Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck

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Transkript:

Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Montag, 30. November 2015, 9.00 Uhr Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck Predigt im Pontifikalamt anlässlich der Feier des 450. Geburtstages des Ordensgründers der Augustiner Chorfrauen, des hl. Pierre Fourier - Montag der 1. Adventswoche - 30. November 2015, 9.00 Uhr - Kirche der BMV-Schule Texte: Ez 34,11-16; Mt 5,3-12. Liebe Schwestern, liebe Schülerinnen und Schüler der BMV-Schule, liebes Lehrerkollegium, liebe Lehrerinnen und Lehrer, liebe Eltern, verehrte Gäste, liebe Gemeinde! I. Lernen! Das ist für viele von uns ein Signalwort. Es bedeutet, sich aufzumachen, nicht stehen zu bleiben, sich auf Neues einzulassen, es sich viel Schweiß und Mühe kosten zu lassen, um neue Welten kennen zu lernen. Lernen ist immer anstrengend, viele wollen es nicht wirklich, sehen aber doch, dass es sich lohnt. Lernen ist ein Abenteuer. Lernen gehört zum Grundauftrag der Schule. Es gäbe keine Schule, gäbe es nicht die Einsicht, dass jeder Mensch von klein auf lernen muss. Was Ihr, liebe Schülerinnen und Schüler, hier an dieser Schule tut, wenn das geschieht, was wir lernen nennen, ist immer faszinierend und anstrengend, braucht viel Kräfte, manche Unterstützung, manchmal auch Druck, hoffentlich immer verbunden mit der Einsicht, dass es sich lohnt, weil sich neue Horizonte öffnen. Lernen ist immer auch verbunden mit Schwierigem, nämlich mit der Einsicht, dass man erst in Zukunft weiß, was sich lohnt und wie. Darum schrecken nicht wenige vor dem Lernen zurück. Dies gilt nicht nur für Kinder und Jugendliche, dies gilt für Erwachsene, für fast alle Menschen, die, wenn das Leben sich neigt, immer noch wieder feststellen: Ich muss lernen! Lernen ist darum nicht nur etwas für die Schule, sondern für s Leben. Ich kann ein eigenes Lied schon lange davon singen: jeden Tag lerne ich neu. Nicht nur auf Grund der 1

Zeitumstände brauche ich neues Wissen, neue Erkenntnisse, sondern auch aus den Begegnungen mit vielen Menschen, aus ihren Fragen, von ihren Grenzen, vor allem aber auch von meinen eigenen Begrenzungen lerne ich. Ich lerne dabei vor allem eins: Ich kann nicht lernen, ohne dass es Lehrer und Lehrerinnen gibt. Lernen und Lehren gehören zusammen, denn es braucht Deutung und Hilfen zum Verstehen und für den Weg dorthin. II. Lehren, was ist das? Es steckt im Wort Lehrer und Lehrerin und erinnert an Inhalte, an das, was vermittelt wird, nicht nur an die Fähigkeiten von Pädagogik, Didaktik und Motivation, sondern vor allem auf Kontext bezogene vielschichtige Inhalte. Die Schule ist auch der Ort des Lehrens, braucht darum Ausbildung und eine ausgeprägte Bereitschaft, sich immer wieder lernend auf das Lehren einzustellen. Dies gilt für alle Bereiche, die im schulischen Kontext von Bedeutung sind, nicht nur im Blick auf das konkrete fachspezifische Wissen, sondern auch im Blick auf die Vermittlung. Lehren hat mit Inhalten und mit Vermittlung zu tun. So gehören beide Felder eng zusammen: Lernen und Lehren. Sie bilden bestimmte Beziehungen aus. Zum Gelingen dieses Beziehungsnetzes ist eines notwendig: Berührung. Wer lernt, muss neugierig bleiben, muss irgendwie hoffen, dass es sich in Zukunft lohnt, Neues gelernt zu haben. Wer lehrt, muss berührt sein von dem, was er sagen und vermitteln will und zugleich berührt sein von den Schülerinnen und Schülern, ihrem Leben, ihren Fragen, ihrem Mitgehen. Das gehört im besten Sinne des Wortes zur Pädagogik: Schüler und Lehrer als Berührte. III. Beides, das Lernen und das Lehren, gehört zu Ihrer und Eurer Schule, liebe Schwestern, liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Lehrerinnen und Lehrer. Darüber hinaus braucht es zunehmend den Zusammenhang mit den Familien und den Orten, an denen Ihr lebt, mit der Welt, in der wir uns hier zu bewähren haben: in der Stadt Essen, in der Ruhrregion, in Deutschland und Europa, aber auch, wie wir in diesen Tagen immer wieder feststellen, in den Weltzusammenhängen. Die Schule ist keine Insel. Manchmal hätten das einige gerne. Solches geht aber nicht. Die Schule ist gut, die ihren Auftrag in Weltzusammenhängen wahrnimmt: Berührt von der eigenen Neugier, berührt von lebendigen, neugierigen Kindern und Jugendlichen, berührt von der Welt und unserem immensen Wissenszuwachs, berührt 2

schließlich von der Einsicht, wenn sie auch noch so unthematisch da ist, dass alles mit allem zusammengehört, wie es Papst Franziskus vor kurzem in einem wichtigen Schreiben (Enzyklika Laudato si, 18. Juni 2015) gesagt hat. IV. Dass alles mit allem zusammengehört, ist einer der wichtigsten Schritte, die jeder tut, der lernt und jeder bezeugt, der lehrt. Es gibt heute viel Fachwissen, viele Spezialkenntnisse. Das ist im schulischen Leben so; das wird im beruflichen Leben noch deutlicher; das betrifft aber auch das private Leben. Dass alles mit allem zusammengehört, dafür stehen wir als Christen ein. Darum bin ich heute bei Euch und Ihnen. Unser Glaube, dass wir Christen sind und unsere Welt nicht ohne Gott verstehen können und wollen, besser noch, unsere Welt von Gott her verstehen, dass es darum viel zu lernen und zu lehren gibt, dass hat den Gründer des Ordens unserer Schwestern, den hl. Pierre Fourier, vor vierhundertfünfzig Jahren, am 30. November 1565 in Lothringen geboren, nicht losgelassen. Er lebt in verrückten Zeiten, von Gewalt durchzogen, von den Auseinandersetzungen zwischen katholischen und protestantischen Christen bestimmt. Wir können heute in manchen Ländern an den Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Glaubensrichtungen sehen, was das heißt. Damals bedeutet es, dass es Viele gibt, die zu den Verlierern der Welt gehören. Pierre Fourier will darum unbedingt Bildung für Mädchen, gerade auch aus armen Familien. So gründet er, der Priester wird und Pfarrer ist, im Juli 1598 in Lothringen in Poussaj die erste öffentliche schulgeldfreie Mädchenschule. Er ist also ein Pionier. Er lernt von den Zuständen seiner Zeit und weiß, dass gerade die, die nichts und keine Chancen haben, Wissen brauchen, um im Leben zu bestehen. Dass gerade arme Mädchen Schulunterricht erfahren können, dafür setzt er sich ein. In einer Epoche voller Kontraste, einer Zeit von Umbruch und von großer Dynamik der christlichen Religion, von sozialen Herausforderungen und Kriegen weiß er: Jeder Mensch muss lernen und braucht deswegen die Lehre. Er gründet dafür den Orden der Augustiner Chorfrauen, um vor allem Lehrerinnen zu gewinnen, hat er doch in der fehlenden Bildung der Menschen seiner Zeit eine der Hauptwurzeln des sozialen Elends und der Armut erkannt. Und auch gegen große Wiederstände lässt er nicht davon ab, solche Mädchenschulen zu gründen. Dabei unterrichtet er nicht nur den Katechismus, also das Grundwissen des Glaubens, bringt den Mädchen nicht nur das Lesen und Schreiben bei, sondern will, dass die Schülerinnen eine ganzheitliche Bildung erfahren, weil alles mit allem zusammengehört. Dabei ist es ihm wichtig, alle gleich zu behandeln. Eine große soziale Tat. Er hat in den chaotischen Zuständen 3

seiner Zeit gelernt, was es bedeutet, wenn es viele so ungleich behandelte Menschen gibt. Darum gehört es zu seiner Lehre, sozial und solidarisch zu sein, also Gerechtigkeit zu üben und vorzuleben. Das ist ein weiß Gott kühnes Projekt in einer Gesellschaft der Stände und der Glaubenskämpfe seiner Zeit. V. Seit über dreihundert Jahren wird die BMV-Schule von den Augustiner-Chorfrauen getragen. Es gehört zu Ihrem großen Charisma, liebe Schwestern, und dem Ihrer Vorgängerinnen und Mitschwestern, immer Lernende zu bleiben und Lehrende zu sein, weil im Glauben und von Gott her alles mit allem zusammengehört. In diese Schule hat Sie darum der Glaube geführt; Sie haben es in der Schule des Lebens bewiesen, was der Unterricht in seiner Vielgestaltigkeit durch die ganzen Jahrhunderte hindurch zeigt: Alles gehört mit allem zusammen. Dafür gilt es jeden Tag zu lernen, dafür braucht es jeden Tag die, die lehren. Denn berührt von den Zeitumständen und den vielen Fragen und Erkenntnissen wie von den zu wissenden und den nicht zu erkennenden Dingen, entwickelt sich eine Dynamik, die Bildung ermöglicht unter heutigen Bedingungen, bewegt von der Überzeugung, darum den Glauben von der Vernunft her zu beschreiben und vor allem zu bezeugen. In jedem Jahr lese ich das Jahrbuch Ihrer und Eurer Schule mit großer Aufmerksamkeit und betrachte noch lieber die vielen Fotos und Bilder. Sie zeigen nicht nur Euch, liebe Schülerinnen und Schüler, in Euren verschiedenen Jahrgängen und Sie, liebe Lehrerinnen und Lehrer und Ordensschwestern, sondern zugleich die Gesichter vieler konkreter Menschen: kleiner und großer, junger, älterer und alter in verschiedenen schulischen Zusammenhängen, in unterschiedlichen Fächern, bei unterschiedlichstem Tun und Lassen, bei einem ernsthaften Unterricht wie auch bei einer munteren Sportstunde, bei albernen Pausenspielen wie bei konzentrierter Musik, kurz: alles, was zum Leben gehört, wird mit allem zusammengebracht, nämlich das Lernen, das Lehren und das Leben, um immer Neues zu entdecken und immer wach zu bleiben. Dahin soll die Schule führen, eine Schule, die sich dem Geist des Evangeliums und dem Auftrag der Kirche verpflichtet weiß, weil es darum geht, dass alle Lebenszusammenhänge ihre Deutung im christlichen Glauben finden, also im Evangelium, also in Gott, wie er uns in Jesus erscheint. Er selber, der der beste Lehrer ist, den es gibt, und der Aufmerksamste in der Begegnung mit Menschen, also ein wirklich Lernender, ist im Letzten für uns Christen das Maß aller Dinge. 4

VI. Aus Anlass der Feier des 450. Geburtstages des Ordensgründers Pierre Fourier der Augustiner Chorfrauen danke ich Ihnen, liebe Schwestern, danke ich Ihnen, liebes Kollegium, liebe Lehrerinnen und Lehrer, und allen, die am Schulleben teilnehmen, für Ihren Einsatz im großen Projekt des Lebens und Glaubens, weil in Gott alles mit allem zusammengehört. In der Dynamik von Lehren und Lernen kann deutlich werden, in welches Abenteuer von Leben uns Gott hineinschickt. Ein Leben, bei dem wir alle lebenslang Lernende bleiben und uns, so hoffe ich, mit Begeisterung an Jesus, dem Lehrer, ausrichten, der mit größter Aufmerksamkeit, Liebe und Zuneigung, mit seiner ganzen Person das bezeugt hat, was ihn ausmacht, nämlich das Leben mit Gott. Ich wünsche Euch und Ihnen allen, dass dieser so schöne wie einfache und zugleich anspruchsvolle Auftrag einer kirchlichen Schule, wie es unser BMV-Gymnasium hier in Essen ist, davon geprägt bleibt: von der Freude am Lernen und am Lehren, um zu zeigen, dass in der Welt, die von Gott kommt, alles mit allem zusammengehört und Werte bildend ist. Diese Schule ist eine Schule für das Leben, geprägt vom Glauben an Gott, berührt durch ihn und die Menschen, gleich wer die sind, die sich von ihm berühren lassen. Amen. 5