Dipl. Umwelt-Natw. ETH Márton Varga Architektonische Lösungen zur passiven Kühlung Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 Planungsgrundsätze Foto: Ruedi Walti, Basel Gute Komfortbedingungen schaffen mit dem geringst möglichen Energieverbrauch Zuerst den Kühlbedarf minimieren, und dann effiziente Möglichkeiten suchen, ihn zu decken Zuerst Möglichkeiten passiver Kühlung ausschöpfen, dann erst Kältemaschinen einsetzen Optimiertes Gebäudedesign und konsequenter Einsatz passiver Kühlung machen Kältemaschinen in den meisten Fällen überflüssig Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 2/30 1
Faktoren, die den Kühlbedarf beeinflussen 1. Komforttemperatur 2. Möglichkeit individueller Anpassung 3. Umgebung des Gebäudes 4. Gebäudehülle 5. Thermische Speichermasse im Gebäude 6. Interne Wärmelasten 7. Möglichkeiten passiver Kühlung 8. Aktive Kühlung mit erneuerbaren Energiequellen 9. Kältemaschinen sinnvoll einsetzen 10. Anlagen richtig einstellen, betreiben, warten, Energieverbrauch überwachen Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 3/30 Wo liegt die Komforttemperatur? bis zu 30% Energieeinsparung mit dem adaptiven Komfortmodell Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 4/30 2
Komfortparameter für thermische Behaglichkeit Wärmeabgabe eines normal gekleideten Menschen: Strahlung 46 % Konvektion (Wärmeabgabe an die Luft) 33 % Verdunstung 19 % Atmung 2 % Komfortparameter für thermische Behaglichkeit: Temperatur der raumabschließenden Flächen Innenlufttemperatur Differenz zwischen Lufttemperatur und der Temperatur raumabschließender Flächen Luftfeuchtigkeit Luftbewegung Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 5/30 Individuelle Anpassung Bekleidungsvorschriften lockern Sitzmöbel aus luftdurchlässigen Materialien Flexible Arbeitszeiten in Hitzeperioden Ausreichend Wasser trinken Luftzug durch einen Ventilator erlauben höhere Innenraumtemperaturen ohne Komfortverlust Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 6/30 3
Interne Wärmelasten Interne Wärmelasten machen bis zu 30% des Kühlbedarfs aus, können aber um bis zu 80% reduziert werden durch: Energieeffiziente Beleuchtung Tageslichtnutzung Energieeffiziente Bürogeräte, Powermanagement Separation der Wärmeschleuder ausreichende Raumhöhe Foto: Ariane Maeschli, Basel Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 7/30 Die Umgebung des Gebäudes Naturnahe Begrünung: Verdampfungskühlung reduziert Umgebungstemperatur Beschattung durch Bäume reduziert Solareintrag Wasserflächen: Verdampfungskühlung, Wärmespeicherung Fließendes Wasser, Springbrunnen, Wassertropfen: Erhöhte Kühlwirkung Schatten-Elemente Ausrichtung des Gebäudes Gegenseitige Beschattung bei mehreren Gebäuden Quelle: Stiftung Natur und Wirtschaft, www.naturundwirtschaft.ch Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 8/30 4
Die Gebäudehülle optimieren Glasflächenanteil Aussenliegender Sonnenschutz Innen liegender Blendschutz hat keine Auswirkung auf die sommerliche Überwärmung Ost- und Westfassade: Unbedingt beweglich, automatisch gesteuert Südfassade: Kann auch als feststehende architektonische Elemente ausgeführt sein Dämmung, insbesondere Dachisolierung Qualität der Verglasung Foto: Ruedi Walti, Basel Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 9/30 Glasflächenanteil Rahmenbedingungen Südfassade außen liegender Sonnenschutz, massive Decke, leichte Wände Interne Lasten: 2 Personen, 2 PC-s Quelle: Hausladen G. et al. (2005). ClimaDesign. Lösungen für Gebäude, die mit weniger Technik mehr können. München: Callwey. Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 10/30 5
Sonnenschutz Verschattung Auswirkungen Rahmenbedingungen Südfassade Glasflächenanteil 70%, massive Decke, leichte Wände Interne Lasten: 2 Personen, 2 PC-s Quelle: Hausladen G. et al. (2005). ClimaDesign. Lösungen für Gebäude, die mit weniger Technik mehr können. München: Callwey. Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 11/30 Thermische Speichermasse Wirksame thermische Masse gleicht tägliche Temperaturspitzen aus Thermische Masse: Ziegel, Stein und Beton in Decken, Böden und Wänden, Wasserbecken, PCM-Materialien Wirksam = Austausch mit der Raumluft Zusätzlich kann thermische Masse aktiviert werden Bauteilkühlung Durchlüftung innenseitig Foto: Márton Varga Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 12/30 6
Wirkung von Speichermassen Quelle: Hausladen G. et al. (2005). ClimaDesign. Lösungen für Gebäude, die mit weniger Technik mehr können. München: Callwey. Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 13/30 Speichermasse reduziert den Kühlbedarf flächenspezifischer Energiebedarf in kwh/m²a 80,0 60,0 40,0 20,0 0,0 Innenjalousie, mechanische Belüftung Innenjalousie, natürliche Belüftung Außenjalousie, mechanische Belüftung Außenjalousie, natürliche Belüftung HWB KB HWB KB HWB KB HWB KB Variante 1 (leicher Innenausbau, nicht freiliegende Decke) Variante 2 (leichter Innenausbau, freiliegende Decke, Akustikputz) Variante 3 (leicher Innenausbau, freiliegende Stahlbetondecke) Variante 4 (schwerer Innenausbau) Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 14/30 7
Speicherwirksame Masse unterschiedlicher Baustoffe Flächenbezogene speicherwirksame Masse in kg/m² 250 200 150 100 50 Vollziegelmauerwerk (1.102.06) Hochlochziegelmauerwe rk (1.104.08) Stampf beton (1.202.04) Betonhohlsteinmauerwe rk (1.106.08) Blähtonbeton ohne Sand (1.208.08) Giplsbaublatten (1.108.06) Holzspannplatte 1 x 19 mm beidseitig (1.404.06) Gipskartonplatte 2 x 15 mm beidseitig (1.710.04) 0 5 10 15 20 25 30 35 Dicke des Wandbildners in cm Gipskartonplatte 1 x 12,5 mm beidseitig (1.710.04) Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 15/30 Wo sind die Speichermassen? Decke Bürotrennwand Gebäudekern Außenwand Flurtrennwand Fußboden Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 16/30 8
Bandbreite der speicherwirksamen Masse von raumabschließenden Flächen eines 1-Personen Zellenbüros 6.000 5.000 speicherwirksame Masse in kg 4.000 3.000 2.000 1.000 0 Decke Fußboden Außenwand opak Außenwand Fenster Bürotrennwand Flurtrennwand Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 17/30 Herausforderungen durch frei liegende Decke Be- und Entlüftung, Heizung und Kühlung: Verteilleitungen und Abgabesysteme von Lüftungsanlagen, die in üblichen Bürolösungen in der abgehängten Decke enthalten sind Beleuchtung: Lage der Leitungen und Montage von Beleuchtungssystemen Sprinkleranlage: Verlegung der Sprinkleranlage, so dass dafür keine abgehängte Decke erforderlich ist Raumakustik: Verschlechterung der Raumakustik durch die freiliegende Decke Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 18/30 9
Be- und Entlüftung: Verlegung bei freier massiver Decke Verteilung in der Decke Freiliegende Verlegung Lüftung über Flur Dezentrale Lüftung über Außenwand Lüftung über Fußboden Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 19/30 Heizung und Kühlung bei freier, massiver Decke Flächenheizung und -kühlung in der Decke, Fußboden oder Wänden Heiz- und Kühlsegel oder Kühlbalken an der Decke, die nur einen geringen Teil der Decke in Anspruch nehmen Heizung als Brüstungsgerät (z.b. in Form von Radiatoren) Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 20/30 10
Beleuchtung bei freier, massiver Decke Verlegung der Leitungen für die Beleuchtung in der Decke (Leerverrohrungen); Verlegung und Montage sichtbar an der Decke; Stehlampen ohne erforderlicher Montage und Leitungsverlegung in der Decke. Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 21/30 Unterstützende Lösungen für die Raumakustik Akustikplatten direkt an die Betondecke angebracht oder einzeln abgehängt Frei schwebende Akustikelemente an der Decke Schallabsorbierende Beleuchtungskörper Akustikputz Akustik-Trennwände, Schallschirme Einrichtungsgegenstände mit Akustikplatten Textiler Fußbodenbelag Professionelle Akustikplanung wichtig! Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 22/30 11
Lösungen für Sprinkleranlagen Sichtbare Verlegung ähnlich wie bei Beleuchtungs- und Haustechniksystemen; Verlegung im Doppelboden des darüber liegenden Geschosses mit Leerverrohrung im Deckenaufbau zur Durchquerung der Decke; Verlegung im Flur und Integration der Sprinklerdüse in die Flurtrennwand; Verlegung über Integration in multifunktionale Kühlbalken. Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 23/30 Wärmeabführung aus den Speichermassen Abkühlung der Gebäudemasse durch Nachtlüftung Freie (natürliche) Nachtlüftung Mechanische Nachtlüftung Bauteilaktivierung Wassergeführt Luftgeführt Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 24/30 12
Natrürliche Nachtlüftung im Bundesamt für Statistik, Neuchâtel (Schweiz) Neubau 1998, 12000 m² Natürliche Lüftung Kühlung durch Nachtlüftung Verschattung durch Balkone und Jalousien Hohe thermische Speichermasse Separate mechanische Kühlung des Rechenzentrums Solaranlage mit saisonalem Speicher Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 25/30 Idee aus Pakistan Foto: bauart Architekten, Bern Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 26/30 13
Die Lüftungskanäle Fotos: bauart Architekten, Bern Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 27/30 Bauteilaktivierung Wasser- oder luftgeführte Rohrleitungen in der statisch neutralen Zone der Betondecke Große Heizfläche und geringe Temperaturunterschiede zwischen Vorlauf und Rücklauf Sehr gut zur Nutzung alternativer Energiequellen geeignet Hohe Behaglichkeit durch gleichmäßige Oberflächentemperaturen Geringe Investitionskosten Bodenbelag Estrich Dämmung Bewehrung Decke Bewehrung Wasserführende Rohrleitung Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 28/30 14
Betrieb und Wartung Richtig lüften! Keine offenen Fenster auf der sonnenbeschienenen Fassade Nachtlüftung ermöglichen (Fenster am Abend öffnen bzw. kippen) In oberen Etagen Türe zum Stiegenhaus geschlossen halten Monitoring bei der Inbetriebnahme Betriebszeiten Energieverbrauch Komfortparameter (Temperatur, Luftqualität usw.) Wichtig zur Einregulierung der Systeme Kontinuierliches Energiemonitoring Hilft, kleine Griffe mit grossem Einsparpotenzial zu entdecken Foto: Márton Varga Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 29/30 Kontakt Márton Varga e7 Energie Markt Analyse GmbH Theresianumgasse 7/1/8 1040 Wien T +43 1 907 80 26-52 F +43 1 907 80 26-10 marton.varga@e-sieben.at www.e-sieben.at Márton Varga, Themendialog Nachhaltiger Sommerkomfort, 20. Juni 2011 30/30 15