subjektivität forum asiatisch-europäische konstellationen sven sellmer fabian heubel rafael suter stephan schmidt Richard A. H.



Ähnliche Dokumente
subjektivität forum asiatisch-europäische konstellationen sven sellmer fabian heubel rafael suter stephan schmidt Richard A. H.

AUFBAUPROGRAMME YOU ONLY LIVE ONCE, BUT IF YOU DO IT RIGHT, ONCE IS ENOUGH.

Ist Fernsehen schädlich für die eigene Meinung oder fördert es unabhängig zu denken?

1 Mathematische Grundlagen

Bitte beantworten Sie die nachfolgenden Verständnisfragen. Was bedeutet Mediation für Sie?

Professionelle Seminare im Bereich MS-Office

Schüler und Lehrer. Teil 1: Was ist Erleuchtung? von Anssi Antila

Das Leitbild vom Verein WIR

FRAGE 39. Gründe, aus denen die Rechte von Patentinhabern beschränkt werden können

Südberliner Gemeinde-Bibelschule (SBGBS) September 2008

Was meinen die Leute eigentlich mit: Grexit?

Die Theorie der Praxis. Die Welt ist so komplex, dass man sie mittels bloßer Wahrnehmung nicht erfassen kann.

das usa team Ziegenberger Weg Ober-Mörlen Tel Fax: mail: lohoff@dasusateam.de web:

Mehr Geld verdienen! Lesen Sie... Peter von Karst. Ihre Leseprobe. der schlüssel zum leben. So gehen Sie konkret vor!

40-Tage-Wunder- Kurs. Umarme, was Du nicht ändern kannst.

Die Online-Meetings bei den Anonymen Alkoholikern. zum Thema. Online - Meetings. Eine neue Form der Selbsthilfe?

5.Unsicherheit. 5.1WahrscheinlichkeitundRisiko

Meet the Germans. Lerntipp zur Schulung der Fertigkeit des Sprechens. Lerntipp und Redemittel zur Präsentation oder einen Vortrag halten

Lineargleichungssysteme: Additions-/ Subtraktionsverfahren

Womit beschäftigt sich Soziologie? (1) Verschiedene Antworten:

Die richtigen Partner finden, Ressourcen finden und zusammenführen

Anleitung über den Umgang mit Schildern

Komplexität und der Dreischritt zur Einfachheit Dieter Brandes und Nils Brandes, Institut für Einfachheit

Ihr Mandant möchte einen neuen Gesellschafter aufnehmen. In welcher Höhe wäre eine Vergütung inklusive Tantieme steuerrechtlich zulässig?

Frauen und ihr Verständnis von Schönheit

Vertrauen in Medien und politische Kommunikation die Meinung der Bürger

Rhetorik und Argumentationstheorie.

«Eine Person ist funktional gesund, wenn sie möglichst kompetent mit einem möglichst gesunden Körper an möglichst normalisierten Lebensbereichen

Buddhismus und westliche Philosophie im Dialog

Meinungen zur Altersvorsorge

Welche Gedanken wir uns für die Erstellung einer Präsentation machen, sollen Ihnen die folgende Folien zeigen.

Werte und Grundsätze des Berufskodexes für interkulturell Dolmetschende. Ethische Überlegungen: Was ist richtig? Wie soll ich mich verhalten?

Was ich als Bürgermeister für Lübbecke tun möchte

Die Post hat eine Umfrage gemacht

ONLINE-AKADEMIE. "Diplomierter NLP Anwender für Schule und Unterricht" Ziele

DER SELBST-CHECK FÜR IHR PROJEKT

Welchen Weg nimmt Ihr Vermögen. Unsere Leistung zu Ihrer Privaten Vermögensplanung. Wir machen aus Zahlen Werte

M03a Lernstraße für den Unterricht in Sekundarstufe I

Die neue Aufgabe von der Monitoring-Stelle. Das ist die Monitoring-Stelle:

Anleitung zur Daten zur Datensicherung und Datenrücksicherung. Datensicherung

Persönliche Zukunftsplanung mit Menschen, denen nicht zugetraut wird, dass sie für sich selbst sprechen können Von Susanne Göbel und Josef Ströbl

1. Man schreibe die folgenden Aussagen jeweils in einen normalen Satz um. Zum Beispiel kann man die Aussage:

Psychologie im Arbeitsschutz

Objektorientierte Programmierung für Anfänger am Beispiel PHP

Stellen Sie bitte den Cursor in die Spalte B2 und rufen die Funktion Sverweis auf. Es öffnet sich folgendes Dialogfenster

Change Management. Veränderungsprozesse initiieren und gestalten

sich wegen der Friedens- und Versöhnungsarbeit in der Nagelkreuzkapelle gesammelt haben.

Leitbild. für Jedermensch in leicht verständlicher Sprache

Die Invaliden-Versicherung ändert sich

Also heißt es einmal mehr, immer eine eigene Meinungen bilden, nicht beeinflussen lassen, niemals von anderen irgend eine Meinung aufdrängen lassen.

Senioren ans Netz. schreiben kurze Texte. Lektion 9 in Themen aktuell 2, nach Übung 7

Second Steps in eport 2.0 So ordern Sie Credits und Berichte

WIE WIRKLICH IST DIE WIRKLICHKEIT WIE SCHNELL WERDEN SMART GRIDS WIRKLICH BENÖTIGT? DI Dr.techn. Thomas Karl Schuster Wien Energie Stromnetz GmbH

Wichtige Forderungen für ein Bundes-Teilhabe-Gesetz

Allensbach: Das Elterngeld im Urteil der jungen Eltern

7 Rechnen mit Polynomen

Befragt wurden Personen zwischen 14 und 75 Jahren von August bis September Einstellung zur Organ- und Gewebespende (Passive Akzeptanz)

in diesem Fragebogen finden Sie eine Reihe von allgemeinen Aussagen. Ein Beispiel: Gutmütige Menschen lassen sich leicht schikanieren.

Das Persönliche Budget in verständlicher Sprache

Auktionen erstellen und verwalten mit dem GV Büro System und der Justiz Auktion

Festigkeit von FDM-3D-Druckteilen

NINA DEISSLER. Flirten. Wie wirke ich? Was kann ich sagen? Wie spiele ich meine Stärken aus?

Deutliche Mehrheit der Bevölkerung für aktive Sterbehilfe

Qualitätsbedingungen schulischer Inklusion für Kinder und Jugendliche mit dem Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung

Workshop: Wie ich mein Handikap verbessere erfolgreich Leben mit Multiple Sklerose!

Primzahlen und RSA-Verschlüsselung

Zeichen bei Zahlen entschlüsseln

Sowohl die Malstreifen als auch die Neperschen Streifen können auch in anderen Stellenwertsystemen verwendet werden.

Eine wahre Geschichte

Wenn Russland kein Gas mehr liefert

Weiterbildungen 2014/15

Erfolgreiche Webseiten: Zur Notwendigkeit die eigene(n) Zielgruppe(n) zu kennen und zu verstehen!

infach Geld FBV Ihr Weg zum finanzellen Erfolg Florian Mock

Eva Douma: Die Vorteile und Nachteile der Ökonomisierung in der Sozialen Arbeit

Daten haben wir reichlich! The unbelievable Machine Company 1

1. Weniger Steuern zahlen

Forschen - Schreiben - Lehren

Kulturelle Evolution 12

Elternumfrage Kita und Reception. Campus Hamburg

lohmeyer White Paper Use Cases II UX+Prozessanalyse

Dominik Stockem Datenschutzbeauftragter Microsoft Deutschland GmbH

KVIrc installieren (win) i. KVIrc installieren (win)

Herr Müller möchte anderen Menschen helfen. Er bekommt kein Geld für diese Arbeit. Aber die Arbeit macht ihm Freude.

Evangelisieren warum eigentlich?

Uwe Meyer Universität Osnabrück Seminar Der Sinn des Lebens (WS 2003/04) Karl R. Popper: Hat die Weltgeschichte einen Sinn?

Entwicklung des Dentalmarktes in 2010 und Papier versus Plastik.

Fotoprotokoll / Zusammenfassung. des Seminars Methodik der Gesprächsführung und Coaching. Vertriebs- & Management - Training

Einrichtung des Cisco VPN Clients (IPSEC) in Windows7

POP -Konto auf iphone mit ios 6 einrichten

Einführung in die Algebra

Adobe Photoshop. Lightroom 5 für Einsteiger Bilder verwalten und entwickeln. Sam Jost

Herzlich Willkommen beim Webinar: Was verkaufen wir eigentlich?

Ein neuer Beweis, dass die Newton sche Entwicklung der Potenzen des Binoms auch für gebrochene Exponenten gilt

IRF2000 Application Note Lösung von IP-Adresskonflikten bei zwei identischen Netzwerken

Inhalt. 1. Einleitung Hilfe, mein Kind kann nicht richtig schreiben und lesen! Seite

50. Mathematik-Olympiade 2. Stufe (Regionalrunde) Klasse Lösung 10 Punkte

Verband der TÜV e. V. STUDIE ZUM IMAGE DER MPU

Arbeit zur Lebens-Geschichte mit Menschen mit Behinderung Ein Papier des Bundesverbands evangelische Behindertenhilfe e.v.

BUCHHALTUNG BUCHFÜHRUNG WO IST ER EIGENTLICH? - DER UNTERSCHIED?

DRITTE VORLESUNG: Schöpfung im Alten Testament

Transkript:

112 Rezensionen & Tipps 136 IMPRESSUM 137 polylog bestellen subjektivität asiatisch-europäische konstellationen forum subjektivität 5 sven sellmer Subjektivität das therapeutischsoteriologische Paradigma in der indischen und griechischen Philosophie 19 fabian heubel Foucault auf Chinesisch Transkulturelle Kritik und Philosophie der Kultivierung 37 rafael suter Das ungenannte»subjekt«die Ambiguität einer Konstruktion des Altchinesischen: Nachdenken über Sprechen und Handeln im Gongsunlongzi und Yinwenzi 61 stephan schmidt Moralsubjekt und Erkenntnissubjekt Zu einer kategorialen Unterscheidung im Denken des modernen Konfuzianismus 83 Richard A. H. King Aristoteles und Xun Kuang über das Wissen, wie man handeln soll 99 heinz kimmerle Die schwere Last der Komplementarität Antwort auf Innocent I. Asouzus Kritik an der interkulturellen Philosophie

bücher»eine konstruktivistische Erkenntnistheorie hilft in dieser Situation nicht weiter, weil es für sie kein Außen gibt. [ ] Mir scheint also ein Postkonstruktivismus nötig, der zwar die Subjektivität und Pluralität von Weltkonstruktionen achtet, gleichwohl aber dabei die materielle und soziale Wirklichkeit als Substrat dieser Weltschöpfung nicht negiert«(s. 123). Mark Siderits: Personal Identity and Buddhist Philosophy: Empty Persons. Ashgate, Aldershot (UK) 2003. ISBN 0-7546-3473-6, 231 Seiten. Seite 120 rationalität überwinden. Sie gehe an gegen die Abqualifizierung der Emotionen als irrational, das vernünftige Denken trübende Beeinträchtigungen des klaren Urteils. Denken und Fühlen gehörten mit den Wahrnehmungen in ein Konzept der Multiperspektivität hinein, wenn es um angemessene Erkenntnis der Wirklichkeit gehen solle (vgl. S. 202 206). Insgesamt gesehen ist die hohe Verdienstlichkeit dieses Werks mehrfach zu würdigen: Christoph Staub (1) Die postmoderne Ethik wird aus den primären Quellen fein säuberlich herausdestilliert und klar dargestellt. Notwendige Ergänzungen werden vorgenommen. (2) Diese Präsentation kann als Grundlage dienen für verschiedene Wissenschaften, unter anderem auch für die Pädagogik. (3) Für interkulturelle Philosophie und Theologie empfiehlt sich die Arbeit als Grundlagenwerk. Mögen sich die Intentionen der Autorin erfüllen! Der Begriff der Person im Buddhismus eine komparative Untersuchung zu: Mark Siderits: Personal Identity and Buddhist Philosophy Für Abhandlungen zum Problem der personalen Identität stellt Humes reduktionistische Konzeption des Personenbegriffs, gemäß welcher die Person»nichts weiter als ein Bündel oder eine Sammlung verschiedener Perzeptionen«ist (Treatise I. IV, Abschnitt VI), einen wichtigen historischen Bezugspunkt dar. Jene zeitgenössischen Philosophen, für welche der Personenbegriff an Unbestimmtheit krankt, können sich in ihrer Ablehnung einer substanziellen personalen Einheit allerdings nicht nur auf den»treatise«von Hume, sondern auch auf buddhistische Auffassungen berufen. Dies hatte Parfit in seinem Buch»Reasons and Persons«von 1984 getan, wo er»buddha s view«erwähnte (Derek Parfit: Reasons and Persons. Oxford 1984, S. 273). Mit dem neuen Buch von Mark Siderits wird nun Parfits Werk selber zum Ausgangspunkt einer komparativen Untersuchung. Das Buch»Personal Identity and Buddhist Philosophy: Empty Persons«von Mark Siderits erörtert die reduktionistische Theorie des Personenbegriffs im Rahmen der buddhistischen Lehre vom Nicht-Selbst (anātman). Die durch Parfits reduktionistische Theorie entstandene Kontroverse um den Personenbegriff will Siderits durch Argumente buddhistischer Philosophen in ein neues Licht stellen. Im einleitenden Kapitel skizziert er sein Programm einer»fusion philosophy«(s. XI), die über die vergleichende Erörterung von philosophischen Texten unterschiedlicher Traditionen hinaus zur Lösung konkreter Probleme beitragen soll. Siderits geht in diesem Zusammenhang auf die methodische Problematik komparativer

& medien Untersuchungen ein. Die Zuhilfenahme des Begriffsapparats der analytischen Philosophie soll dem vorläufigen Ziel einer»vernünftigen Extrapolation«des gedanklichen Gehalts der buddhistischen Texte dienen. In ihrer analytischen Ausrichtung ist die komparative Philosophie dem Vorwurf ausgesetzt, dass sie den soteriologischen Kontext der buddhistischen Abhandlungen unberücksichtigt lässt. Soteriologisches Denken und analytische Philosophie sind aber, wie Siderits betont, nur prima facie inkompatibel. Die spirituelle Form des Wissens geht nicht notwendig mit der Preisgabe argumentativen Denkens einher:»there will also be those who are inclined to wonder whether any meaningful fusion of analytic philosophy and the Buddhist tradition is possible, given the soteriological aims of the latter. [ ] The view persists that Asian cultures advocate the attainment of spiritual ends by abandoning reason. It is time to shed this misconception. It stands in the way of a potentially fruitful conversation between historically distinct traditions«(s. XIV). Die ersten fünf Kapitel des Buches sind der vergleichenden Darstellung reduktionistischer Theorien der Person gewidmet. Siderits Analyse knüpft an Parfits Theorie der impersonalen Beschreibung psychischer Kontinuität an. Parfit hatte die These vertreten, dass es keine eindeutigen Identitätsbedingungen für Personen gibt. Eine notwendige Bedingung für Personenidentität besteht nach Parfit in der Kontinuität von psychischen Zuständen und Erlebnissen. Zwischen einem früheren Erlebnis und der jetzigen Erinnerung daran gibt es eine psychische Verbundenheit; sie besteht auch zwischen der jetzigen Ausführung einer Handlung und der früheren Absicht, dies zu tun; ebenso sind aktuelle und frühere Grundüberzeugungen und Charakterzüge psychisch verbunden. Die psychische Kontinuität der Erlebnisse die»relation R«ist allerdings keine hinreichende Bedingung für personale Identität. So kann man sich Fälle denken, wo mehrere spätere Personen in der Relation R zu einer früheren Person bzw. mehrere frühere Personen in der Relation R zu einer späteren Person stehen. Solche imaginären Fälle der Verzweigung psychischer Verbundenheit sollen deutlich machen, dass es psychische Kontinuität von Erlebnissen gibt, ohne dass personale Identität vorausgesetzt wird, wie Parfit in»reasons and Persons«ausführt:»Personal identity is not what matters. What fundamentally matters is Relation R, with any cause. This relation is what matters even when, as in a case where one person is R-related to two other people, Relation R does not provide personal identity«(ebd. S. 217). Die buddhistische Auffassung der Person stellt nach Siderits einen»mittleren Weg«dar zwischen der Annahme eines ewigen Selbst und der Bestreitung des Sinns all jener Einstellungen, die wir Personen üblicherweise zuschreiben (S. 13). Die Rede von»personen«ist nicht im eigentlichen Sinne bezeichnend, wie die Nichtreduktionisten behaupten; sie ist allerdings auch nicht falsch, wie die Eliminativisten glauben. Zur Erklärung der buddhistischen Konzeption der Person rekurriert Siderits auf die für die buddhistische Leh-»The Buddhist Reductionist claims that person is a mere convenient designator for a complex causal series of impermanent, impersonal psychophysical elements«(s. 24). Seite 121

bücher»we can be genuinely engaged persons while still preserving the sense of irony necessary to escape the suffering that is the usual fate of persons. We are smart enough to do two things at once«(s. 109). Seite 122 re grundlegende Unterscheidung zwischen»konventioneller«und»letztgültiger«wahrheit (S. 7). Gemäß dieser Unterscheidung ist der Satz (1)»Persons dislike pain«aufgrund seiner Akzeptanz in der linguistischen Praxis konventionell wahr. Tatsächlich ist»person«aber ein konventioneller Ausdruck für einen Komplex psychophysischer Elemente (S. 24, 27 u. ö.). Der logisch richtige Ausdruck für (1) lautet daher (2)»Under appropriate circumstances pain sensations serve as causal conditions for aversive desires«(mark Siderits: Thinking of Empty: Madhyamaka Anti-Realism and Canons of Rationality, in: Shlomo Biderman/ Ben-Ami Scharfstein, Rationality in Question. Brill: Leiden 1989, S. 232f.). Generelle Ausdrücke wie»person«,»baum«oder»wagen«sind vom Standpunkt der letztgültigen Wahrheit konventionelle Designatoren. Die Rede von»personen«ist ontologisch nicht ernst zu nehmen. Die Verpflichtungen, die mit dieser Redeweise eingegangen werden, sind Common-Sense-Verpflichtungen; vom Standpunkt der letztgültigen Wahrheit sind Personen Pseudoindivudien bzw.»konzeptuelle Fiktionen«(S. 75). Siderits spricht von einer»ironischen«haltung, die der Reduktionist gegenüber der Rede von»personen«einnimmt. Die»Transparenz«dieser Redeweise personale Eigenschaften lassen sich auf andere, grundlegendere Daten zurückführen (S. 101) hindert den Reduktionisten nicht daran, ihr eine nützliche Funktion in der linguistischen Praxis zuzugestehen:»the Buddhist Reductionist holds that [ ] we can induce and maintain belief in a useful fiction while knowing it for what it is. We can be genuinely engaged persons while still preserving the sense of irony necessary to escape the suffering that is the usual fate of persons. We are smart enough to do two things at once«(s. 109). Die Haltung, die die Auffassung des frühen, reduktionstischen Abhidharmika-Buddhismus kennzeichnet und ihn sowohl aus ontologischer als auch aus ethischer Sicht zu einem die Extreme vermeidenden»mittleren Pfad«macht (ebd.), prägt in noch stärkerem Maße die spätere Philosophie des Mādhyamika- Buddhismus, dessen grundlegende Argumente Siderits in den Kapiteln 6 bis 8 erörtert. Die Theorie der Mādhyamikas stellt allerdings auch eine Kritik an den»realistischen«voraussetzungen der Reduktionisten dar. Der Behauptung einer letztgültigen Wahrheit durch die Abhidharmikas liegt die Annahme zugrunde, dass es eine Ebene der Beschreibung der Gegenstände und Ereignisse gibt, die unabhängig von den Formen des begrifflichen Erfassens ist (S. 116f.). Die Annahme eines solchen Bereichs»eigenwesentlicher Naturen«soll dadurch vermieden werden, dass quasi im Husserlschen Sinne das Reduktionsverfahren ausgedehnt wird. Nicht nur Personen, sondern auch die sie konstituierenden»daseinsfaktoren«und ebenso alle anderen Dinge sind»leer«, d. h. ohne»eigenwesentliche Natur«(S. 132f.). Die Unterscheidung zwischen konventionell wahren und letztgültig wahren Urteilen lässt sich nach Auffassung der»antirealistischen«mādhyamika-philosophen nicht allein inhaltlich begründen. Entscheidend ist

& medien für sie die Haltung der Sprecher. Der»ironische«Standpunkt des Antirealisten ist dadurch gekennzeichnet, dass er auf einer»nichtdualistischen«semantik (S. 185) basiert:»anti-realist irony is aimed more broadly at our realist tendencies in general. [ ] Ironic engagement is here a matter of seeing through the ontological commitments implicit in all our semantic practices, not just those implicit in our use of the first-person pronoun«(s. 203). Der Beitrag der buddhistischen Philosophie zur aktuellen Auseinandersetzung um die Auffassung der Person ist vorwiegend in den»ethischen Konsequenzen«der Lehre vom Nicht-Selbst zu sehen. Die Haltung der»ironie«ist einerseits dadurch gekennzeichnet, dass sie, indem sie unsere Rede von»personen«transparent werden lässt, das Leiden mildert, das mit der Vorstellung der Person entsteht:»only when we think of ourselves as persons does the question arise what meaning my life can have in the long run, given that in the long run there shall be no me«(s. 99). Zugleich scheint sie aber dem Eigeninteresse zuwiderzulaufen, durch das unser Handeln wesentlich bestimmt ist. Die Tatsache, dass wir uns für unser eigenes Schicksal interessieren, gilt uns als rational und nicht weiter erklärungsbedürftig. Nach Siderits können aber auch Handlungen, die nicht mit dem Eigeninteresse übereinstimmen, rational sein. Ein aktueller Wunsch kann darin bestehen, das Wohlergehen anderer zu fördern, auch wenn dies nicht im Sinne des Eigeninteresses ist. Für die These, dass auch solches Handeln rational sein kann, spricht aus buddhistischer Sicht, dass das an der Beförderung impersonalen Wohlergehens orientierte Handeln»in the long run«besser dazu geeignet ist, Leiden zu vermeiden:»our common-sense view of what is rational stems [ ] from taking too seriously what is really just a shortcut strategy for minimizing pain impersonally conceived. The fundamental obligation is to prevent pain, wherever it may occur. The personhood convention, with its associated view of what is rational, presents an effective strategy for preventing much avoidable pain. But where it is possible to prevent more pain by deviating from that strategy, we are obligated to do so«(s. 102). Siderits komparative Untersuchung bietet insgesamt ein breites Spektrum von Informationen. Anhand von Begriffen und Fragestellungen aus der analytischen Philosophie verschafft Siderits dem Leser einen interessanten Zugang zu zentralen Themen der buddhistischen Philosophie. Wünschenswert wäre ein stärkeres Eingehen auf die hermeneutische Problematik der komparativen Philosophie und in diesem Zusammenhang auch eine Auseinandersetzung mit der von J. N. Mohanty festgestellten Gefahr»asymmetrischer«Interpretationen gewesen. Dem Buch von Siderits kommt gleichwohl das Verdienst zu, keine bloß einführende Darstellung, sondern selber»fusion philosophy«zu sein und als solche dazu anzuregen, neue Bezüge zwischen der westlichen und der buddhistischen philosophischen Tradition herzustellen.»the personhood convention, with its associated view of what is rational, represents an effective strategy for preventing much avoidable pain. But where it is possible to prevent more pain by deviating from that strategy, we are obligated to do so«(s. 102). Seite 123