Das Leit- und Berufsbild der Weiterbildung in Offizinpharmazie

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Transkript:

pharmasuisse Schweizerischer Apothekerverband Stationsstrasse 12 T +41 (0)31 978 58 58 info@fphch.org CH-3097 Bern-Liebefeld F +41 (0)31 978 58 59 www.fphch.org Fachgesellschaft FPH Offizin Das Leit- und Berufsbild der Weiterbildung in Offizinpharmazie Das Leit- bzw. Berufsbild der Weiterbildung in Offizinpharmazie beschreibt den Tätigkeitsbereich der Offizinpharmazie bzw. der Weiterbildung sowie die Stellung, Rolle und Funktion des Offizinapothekers 1 im Gesundheitssystem. Es beschreibt das Verhältnis der Offizinpharmazie bzw. des Offizinapothekers zu anderen Fachpersonen im Gesundheitswesen (Interdisziplinarität, Interprofessionalität) und zur Bevölkerung in der ambulanten Grundversorgung. Dieses Leit- bzw. Berufsbild dient der laufenden Qualitätsverbesserung der Weiterbildung und der Berufsausübung und fördert die Sicherstellung einer spezialisierten Versorgung für Patienten in der öffentlichen Gesundheit. 1. Die Weiterbildung in Offizinpharmazie: Entstehung und Ziele Zu Beginn der 1990er-Jahre hat der schweizerische Apothekerverband pharmasuisse die Weiterbildung in Offizinpharmazie geschaffen, um die Diskrepanz zwischen den Lernzielen des Pharmaziestudiums und den Bedürfnissen der Gesellschaft und des Berufsstandes auszugleichen. Das Studium der Pharmazie genügte zwar für die Gewährleistung der Sicherheit des Patienten aus gesundheitspolizeilicher Sicht, jedoch war pharmasuisse der Ansicht, dass es für die selbstständige Berufsausübung im Hinblick auf die unternehmerische, interdisziplinäre und proaktive Umsetzung in der Praxis nicht ausreichend erschien. Das Pharmaziestudium eine akademische Ausbildung bereitete die Apotheker nicht genügend auf die Praxis vor. Der Berufsverband war der Meinung, dass die Apotheker ihre Kompetenzen nach dem Studium vertiefen und sich spezialisieren sollten. Bei der Schaffung dieser Weiterbildung (im Jahre 1994) hatte pharmasuisse das Ziel, die Kompetenzen (Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten) des Apothekers durch gezielte Weiterbildungsinhalte zu erweitern und ihn für die Berufsausübung als verantwortlicher Leiter einer Offizinapotheke besser vorzubereiten. Die Weiterbildung in Offizinpharmazie wurde seitdem fortlaufend weiterentwickelt und laufend an das Pharmaziestudium sowie an die sich wandelnden Bedürfnisse im Gesundheitswesen und die Entwicklungen des Berufstandes angepasst. Der privatrechtliche Weiterbildungstitel in Offizinpharmazie wurde 2011 durch den Bund anerkannt, und 2013 wurde der Weiterbildungsgang in Offizinpharmazie dem MedBG entsprechend akkreditiert. Somit ist die Schweiz weltweit das erste Land mit einer nationalen, staatlich anerkannten Weiterbildung in Offizinpharmazie. Der eidgenössisch anerkannte Weiterbildungsgang in Offizinpharmazie ist eine strukturierte, kontrollierte, theoretische und praktische Weiterbildung mit einer Dauer zwischen zwei und fünf Jahren. Die Weiterbildung wird berufsbegleitend an einer anerkannten Weiterbildungsstätte unter der Leitung eines anerkannten Weiterbildners absolviert. Durch die Weiterbildung in Offizinpharmazie erlangt der Apotheker spezifische Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten in den Bereichen pharmazeutische Kompetenzen, Public Health, Management sowie in persönlichen Kompetenzen. Die Weiterbildung in Offizinpharmazie befähigt den diplomierten Apotheker als Medizinalperson eine leitende Position als Fachapotheker in der Offizin zu übernehmen und positioniert ihn als kompetenten und kosteneffizienten Partner im Gesundheitswesen. 1 Aus Gründen der Textverständlichkeit wird durchgehend die maskuline Sprachform verwendet. Die männlichen Formen der Personenbezeichnungen gelten selbstverständlich auch für Angehörige des weiblichen Geschlechts. 1

2. Definition des Fachbereichs Offizinpharmazie, Stellung und Rolle der Offizinapotheker Die öffentliche Apotheke ist für Gesunde und Kranke eine schnelle und unkomplizierte erste Anlaufstelle bei alltäglichen Gesundheitsbeschwerden oder gesundheitlichen Fragen. Als niederschwellige Eintrittspforte mit attraktiven Öffnungszeiten leistet die Apotheke einen wichtigen Beitrag im Gesundheitswesen. In dieser Schnittstellen-Funktion haben die Offizinapotheker eine zentrale Rolle in der medizinischen Grundversorgung der Schweizer Bevölkerung: Sie sind Medikamentenversorger, machen Triage, Diagnose und Behandlung von häufigen Gesundheitsstörungen und übernehmen Beratung und Betreuung sowie Gesundheitsprävention und Impfungen. Die Offizinpharmazie befasst sich mit der Behandlung von symptomatischen Beschwerden der Bevölkerung, mit Betreuung und Begleitung von chronisch Erkrankten. Sie unterstützt die Therapie der verordnenden Ärzte, indem sie die Patientensicherheit und die Adhärenz fördert. Die Offizinpharmazie dient der primären ambulanten Arzneimittelversorgung der Bevölkerung, der Unterstützung von chronischen Therapien und der kompetenten Information in Gesundheitsfragen in Hinsicht auf Patientensicherheit und Gesundheitsprävention. Die Offizinapotheker betreuen ein breites Patientenspektrum: Patienten aus allen Altersschichten: vom Neugeboren bis zu betagten Personen Unterschiedliche Patientengruppen: Akutpatienten, chronisch Erkrankte, Patienten mit seltenen Erkrankungen, Suchtpatienten Patienten mit ärztlichem Rezept, mit kontrollierter Abgabe, mit Medikamenten-Dosiersystemen Kunden mit Gesundheitsfragen Patienten von Institutionen im Gesundheitswesen (Pflegeheimen, Gefängnisse usw.) Die Offizinapotheker bieten unter anderem folgende Leistungen an: Sicherstellung der Arzneimittelversorgung: Sicherstellung der Medikamentenlagerung gemäss gesetzlichen Anforderungen, inkl. Dokumentation, Verfügbarkeit, Chargenrückruf usw.; Medikamentenabgabe unter Einhaltung der Richtlinien der guten Abgabepraxis; Herstellung von Arzneimitteln in kleinen Mengen unter Einhaltung der Herstellungsrichtlinien und Qualitätssicherung Verantwortung für die Ausführung der ärztlichen Verschreibung: Betreuung des Patienten nach ärztlicher Verschreibung von der Validierung der Rezepte bis zur Optimierung der Medikamenteneinnahme; Therapiebetreuung von Patienten mit chronischen Erkrankungen; Abgabe von Betäubungsmitteln Behandlung von symptomatischen Beschwerden: Erstabklärung (Triage); Diagnose von häufigen Krankheiten, die keine weiterführenden diagnostischen Massnahmen benötigen; Beratung mit eventueller Abgabe von Medikamenten; Patientenschulung; Polymedikations-Check; usw. Überweisung von Patienten an andere Fachpersonen Therapieförderung: Beratung und Ergreifen von Massnahmen zur Steigerung der therapeutischen Adhärenz (Compliance); Einnahmekontrolle sowie Abgabe zur ambulanten Einnahme; Bereitstellung von Medikamenten-Dosiersystemen; Patientenschulung; usw. Dienstleistungen im Bereich Prävention Beratung und Vorschlagen von Massnahmen zur Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung; Durchführung von Früherkennungsmassnahmen wie z.b. Blutdruck-, Blutzucker- oder Cholesterinmessung; Suchtprävention und Suchttherapie; Bereitstellung von auf die Kundenbedürfnisse abgestimmte Gesundheitsinformationen; Durchführung von Gesundheitskampagnen; Impfberatung und Impfen (nach kantonalen Bedingungen); usw. Notfalldienst: Gewährleistung der permanenten Erreichbarkeit einer Notdienst-Apotheke; Abgabe von rezeptpflichtigen Medikamenten im Notdienst 2

Um im komplexen Gesundheitssystem handeln zu können und den verschiedenen Rollen gerecht zu werden, muss der Offizinapotheker über verschiedene Kompetenzen verfügen: o Professional (Professionalität) Der Apotheker ist dank seines akademischen Studiums ein hervorragend ausgebildeter Wissenschaftler. Aufgrund der Weiterbildung wird er zusätzlich zum Fachexperten für Offizinpharmazie. Der Offizinapotheker ist ein vertrauenswürdiger und verlässlicher Fachexperte für seine Patienten und Kunden. Gemäss MedBG unterliegt er der Sorgfaltspflicht und dem Berufsgeheimnis. Er handelt nach bestem Wissen und Gewissen. Er berät und behandelt Patienten und Kunden nach den aktuellen wissenschaftlichen Guidelines sowie gemäss den aktuellen Qualitätsstandards der Pharmazie (FIP, WHO) und den berufsethischen Richtlinien und Vereinbarungen. o Collaborator (Zusammenarbeit) Der Offizinapotheker arbeitet mit seinem Team zusammen; er nutzt die unterschiedlichen Kompetenzen der Mitarbeiter zur optimalen Versorgung (Teamwork). Der Offizinapotheker ist sowohl interdisziplinär als auch interprofessionell vernetzt: Er steht im steten Austausch mit anderen Apothekern und nutzt die Zusammenarbeit mit anderen Medizinalpersonen: Überweisung von Patienten an andere Fachleute, Zusammenarbeit mit Ärzten sowie mit Institutionen, usw. o Communicator (Kommunikation) An der Schnittstelle zwischen Patienten und Spezialisten ist der Offizinapotheker ein wichtiger Ansprechpartner für die Bevölkerung; er kommuniziert taktvoll und empathisch sowie ziel-, stufen- und adressatengerecht. o Scholar (Lernen und Lehren) Lernen: Durch lebenslange Weiter- und Fortbildung bleibt der Offizinapotheker auf dem aktuellen Kompetenzniveau. Als Medizinalperson muss er sich ständig fortbilden, sei es durch Kursbesuche, Literaturstudium, Beurteilung von pharmazeutischen Studien, usw. Lehren: Der Offizinapotheker erklärt die Medikamentenanwendung informativ und verständlich seinen Kunden. Er schult die Patienten im Umgang mit Arzneimitteln, Hilfsmitteln und Geräten. Er informiert und berät seine Kundschaft adäquat, indem er die Fachterminologie in eine verständliche patientenabgestimmte Information übersetzt. o Health advocate (Gesundheitsadvokat, Gesundheitspromotor) Als Berater und Gesundheitscoach fördert der Offizinapotheker aktiv in seiner täglichen Arbeit die Gesundheitskompetenz seiner Patienten und Kunden. o Manager (Management) Dem Offizinapotheker obliegt die unternehmerische Leitung seiner Apotheke. Er sorgt für ein prozessorientiertes Qualitätsmanagement. 3. Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitspersonen: Interdisziplinarität, Interprofessionalität Offizinapotheker arbeiten an der Schnittstelle zwischen Ärzten und Patienten, im Spannungsfeld zwischen Naturwissenschaften, Medizin und Laien. Daher gehört der Kontakt mit anderen Gesundheitsdienstleistern für Apotheker zur täglichen Arbeit. Die Apotheker arbeiten seit Jahren mit Kollegen sowie auch mit Angehörigen anderer Gesundheitsberufe wie Ärzten, Therapeuten und Pflegefachpersonen zusammen. Insbesondere bei folgenden Projekten wirken die Offizinapotheker eng mit anderen Grundversorgern zusammen: Qualitätszirkel: Qualitätszirkel bestehen üblicherweise aus Apothekern als Moderatoren und Ärzten. Der Apotheker beurteilt die medizinischen Behandlungen wissenschaftlich fundiert und berät über eine sichere, wirtschaftliche pharmazeutische Behandlung. Solche Zirkel dienen der stetigen Qualitätsverbesserung von Therapien und der Senkung der Gesundheitskosten. Heimbetreuung: In einigen Kantonen sichern die Apotheker die pharmazeutische Betreuung in Altersheimen oder anderen Institutionen. Ziel ist es, die Anwendung der Arzneimittel, in Zusammenarbeit mit Ärzten, Pflegepersonal und Gesundheitsbehörden, zu verbessern. 3

Integrierte Versorgungsmodelle mit interprofessioneller Zusammenarbeit zwischen Apothekern, Ärzten und Versicherern: In ausgewählten Apotheken in der Schweiz erhalten Patienten ohne Voranmeldung eine spezielle medizinische Beratung. ehealth: pharmasuisse engagiert sich mit den anderen Akteuren im Gesundheitswesen, um Prozesse und Instrumente zur interprofessionellen Zusammenarbeit zu entwickeln. Diese Zusammenarbeitsformen mit Ärzten, Pflegepersonal, Gesundheitsbehörden und Versicherern haben gezeigt, dass es im Interesse von Allen liegt, miteinander zu kooperieren, um die Versorgungsqualität und Patientensicherheit weiter zu verbessern. Seit der Revision des Medizinalberufegesetzes (2015) und des Heilmittelgesetzes (2016) ist die interprofessionelle Zusammenarbeit in der medizinischen Grundversorgung auch gesetzlich festgeschrieben worden. Dies bedeutet, dass ein noch verstärkter interprofessioneller Austausch angestrebt wird. 4. Heutiger politischer Kontext und Einfluss auf die Weiterbildung Der Offizinapotheker hat neue Rollen und erweiterte Kompetenzen in der Grundversorgung erhalten; seine Rolle wandelt sich weg vom reinen Medikamentenverkäufer hin zum Gesundheitscoach und Dienstleister. Diese neue Stellung der Apotheker ist aktuell sowohl seitens der politischen Institutionen und der Gesetzgebung als auch hinsichtlich der Wahrnehmung in der Bevölkerung im Focus. Mit der Revision des MedBG (20. März 2015) haben die Apotheker neue Kompetenzen bei Diagnose und Behandlung von häufigen Krankheiten sowie bei Impfungen erhalten (Art. 9 MedBG). Eine weitere Neuerung des revidierten MedBG ist die Einführung der Weiterbildungspflicht für die beruflich tätigen Apotheker in leitender Funktion (Art. 36 Abs. 2 MedBG). Weiter dürfen mit der Revision des Heilmittelgesetzes (2016) entsprechend ausgebildete Apotheker in naher Zukunft auch gewisse, bisher rezeptpflichtige Arzneimittel, die keine Diagnose durch einen Mediziner erfordern, abgeben. Diese individuelle, dokumentierte Medikation nach fachlicher Beratung durch den Apotheker, steht ganz im Dienst der Patienten- und Versorgungssicherheit. Auch wird das Know-how der Offizinapotheker eingesetzt, um Notfalleinrichtungen wie Spitäler und Hausärzte von akuten, aber einfachen Erkrankungsfällen zu entlasten. Zur Gewährleistung ihrer neuen Aufgabenbereiche und gestiegener Verantwortung sollen die Offizinapotheker entsprechend aus- und weitergebildet werden. Daraus resultierend wird neben der Revision des Pharmaziestudiums die Weiterbildung für die Offizinapotheker inhaltlich und organisatorisch angepasst: neue Lernziele, neue Lern- und Prüfmethoden, sowie Anpassungen der Strukturen. 5. Standortbestimmung: Aktueller Stand2 bzw. Bedarf an Offizinapotheker, Entwicklung der Weiterbildung und Herausforderungen für die Fachgesellschaft Aufgrund der Überführung des privatrechtlichen Titels in den eidgenössischen Titel existieren seit 2013 sowohl Träger des privatrechtlichen Titels Fachapotheker FPH in Offizinpharmazie als auch Träger des neuen eidgenössischen Titels Fachapotheker in Offizinpharmazie. Zurzeit 2 haben 1520 Offizinapotheker den privatrechtlichen Titel und 51 tragen den eidgenössischen Weiterbildungstitel Fachapotheker in Offizinpharmazie. In der Weiterbildung in Offizinpharmazie befinden sich zurzeit 93 Apotheker. Aufgrund des neuen gesetzlichen Titelobligatoriums wird in den nächsten Jahren die Anzahl der Weiterzubildenden zunehmen. Daher soll, neben den notwendigen Anpassungen der Lernziele in der Weiterbildung, auch die Organisation der aktuellen Weiterbildung in Offizin effizienter gestaltet werden. Die Fachgesellschaft FPH Offizin, zusammen mit der Kommission für Weiter- und Fortbildung und pharmasuisse, arbeitet bereits daran, die praktischen, operativen Aspekte des Weiterbildungsgangs Offizinpharmazie in Anbetracht der in Zukunft höheren Teilnehmerzahl zu überarbeiten und auf die neuen praktischen Tätigkeiten abzustimmen bzw. diese zu integrieren. 2 Stand: Dezember 2016 4

6. Zukunftsaussichten im Hinblick auf die Fachgesellschaft und Weiterbildung Weil sich die Bedürfnisse der Gesellschaft und mit ihnen die Anforderungen an die Medizinalpersonen ändern, hat der Gesetzgeber die Kompetenzen der Apotheker erweitert. Um die Offizinapotheker auf diese Aufgaben vorzubereiten, muss das Bildungssystem entsprechend angepasst werden. Das Pharmaziestudium wird jetzt revidiert: die künftig absolvierenden Apotheker werden die neuen Kompetenzen haben. Die aktuellen Apotheker hingegen verfügen zwar über eine oft langjährige Erfahrung, werden sich diese neuen Qualifikationen aber ebenfalls aneignen müssen. pharmasuisse und die FPH Offizin sind deshalb dazu aufgerufen, ihnen passende Weiterbildungen anzubieten. Der FPH Offizin und pharmasuisse obliegt auch die Aufgabe, die Weiterbildung auf das Pharmaziestudium bzw. an die neuen gesetzlichen Anforderungen abzustimmen. Die FPH Offizin ist bereit, diese Revision vorzunehmen. Dabei wird es unter anderem darum gehen, die neuen Lernziele der Weiterbildung zu definieren, die Zahl und Qualität der Weiterbildungsbetreuer und stätten zu erhöhen, die Organisation und die Strukturen an die steigende Anzahl Weiterzubildender anzupassen. Auch die interdisziplinäre und interprofessionelle Zusammenarbeit soll zukünftig in der Weiterbildung in Offizinpharmazie vermehrt gefördert und gelebt werden. Dies könnte beispielsweise durch gemeinsame Weiterbildungskurse von Offizin- und Spitalapothekern oder von Apothekern und Ärzten, durch Kongresse, Austausch in Kommissionen, usw. erreicht werden. Die Einführung des neuen Curriculums ist für 2019 vorgesehen und ist zeitlich abgestimmt mit dem Abschluss der ersten Pharmazieabsolventen nach neuem Studiencurriculum. Mit dem Studium und der Weiterbildung endet die Ausbildung aber nicht. Apotheker sind gesetzlich zur lebenslangen Fortbildung verpflichtet. Wie sie dies seit Anfang der Weiterbildung durchgeführt hat, wird die FPH Offizin die Fortbildungspflicht bei den Titelträgern weiter kontrollieren. Der Apothekerberuf wird sich stets weiterentwickeln und die FPH Offizin sowie auch pharmasuisse sehen es als ihre permanente Aufgabe an, die (Aus-),Weiter- und Fortbildung auch in Hinblick auf zukünftige Entwicklungen entsprechend anzupassen und auf die Bedürfnisse der Gesellschaft auszurichten. Solche Weiterentwicklungen und Trends 3 zeichnen sich bereits heute ab. Die etablierten eigenständigen Beratungs- und Dienstleistungsangebote werden an Bedeutung gewinnen. Auch im interprofessionellen Milieu wird die Selbstständigkeit des Offizinapothekers immer mehr und optimaler genutzt. Tatsächlich bestehen bereits Modelle, wo Apotheker und Ärzte auch ambulant zusammen arbeiten. Diese neuen Formen sind attraktiv für beide Berufsgruppen sowie für die Patienten. Sie ermöglichen es, Gesundheitskosten zu sparen und den Bedürfnissen/Ansprüchen der Patienten und Krankenkassen gerecht zu werden. In einem weiteren Schritt denkbar ist eine direkte Abgeltung der Dienstleistungen der Apotheker als Grundversorger. Dies wurde bisher noch nicht diskutiert, wird aber unumgänglich werden, wenn man den Herausforderungen in der ambulanten Grundversorgung gerecht werden möchte. Auch eine Aufhebung der Rezeptpflicht bei bestimmten Indikationen wird in Richtung der neuen Kompetenzverteilung im Gesundheitswesen gehen, die mit der Revision des Heilmittelgesetzes initiierte wurde. Die FPH Offizin ist bereit für die neuen Herausforderungen. Mit einer angepassten, qualitativ hochstehenden Weiter- und Fortbildung möchte sie auch weiterhin die Qualifikation der Offizinapotheker sicherstellen, deren Rolle in der ambulanten Betreuung festigen und das hohe Vertrauen der Schweizer Bevölkerung in die Apotheker stärken. Erstellt durch die FPH Offizin Verabschiedet durch den Vorstand von pharmasuisse, 13. Dezember 2016 Der deutsche Text ist massgebend. 3 Apothekenmonitor 2016, Studie im Auftrag der pharmasuisse; 12.04.2016; Forschungsinstitut gfs.bern 5