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Transkript:

Informationen für Ärzte und Ärztinnen über Gewalt gegen Frauen!? Beratung und Hilfe für von Gewalt betroffene Frauen und ihren Kindern im Landkreis Neumarkt i.d.opf.

Inhalt Krankheits- und Verletzungsursache Gewalt Seite 3 Gewalt gegen Frauen, ein alltägliches Problem Seite 4 Gewalt gegen Frauen in Privatbeziehungen Seite 5 Sexualisierte Gewalt Seite 7 Woran Sie Gewalt als Krankheitsursache erkennen können Seite 8 Was Sie als Ärztin/Arzt tun können Seite 10 Beratung und Hilfe Seite 14 2

Krankheits- und Verletzungsursache Gewalt Nahezu jede vierte Frau ist nach einer Untersuchung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in der Bundesrepublik von Gewalt in privaten Beziehungen betroffen. Gewalttaten verursachen schwere und oft nachhaltige gesundheitliche Schäden bei den Opfern Gewalt gegen Frauen ist als Problem zwar heute nicht mehr so tabuisiert wie noch vor einigen Jahren, dennoch gibt es viele Hindernisse für betroffene Frauen, sich adäquate Hilfe zu suchen. Arztpraxen sind die ersten und oft einzigen Stellen, an die sich Frauen wenden, wenn sie Gewalt erlitten haben. Damit haben Ärztinnen und Ärzte die verantwortungsvolle Rolle, Gewalt als Krankheits- oder Verletzungsursache zu erkennen und gewaltpräventive Maßnahmen zu ergreifen, um weitere gesundheitliche Schädigungen und Verletzungen vermeiden zu helfen. 3

Gewalt gegen Frauen, ein alltägliches Problem auch in Arztpraxen Ärztinnen und Ärzte gehören zu den Berufsgruppen, die häufig als erste mit den Folgen von Gewaltanwendung konfrontiert sind. Über die Erstversorgung hinaus stellt sich auch hier die Frage nach den Ursachen der Verletzungen oder der Krankheitssymptome. Frauen, die von physischer/psychischer und/oder sexueller Gewalt betroffen sind, sprechen häufig nicht von sich aus über die Hintergründe ihrer Verletzungen. Sie schweigen aus Scham- und Schuldgefühlen, aufgrund von Drohungen des Misshandlers oder auch aus Angst vor Unverständnis oder Ablehnung durch andere Menschen. In den Arztpraxen lassen sie nur Verletzungen versorgen und antworten ausweichend auf Fragen nach den Ursachen. Einige Frauen sprechen aber von sich aus mit ihrer Ärztin/ihrem Arzt über die Gewalttaten, weil sie es nicht mehr ertragen zu schweigen oder weil sie Antworten auf konkrete Fragen suchen. So fragen sie z. B. nach einer Vergewaltigung eventuell nach einem Schwangerschaftstest oder der Pille danach und äußern möglicherweise die 4

Befürchtung, sich mit einer sexuell übertragbaren Krankheit oder HIV infiziert zu haben. Die Reaktion auf eine von Gewalt betroffene Frau, wenn sie über ihre Situation spricht, ist von besonderer Bedeutung. Die Art und Weise, wie ihr begegnet wird, stellt die Weichen für die weitere Verarbeitung der gemachten Erfahrungen und dafür, inwieweit sie zusätzliche Hilfsangebote in Anspruch nehmen kann. Gewalt gegen Frauen in Privatbeziehungen umfasst: - Physische Gewalt (z. B. Schlagen, Treten, Würgen, Essensentzug, Einsatz von Waffen) - Psychische Gewalt (z. B. Schlafentzug, permanente Beschimpfungen und Erniedrigungen, Drohungen bis zu Todesdrohungen, für verrückt erklären, Kinder als Druckmittel einsetzen) - Sexualisierte Gewalt (z. B. Zwang zu sexuellen Handlungen, Vergewaltigungen in einer Paarbeziehung) - Soziale Gewalt (z. B. Einsperren, Kontaktverbote, soziale Isolation) 5

- Ökonomische Gewalt (z. B. Geld und Unterhalt verweigern, Verbot der Erwerbstätigkeit) Meist werden mehrere dieser Gewaltformen von den Tätern eingesetzt. Auch Kinder, deren Mütter misshandelt werden, sind entweder durch beobachtete oder direkt an ihnen ausgeübte Gewalt mitbetroffen, häufig mit emotionalen, körperlichen oder kognitiven Beeinträchtigungen und traumatischen Schädigungen. Durch die emotionale Bindung und die Nähe zu ihren Partnern geraten die Frauen oft in Abhängigkeitsverhältnisse, aus denen sie sich nur sehr schwer befreien können. Es besteht die ständige Gefahr der Eskalation der Gewalt, die zudem steigt, wenn Frauen die Gewalttaten öffentlich machen. Versuchen Frauen, sich von den Tätern zu trennen, steigt die Gefahr, Opfer eines Tötungsdelikts zu werden. Gewalt in Privatbeziehungen betrifft Frauen jeder Altersstufe, Nationalität, ethnischer und religiöser Zugehörigkeit, Schichtzugehörigkeit oder Bildungsstufe. 6

Sexualisierte Gewalt Sexualisierte Gewalt ist jede sexuelle Handlung, die einer Frau gegen ihren Willen aufgezwungen wird. Das Spektrum reicht von unterschiedlichen Belästigungen im Alltag bis zu Vergewaltigung. Jedes Erlebnis dieser Art kann traumatische Folgen haben, zumal sich die Erfahrung von sexualisierten Übergriffen im Leben von Frauen wiederholen kann. Eine Vergewaltigung oder ein Vergewaltigungsversuch hat fast immer schwere akute und langfristige psychische Beeinträchtigungen zur Folge. Bei einer sexualisierten Gewalttat erleben Frauen massive Ängste im Zusammenhang mit der absoluten Ohnmacht und Hilflosigkeit gegenüber dem Täter. Von einem anderen Menschen wie ein Gegenstand benutzt worden zu sein, erfüllt die betroffene Person oft mit Selbstekel und tiefer Scham. Die ärztliche Untersuchung kann vor diesem Hintergrund das Gefühl von Ausgeliefertsein, schwer erträgliche Angst und Schamgefühle wieder hervorrufen. Manche Frauen sind dann nicht sofort in der Lage, eine ärztliche insbesondere gynäkologische Untersuchung vornehmen zu lassen. 7

Woran Sie Gewalt als Krankheitsursache erkennen können Physische/psychische und/oder sexualisierte Gewalttaten haben vielfältige, teilweise chronische, psychische und somatische Beschwerden zur Folge. Viele Krankheitssymptome, aber auch Verhaltensweisen von Patientinnen können ein Hinweis auf erlittene Gewalt sein. Somatische Folgen sind beispielsweise: - Prellungen, Quetschungen, Platzwunden, Hämatome oder Narben in verschiedenen Altersstadien - Alte und neue, schlecht verheilte oder ungeklärte Frakturen - Verletzungen durch spitze oder stumpfe Gegenstände - Verletzungen im Genitalbereich Psychische und psychosomatische Folgen sind beispielsweise: - Vegetative Übererregung - Diffuse und konkrete Ängste - Depressionen - Schlafstörungen 8

- Migräne - Ess-Störungen - Medikamenten- oder Alkoholmissbrauch - Suizidalität Auffallend kann weiterhin sein, dass die Patientin - Unfälle als Begründung für Verletzungen anführt - Erklärungen für die Verletzungen angibt, die nicht der Schwere oder dem Erscheinungsbild der Verletzung entsprechen, - auffallend lange Zeit zwischen Verletzungszeitpunkt und Vorstellung in der Praxis hat vergehen lassen, - mit einer Begleitung in die Praxis kommt, die nicht von ihrer Seite weichen will (z. B. unter dem Vorwand der Übersetzungshilfe oder körperlichen Schwäche). 9

Was Sie als Ärztin/Arzt tun können Informationsmaterial im Wartezimmer, z. B. Plakate oder Informationsblätter von Hilfeeinrichtungen, signalisieren der Patientin, dass in dieser Praxis Kenntnis und Erfahrung im Umgang mit dem Problem der Gewalt gegen Frauen besteht. Es kann die Frau dazu ermutigen, von sich aus offen über ihre Situation zu sprechen. Das Thema Gewalt direkt ansprechen Für einige Frauen ist es eine Erleichterung, nicht von sich aus die Gewalt ansprechen zu müssen, sondern Sie von sich aus Gewalt als möglicher Hintergrund in Erwägung ziehen. Fragen Sie behutsam und gezielt danach. Wenn Sie es einrichten können, sprechen Sie in möglichst ungestörter Atmosphäre mit der Patientin. Bei Verständigungsproblemen fragen Sie die Frau nach einer (weiblichen) Vertrauensperson als Übersetzungshilfe. Machen Sie der Patientin Mut, mit Ihnen darüber zu sprechen. Drängen Sie jedoch nicht weiter, wenn 10

Sie spüren, dass die betroffene Frau dennoch nicht reden möchte. Spricht die Frau über ihre Situation, glauben Sie ihr. Von Gewalt betroffene Frauen schildern eher nicht das tatsächliche Ausmaß der Tatgeschehen. Versuchen Sie der Frau zu vermitteln, dass viele Frauen Gewalt erfahren und sie sich weder schuldig fühlen noch dafür schämen muss. Geduldige und respektvolle Behandlung Eine Frau mit Gewalterfahrung kann sich u. U. nicht sofort für eine notwendige Untersuchung bereit fühlen. Fragen Sie die Frau, bevor Sie mit der Untersuchung beginnen, ob sie dazu bereit ist. Lassen Sie ihr die Zeit, die sie braucht, drängen Sie sie zu nichts. Manche Untersuchungen, insbesondere gynäkologische, erinnern gewaltbetroffene Frauen an die negativen Erlebnisse. So kann beispielsweise allein die Lage auf dem Untersuchungsstuhl erneut an das Ausgeliefertsein während der Tat erinnern oder schnell durchgeführte professionelle Handlungen das Gefühl auslösen, erneut Objekt zu sein. 11

Bei solchen Untersuchungen kommt es besonders darauf an, Selbstbestimmung und Würde der Frau zu achten. Über die Behandlungsschritte informieren Sie können der Frau das Gefühl der Selbstbestimmung über ihren Körper zurückgeben und sie unterstützen, ihre Angst und Scham zu überwinden. Erklären Sie ihr genau, welche einzelnen Schritte der Untersuchung notwendig sind und warum. Untersuchen Sie die Patientin mit Sensibilität und registrieren Sie, wenn die Patientin vor Berührungen zurückzuckt oder sich bei der Untersuchung verkrampft. Unter Umständen helfen der Patientin beruhigende Worte oder eine kurze Unterbrechung. Die Verletzungen detailliert dokumentieren Sprechen Sie mit der Frau ggf. auch über die Untersuchungen zur Beweissicherung. Dokumentieren Sie insbesondere die aktuellen Verletzungen sowie Spuren alter Verletzungen der Frau so, dass diese gerichtlich verwertbar sind (möglichst mit Foto). Die ärztlichen Befunde sind oft 12

die einzigen Beweismittel, auf die sich die Frau im Falle eines Strafverfahrens oder bei der Durchsetzung zivilrechtlicher schritte (Schmerzensgeld, Schutzanordnung) stützen kann. Untersuchungsbögen können im Internet abgefragt werden unter: www.rechtsmedizin.med.uni-muenchen.de 13

Beratung und Hilfe Frauenhäuser Beratung (auch anonym) und Wohnmöglichkeit für Frauen und deren Kinder, die von Gewalt betroffen sind Beratungsstelle für Frauen mit sexuellen Gewalterfahrungen Anonyme, kostenfreie Beratung, auch telefonisch Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen Polizei: Notruf Polizeiinspektion vor Ort Schwerpunktsachbearbeitung Häusliche Gewalt Autonomes Frauenhaus Regensburg 0941 24 00 0 Frauenhaus Nürnberg 0911 37 88 87 8 Frauen und Kinderschutzhaus Regensburg 0941 56 24 00 Frauennotruf Regensburg e. V. 0941 24 17 1 Frauennotruf Nürnberg 0911 33 39 15 08000 116 016 110 (rund um die Uhr) PI Neumarkt 09181 48 85 0 PI Parsberg 09492 94 11 0 14

Beauftragte der Polizei für Frauen und Kinder beim Polizeipräsidium Oberpfalz Beratung bei Häuslicher Gewalt, Stalking, sexuellen Gewalttaten sowie bei sexuellem Missbrauch und Misshandlung von Kindern Untersuchungsstelle des Instituts für Rechtsmedizin der Universität München Kostenlose anonyme Beratung, auch telefonisch, sowie Dokumentation von Verletzungen und Sicherung 0941 50 61 333 089 21 80 73 011 von Spuren Weißer Ring e. V. Hilfe für Opfer von Kriminalität 0151 55 16 47 70 Kreisjugendamt Neumarkt Allgemeiner Sozialdienst 09181 47 01 62 Kreisjugendamt Neumarkt KoKi-Netzwerk frühe Kindheit Gleichstellungsstelle Neumarkt i.d.opf. Beratung und Weitervermittlung an Fachstellen 09181 47 01 11 09181 47 02 42 15

Impressum: Gleichstellungsstelle Landratsamt Neumarkt Daniela Herbrecher Nürnberger Str. 1 92318 Neumarkt i.d.opf. 09181 470242 Auflage: 250 Stück 2016 Die Mitglieder des Runden Tisches gegen Häusliche Gewalt im Landkreis Neumarkt bedanken sich für die freundliche Unterstützung des Arbeitskreises gegen Männergewalt an Frauen und Kindern bei den Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Erlangen und des Landkreises Erlangen-Höchstadt, die uns diese Broschüre zur Überarbeitung zur Verfügung gestellt haben. 16