1 Pred Markus 4, 30-32, WH, 11.5.08, Konfirmation Erst als wir schon mit der Planung des Gottesdienstes angefangen hatten, fiel uns auf, dass der letzte Konfirmationsgottesdienst in diesem Hause, vor zwei Jahren, denselben Text als Thema hatte. Wie kommt das? Beide Male hatten wir den Konfirmandinnen und Konfirmanden die Wahl überlassen, zu welchem Text die Konfirmationspredigt sein sollte. Beide Male waren sie spontan auf dieses Gleichnis gekommen Nun könnte man meinen, dass der Text in diesem Jahr vielleicht von den Geschwisterkindern des letzten Jahrgangs vorgeschlagen worden sein könnte. Oder wir dieses Gleichnis im Unterricht ausführlich besprochen hätten. Aber das war nicht so. Also müssen diese Worte Jesu irgendetwas haben, das für Konfirmandinnen und Konfirmanden besonders ansprechend ist. Gestern noch mal gefragt. Die Konfis fanden ansprechend, dass etwas wächst, dass aus etwas sehr kleinem etwas sehr großes wird und dass das Reich Gottes, das zur Zeit noch kaum sichtbar ist, in Zukunft sichtbar sein wird. Das ist eigentlich schon die ganze Predigt. In der von euch gespielten Theaterszene werden unsere großen Erwartungen allerdings erstmal etwas zurück gestutzt. Eigentlich wollen wir immer gleich alles und das sofort: Frieden, Gerechtigkeit und dass es uns gut geht, sowieso. Und dann heißt es in dem Stück: Die Früchte gibt es doch gar nicht zu kaufen, nur die Samen. So als wenn sich jemand zur Konfirmation einen Computer gewünscht hat und erstmal nur die Systemsoftware auf CD bekommt. Das andere kommt dann später. Oder ihr bekommt zur Konfirmation einen Vertrag für die Riesterrente. Da habt ihr dann was davon, wenn ihr in Rente geht, so in 50 Jahren (bei euch vielleicht auch erst in 60 Jahren). Wäre jetzt etwas unbefriedigend, oder? Glücklicherweise verschiebt aber das Gleichnis die schönen Dinge nicht auf später, sondern hat eine Superaussage für heute. Dazu meine drei Punkte: 1. Aus Klein wird groß
2 Wir geben mal Schüsseln mit Senfkörnern herum, damit jeder und jede sieht wie klein so ein Samen ist. Deffi hat mir von dem Mann erzählt, der ums wirtschaftliche Überleben gekämpft hat. Er betete und dann las er in der Bibel das Gleichnis vom Senfkorn, hatte die großartige Idee, goss ganz viele einzelne Senfkörner in Kunstharz und verkaufte sie mit großem Gewinn und wurde reich. Natürlich sah er das alles als Gebetserhörung. Deffi war sich nicht mehr ganz sicher, ob die Geschichte wirklich so war. Jedenfalls wurde aus einem kleinen, vielleicht sogar verzweifelten Anfang etwas Großes. Ist das die Aussage des Gleichnisses? Ist das das, was ihr wollt? Ihr seid zwar nicht mehr klein, aber richtig groß auch noch nicht. Da ist es schon gut, zu wissen, dass aus etwas Kleinem etwas Großes wird, wenn es wächst. Für Jesus jedenfalls ist das ganz klar: Aus Klein wird groß. Ihr möchtet, dass aus eurem Wissen, das Ihr vielleicht jetzt noch als klein seht, etwas Großes wird, ihr rein körperlich noch wachsen werdet und der Glaube, den ihr jetzt schon habt, wachsen wird. Aus euren Ideen werden Visionen und daraus Pläne und manches wird Wirklichkeit. Ihr habt Träume und das ist gut so. Dietrich Bonhoeffer hat gesagt: Gott erfüllt nicht alle eure Wünsche, aber alle seine Verheißungen. Und das ist eine Verheißung: Dass er euch wachsen lässt, dass aus euch, die ihr jetzt schon Persönlichkeiten seid, Personen werden, für die er einen Plan und viele Ideen hat. Das aus eurem Glauben und sei er auch noch klein, etwas Großes wird. Er kennt euch beim Namen und wird euch begleiten nicht nur bis ihr groß seid, sondern bis an euer Lebensende. Und darüber hinaus. Denn ihr werdet immer weiter wachsen, selbst wenn ihr denkt, dass ihr schon groß seid. Das ist natürlich jetzt interessant für alle, die hier sind und glauben, dass sie schon erwachsen und ausgewachsen sind: Gott lässt uns immer weiter wachsen. Körpergröße allerdings nur noch in die Breite. Insofern unterscheiden sich die Konfirmandinnen und Konfirmanden nicht von Erwachsenen: Alle wachsen immer weiter. Der einzige Unterschied ist, dass wir unterschiedlich weit voran gekommen sind.
3 Wir werden in der Zukunft etwas sehen, das wir jetzt noch nicht sehen. Wir wachsen also weiter und das Reich Gottes mit uns. Der Senfbaum ist sicher nicht der größte Baum, den es damals in Israel gab. Das Entscheidende ist aber, dass er 3000mal größer wird als der Same aus dem er wächst. Und das ist wunderbar zu wissen: Das Reich Gottes, das wir nur in Ansätzen sehen, wird noch um ein vielfaches größer werden. Wir sehen es jetzt schon, wo Glaube ungewöhnliche Taten hervor bringt, wo es heilige Momente gibt oder wo Menschen im Gebet, im Gespräch oder im Gottesdienst den Heiligen Geist erleben. Hier und heute erleben wir nur den Vorgeschmack auf den Himmel, a Taste of Heaven, wie, wie ihr ja wisst, unser Jugendgottesdienst heißt. Es wird noch viel geschehen. Und wir werden es erleben, wenn wir glauben. 2. Ein angenehmer Ort Die Vögel genießen diesen Ort, den Baum, der aus dem Senfkorn entsteht. Es ist angenehm dort. Außerdem ist die Pflanze nützlich. Der Senfbaum, der eher ein Busch ist, spendet Schatten, etwas sehr wertvolles in einem Land, in dem die Sonne eher stört als der Regen. Und schließlich war Senf für damalige Verhältnisse sehr wichtig, weil es sonst kaum Gewürze gab. Schärfe konnte man nur durch Meerrettich oder Senf ins Essen bringen, weil Pfeffer, Curry und Chilli erst später entdeckt und importiert wurden. Das, was aus diesem Minikorn wächst, ist also etwas sehr begehrenswertes, wertvolles. Und Jesus sagt mit diesem Gleichnis: Ihr könnt euch auf das freuen, was da heran wächst. Alle, die ihr jetzt Angst habt, vor dem, was kommt, alle, die ihr Angst vor der Zukunft habt, sollt wissen: Das Reich Gottes kommt so sicher wie aus dem Samen ein großer Senfstrauch wird. Und eure Angst wird besiegt werden. Vielleicht denkt ihr jetzt schon an eure Zukunft, macht euch Sorgen, um eure Schulleistungen (vielleicht auch mehr eure Eltern und Großeletern
4 als ihr), vielleicht macht ihr euch Sorgen um eure Freundschaften, um eure Familien, um einzelne Menschen, die ihr gut kennt und mögt. Vielleicht macht ihr euch einfach Sorgen um das, was noch kommt. Jesus sagt euch mit seinem Gleichnis: Es wächst ein Ort heran, an dem es sich leben lässt. Aus dem, was jetzt ist, wird etwas Gutes werden. Wachstum geht nur in eine Richtung. Aus dem Samen werden Früchte. Wenn ihr heute den Samen der Liebe sät, der Gerechtigkeit, des Friedens, wird daraus etwas wachsen, selbst wenn es zu Anfang nicht so aussieht. Habt Mut! 3. Es wächst von selbst Und das ist nun das Beste: Ein Samen wächst, ohne dass der Mensch viel dazu tun muss. Jesus hat ja vor allem zu Menschen gesprochen, die gewohnt waren, alles zu tun, damit das Reich Gottes kommt. Sie haben sich an Gesetze gehalten, ob sie sie für sinnvoll hielten oder nicht. Sie haben sich unendlich angestrengt, immer alles richtig zu machen. Sie haben Gutes getan, weil sie glaubten damit Gottes Nähe herbei zu zwingen. Und nun sagt Jesus ihnen, dass das Reich Gottes von selbst wächst, wie das Senfkorn. Das war überraschend, provozierend und für manche sogar ein Skandal. Jesus sagt ihnen, dass sie es nicht selbst schaffen, sondern dass Gott es für sie schafft. Ich denke oft darüber nach, was wir in dieser Gemeinde als nächstes verändern, umsetzen oder beginnen müssen. Und wahrscheinlich denken viele hier darüber nach, was sie noch erledigen müssen, was sie jetzt wieder versäumt haben oder falsch gemacht haben. Dieses Gleichnis zeigt uns eine andere Welt. Die Verse, die davor stehen, sagen es deutlich: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch Samen aufs Land wirft und schläft und aufsteht, Nacht und Tag; und der Same geht auf und wächst - er weiß nicht wie. Deshalb könnt ihr am Ende jeden Tages ruhig schlafen gehen, den Tag in Gottes Hände legt und ihm überlassen, dass er etwas aus dem macht, was ihr mit gutem Willen angefangen habt.
5 Aus Jesu Gleichnissen spricht eine große Gelassenheit gegenüber allen Sorgen, die man sich machen kann, als Teenager oder als Eltern von Teenagern. Diese Gelassenheit hat schon manchen Menschen, der sie nicht versteht, ärgerlich gemacht, manche sogar wütend. Vor allem aber neidisch. Meine Lieblingsgeschichte zu diesem Thema ist die Folgende: Ein Fürst reitet auf einem engen Weg. Er kommt an eine Stelle, an der ein Mönch sitzt, der betet. Er befielt dem Mönch aus dem Weg zu gehen. Der aber bleibt sitzen. Der Fürst mit seinem Gefolge droht. Er sagt: Du weißt offensichtlich nicht, wen du vor dir hast. Ich könnte dich töten. Da antwortet der Mönch mit ruhiger Stimme: Du weißt offensichtlich nicht, wen du vor dir hast. Ich bete zu meinem Herrn, bin mit ihm verbunden und fürchte dabei weder Tod noch Schmerzen. Das ist eine große Kraft, die aus dem Glauben kommt. Das ist die große Kraft, die aus Jesu Verheißung kommt, dass aus dem kleinen Samen die große Pflanze wird. Amen.