Statement Dr. Ulrich Jobs Vorstandsvorsitzender der RWE Power AG anlässlich der Grundsteinlegung GuD-Anlage Lingen am 15. Juni 2007 - Es gilt das gesprochene Wort - Begrüßung - Anrede, wenn Sie, wie ich, eine neue Aufgabe als Vorstandsvorsitzender eines Unternehmens übernommen haben und das in durchaus bewegten Zeiten, dann ist es umso erfreulicher, wenn Sie gleich zu Beginn positive Signale setzen können. So ein positives Signal, da gibt es sicherlich keine Einwände, ist die Grundsteinlegung für ein neues Kraftwerk. Hierzu darf ich Sie alle sehr herzlich begrüßen. Ganz besonders freue ich mich, dass Sie, Herr Ministerpräsident Wulff, es ermöglichen konnten, heute bei diesem Festakt dabeizusein und einen wichtigen Meilenstein für unser hier entstehendes Gas- und Dampfturbinenkraftwerk zu setzen. 1
Anrede, mit dem Standort Lingen, mit dem Emsland Herr Landrat, Herr Oberbürgermeister, ich darf das so herausstellen verbindet unser Unternehmen eine besonders enge und vertrauensvolle Beziehung. Wir spüren schon seit vielen Jahren eine starke Akzeptanz bei der Bevölkerung, ebenso bei den politisch Verantwortlichen. Das sind natürlich wichtige Argumente, wenn ein Unternehmen sich entscheidet, eine Investition in einer Größenordnung von 500 Millionen Euro zu tätigen. Die bisherige Zusammenarbeit mit allen Beteiligten, von der Planung bis zum Baustart, der vor einigen Wochen erfolgt ist, zeigt uns bereits, dass es richtig war, unsere Aktivitäten in Lingen weiter voranzutreiben. Anrede, schon in knapp zwei Jahren soll das neue GuD- Kraftwerk das Erzeugungsportfolio der RWE Power im Gasbereich ergänzen. Die aus zwei Blöcken bestehende Anlage ist für eine Gesamtleistung von 875 Megawatt ausgelegt. Sie wird vor allem das Marktsegment der Mittel- und Spitzenlast bedienen. Sie wissen, dass dieser Bereich immer mehr an Bedeutung gewinnt. Der Anteil der Stromerzeugung aus regenerativen Energien wie Wind und Sonne soll bis 2020 in Deutschland mindestens 20 Prozent betragen. 2
Diese Erhöhung unterstützen wir ausdrücklich. Deshalb war es für mich eine besondere Freude, dass ich just an meinem ersten Arbeitstag in neuer Funktion an der Inbetriebnahme unserer ersten Biogasanlage in Neurath teilnehmen konnte. RWE Power wird bis 2012 viele hundert Millionen Euro in erneuerbare Energien investieren und somit einen wichtigen Beitrag zum Erreichen dieses ambitionierten Ziels leisten. Eine höhere Stromerzeugung aus witterungsabhängigen Energieträgern bedeutet für die Stromversorgung allerdings eine technische Herausforderung. Es gilt, vermehrt durch das Wetter bedingte Schwankungen auszugleichen und kurzfristig elektrische Energie, so genannte Regelenergie, bereitzustellen. Das erfordert einen immer flexibleren Einsatz von Kraftwerken. Hierzu besonders geeignet sind naturgemäß Gaskraftwerke, da sich deren Leistung sehr schnell hoch- oder herunterregeln lässt. Somit ist eine Anlage, wie sie hier entsteht, eine sinnvolle Ergänzung zu den Ausbauplänen der regenerativen Energie. Anrede, für den Klima- und Ressourcenschutz reichen Lippenbekenntnisse oder Sonntagsreden nicht aus. Gefragt sind Taten. 3
Für uns stand daher von Beginn der Planung an fest: Wenn wir ein neues Kraftwerk bauen, dann nur mit der besten Technologie, die derzeit weltweit verfügbar ist. Das ist eindrucksvoll gelungen. Gemeinsam mit unserem Partner Alstom Power Deutschland errichten wir ein Kraftwerk, das Maßstäbe setzt. Der Wirkungsgrad liegt bei über 59 Prozent das ist bei der noch jungen GuD- Anlagentechnik unerreicht. So ein Projekt hat natürlich eine erhebliche Bedeutung für die Kraftwerksindustrie. Wer Innovationen nicht nur entwickelt, sondern Referenzanlagen am heimischen Markt bauen und ihre Alltagstauglichkeit unter Beweis stellen kann, dem eröffnen sich für den Export gute Perspektiven. Das wiederum hilft unserer Wirtschaft, den damit verbundenen Arbeitsplätzen und dem Klima! Anrede, die neue GuD-Anlage ist nur ein Teil, wenn auch ein wichtiger, unseres Kraftwerksinvestitionsprogramms, in das allein in Deutschland bis 2012 rund sieben Milliarden Euro fließen. Natürlich wissen wir, dass fossile Brennstoffe, insbesondere die Braunkohle, in den Fokus der Diskussion geraten sind. Wir wissen aber auch, dass die überwiegende Mehrheit der Wissenschaftler und Energieexperten der Auffassung ist, dass die Kohle bei der Energiezeugung weltweit auf Jahrzehnte hinaus eine wesentliche Rolle spielen wird. 4
Die Fragestellung darf deshalb nicht lauten: Kohle ja oder nein. Alle Verantwortlichen müssen sich vielmehr der Herausforderung stellen, wie eine möglichst umweltverträgliche Verstromung der Kohle zu gewährleisten ist. Unser Unternehmen tut das: Wir haben mit dem Braunkohlenkraftwerk mit optimierter Anlagentechnik (BoA) in Niederaußem bereits 2003 das modernste und effizienteste seiner Art in Betrieb genommen. Zwei weitere Blöcke entstehen derzeit in Grevenbroich durch den Einsatz dieser modernen Technologie sparen wir nach Fertigstellung von BoA 2&3 bei gleicher Stromproduktion im Vergleich zu älteren Anlagen neun Millionen Tonnen CO 2 pro Jahr. Unsere geplanten Steinkohlenkraftwerke in Hamm und Ensdorf werden Wirkungsgrade von rund 47 Prozent erzielen; mit den Effekten, die die neue GuD-Anlage bringt, wird RWE Power bei Realisierung dieser Projekte 13 Millionen Tonnen CO 2 weniger emittieren, als das mit Altanlagen der Fall wäre. Diese Fakten darf man bei der derzeit, wie ich finde, sehr hitzig und manchmal wenig faktenorientiert geführten Debatte nicht außer Acht lassen. Dass weitere Anstrengungen notwendig sind, ist unbestritten: Deshalb erforschen, entwickeln und realisieren wir für 50 Millionen Euro eine Technologie zum Trocknen der Braunkohle, um den Wirkungsgrad zu erhöhen. 5
Deshalb arbeiten wir aktiv mit am 700 Grad Kraftwerk, das die Effizienz der Kohleverstromung weiter erhöht. Deshalb wollen wir das weltweit erste großtechnische, nahezu CO 2 -freie Kraftwerk errichten, das die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid ermöglicht. Wir wollen die Kohle zukunftsfest machen und deshalb investieren wir Milliarden in diesen Bereich. Wir brauchen dazu aber auch, das sage ich ganz deutlich, eine möglichst breite Unterstützung der Politik. Anrede, das Zieldreieck Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Klimaverträglichkeit hat sich in den vergangenen Jahrzehnten als bedeutender Vorteil für den Standort Deutschland bewährt. Das sollten wir nicht leichtfertig aufgeben. Unser Ziel bleibt daher ein ausgewogener Energiemix, in dem einzelne Energieträger weder einseitig bevorzugt noch belastet werden. Das gilt auch für die Kernenergie! Es ist nur schwer verständlich, dass einerseits die Debatte ums Klima mit Leidenschaft und Verve geführt wird, Deutschland andererseits aus der nahezu CO 2 -freien Kernenergie freiwillig aussteigen will. 6
Ein Widerspruch, der beim Blick auf die CO 2 - Vermeidungskosten noch an Schärfe gewinnt. Wir wissen alle, dass Klimavorsorge nicht zum Nulltarif zu haben ist. Mit dem Ausstieg aus der Kernenergie treiben wir die Kosten aber noch unnötig in die Höhe und verabschieden uns von einer Technologie, die um uns herum längst eine Renaissance erlebt. Das ist schlüssig und nachvollziehbar. Denn bei realistischer Betrachtung kann man vorhersehen, dass die anspruchsvollen Klimaziele bei Beibehaltung des Ausstiegsbeschlusses nicht zu erreichen sind. Aber wenn selbst das Argument, dass die Kernenergie helfen kann, die regenerativen Energien technologisch weiter zu entwickeln und sie wirtschaftlich zu machen, verworfen wird, weiß man: Diese Debatte wird nicht durch Sachargumente, sondern durch ideologische Gründe geprägt. Ich wünsche mir sehr, dass größerer Rationalismus in die Debatte einzieht und wir auf dem Weg zu einem nationalen Energiekonzept doch noch eine vernunftbetonte Lösung finden. Ich weiß, dass sich dies viele Menschen insbesondere auch hier vor Ort und in der Region wünschen. 7
Anrede, unser Investment ist ein klares Bekenntnis zum traditionsreichen Kraftwerksstandort Lingen, zur Region und zum Land Niedersachsen. Das Projekt sichert den Standort und damit eine Vielzahl hochqualifizierter Arbeitsplätze langfristig. Im bestehenden Gaskraftwerk und im Kernkraftwerk sind derzeit rund 430 Menschen beschäftigt. Damit sind wir einer der großen Arbeitgeber hier in der Region. Unser Projekt hat erhebliche positive Effekte auf den Arbeitsmarkt: In der Bauphase werden hier bis zu 500 Menschen gleichzeitig arbeiten. Bei der Vergabe der Unteraufträge, das haben wir mit dem Generalunternehmer so festgelegt, werden soweit möglich Betriebe aus der Umgebung berücksichtigt. In den regionalen Wirtschaftsraum fließen so Aufträge in Höhe von etwa 50 Millionen Euro. Schon heute vergibt RWE Power im Übrigen jedes Jahr Aufträge über zehn Millionen Euro an Firmen in der Umgebung des Standorts etwa bei Revisionen oder Instandhaltungsarbeiten. Das alles sind Aspekte, die uns positiv stimmen, und deshalb ist die heutige Grundsteinlegung ein guter Grund zu feiern. 8
Anrede, bevor ich das Wort an Herrn Ministerpräsidenten Christian Wulff gebe, möchte ich noch einige organisatorische Hinweise geben. Hier auf der rechten Seite werden wir nach den Ansprachen gemeinsam zunächst eine Urkunde unterschreiben, die an diesen Tag erinnern soll. Anschließend werden wir unter der fachmännischen Aufsicht von Herrn Thesen, einem Polier der Firma Wolf & Müller, den Grundstein legen. Und danach darf ich Sie zu einem kleinen Imbiss einladen. Ihnen allen wünsche ich einen interessanten Tag mit vielen spannenden Eindrücken von unserer Baustelle und von unserem Unternehmen. Herr Ministerpräsident, Sie haben das Wort! 9