographischen Merkmalen bei vorhandener und nichtvorhandener Altersvorsorge (Spaltenprozent)...135 Tabelle 38: Subjektiver Grad der Informiertheit über Geldanlagen und Versicherungen nach soziodemographischen Merkmalen (Mittelwert*)...137 Tabelle 39: Subjektiver Grad der Informiertheit über Geldanlagen und Versicherungen nach gesellschaftlicher Integration und Mediennutzung (Mittelwert*)...139 Tabelle 40: Nutzung von Informationsmöglichkeiten und Zufriedenheit (Prozentwerte, Mehrfachnennungen; Mittelwerte*)...140 Tabelle 41: Nutzung von Informationsquellen nach soziodemographischen Merkmalen (Prozentwerte, Mehrfachnennungen)...141 Tabelle 42: Vertrauenspersonen in Geldangelegenheiten nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent)...145 Tabelle 43: Art der Probleme bei Geldanlagen...146 Tabelle 44: Art der Probleme mit Versicherungen...147 Tabelle 45: Gewünschte Themen- oder Beratungsfelder (Prozentwerte)...147 Tabelle 46: Wunsch nach Beratung in türkischer Sprache nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent)...149 Tabelle 47: Erfahrung mit Strukturvertrieb nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent)...150 Tabelle 48: Ansprache durch einen Landmann nach soziodemographischen Merkmalen...152 Tabelle 49: Vertragsabschluss bei Strukturvertrieb nach Ethnie des Ansprechenden und Art der Firma (Zeilenprozent*)...153 Tabelle 50: Vertragsabschluss nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent*)...154 Tabelle 51: Wichtigkeit islamischer Geldanlagen nach soziodemographischen Merkmalen (Mittelwert*)...156 Tabelle 52: Angebot islamischer Geldanlagen (Prozentwerte)...157 Tabelle 53: Angebot islamischer Geldanlagen nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent)...157 Tabelle 54: Annahme des Angebots nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent*)...158 6

Migranten und Finanzdienstleistungen Seite 7 von 207 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Erkenntnisbereiche zu Migranten und Finanzdienstleistungen...12 Abbildung 2: Erkenntnisziele, Fragestellungen und methodischer Ansatz...13 Abbildung 3: Forschungsdesign...14 Abbildung 4: Nutzung deutscher und türkischer Medien (Mehrfachnennungen, Prozentwerte)...80 Abbildung 5: Schulbildungsniveau nach Altersgruppen (Zeilenprozent)...82 Abbildung 6: Vergleichsdaten Schulbildungsniveau (Prozentwerte)...83 Abbildung 7: Vergleichsdaten Berufsausbildung (Prozentwerte)...84 Abbildung 8: Haushaltseinkommen (Prozentwerte)...86 Abbildung 9: Nutzung verschiedener Bankdienstleistungen (Prozentwerte)...89 Abbildung 10: Vergleichsdaten Bankdienstleistungen (Prozentwerte)...91 Abbildung 11: Sparziele (Mehrfachnennungen, Prozentwerte*)...93 Abbildung 12: Vergleichsdaten Sparziele (Prozentwerte)...96 Abbildung 13: Ort der angelegten Ersparnisse (Prozentwerte*, Mehrfachnennungen)...97 Abbildung 14: Land der konkreten Geldanlage (Prozentwerte*)...99 Abbildung 15: Art der derzeitigen Geldanlagen Top 3 (Prozentwerte*, Mehrfachnennungen)...101 Abbildung 16: Art der derzeitigen Geldanlagen (Prozentwerte*, Mehrfachnennungen)...102 Abbildung 17: Vergleichsdaten Geldanlagen (Prozentwerte)...103 Abbildung 18: Land der künftigen Geldanlagen (Prozentwerte*)...111 Abbildung 19: Art der künftigen Geldanlagen (Prozentwerte, Mehrfachnennungen*)...113 Abbildung 20: Familie als Kreditgeber (Prozentwerte)...117 Abbildung 21: Höhe des möglichen Kredits bei der Familie (Prozentwerte*)...118 Abbildung 22: Ansprechpartner für Kredit neben der Familie (Prozentwerte)...120 Abbildung 23: Rückzahlungsinstitution (Prozentwerte*)...124 Abbildung 24: Versorgung mit Versicherungen (Prozentwerte, Mehrfachnennungen)...126 Abbildung 25: Wege zur Versicherung (Prozentwerte, Mehrfachnennungen*)...128 7

Migranten und Finanzdienstleistungen Seite 8 von 207 Abbildung 26: Vergleichsdaten Haushaltsbesitz Versicherungen (Prozentwerte)...129 Abbildung 27: Verantwortlichkeit für die Altersvorsorge (Prozentwerte, Mehrfachnennungen)...130 Abbildung 28: Versorgung mit privater Altersvorsorge (Prozentwerte*, Mehrfachnennungen)...131 Abbildung 29: Vergleichsdaten Altersvorsorge (Prozentwerte**)...132 Abbildung 30: Geplanter Abschluss einer (weiteren) Altersvorsorge (Prozentwerte)...135 Abbildung 31: Subjektiver Informationsgrad über Geldanlagen und Versicherungen (Zeilenprozent)...137 Abbildung 32: Vergleichsdaten Informationsgrad (Prozentwerte)...139 Abbildung 33: Vergleichsdaten Informationskanäle (Prozentwerte)...142 Abbildung 34: Vertrauen bei Geldangelegenheiten (Prozentwerte)...144 Abbildung 35: Schlechte Erfahrungen mit Geldanlagen und Versicherungen (Prozentwerte)...146 Abbildung 36: Erfahrung mit Strukturvertrieb (Prozentwerte)...150 Abbildung 37: Ansprache durch einen Landsmann (Prozentwerte*)...151 Abbildung 38: Strukturvertrieb für eine deutsche oder eine türkische Firma (Prozentwerte*) 153 Abbildung 39: Wichtigkeit islamischer Geldanlagen Gesamt und nach Religiosität (Zeilenprozent*)...155 8

Migranten und Finanzdienstleistungen Seite 9 von 207 1 Ziele und Aufgabenstellung der Studie Die Lage der in Deutschland lebenden ausländischen Mitbürger ist nicht nur eine Frage der kulturellen Integration. Mit mehr als 7,3 Mio. Migranten, davon mehr als 1,8 Mio. sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, kommt dieser Personengruppe sowohl unter wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten als auch unter dem Aspekt des Verbraucherschutzes eine erhebliche Bedeutung zu. Für den Bereich der Finanzdienstleistungen bedeutet dies beispielsweise, dass sowohl die Geldanlage- als auch die Kredit- und Versicherungsentscheidungen der Migranten ein erhebliches Finanzvolumen binden und sich nachdrücklich auf die Haushaltsbelastung wie auch auf das Niveau der individuellen Alterssicherung auswirken können. Trotz der hohen wirtschaftspolitischen Bedeutung stehen geringe Erkenntnisse über das tatsächliche Konsumentenverhalten und die Integration in die deutschen Märkte zur Verfügung. Soweit Erkenntnisse vorliegen, deuten diese auf Sondermärkte hin, z.b. Geldanlagen bei ausländischen Banken, in religiös vermittelte Anlagen bzw. einen ausländerspezifischen Grauen Kapitalmarkt. Ähnliches wird für Kredit- bzw. Versicherungsmärkte unterstellt, die über landsmannschaftliche Vermittler angeboten werden, aber keineswegs immer marktoptimale Konditionen bieten. Damit lägen nicht nur Marktdysfunktionen vor, sondern auch erhebliche Nachteile in der individuellen Verbraucherfunktion bzw. für die ökonomischen Entwicklungsmöglichkeiten der jeweiligen Haushalte. Im Rahmen des durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung vergebenen Forschungsauftrags Migranten und Finanzdienstleistungen sollten vor diesem Hintergrund folgende Sachverhalte thematisiert werden: 1. Anleger-, Kredit- und Versicherungsverhalten der Migranten in Deutschland. Die Untersuchung und Darstellung ist exemplarisch am Beispiel der Migranten türkischer Herkunft durchzuführen, da diese Gruppe in Deutschland zahlenmäßig besonders relevant ist. 2. Inwieweit hat die o.g. Gruppe spezifische verbraucherpolitische Bedürfnisse? 3. Unterbreitung geeigneter Vorschläge für spezifische verbraucherpolitische Maßnahmen in Deutschland. Diese sollen insbesondere durch einen grenzüberschreitenden Vergleich der entsprechenden Politiken und Maßnahmen im Hinblick auf Migrantengruppen mit traditionellem Zinsverbot in den Niederlanden, Spanien und Großbritannien abgeleitet werden. 1 1 Siehe Leistungsbeschreibung Freihändige Vergabe 38/2004 Migranten und Finanzdienstleistungen Punkt 2: Gegenstand der wissenschaftlichen Bearbeitung. 9

Migranten und Finanzdienstleistungen Seite 10 von 207 Dem Forschungs- und Beratungsunternehmen Evers & Jung GbR wurde im Mai 2005 gemeinsam mit seinen Projektpartnern Stiftung Zentrum für Türkeistudien (ZfT) in Essen, In Market in Hamburg, Privat Finance Research Center (PFRC) in Bristol, FACET in Zeist und Grandi Numeri s.r.l. in Rom der Zuschlag für die Ausführung dieses Forschungsauftrages erteilt. 1.1 Ausgangslage: Migranten und FDL Auf politischer Ebene wird in Deutschland in Fragen der finanziellen Absicherung zunehmend mehr Eigenverantwortung der Bürger gefordert. Angesichts der Reformen der sozialen Sicherungssysteme, insbesondere im Bereich der Altersvorsorge und zunehmend auch bei Gesundheit und Risiken wie der Berufsunfähigkeit, kommt der richtigen Versorgung und Ausstattung jedes Bürgers mit Finanzdienstleistungen daher eine zentrale Rolle zu. Unter Finanzdienstleistungen werden hier Zahlungsverkehr, Anlage- und Kreditformen sowie Versicherungen verstanden. Die Versorgung mit Finanzdienstleistungen wird häufig als infrastrukturähnliche Aufgabe wahrgenommen und mit der Versorgung mit Wasser und Energie gleichgestellt. Einzelne gesellschaftliche Gruppen haben bezüglich einer angemessenen Versorgung mit Finanzdienstleistungen größere Probleme als andere. Ob die Gruppe der Migranten dazu gehört, ist zu untersuchen. Ein suboptimaler Zugang durch problematische Vertriebswege, nicht passende oder zu teure Produkte würde bei ausländischen Mitbürgern zu einer massiven Behinderung der Integration und einer Beschneidung ökonomischer Möglichkeiten führen. Während Marketingaspekte für die Zielgruppe Migranten im Vertrieb allmählich in den Blickwinkel der Wirtschaft und Finanzdienstleister rücken und sich angepasste Werbestrategien bilden (Ethno-Marketing), mangelt es an einer ganzheitlichen Betrachtung, die auch eine angepasste Versorgung, geeignete Produkte, Zugang und Beratungsqualität umfasst. Hier sind auch kulturelle Werte und davon abgeleitetes Nachfrageverhalten zu berücksichtigen. So kann beispielsweise für einen gläubigen Muslimen aufgrund des Zinsnahmeverbots der Sharia nicht das Erwirtschaften von Zinsen im Vordergrund stehen, sondern die Absicherung von Risiken. Fortgeschrittener ist dagegen die Beleuchtung der Schattenseite von "angepasster" Bearbeitung. Regelmäßig erscheinen in den Medien Berichte von diskriminierendem Verhalten der Anbieter gegenüber Ausländern. So wurden z.b. Autoversicherungen mindestens zeitweise Migranten teurer angeboten und sind mitunter schwerer zugänglich für Kunden mit ausländischem Namen. 2 Auch der gezielten Vermittlung von problematischen Produkten im Grauen 2 Vgl. exemplarisch o.a. (1994). 10

Migranten und Finanzdienstleistungen Seite 11 von 207 Kapitalmarkt wird nachzugehen sein. Solche gruppenspezifischen Sondermärkte sind verbraucherrechtlich problematisch insbesondere bezüglich Transparenz und Rechtsdurchsetzung. Negative Schlagzeilen machte das so genannte Islamic Banking : Auf Vermittlung von Landsleuten wurden konservative türkische Migranten in Deutschland zur Anlage von Geldern in Holdings mit Sitz in der Türkei überredet, die das Geld angeblich in religiös und ethisch einwandfreie Unternehmen investierten und dabei zugleich extrem hohe Renditen (bis 20%) versprachen. Durch den Bezug auf den Glauben erreichten die Holdings zunächst eine hohe Vertrauenswürdigkeit. Da das Konzept der Holdings jedoch nicht aufging und sich vielmehr als Schneeballsystem erwies, verloren zahlreiche Anleger ihre gesamten Ersparnisse. 3 3 Vgl. Uebel (2003). 11

Migranten und Finanzdienstleistungen Seite 12 von 207 1.2 Methodischer Ansatz und Fragestellung der Studie Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, einen empirischen Überblick über das Konsumentenverhalten und den Versorgungszugang türkischstämmiger Migranten in Deutschland und den Grad ihrer Integration in den deutschen Finanzdienstleistungsmarkt zu gewinnen und auf dieser Grundlage Handlungsempfehlungen für die Politik zu entwickeln. Wie die internationale Forschung zu Migranten und Finanzdienstleistungen zeigt 4, bestehen in den meisten westlichen Industrieländern hinsichtlich der Integration von Migranten in die nationalen Finanzdienstleistungsmärkte erhebliche Unterschiede zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppierungen. Um für Deutschland zu aussagekräftigen Ergebnissen zu kommen, wurde daher mit den türkischstämmigen Mitbürgern die mit Abstand größte Teilgruppe herausgegriffen. Zur ersten Strukturierung des Untersuchungsbereichs Migranten und Finanzdienstleistungen wurde in die Dimensionen Bedarf, Versorgung und Zugang unterschieden. Dies erschien notwendig, weil eine von der Gesamtbevölkerung abweichende Versorgung der Teilgruppe türkischstämmiger Migranten ihre Ursache sowohl im spezifischen Bedarf (Nachfrage) dieser Gruppe als auch in der besonderen Ausgestaltung ihres Zugangs zu Finanzdienstleistungen (Angebot) haben könnte. Abbildung 1: Erkenntnisbereiche zu Migranten und Finanzdienstleistungen Bedarf Versorgung Zugang Welche Bedarfe und Konsumentenwünsche haben Migranten? Welche Finanzprodukte sind vorhanden? (Status Quo) Wie ist der Zugang zu Produkten (Vertriebsweg, Beratungsqualität, rechtlicher Schutz)? Eine ausführliche Recherche und Analyse national und international vorhandener Literatur und Daten liefern die Grundlagen für den empirischen Teil der Studie. Für die methodische Konzeption der Empirie wurde, ausgehend von den geschilderten Erkenntnisinteressen und Fragestellungen, Wert auf eine Mischung qualitativer und quantitativer Erhebungsarten gelegt. Dabei wurde ein organisatorischer Ablauf gewählt, der die quantitativen Erhebungsschritte (computergestützte Telefonbefragung) auf Basis der Ergebnisse der qualitativen Erhebung 4 Vgl. hierzu Kempson/Whyley (1998), Singer/Paulson (2004) und Moro u.a. (2003) 12

Migranten und Finanzdienstleistungen Seite 13 von 207 (Experteninterviews, Fokusgruppen) präzisiert. Für die direkten Befragungen ist zu unterscheiden, welche Fragen optimal in den qualitativ ausgerichteten und explorativen Experteninterviews und Fokusgruppen und welche in der quantitativ orientierten Telefonbefragung gestellt werden können. Das Produktportfolio eines Haushaltes etwa lässt sich gut quantifizieren und telefonisch abfragen. Geht es jedoch um sensiblere Bereiche wie möglicherweise schlechte Erfahrungen mit Anbietern oder bestimmten Produktkonstruktionen, bringen meist nur qualitativ angelegte Befragungen verwertbare Erkenntnisse. Abbildung 2: Erkenntnisziele, Fragestellungen und methodischer Ansatz Bereich Erkenntnisziel/ Fragestellung Methodik Überblick zu Migranten Herkunft, Bevölkerungsanteil (Anteil der Türken) Lit. Spezifische Integrationsprobleme Lit. Bedarf Versorgung Zugang Verbesserung Was erwarte ich von meiner Bank/Versicherung? Wie wünsche ich mir Beratung? Wie wichtig sind mir - Sparen - Konto - Kredite - Versicherungen - Immobilien? Was ist mir daran wichtig, was nicht? Kaufkraft/ Anlagevolumen aktuell und zukünftig Welche Rolle spielen religiöse Fragen/Anlagestrategien? Produktdurchdringung Wer hat welche Produkte? (Verteilung bzgl. Einkommen, Status, Bildung, Alter, Beruf, Religion) Kein bzw. anderer Bedarf Bildungsdefizite und Sprachbarrieren Anbieterstrategie - Produkte - Segmentierung und Selektion - Beratungsqualität - Preis Politik / Rahmenbedingung: - Regulierung des generellen FDL Zugangs - Verbraucherschutzpolitik für Migranten - FDL als Integrationsinstrument Initiativen / Interessenverbände: - Ist das ein Thema? - Welche Maßnahmen werden vorgeschlagen bzw. umgesetzt? - Ergebnisse Anbieter: - Ist das ein Thema? - Welche Maßnahmen werden vorgeschlagen bzw. umgesetzt? - Maßnahmen - Ergebnisse T + F T + F T T + F T + F T T T Lit., Exp. Lit., F Lit., Exp. Lit., Exp. Lit., Exp. Erläuterung: Lit.= Literaturrecherche; Exp. = Experteninterview; T= Telefonbefragung; F=Fokusgruppe 13

Migranten und Finanzdienstleistungen Seite 14 von 207 1.3 Ablauf des Projekts Die Untersuchung war wie beschrieben klassisch aufgebaut und entwickelte auf der Basis von Literatur und Experteninterviews ein zweistufiges Empiriedesign (qualitativ/quantitativ): A. Kenntnisstand a.1 Synopse über Forschungen und Literatur in Deutschland und in den drei Partnerländern a.2 Experteninterviews zur deutschen Situation (Verbraucherzentralen, Anbieter usw.) B. Empirie b.1 Design und Durchführung qualitativer Forschung in Form von Fokusgruppen zur Exploration b.2 Quantitative Erhebung in einer computergestützten Telefonbefragung türkischstämmiger Migranten zum Anlage-, Kredit- und Versicherungsverhalten b.3 Auswertung der Ergebnisse C. Maßnahmen c.1 Synopse internationaler Erfahrungen über Länderberichte aus den Niederlanden, Großbritannien und Spanien c.2 Vorstellung der Ergebnisse aus Empirie und Länderberichten und Diskussion von Politikansätzen und Maßnahmen in einem Expertenworkshop c.3 Entwurf von Politikansätzen und Maßnahmen c.4 Berichtslegung Abbildung 3: Forschungsdesign Forschungsdesign Ermittlung des Kenntnisstandes Empirie Maßnahmen Synopse über Forschung und Literatur GB Nl ESP Zusätzliche Expertengespräche D Internationaler Kenntnisstand Berichtslegung Empirie- Empirie- Design Design Quantitative Quantitative Forschung Forschung Qualitative Qualitative Forschung Forschung Bewertung der Ergebnisse 1 2 3... 30 Synopse internationaler Politiken und Maßnahmen Entwurf von Politikansätzen und Maßnahmen 05/05 07/05 10/05 12/05 14

Migranten und Finanzdienstleistungen Seite 15 von 207 2 Migranten in Deutschland: Rahmenbedingungen 2.1 Grundbegriffe und Definitionen 2.1.1 Migration/Migrant Der Begriff der Migration stammt von dem lateinischen Wort migrare bzw. migratio (wandern, wegziehen, Wanderung). Er hat sich in den vergangenen Jahren, beeinflusst durch das weltweit verwendete englische Wort migration, zumindest in der sozialwissenschaftlich geprägten Fachsprache eingebürgert. Von Migration wird im engeren Sinn gesprochen, wenn eine Person ihren Lebensmittelpunkt über eine administrative Grenze hinweg verlegt und dieser Wechsel dauerhaft, zumindest jedoch für einen längeren Zeitraum angelegt ist. Während bei der internationalen statistischen Erfassung der Migrationsbewegungen jeder Wohnortwechsel, der länger als fünf Jahre anhält, als Migration erfasst wird, gilt in Deutschland das Kriterium der Dauerhaftigkeit als erfüllt, wenn die Migration mit einem tatsächlichen Wohnsitzwechsel verbunden ist 5. Wird dabei eine nationalstaatliche Grenze überschritten, spricht man von internationaler Migration, erfolgt die Wanderung innerhalb eines Landes, von Binnenmigration. Das Einwandern in das Zielland wird gemeinhin als Immigration bezeichnet, das Auswandern aus dem Herkunftsland als Emigration. Die Bezeichnung Migrant umfasst somit im engeren Wortsinn sowohl Immigranten als auch Emigranten. In offiziellen Studien und Berichten herrscht keine eindeutige Begrifflichkeit zur Bezeichnung zugewanderter Personen. So tritt neben Migrant häufig der Begriff Ausländer zur Bezeichnung von in Deutschland lebender aber nicht hier geborener Menschen auf. Als Ausländer gelten demnach alle Personen, die nicht Deutsche nach Art. 116 Abs.1 des Grundgesetzes sind. Dies können zugezogene Personen mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit sein, oder auch deren Nachkommen, die im Land geboren und somit keine Migranten im Wortsinn sind. Der Sachverständigenrat für Zuwanderung und Integration bezeichnet Zugewanderte und ihre Familienangehörigen in seinem Jahresgutachten dagegen in ihrer Gesamtheit und unabhängig von der Staatsbürgerschaft als Bevölkerung mit Migrationshintergrund. Diese Studie schließt sich der weiten Definition des Sachverständigenrates an, da davon ausgegangen wird, dass für die zu gewinnenden Erkenntnisse nicht die Staatsbürgerschaft son- 5 Vgl. Han (2000), S.7. 15

Migranten und Finanzdienstleistungen Seite 16 von 207 dern der Migrationshintergrund ausschlaggebend ist. Mit dem Begriff Migrant 6 werden in diesem Bericht im Einzelnen bezeichnet: Im Ausland geborene Personen, die ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben (1. Generation), In Deutschland geborene Personen, deren Vater und/oder Mutter nicht in Deutschland geboren wurden (2. Generation), In Deutschland geborene Personen, deren Großvater und/oder Großmutter im Ausland geboren wurden (3. Generation). 2.1.2 Migrationsphasen Migrationsprojekte einzelner Personen werden in sehr unterschiedliche Ausgangslagen und Lebenssituationen im Herkunftsland vorbereitet und ausgelöst. In der Regel sind auch die Familien-Haushaltssysteme, die im Herkunftsland zurückbleiben, in das Migrationsprojekt involviert 7 und werden von den Migranten weiterhin unterstützt. Die Migrationssoziologie hat unterschiedliche Modelle hervorgebracht, die den Verlauf von individuellen Migrationsprojekten in verschiedene Phasen systematisieren. Viele dieser Modelle orientieren sich an psychologischen und soziologischen Faktoren und umfassen sowohl den Entscheidungsprozess im Herkunftsland als auch den Integrationsprozess im Zielland 8. Eine für diese Studie geeignetere Systematisierung der ökonomischen, juristischen und sozialen Integration des/der Migrant/in im Gastland findet sich in der Zusammenfassung des Sechsten Familienbericht der Bundesregierung von Grazer-Sass und Sass 9. Sie orientiert sich am konkreten Verlauf des Migrationsprojekts nach der Ankunft im Zielland und unterscheidet zwischen 4 Phasen: Phase 1: Ankunft im Aufnahmeland, Phase 2: Legalisierung und existenzminimale Normalisierung der Lebenslage, Phase 3: Familiennachzug und Vermögensbildung, Phase 4: Abschlussphase im Herkunfts- oder im Aufnahmeland. 6 Im vorliegenden Bericht wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit in der Regel auch bei nicht geschlechtsneutralen Bezeichnungen die männliche Form verwendet. 7 Vgl. Grazer-Sass/Sass (2000), S. 8. 8 Vgl. Han (2000), S. 56ff. 9 Grazer-Sass/Sass (2000) S.7. 16

Migranten und Finanzdienstleistungen Seite 17 von 207 Eine ähnliche Aufteilung entwickelt auch Anderloni 10. Sie teilt individuelle Migrationsprojekte ebenfalls in vier Phasen ein, denen sie jeweils spezifische Grundbedürfnisse der Migranten zuordnet: 1) Initialphase: Sie beginnt mit der Ankunft im Gastland. Entscheidende Bedürfnisse sind die Suche nach Arbeit und Unterkunft. Entscheidende Variable ist dabei die Legalität der Migration. 2) Legalisierungsphase: Die wichtigsten Bedürfnisse dieser Phase umfassen die Beantragung einer Aufenthaltsberechtigung, das Erlangen einer regulären Arbeitsstelle und das Hinarbeiten auf Familienzusammenführung. Entscheidende Variable ist das Migrationsziel. Wird ein dauerhafter Aufenthalt im Gastland angestrebt, stehen andere Bedürfnisse im Vordergrund als bei der Absicht einer baldigen Rückkehr. 3) Ansiedlungsphase: Hier dominiert das Bedürfnis nach einer Ausweitung der ökonomischen Basis durch strukturierte Geschäftsaktivitäten (z.b. Selbständigkeit). Entsprechend ändern sich die Konsumgewohnheiten, der Erwerb von hochwertigeren Konsumgütern (Auto, Wohnungseinrichtung) wird angestrebt, oftmals auch Immobilienerwerb. 4) Konsolidierungsphase: Die Bedürfnisse dieser Phase sind abhängig von der endgültigen Rückkehrperspektive. Wird keine Rückkehr in das Heimatland mehr angestrebt, orientiert sich die ökonomische und finanzielle Planung ähnlich wie in der Bevölkerungsmehrheit an der Absicherung der Familie und des eigenen Alters. Anhand dieser Systematisierung lässt sich nachvollziehen, wie sich der Bedarf an bestimmten Finanzdienstleistungen (z.b. Rücküberweisungen, Kredite, Altersvorsorge) im konkreten Verlauf individueller Migrationsprojekte verändert und dabei zumeist in enger Abhängigkeit zum jeweiligen Migrationsziel steht. 2.1.3 Migrantengenerationen In der Migrationssoziologie spielen Unterschiede zwischen Angehörigen der ersten, zweiten und dritten Zuwanderergeneration ( intergenerativer Wandel ) seit den 30er Jahren eine wichtige Rolle zur Erklärung von Assimilations- und Akulturationsprozessen. Die implizite Annahme dabei ist, dass die jeweils nächste Generation ein höheres Maß an Angleichung an die Aufnahmegesellschaft aufweist. Diese Annahme führte im einflussreichen Generationen- 10 Vgl. Anderloni (2003). 17