Geplante Gesetzesänderungen im Erbrecht/Der Regierungsentwurf zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechtes. Fortbildungsveranstaltungen für Notarinnen

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Transkript:

Geplante Gesetzesänderungen im Erbrecht/Der Regierungsentwurf zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechtes Fortbildungsveranstaltungen für Notarinnen und Notare, Notarvertreterinnen und Notarvertreter in Stuttgart am 09.06.2008 Verfasser des Skripts: Notarvertreter Daniel Schaal, Dozent an der Notarakademie Baden-Württemberg, Referent für Internationales Privatrecht

I. Geplante Gesetzesänderungen im materiellen Erbrecht Der Regierungsentwurf zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts Am 16.03.2007 wurde der Referentenentwurf für ein Gesetz zur Änderung des Erbund Verjährungsrechts bekannt gemacht. Die Bundesregierung hat sodann am 30.01.2008 den Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechtes beschlossen und den vorausgehenden Referentenentwurf in wesentlichen Teilen abgeändert. Der Regierungsentwurf sieht insbesondere im Pflichtteilsrecht einige einschneidende Änderungen vor. Ziel des Gesetzesentwurfs ist die Anpassung des Pflichtteilsrechtes an die gesellschaftlichen Entwicklungen und des erbrechtlichen Verjährungsrechtes an die neuen Verjährungsregeln des BGB nach der Schuldrechtsreform. Außerdem sollen im Hinblick auf die Schuldrechtsreform einige redaktionelle Änderungen vorgenommen werden. Das Gesetzesvorhaben befindet sich derzeit im Stadium des Regierungsentwurfes. Ursprünglich war ein Inkrafttreten des Gesetzes zum 01.01.2008 geplant. Es ist damit zu rechnen, dass das Gesetz im Laufe des Jahres 2008 in Kraft treten wird. Zu dem dem Regierungsentwurf vorausgehenden Referentenentwurf liegt eine Stellungnahme der Deutschen Notarvereins vor. 1 Die Kenntnis der neuen Vorschriften ist für den Notar aufgrund der vorgesehenen Überleitungsvorschriften bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes notwendig, weil das Gesetz nach diesen Überleitungsvorschriften auch Auswirkungen auf bereits bestehende und vor Inkrafttreten des Gesetzes begründete Vertragsverhältnisse haben wird. Der Regierungsentwurf ist abrufbar im Internet auf der Seite des Bundesministeriums der Justiz (www.bmj.de unter der Rubrik Themen Zivilrecht - Erbrecht ). Die nachstehenden Ausführungen sind teilweise veröffentlicht in BWNotZ 2008 S. 1ff. 1 notar 2007, 148ff 2

1. Änderung der Ausgleichungsvorschriften der 2050ff BGB a) Geplante Änderung des 2050 BGB Geltendes Recht 2050 Ausgleichungspflicht für Abkömmlinge als gesetzliche Erben (1) Abkömmlinge, die als gesetzliche Erben zur Erbfolge gelangen, sind verpflichtet, dasjenige, was sie von dem Erblasser bei dessen Lebzeiten als Ausstattung erhalten haben, bei der Auseinandersetzung untereinander zur Ausgleichung zu bringen, soweit nicht der Erblasser bei der Zuwendung ein anderes angeordnet hat. (2) Zuschüsse, die zu dem Zwecke gegeben worden sind, als Einkünfte verwendet zu werden, sowie Aufwendungen für die Vorbildung zu einem Beruf sind insoweit zur Ausgleichung zu bringen, als sie das den Vermögensverhältnissen des Erblassers entsprechende Maß überstiegen haben. (3) Andere Zuwendungen unter Lebenden sind zur Ausgleichung zu bringen, wenn der Erblasser bei der Zuwendung die Ausgleichung angeordnet hat. Regierungsentwurf 2050 Ausgleichungspflicht für Abkömmlinge als gesetzliche Erben (1) Abkömmlinge, die als gesetzliche Erben zur Erbfolge gelangen, sind verpflichtet, dasjenige, was sie von dem Erblasser bei dessen Lebzeiten als Ausstattung erhalten haben, bei der Auseinandersetzung untereinander zur Ausgleichung zu bringen, soweit nicht der Erblasser bei der Zuwendung ein anderes angeordnet hat. (2) Zuschüsse, die zu dem Zwecke gegeben worden sind, als Einkünfte verwendet zu werden, sowie Aufwendungen für die Vorbildung zu einem Beruf sind insoweit zur Ausgleichung zu bringen, als sie das den Vermögensverhältnissen des Erblassers entsprechende Maß überstiegen haben. (3) Andere Zuwendungen unter Lebenden sind zur Ausgleichung zu bringen, wenn der Erblasser bei der Zuwendung die Ausgleichung angeordnet hat. (4) Der Erblasser kann nachträglich Anordnungen über die Ausgleichung oder den Ausschluss der Ausgleichung von Zuwendungen treffen. Die Anordnung erfolgt durch Verfügung von Todes wegen. Geltendes Recht: Die geplante Änderung bringt auf den ersten Blick nicht viel neues 2. Dem Erblasser war es bisher bereits möglich, durch Vorausvermächtnis zugunsten der Erben, die bei einer ausgleichungspflichtigen Zuwendung ausgleichungsberechtigt wären, die Ausgleichung einer Zuwendung anzuordnen. Bsp.: E hat 3 Kinder, A, B und C. 15 Jahre vor seinem Tod schenkt er dem A ein Grundstück, ohne die Ausgleichung anzuordnen. Durch nachträgliches Testament ordnet er die Ausgleichung dieser Schenkung an, ohne an der gesetzlichen Erbfolge etwas zu ändern. 2 so auch Schindler in ZEV 2008, 187 3

Diese Anordnung ist nach geltendem Recht ein Vorausvermächtnis zugunsten von B und C und zulasten des Erbteils des A. Vermacht ist ein Anspruch, dass die Auseinandersetzung so durchzuführen ist, wie wenn die Ausgleichung von vornherein angeordnet worden wäre. Ferner ist es dem Erblasser nach geltendem Recht möglich, eine einmal angeordnete Ausgleichung einer Zuwendung nach 2050 III oder die Ausgleichung einer Ausstattung nach 2050 I nachträglich durch Vorausvermächtnis zugunsten des Ausgleichsverpflichteten wieder zu beseitigen 3, soweit nicht ein Pflichtteil betroffen ist. Probleme des geltenden Rechts: 1) Eine Schwäche der bisherigen Regelung ist, dass bei einer nachträglichen Anordnung der Ausgleichung oder nachträglichen Beseitigung einer einmal angeordneten Ausgleichung der Pflichtteil des Zuwendungsempfängers bzw. der anderen Abkömmlinge grundsätzlich nicht beeinträchtigt wird. Schlägt beispielsweise der Zuwendungsempfänger einer ursprünglich nicht ausgleichungspflichtigen Zuwendung den Erbteil aus, wirkt die testamentarische nachträgliche Anordnung der Ausgleichung nicht gegen seinen Pflichtteil, siehe 2316 BGB. 2) Zudem nimmt die h.m. zum geltenden Recht eine sog. pflichtteilsrechtliche Fernwirkung einer Ausgleichungsanordnung nach 2050 III BGB an 4. Bsp.: E hat zwei Kinder, S und T. E schenkt seinem Sohn S ein Grundstück und ordnet die Ausgleichung nach 2050ff BGB an. 10 Jahre später möchte er S zu seinem Alleinerben einsetzen und die Ausgleichungsanordnung auch mit Wirkung gegen den Pflichtteil der T beseitigen. Nach h.m. ist die Beseitigung der Ausgleichungsanordnung durch E mit Wirkung für den Pflichtteil der T nur durch einen Pflichtteilsverzichtsvertrag möglich. Setzt E den S zum Alleinerben ein, hat T einen Pflichtteilsanspruch nach dem Tod des E. Dieser richtet sich unter Berücksichtigung des 2316 BGB nach demjenigen, was sie unter Berücksichtigung von Ausgleichungspflichten bei gesetzlicher Erbfolge erhalten würde. Mit der Anordnung der Ausgleichung bei der Schenkung entstand die pflichtteilsrechtliche Fernwirkung. Der Erblasser kann die Ausgleichungspflicht im Rahmen von 2316 BGB nicht mehr einseitig 3 Mayer ZEV 1996, 441, 443 4 Staudinger/Haas, Kommentar zum BGB, Auflage 2003, 2316 RNr. 13 m.w.n. 4

Reformvorschlag: beseitigen, vielmehr muss dafür ein Pflichtteilsverzichtsvertrag zwischen E und T abgeschlossen werden. Da sich eine nachträgliche Anordnung nach 2050 IV BGB- E über 2316 BGB auch auf das Pflichtteilsrecht des Zuwendungsempfängers und der anderen Abkömmlinge auswirkt, bringt die Neuregelung Änderungen daher vor allem im Pflichtteilsrecht. Nach 2316 BGB bestimmt sich der Pflichtteil eines Abkömmlings, wenn mehrere Abkömmlinge vorhanden sind und unter ihnen eine Zuwendung des Erblassers oder Leistungen nach 2057a,b BGB auszugleichen sein würden, nach demjenigen, was auf den gesetzlichen Erbteil unter Berücksichtigung der Ausgleichungspflicht entfallen würde. Ordnet der Erblasser nach 2050 IV BGB-E nachträglich durch Verfügung von Todes wegen die Ausgleichung einer bisher nicht ausgleichungspflichtigen Schenkung an, wirkt sich diese nachträgliche Anordnung auch auf den Pflichtteil des Zuwendungsempfängers aus. Sein Pflichtteil bestimmt sich wegen 2316 I BGB nach demjenigen, was er bei gesetzlicher Erbfolge unter Berücksichtigung der Ausgleichung erhalten würde. Nach geltendem Recht ist dieses Ergebnis nur durch einen Pflichtteilsverzichtsvertrag mit dem Zuwendungsempfänger möglich. Fragen des Reformvorschlages vgl. Beispiel 1) im Anhang 1) nachträgliche Beseitigung einer bei Zuwendung oder nachträglich angeordneten Ausgleichung im Sinne des 2050 III BGB durch Verfügung von Todes wegen? Erfreulicherweise klargestellt wird in der vorliegenden Fassung des Regierungsentwurfs, dass eine bei der Zuwendung (oder nachträglich durch Verfügung von Todes wegen) einmal angeordnete Ausgleichungspflicht nach 2050 III, IV BGB-RegE nachträglich auch gegenüber anderen Pflichtteilsberechtigten wieder beseitigt werden kann. M.E. muss die Beseitigung einer einmal angeordneten Ausgleichung unabhängig davon, ob diese bei der Zuwendung oder nachträglich durch Verfügung von Todes wegen angeordnet wurde, auch gegen den Pflichtteil anderer Abkömmlinge des Erblassers wirken 5. Der vorgehende Referentenentwurf sprach in 2050 III BGB-RefE nur von der Zulässigkeit der nachträglichen Anordnung der Ausgleichung, so dass unklar war, ob ein nachträglicher Ausschluss der Ausgleichungspflicht auch mit Wirkung gegen den Pflichtteil anderer Abkömmlinge möglich ist. 5 so jetzt auch Schindler, ZEV 2008, 187 5

Aus der Neufassung des 2050 IV BGB-E muss m.e. die Entscheidung des Gesetzgebers entnommen werden, die nachträgliche Beseitigung auch mit Wirkung für das Pflichtteilsrecht anzunehmen. Es bildet sich jedoch bereits eine Literaturmeinung, die die bisherige Rspr, die 2316 III BGB zur Begründung der sog. pflichtteilsrechtlichen Fernwirkung einer Ausgleichungsanordnung heranzog, auch weiterhin anwenden will 6. Diese würde dazu führen, dass über 2050 IV BGB-E die einmal angeordnete Ausgleichung zwar im Recht der Erbauseinandersetzung beseitigt werden kann (was aber bisher bereits durch Vorausvermächtnis zulässig ist), nicht aber mit Wirkung gegen den Pflichtteil anderer Abkömmlinge. Diese Meinung würde zu einer Zementierung des Grundsatzes der pflichtteilsrechtlichen Fernwirkung führen, was nicht der Intention des Gesetzgebers entsprechen kann. Sinn und Zweck der geplanten Gesetzesänderung ist die Erweiterung der Testierfreiheit des Erblassers. Vgl. Bsp. 2 im Anhang 2. nachträgliche Beseitigung einer bestehenden Ausgleichungspflicht nach 2050 I BGB-RegE (Ausstattung) auch mit Wirkung für das Pflichtteilsrecht? Fraglich ist, ob die gesetzliche Ausgleichungspflicht für Ausstattungen nachträglich auch mit Wirkung für das Pflichtteilsrecht beseitigt werden kann. Nach dem RegE kann der Erblasser auch durch Verfügung von Todes wegen nachträglich die Ausgleichungspflicht im Rahmen der Auseinandersetzung bei gesetzlicher oder gewillkürter Erbfolge wieder beseitigen, 2050 IV BGB-RegE. Dies ist aber bereits nach geltendem Recht durch ein entsprechendes Vorausvermächtnis möglich. Eine Änderung des 2316 III BGB ist durch den RegE aber nicht vorgesehen. Es ist daher davon auszugehen, dass auch weiterhin bei Ausstattungen i.s. von 1624, 2050 I BGB und nach h.m. auch bei Übermaßzuwendungen im Sinne des 2050 II BGB 7 die Berücksichtigung zulasten des Pflichtteilsrechts anderer Abkömmlinge des Erblassers weder von Anfang an bei der Zuwendung noch nachträglich durch Verfügung von Todes wegen ausgeschlossen werden kann 8. Die Berücksichtigung von Ausstattungen im Rahmen des 2316 BGB kann daher weiterhin nur durch Pflichtteilsverzichtsverträge ausgeschlossen werden 9. vgl. Bsp. 3 im Anhang 6 siehe hierzu Spall, ZErb 2007, 272, 277 und jetzt Keim, ZEV 2008, 161ff 7 Jörg Mayer, ZErb 2007, S. 137 8 so auch Bonefeld, ZErb 2008, 67ff; zum geltenden Recht siehe Kerscher/Tanck, ZEV 1997, 354, 356 9 Staudinger Haas, Kommentar zum BGB, Auflage 2003, 2316 RNr. 7 zum geltenden Recht; Schindler, ZEV 2008, 187 6

3. Rechtsnatur der nachträglichen Ausgleichungsanordnung - Zulässigkeit als vertragsmäßige oder wechselbezügliche Verfügung Nach der geplanten Änderung der 2050, 2053 BGB sind m.e. die nachträgliche Anordnung der Ausgleichung oder der Ausschluss derselben nicht mehr als Vorausvermächtnis zugunsten der anderen Abkömmlinge bzw. des Ausgleichsverpflichteten, sondern als testamentarische Anordnungen eigener Art zu qualifizieren 10. Denn die Anordnungen haben Auswirkungen auch auf das Pflichtteilsrecht. Nimmt man an, es handele sich um Vermächtnisse, kann damit die pflichtteilsrechtliche Wirkung nicht erklärt werden. Eng damit zusammen hängt die Frage, ob eine Anordnung nach 2050 IV BGB-E bzw. eine Ausgleichungsanordnung oder der Ausschluss einer Ausgleichungspflicht allgemein vertragsmäßig oder wechselbezüglich in einem Erbvertrag oder gemeinschaftlichen Testament getroffen werden kann. Im Referentenentwurf war diese Frage nicht geklärt. Der Regierungsentwurf schafft durch die geplante Änderung des 2278 BGB-RegE Klarheit. 2278 Abs. 2 BGB soll wie folgt geändert werden: (2) Andere Verfügungen als 1. Erbeinsetzungen, 2. Vermächtnisse, 3. Auflagen und 4. Anordnungen nach 2050, 2053 und 2315 können vertragsmäßig nicht getroffen werden. Die geplante Änderung soll nach der Entwurfsbegründung dem Schutz des Zuwendungsempfängers vor nachträglicher Anordnung der Ausgleichung oder nachträglichen Änderungen der Anordnung dienen, indem vertragsmäßige bindende Anordnungen oder der Ausschluss solcher Anordnungen in einem Erbvertrag zugelassen werden. 11 Der Wortlaut der geplanten Änderung schießt hier aber über das in der Begründung erklärte Ziel hinaus, in dem er Anordnungen nach 2050, 2053 und 2315 BGB grundsätzlich vertragsmäßig zulassen will, was das nachfolgende Beispiel zeigt. Bsp.: E hat seinem Sohn A ein Grundstück ohne Vorbehaltsrechte und ohne Ausgleichungsanordnung geschenkt. 10 so jetzt auch Keim, ZEV 2008, 161ff; Schindler, ZEV 2008, 187 11 Entwurfsbegründung S. 40 zu Nr. 18 7

Der zweite Sohn B möchte nun zum einen sichergestellt haben, dass bei der gesetzlichen oder gewillkürten Erbfolge nach E der Sohn A die Schenkung ausgleichen muss, zum anderen möchte er, dass für den Fall der Enterbung oder Ausschlagung des A die Schenkung in jedem Fall auch pflichtteilsrechtlich nach 2316 BGB zu berücksichtigen ist. Nach 2050 IV BGB-E kann E durch Verfügung von Todes wegen die Ausgleichung der Schenkung anordnen. Diese Anordnung wirkt sich nach 2316 BGB auch auf den Pflichtteil des A aus. Die Anordnung kann nunmehr auch vertragsmäßig in einem Erbvertrag vereinbart werden, siehe 2278 II BGB-E. E kann damit die Anordnung der Ausgleichung, auch die damit verbundene pflichtteilsrechtliche Wirkung- nicht mehr ohne Zustimmung des B beseitigen, siehe 2289 BGB. Durch einen solchen Erbvertrag wird aber nicht der Zuwendungsempfänger geschützt, sondern ein beliebiger Erbvertragspartner. An der Zulässigkeit eines dahingehenden Erbvertrages bestehen nach dem Wortlaut der Vorschrift aber keinerlei Bedenken, offen ist allerdings, ob die Vorschrift des 2278 II Nr. 4 BGB-E teleologisch reduziert werden muss. Selbstverständlich ist es nach dem Regierungsentwurf zulässig, bspw. bei einer Schenkung, den Ausschluss der Ausgleichungspflicht bzw. die Nichtanordnung in einem Erbvertrag vertragsmäßig zu vereinbaren. 2278 II BGB-E lässt vertragsmäßige Verfügungen nach seinem Wortlaut nicht nur für die nachträgliche angeordnete Ausgleichungsanordnung oder den nachträglichen Ausschluss einer Ausgleichung zu, sondern auch für die vertragliche Anordnung oder Nichtanordnung bei der Zuwendung. Somit ist es zulässig, gleichzeitig mit der Zuwendung in einem flankierenden Erbvertrag den Ausschluss der Ausgleichung vertragsmäßig zu vereinbaren. Eine nachträgliche Anordnung der Ausgleichung würde dann an 2289 BGB scheitern. Auffällig ist, dass der Regierungsentwurf nur in 2278 II BGB eine Änderung vorsieht, die Parallelvorschrift in 2270 III BGB aber unverändert bleiben soll. Vom Standpunkt der Entwurfsbegründung aus ist dies konsequent, weil nach dieser die Vertragsmäßigkeit von Anordnungen nach 2050, 2053, 2315 BGB nur in einem Erbvertrag zwischen Zuwendungsempfänger und Erblasser und nicht in einem Erbvertrag zwischen Zuwendungsempfänger und Dritten zugelassen werden sollte. Zwischen Ehegatten aber kann es keine Ausgleichungsanordnungen nach 2050, 2053 BGB geben (wohl aber solche nach 2315 BGB). Aus der unterlassenen Änderung des 2270 III BGB kann m.e. nicht geschlossen werden, dass entsprechende Anordnungen in einem Erbvertrag zwischen Erblasser und Dritten nicht vertragsmäßig getroffen werden können. Zu beachten ist jedoch, dass eine nachträgliche Ausgleichungsanordnung bzw. der nachträgliche Ausschluss der Ausgleichung in einem gemeinschaftlichen Testament unzulässig sind 12. 12 so auch Keim, ZEV 2008, 165 8

Im engen Zusammenhang mit der Frage der Rechtsnatur einer nachträglichen Ausgleichungsanordnung steht die weitere Frage, ob die nachträgliche Ausgleichungsanordnung eine Beschwerung im Sinne des 2306 I BGB darstellt und ob allein diese Anordnung den pflichtteilsberechtigten Miterben zur Ausschlagung und Geltendmachung des Pflichtteils nach 2306 I 2 BGB des geltenden Rechts bzw. 2306 I BGB-RegE berechtigt. Da die nachträgliche Ausgleichungsanordnung über 2316 BGB auch gegen den Pflichtteil des pflichtteilsberechtigten Zuwendungsempfängers wirkt, wäre die Zulassung der Ausschlagung und der Geltendmachung des Pflichtteils nach 2306 I 2 BGB des geltenden Rechts bzw. nach 2306 I BGB in der Fassung des Regierungsentwurfes sinnlos. Dieses Ergebnis belegt die dargestellte Rechtsnatur der nachträglichen Ausgleichungsanordnung. Es handelt sich nicht um eine Beschwerung des Ausgleichungsverpflichteten durch ein Vermächtnis, sondern um eine erbrechtliche Anordnung eigener Art. vgl. Bsp. 4 und 5 im Anhang 4) Schutz des Beschenkten vor nachträglicher Ausgleichungsanordnung Bereits vor Inkrafttreten des Reformvorschlags kann in der notariellen Praxis die Frage auftreten, wie ein Beschenkter, der sicher gehen möchte, dass eine nachträgliche Ausgleichungsanordnung nicht einseitig erfolgen kann, vor der sich nach 2050 IV BGB-E möglichen Anordnung geschützt werden kann. Ob durch schuldrechtlichen Vertrag die nachträgliche Möglichkeit, die Ausgleichung einer Zuwendung anzuordnen, ausgeschlossen werden kann, ist fraglich. Eine solche Verpflichtung des Erblassers könnte an 2302 BGB scheitern. Im Referentenentwurf war die Frage nicht eindeutig geregelt. Im Regierungsentwurf wurde in 2278 II BGB-RegE aufgenommen, dass Anordnungen nach 2050, 2053, 2315 BGB-E vertragsmäßig getroffen werden können. Damit stellt der Regierungsentwurf indirekt klar, dass ein (schuld)vertraglicher Ausschluss der nachträglichen Anordnungsmöglichkeiten nicht zulässig sein soll, eine solche Verpflichtung vielmehr nach 2302 BGB nichtig wäre 13. Zum Schutz des Beschenkten vor nachträglicher Ausgleichungsanordnung bleibt somit nur die Errichtung eines Erbvertrages zwischen Beschenktem und Erblasser, in dem der Erblasser dem Beschenkten vertragsmäßig den Ausschluss der Ausgleichung zuwendet. Eine nachträgliche Ausgleichungsanordnung nach 2050 IV BGB-E scheitert dann an 2289 I BGB. Da ein schuldvertraglicher Ausschluss nicht zulässig ist, sollte der erbvertragliche Ausschluss i.d.r. in einer separaten Urkunde vereinbart werden. Im Hin- 13 so auch Keim, ZEV 2008, 164 9

blick auf die Beurkundungsbedürftigkeit dieser Abrede kann hier ein gegenseitiger Verweis in den Urkunden erforderlich sein. Aufgrund des Höchstpersönlichkeitserfordernisses beim Erbvertrag ist hier insbesondere bei Zuwendungen durch (General)Bevollmächtigte höchste Vorsicht geboten. Vgl. auch Bsp. 4 im Anhang 5) Ausgleichungsanordnung durch erbrechtlich gebundenen Erblasser? Fraglich ist, ob der Erblasser, der erbrechtlich an eine bestimmte Erbeinsetzung gebunden ist, eine unterlassene Ausgleichungsbestimmung nachträglich durch Verfügung von Todes wegen treffen kann. Beispiel: E hat mit seinem Sohn S 1990 einen Erbvertrag ohne Rücktrittsvorbehalt geschlossen und diesen vertragsmäßig zum Alleinerben bestimmt. 1991 hat er ihm eine Schenkung in Höhe von 200.000,-- ohne Vorbehaltsrechte gemacht, die Ausgleichungsanordnung a- ber unterlassen. Im Jahr 2005 reut ihn seine Entscheidung. Er möchte seiner Tochter T jetzt wenigstens einen höheren Pflichtteil zukommen lassen. Kann er nachträglich trotz des Erbvertrages die Ausgleichung der Zuwendung von 1991 anordnen, wenn der Reformvorschlag in Kraft tritt? Angenommen, der Erblasser kann nicht vom Erbvertrag zurücktreten, dann wird S Alleinerbe. Einen Ergänzungspflichtteil nach 2325ff BGB kann T nicht geltend machen, weil die 10-Jahres-Frist nach 2325 III BGB nach geltendem Recht und dem Regierungsentwurf abgelaufen ist. Würde E jetzt nachträglich die Ausgleichung nach 2050 IV BGB-E anordnen, könnte T ungeachtet des Ablaufs der 10-Jahres-Frist nach 2316 I BGB einen höheren Pflichtteil beanspruchen. Nach den geplanten Überleitungsbestimmungen ist eine nachträgliche Ausgleichungsanordnung auch hinsichtlich in der Vergangenheit liegender Zuwendungen möglich. Fraglich ist jedoch, ob die nachträgliche Ausgleichungsanordnung 2289 I BGB unterfällt und aus diesem Grund unwirksam ist. Zu klären ist daher, ob die nachträgliche Ausgleichungsanordnung das Recht des vertragsmäßig Bedachten beeinträchtigt. M.E. ist das nicht der Fall. Die Anordnung beeinträchtigt den S zwar insoweit, als er dann wegen 2316 BGB einen höheren Pflichtteil an T zahlen muss, sie beeinträchtigt ihn aber nicht in seiner Rechtsstellung als Vertragserbe. Wäre S nämlich nicht Pflichtteilsberechtigter, würde seine Rechtsstellung nicht verschlechtert, weil die reine Ausgleichungsanordnung nur zu einer Umverteilung der Pflichtteilslast un- 10

ter den Pflichtteilsberechtigten führt, nicht zu einer Mehrbelastung des Erben, natürlich auch nicht zu einer Entlastung desselben. Beeinträchtigt wird S nur in seiner Stellung als Pflichtteilsberechtigter, weil durch die Anordnung zugleich sein Pflichtteil im Falle einer Enterbung kleiner würde. Diese Beeinträchtigung lässt der RegE über 2316 I, 2050 IV BGB aber ausdrücklich zu. In seiner Rechtsstellung als Vertragserbe wird S durch die Anordnung daher nicht beeinträchtigt, eine nachträgliche Ausgleichungsanordnung ist daher nicht nach 2289 BGB unwirksam. Die vertragsmäßige Erbeinsetzung von S im Beispielsfall enthält auch nicht die vertragsmäßige Anordnung nach 2278 II Nr.4 BGB-RegE, die eine nachträgliche Ausgleichungsanordnung ausschließen würde. Selbstverständlich kann diese Anordnung im Wege der erläuternden oder auch ergänzenden Auslegung dem Erbvertrag im Einzelfall entnommen werden, der Regelfall ist dies aber sicher nicht. Will der beschenkte Vertragserbe sicherstellen, dass eine nachträgliche Ausgleichungsanordnung durch den Erblasser mit Wirkung für den Pflichtteil anderer Abkömmlinge nicht erfolgen kann, muss ausdrücklich der Ausschluss der Ausgleichung einer bestimmten Zuwendung als vertragsmäßige Anordnung in den Erbvertrag aufgenommen werden. Problematisch ist hierbei, ob vertragsmäßig bereits die Ausgleichungsanordnung für künftige Zuwendungen ausgeschlossen werden kann (siehe im obigen Beispielsfall). M.E. müsste die Ausgleichung auch für künftige Zuwendungen ausgeschlossen werden können. Zwar spricht 2050 IV BGB- RegE nur von der nachträglichen Anordnung bzw. dem Ausschluss, 2278 II BGB-RegE lässt aber auch Anordnungen nach 2050 I oder III BGB als vertragsmäßige Verfügungen zu und diese können in jedem Fall auch vor der Zuwendung getroffen werden. Problematisch wird die aufgeworfene Frage in Altfällen (Schenkung und Erbvertrag vor Inkrafttreten des Gesetzes) aufgrund der geplanten Überleitungsbestimmung sein. Folgerungen für die Praxis: Vgl. Bsp. 6 im Anhang - Unterlassene Ausgleichungsanordnungen für frühere unentgeltliche Zuwendungen an einen Abkömmling können durch Verfügung von Todes wegen einseitig nachgeholt werden. Nach den geplanten Überleitungsbestimmungen kommt es nicht darauf an, ob die betroffene Zuwendung vor oder nach Inkrafttreten der neuen Vorschriften getätigt wurde, sondern ausschließlich darauf, ob der Erbfall nach dem Inkrafttreten eingetreten ist. Daraus folgt, dass auch für Zuwendungen, die vor 20 oder 30 Jahren getätigt wurden, eine nachträgliche Ausgleichungsanordnung durch Verfügung von Todes wegen mit Wirkung auch für das Pflichtteilsrecht getroffen werden kann, solange nur der Erbfall nach Inkrafttreten der neuen Vorschriften eintritt. 11

Dies dürfte auch dann gelten, wenn bei der Zuwendung die Ausgleichung ausgeschlossen wurde. Ob die gesetzliche Überleitungsbestimmung jedoch insoweit verfassungsgemäß ist, muss bezweifelt werden. - Desgleichen können Ausgleichungsanordnungen nach 2050 III BGB und die gesetzliche Ausgleichungspflicht für Ausstattungen nachträglich durch Verfügung von Todes wegen beseitigt werden. Diese Anordnungen wirken auch für und gegen die Pflichtteile der pflichtteilsberechtigten Abkömmlinge (bereits jetzt str.). Ausnahme: Ausstattungen können wie bisher nicht von der Ausgleichungspflicht im Hinblick auf den Pflichtteil ausgenommen werden, 2316 III BGB, die Ausgleichungspflicht für Ausstattungen kann daher im Pflichtteilsrecht auch nach dem RegE weder von Anfang an noch nachträglich beseitigt werden. Gleiches gilt für Übermaßzuwendungen im Sinne von 2050 II BGB. - Zu beachten ist, dass nach der derzeitigen Formulierung des RegE die Anordnung einer Ausgleichung und damit wohl auch der Widerruf einer solchen Anordnung nur nachträglich erfolgen kann. Man wird diese Formulierung so zu verstehen haben, dass eine nachträgliche Ausgleichungsanordnung oder der nachträgliche Ausschluss durch Verfügung von Todes wegen nur zeitlich nach der erfolgten Zuwendung erfolgen können. D.h. dass durch Verfügung von Todes wegen (wohl aber durch empfangsbedürftige Erklärung nach 2050 I, III BGB) nicht die Ausgleichung von künftigen Zuwendungen angeordnet werden kann 14. Gleiches gilt für die Beseitigung von Ausgleichungspflichten. - Durch nachträgliche Ausgleichungsanordnung kann natürlich nicht die gesetzliche Wertbestimmungsvorschrift des 2055 II BGB mit Wirkung gegen Pflichtteilsberechtigte beseitigt werden. Will man die Ausgleichung von 2055 II BGB abweichender Werte anordnen und soll diese Anordnung auch gegen Pflichtteilsberechtigte wirksam sein, sind weiterhin Pflichtteilsverzichtsverträge erforderlich. - Zu beachten ist ferner, dass eine nachträgliche Ausgleichungsanordnung nach 2050 IV BGB-E nur möglich ist, soweit die Tatbestandsvoraussetzungen der 2050 I oder III BGB erfüllt sind. D.h. insbesondere, dass nachträglich nur die Ausgleichung von solchen freigiebigen Zuwendungen angeordnet werden kann, die vom Erblasser an den ausgleichspflichtigen Abkömmling erbracht wurden. Wird die Ausgleichung von Zuwendungen, die von einer anderen Person erbracht wurden als dem Erblasser (bspw. vom vorverstorbenen Ehegat- 14 so jetzt auch Keim, ZEV 2008, 164; a.a. für die Ausgleichung und Anrechnung Bonefeld/Lange/Tanck, ZErb 2007, aao und Bonefeld, ZErb 2008, 67ff 12

ten) oder eine andere Person als den Ausgleichspflichtigen, so scheitert die nachträgliche Anordnung nach 2050 IV BGB-E. Es liegt ein Vorausvermächtnis an die ausgleichsberechtigten Abkömmlinge vor. Im Pflichtteilsrecht hat eine solche Anordnung soweit sie über das nach 2050 IB BGB-E Zulässige hinausgeht- dann keine Auswirkungen, weil die Voraussetzungen des 2050 IV BGB-E nicht vorlagen. Für den Sonderfall des Berliner Testamentes hat die Rspr. zum bisher geltenden Recht allerdings die Rechtsfigur des sog. erweiterten Erblasserbegriffes entwickelt 15. Den Entscheidungen lag folgender Sachverhalt zugrunde: Bsp.: Ehegatten haben sich gegenseitig zu Alleinerben und die gemeinschaftlichen Kinder A und B zu Erben des Überlebenden zu gleichen Teilen eingesetzt. Der vorverstorbene Ehemann hat seinem Sohn A eine Ausstattung von 20.000,-- gemacht. Nach dem Tod der überlebenden Mutter fragen sich A und B, ob die Zuwendung des vorverstorbenen Vaters auszugleichen ist. Nach 2052, 2050 I BGB wäre die Zuwendung grundsätzlich auszugleichen, wenn sie vom Erblasser, d.h. von der Mutter getätigt worden wäre. Es handelte sich aber um eine Zuwendung vom vorverstorbenen Vater. Der BGH 16 hat hier entschieden, dass die Zuwendung gleichwohl auszugleichen ist. Als Erblasser im Sinne der 2052, 2050 I BGB sei in diesem Ausnahmefall auch der vorverstorbene Elternteil anzusehen. Dies kann aber nur dann gelten, wenn auf den Tod des Erstverstorbenen kein Abkömmling seinen Pflichtteil geltend gemacht hat. Wurde nämlich auf den Tod des Erstverstorbenen ein Pflichtteil geltend gemacht, wurde die ausgleichungspflichtige Zuwendung bereits bei der Pflichtteilsberechnung nach diesem berücksichtigt, siehe 2316 BGB. Ob die Rspr. die Rechtsfigur des erweiterten Erblasserbegriffs auch nach Inkrafttreten der neuen Vorschriften anwenden wird, bleibt abzuwarten. M.E. kann der überlebende Ehegatte nicht nachträglich nach 2050 IV BGB-E die Ausgleichung einer Zuwendung des vorverstorbenen Ehegatten anordnen. Es handelt sich bei einer solchen Anordnung m.e. um ein Vorausvermächtnis zugunsten der anderen Abkömmlinge und nicht um eine Anordnung nach 2050 IV BGB-E. Im Pflichtteilsrecht kann die Rechtsfigur des erweiterten Erblasserbegriffes m.e. ebenfalls nicht zur Anwendung kommen. Im Rahmen 15 BGHZ 82, 274ff; BGHZ 88, 102ff, Werner in Staudinger, aao, 2052 RNr. 6 16 siehe Fn. 11 13

von 2316 BGB werden also nur Zuwendungen berücksichtigt, die vom Erblasser an den ausgleichspflichtigen Abkömmling erbracht wurden. Auch nur für solche Zuwendungen kann mit Wirkung gegen das Pflichtteilsrecht des Zuwendungsempfängers nachträglich die Ausgleichung nach 2050 IV BGB-E angeordnet werden. Nachträgliche Ausgleichungsanordnungen, die diese Vorgaben nicht beachten, unterfallen nicht 2050 IV BGB-E und wirken sich auf den Pflichtteil des Zuwendungsempfängers nicht aus. Bsp.:Hätte im oben dargestellten Beispielsfall der vorverstorbene Vater seinem Sohn A statt einer Ausstattung eine Schenkung gemacht, die Ausgleichungsanordnung aber unterlassen, so kann die überlebende Mutter zwar im Wege eines Vorausvermächtnisses zulasten des Erbteils des A die Ausgleichung dieser Zuwendung des vorverstorbenen Ehegatten anordnen. Schlägt A dann aber nach 2306 I BGB (wegen der Belastung seiner Erbteils mit dfem Ausgleichungsvorausvermächtnis ) aus, wirkt die Anordnung, weil die Voraussetzungen des 2050 IV BGB-E nicht vorlagen, nicht gegen den Pflichtteil des A. 14

b) Änderung des 2053 BGB Geltendes Recht 2053 Zuwendung an entfernteren oder angenommenen Abkömmling (1) Eine Zuwendung, die ein entfernterer Abkömmling vor dem Wegfall des ihn von der Erbfolge ausschließenden näheren Abkömmlings oder ein an die Stelle eines Abkömmlings als Ersatzerbe tretender Abkömmling von dem Erblasser erhalten hat, ist nicht zur Ausgleichung zu bringen, es sei denn, dass der Erblasser bei der Zuwendung die Ausgleichung angeordnet hat. (2) Das Gleiche gilt, wenn ein Abkömmling, bevor er die rechtliche Stellung eines solchen erlangt hatte, eine Zuwendung von dem Erblasser erhalten hat. Regierungsentwurf 2053 Zuwendung an entfernteren oder angenommenen Abkömmling (1) Eine Zuwendung, die ein entfernterer Abkömmling vor dem Wegfall des ihn von der Erbfolge ausschließenden näheren Abkömmlings oder ein an die Stelle eines Abkömmlings als Ersatzerbe tretender Abkömmling von dem Erblasser erhalten hat, ist nicht zur Ausgleichung zu bringen, es sei denn, dass der Erblasser bei der Zuwendung die Ausgleichung angeordnet hat. 2050 IV BGB gilt entsprechend. (2) Das Gleiche gilt, wenn ein Abkömmling, bevor er die rechtliche Stellung eines solchen erlangt hatte, eine Zuwendung von dem Erblasser erhalten hat. 2053 regelt, dass Zuwendungen, die einem entfernteren Abkömmling vor Wegfall des die Verwandtschaft vermittelnden näheren Abkömmlings erhalten hat, nicht auszugleichen sind. Der Erblasser kann nach geltendem Recht bei der Zuwendung anderes anordnen. Er kann auch nachträglich durch Vorausvermächtnis zugunsten der übrigen Abkömmlinge die Ausgleichung anordnen, nach geltendem Recht aber wiederum nicht mit Wirkung gegen den Pflichtteil des Zuwendungsempfängers. Der Regierungsentwurf lässt eine nachträgliche Ausgleichungsanordnung oder den Ausschluss auch in diesem Fall durch Verfügung von Todes wegen zu, die Anordnung wirkt dann über 2316 BGB auch gegen den Pflichtteil des Zuwendungsempfängers. 15

c) Änderungen des 2057a BGB, Einfügung eines 2057b BGB Geltendes Recht 2057a Ausgleichungspflicht bei besonderen Leistungen eines Abkömmlings (1) Ein Abkömmling, der durch Mitarbeit im Haushalt, Beruf oder Geschäft des Erblassers während längerer Zeit, durch erhebliche Geldleistungen oder in anderer Weise in besonderem Maße dazu beigetragen hat, dass das Vermögen des Erblassers erhalten oder vermehrt wurde, kann bei der Auseinandersetzung eine Ausgleichung unter den Abkömmlingen verlangen, die mit ihm als gesetzliche Erben zur Erbfolge gelangen; 2052 gilt entsprechend. Dies gilt auch für einen Abkömmling, der unter Verzicht auf berufliches Einkommen den Erblasser während längerer Zeit gepflegt hat. (2) Eine Ausgleichung kann nicht verlangt werden, wenn für die Leistungen ein angemessenes Entgelt gewährt oder vereinbart worden ist oder soweit dem Abkömmling wegen seiner Leistungen ein Anspruch aus anderem Rechtsgrund zusteht. Der Ausgleichungspflicht steht es nicht entgegen, wenn die Leistungen nach den 1619, 1620 erbracht worden sind. (3) Die Ausgleichung ist so zu bemessen, wie es mit Rücksicht auf die Dauer und den Umfang der Leistungen und auf den Wert des Nachlasses der Billigkeit entspricht. (4) Bei der Auseinandersetzung wird der Ausgleichungsbetrag dem Erbteil des ausgleichungsberechtigten Miterben hinzugerechnet. Sämtliche Ausgleichungsbeträge werden vom Werte des Nachlasses abgezogen, soweit dieser den Miterben zukommt, unter denen die Ausgleichung stattfindet. Regierungsentwurf 2057a Ausgleichungspflicht bei besonderen Leistungen eines Abkömmlings (1) Ein Abkömmling, der durch Mitarbeit im Haushalt, Beruf oder Geschäft des Erblassers während längerer Zeit, durch erhebliche Geldleistungen oder in anderer Weise in besonderem Maße dazu beigetragen hat, dass das Vermögen des Erblassers erhalten oder vermehrt wurde, kann bei der Auseinandersetzung eine Ausgleichung unter den Abkömmlingen verlangen, die mit ihm als gesetzliche Erben zur Erbfolge gelangen; 2052 gilt entsprechend. (2) Eine Ausgleichung kann nicht verlangt werden, wenn für die Leistungen ein angemessenes Entgelt gewährt oder vereinbart worden ist oder soweit dem Abkömmling wegen seiner Leistungen ein Anspruch aus anderem Rechtsgrund zusteht. Der Ausgleichungspflicht steht es nicht entgegen, wenn die Leistungen nach den 1619, 1620 erbracht worden sind. (3) Die Ausgleichung ist so zu bemessen, wie es mit Rücksicht auf die Dauer und den Umfang der Leistungen und auf den Wert des Nachlasses der Billigkeit entspricht. (4) Bei der Auseinandersetzung wird der Ausgleichungsbetrag dem Erbteil des ausgleichungsberechtigten Miterben hinzugerechnet. Sämtliche Ausgleichungsbeträge werden vom Werte des Nachlasses abgezogen, soweit dieser den Miterben zukommt, unter denen die Ausgleichung stattfindet. 2057b Ausgleichungspflicht bei Pflegeleistungen eines gesetzlichen Erben (1) Ein gesetzlicher Erbe, der den Erblasser während längerer Zeit gepflegt hat, kann bei der Auseinandersetzung die Ausgleichung dieser Leistung verlangen. 2052 und 2057a Absatz 2 und 4 gelten entsprechend. 16

(2) Die Höhe des Ausgleichungsbetrags bemisst sich in der Regel nach den zur Zeit des Erbfalls in 36 Abs. 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch vorgesehenen Beträgen. Geltendes Recht: Nach geltendem Recht kann eine Ausgleichung nach 2057a BGB nur unter Abkömmlingen stattfinden. Die Berücksichtigung von Pflegeleistungen, die von einem Abkömmling dem Erblasser erbracht haben setzt voraus, dass der Abkömmling ganz oder teilweise aufgrund dieser Pflegeleistung auf eigenes Einkommen verzichtet hat. Wer daher vor der Pflege nicht berufstätig war, fällt daher grundsätzlich aus dem Anwendungsbereich des 2057a BGB heraus. Reformvorschlag: 2057b BGB-RegE durchbricht die bisher geltende Regelung, dass eine Ausgleichung von Leistungen nach 2057a BGB nur unter Abkömmlingen stattfindet. Künftig kann jeder gesetzliche Erbe, der den Erblasser während längerer Zeit gepflegt hat, bei der Auseinandersetzung die Ausgleichung dieser Leistung verlangen. Insbesondere der bisher ausgeschlossene Ehegatte und der eingetragene Lebenspartner, die den Erblasser gepflegt haben, aber auch Geschwister oder Eltern des Erblassers, können daher von der neuen Regelung profitieren. Folge ist, dass wenn Pflegeleistungen für den Erblasser durch einen gesetzlichen Erben erbracht wurden- die Ausgleichungsberechnung auch unter Berücksichtigung der Erbteile des Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartners vorzunehmen ist. Vgl. hierzu Bsp. 7 im Anhang 17

Bsp.1:E wird in seinen letzten 2 Lebensjahren durch seine Ehefrau rund um die Uhr gepflegt, ein Entgelt erhält F hierfür nicht, das Pflegegeld aus der gesetzlichen Pflegeversicherung (Stufe III) wird an E ausbezahlt und für seinen Unterhalt verbraucht. Bei seinem Tod hinterlässt er seine beiden Söhne A und B sowie seine Ehefrau F. Der Nachlass beträgt 100.000,--, ein Testament hat E nicht hinterlassen. 2057b BGB-RegE verweist für die Höhe des Ausgleichsbetrages auf 36 III SGB XI und damit auf die Sätze der gesetzlichen Pflegeversicherung für Fremdleistungen (Stand 12/2007: Pflegestufe I 384,-- monatlich, Pflegestufe II 921,-- monatlich, Pflegestufe III 1.432,-- monatlich) Im vorliegenden Fall war E in Pflegestufe III eingestuft. F hat ihn 24 Monate lang gepflegt, ohne hierfür ein angemessenes Entgelt erhalten zu haben. Sie kann daher grundsätzlich einen Ausgleichsbetrag von 1.432,-- * 24 Monate = 34.368,-- geltend machen. Die Berechnung ist wie folgt vorzunehmen: NL 100.000 - Leistung F 34.368 = 65.632 : 2 Erbteil F 32.816 + Ausgleichsb. 34.368 = 67.184 Erbteile A und B je 16.408 Komplizierter wird die Berechnung, wenn im vorliegenden Fall zwischen A und B noch Zuwendungen zur Ausgleichung zu bringen wären. Bsp. 2: wie Bsp. 1., E hat dem A aber 12 Jahre vor seinem Tod eine Ausstattung von 10.000,-- (indexiert) gewährt. Die Berechnung kann hier nur so aussehen, dass nach dem Rechenschritt in Bsp. 1. der verbleibende Restnachlass zur Ausgleichungsberechnung herangezogen wird, der Erbteil von F (unter Berücksichtigung von 2057b BGB-RegE) ist vorab abzuziehen, siehe 2055 I S. 1,2 18

verbleibender NL 32.816 + Zuw. A 10.000 = 42.816 : 2 Erbteile 21.408 Zuw. A 10.000 = 11.408 Erbteil B 21.408 Auch für die Anwendung des 2056 BGB wird man von diesem Restnachlass auszugehen haben 17. Im Gegensatz zur bisherigen Regelung des 2057a I S. 2 bei Pflegeleistungen bringt die Neuregelung des 2057b BGB-RegE folgende Änderungen: Wichtigste Änderungen: 1. Ausgleichungsberechtigt bei Pflegeleistungen können nicht nur Abkömmlinge, sondern alle gesetzlichen Erben, die zur gesetzlichen Erbfolge gelangen, sein, also insbesondere Ehegatten/Lebenspartner, aber auch Geschwister des Erblassers, Eltern und sonstige Verwandte 2. Die Ausgleichung hängt nicht wie bisher davon ab, dass derjenige, der den Erblasser gepflegt hat, ganz oder teilweise auf eigenes Einkommen verzichtet hat. Somit können auch Pflegende, die nicht berufstätig waren, von der neuen Regelung profitieren 18. 3. Die Höhe des Ausgleichungsbetrages für Pflegeleistungen wird an die Pflegegeldsätze des SGB XI für Fremdleistungen angeglichen. Es sind daher nicht die niedrigeren Sätze des Pflegegeldes nach 37 SGB XI, sondern die höheren Sätze für Pflegefremdleistungen zu veranschlagen. Diese Ungleichbehandlung ist nach der Gesetzesbegründung ausdrücklich gewollt. Die Anwendung dieser Sätze ist aber nur die Regel. Es kann daher auch bereits bei einer Pflege unterhalb der Pflegstufe I eine Ausgleichungspflicht bestehen, ferner können Zwischenbeträge angenommen werden, die Umstände des Einzelfalles können berücksichtigt werden. Ferner wird eine Ausgleichungspflicht auch dann bestehen, wenn der Erblasser gar nicht in eine Pflegestufe eingeordnet wurde 19, bspw., weil kein Antrag gestellt wurde. 17 ähnlich zur ganzen Berechnung Bonefeld/Lange/Tanck, ZErb 2007 S. 292ff 18 Keim, ZEV2008,166 19 so auch Bonfeld/Lange/Tanck, aao 19

Diese Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles wird das Instrument des 2057b sehr streitanfällig machen 20. Eine Ausgleichung ist dagegen nach 2057 b I BGB-RegE i.v. mit 2057a II BGB ausgeschlossen, wenn der Pflegende für die Pflege ein angemessenes Entgelt erhalten hat. Für die Angemessenheit eines Entgeltes wird man wieder auf die Pflegesätze des SGB XI für Fremdleistungen zurückgreifen können. Hat der Erblasser daher an ihn bezahltes Pflegegeld nach 37 SGB XI an den Pflegenden weitergereicht, findet möglicherweise eine Ausgleichung wegen der Differenz zu den Pflegesätzen für Fremdleistungen statt. Keine Ausgleichung wird erfolgen, wenn die Pflege aufgrund eines bestehenden Pflegevertrages mit angemessenem Entgelt erbracht wurde. Wurde ein Entgelt bezahlt, das unter den Sätzen des SGB XI für Fremdleistungen liegt, kann im Einzelfall über 2057b BGB-RegE eine Ausgleichung des Differenzbetrages stattfinden. In der Regel wird man aber davon auszugehen haben, dass der Erblasser und die Pflegeperson bei Vereinbarung eines Entgelts von der Angemessenheit ausgegangen sind und somit eine Ausgleichung eines Differenzbetrages ausscheidet. 4. Die Ausgleichungspflicht nach 2057b BGB strahlt über 2316 BGB, der nach dem Regierungsentwurf auf 2057b BGB verweisen wird, auch auf das Pflichtteilsrecht eines pflegenden Abkömmlings und anderer Abkömmlinge aus. Über 2316 BGB erhöht die Ausgleichungspflicht nach 2057b BGB-RegE den Pflichtteil des pflegenden, pflichtteilsberechtigten Abkömmlings und mindert zugleich den Pflichtteil der übrigen Abkömmlinge. Im Referentenentwurf war eine Änderung des Wortlauts des 2316 I BGB im übrigen aber nicht vorgesehen ist, so dass nach diesem eine Ausgleichung nach 2057b BGB nicht dazu führen konnte, dass sich der Pflichtteil eines pflegenden Ehegatten, pflegender Eltern oder eines pflegenden Lebenspartners erhöht. Im Regierungsentwurf ist aber nunmehr eine Änderung des 2316 vorgesehen. Dem 2316 Abs. 1 BGB soll folgender Satz angefügt werden: Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die Pflichtteilsberechtigten bei der Ausgleichung von Pflegeleistungen nach 2057b. Damit ist klargestellt, dass die Ausgleichungsvorschrift des 2057b BGB nicht nur Auswirkungen auf den Pflichtteil von Abkömmlingen hat, wenn ein solcher pflegt, sondern dass auch der Pflichtteil anderer 20 so auch Keim,ZEV 2008, 166 20

Pflichtteilsberechtigter durch Pflegeleistungen eines gesetzlichen Erben verändert werden kann. Vgl. hierzu Bsp. 8und 8a im Anhang 5. Kurz hingewiesen werden soll hier noch auf die geplante Änderung des 2204 BGB. Die Vorschrift verpflichtet den Testamentsvollstrecker, die Auseinandersetzung des Nachlasses nach Maßgabe der 2042 bis 2056 BGB zu bewirken. Ein Verweis auf 2057a BGB ist im geltenden Recht nicht enthalten. Der Regierungsentwurf will den Wortlaut des 2204 BGB dahin gehend ändern, dass dieser künftig auch auf 2057 a und b BGB-E verweist. Damit ist der Testamentsvollstrecker bei der Abwicklungsvollstreckung berechtigt und verpflichtet, die Auseinandersetzung auch nach diesen Vorschriften durchzuführen. 21 6. Die Ausgleichung nach 2057b BGB findet bei gesetzlicher Erbfolge und nach 2052 BGB i.d.r. auch bei testamentarischer Erbfolge statt, wenn der Erblasser gesetzliche Erben im Verhältnis ihrer gesetzlichen Erbteile eingesetzt hat. Der Erblasser kann die Ausgleichung nach 2057b BGB in Bezug auf die Erbfolge somit auch ausschließen, indem er die Erbteile der Erben nicht im Verhältnis ihrer gesetzlichen Erbteile festlegt. Ein Ausschluss der Ausgleichung nach 2057b BGB-E im Pflichtteilsrecht durch den Erblasser ist m.e. ausgeschlossen, weil der RegE in 2057b BGB-E keine dem 2050 IV BGB-E entsprechende Regelung enthält. Ob dies dem Willen des Gesetzgebers entspricht, ist allerdings fraglich. 7. Trotz der geplanten Änderung in 2057b BGB werden weiterhin im Falle der Pflege ergänzende Regelungen erforderlich sein, bei gewillkürter Erbfolge sollte wegen 2052 BGB klargestellt werden, ob im Rahmen der Erbauseinandersetzung eine Ausgleichung der Pflegeleistung erfolgen soll 22. Um Streit über das Vorliegen der Voraussetzungen des 2057b BGB und die Höhe der auszugleichenden Beträge vorzubeugen, kann in der Praxis weiterhin der Abschluss von Pflegeverträgen empfohlen werden, verbunden dann aber mit etwaigen steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Nachteilen. 21 Entwurfsbegründung Seite 39 zu Nummer 17 22 so auch Keim, ZEV 2008, 166; 21

2. Änderung des 2306 BGB Geltendes Recht 2306 Beschränkungen und Beschwerungen (1) Ist ein als Erbe berufener Pflichtteilsberechtigter durch die Einsetzung eines Nacherben, die Ernennung eines Testamentsvollstreckers oder eine Teilungsanordnung beschränkt oder ist er mit einem Vermächtnis oder einer Auflage beschwert, so gilt die Beschränkung oder die Beschwerung als nicht angeordnet, wenn der ihm hinterlassene Erbteil die Hälfte des gesetzlichen Erbteils nicht übersteigt. Ist der hinterlassene Erbteil größer, so kann der Pflichtteilsberechtigte den Pflichtteil verlangen, wenn er den Erbteil ausschlägt; die Ausschlagungsfrist beginnt erst, wenn der Pflichtteilsberechtigte von der Beschränkung oder der Beschwerung Kenntnis erlangt. Regierungsentwurf 2306 Beschränkungen und Beschwerungen (1) Ist ein als Erbe berufener Pflichtteilsberechtigter durch die Einsetzung eines Nacherben, die Ernennung eines Testamentsvollstreckers oder eine Teilungsanordnung beschränkt oder ist er mit einem Vermächtnis oder einer Auflage beschwert, so kann er den Pflichtteil verlangen, wenn er den Erbteil ausschlägt; die Ausschlagungsfrist beginnt erst, wenn der Pflichtteilsberechtigte von der Beschränkung oder der Beschwerung Kenntnis erlangt. (2) Einer Beschränkung der Erbeinsetzung steht es gleich, wenn der Pflichtteilsberechtigte als Nacherbe eingesetzt ist. (2) Einer Beschränkung der Erbeinsetzung steht es gleich, wenn der Pflichtteilsberechtigte als Nacherbe eingesetzt ist. Geltendes Recht: Nach geltendem Recht fallen Beschränkungen und Beschwerungen eines Pflichtteilsberechtigten im Sinne des 2306 I 1 BGB automatisch weg und gelten hinsichtlich des Erbteils eines Pflichtteilsberechtigten als nicht angeordnet, wenn der dem Pflichtteilsberechtigten hinterlassene Erbteil den Pflichtteil nicht übersteigt. 2306 I 1 BGB kann als eine der haftungsträchtigsten Bestimmungen des geltenden Erbrechts bezeichnet werden. Insbesondere beim Behindertentestament oder dem Testament zugunsten Verschuldeter kann ein Übersehen der Vorschrift katastrophale Folgen haben. Erschwert wird die Anwendung der Vorschrift beim Bestehen von Ausgleichungs- und/oder Anrechnungspflichten. In diesem Fall wird der hinterlassene Erbteil nicht mit der Pflichtteilsquote, sondern dem Wert des Pflichtteils unter Berücksichtigung der Ausgleichungs- oder Anrechnungspflichten verglichen (sog. Werttheorie) 23. 23 Soergel/Dieckmann, BGB, 13. Auflage 2002, 2306 RNr. 3; Münchner Kommentar zum BGB, 4. Auflage 2004, 2306 RNr. 4 22

Aufgrund der Werttheorie ist eine exakte Beurteilung, ob bei einer Erbeinsetzung mit Beschränkungen und/oder Beschwerungen im Sinne von 2306 I 1 BGB ein Verstoß gegen die Vorschrift vorliegt, sehr schwierig bis unmöglich. Die Praxis arbeitet daher teilweise mit Vermächtnissen zugunsten des Pflichtteilsberechtigten in der Weise, dass diesem neben seinem Erbteil ein Geldvermächtnis zugewandt wird und ihm mit Erbteil und Vermächtnis ein Wert zugewandt ist, der über den Wert des Pflichtteils hinausgeht 24. In diesem Fall liegt nach geltendem Recht kein Verstoß gegen 2306 I 1 BGB vor 25. Reformvorschlag: Diese sehr komplizierte Rechtslage wird nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung vereinfacht. 2306 I BGB in der Fassung des RegE unterscheidet nicht mehr zwischen den Fallvarianten des heutigen 2306 I 1 und 2 BGB. 2306 I BGB-RegE wird es dem Pflichtteilsberechtigten ermöglichen, bei Hinterlassung eines beschränkten oder beschwerten Erbteiles im Sinne von 2306 I den Erbteil auszuschlagen und den Pflichtteil zu verlangen. Ein automatischer Wegfall der Beschränkungen und Beschwerungen wie nach geltendem Recht findet auch dann nicht mehr statt, wenn der Erbteil kleiner oder gleich dem Wert des Pflichtteils ist. Die Rechtslage ähnelt dann der bereits heute bei pflichtteilsberechtigten Vermächtnisnehmern durch 2307 I 1 BGB gegebenen Rechtslage. Auch wenn der hinterlassene Erbteil kleiner oder gleich dem Pflichtteil des Pflichtteilsberechtigten ist, muss der Pflichtteilsberechtigte nach dem RegE ausschlagen, um den vollen Pflichtteil verlangen zu können. Schlägt er nicht aus, bleiben die Beschränkungen und Beschwerungen bestehen, er kann seinen Pflichtteil dann nicht schützen. Der Gesetzgeber will dem Pflichtteilsberechtigten also ein generelles Wahlrecht einräumen 26. Vgl hierzu Bsp. 9) im Anhang 24 Weidlich, ZEV 2001, 94, 96; Kornexl, Nachlassplanung bei Problemkindern, 1. Auflage 2006, RNr. 311ff; Spall, ZErB 2007, 272 25 BGHZ 80, 263, 265; OLG Neustadt NJW 1957, 1523 26 Bonfeld/Lange/Tanck, aao 23

Bsp.: E hinterlässt seine Kinder A und B. A setzt er zu 4/5, B zu 1/5 zu Erben ein. Er ordnet zulasten seiner Erben ein Geldvermächtnis für seine Lebensgefährtin in Höhe von 50.000,-- an. Der NL beträgt 200.000,--, Ausgleichungs- oder Anrechnungspflichten bestehen nicht. Nach geltendem Recht ist das Vermächtnis zulasten des Erbteils des B unwirksam, 2306 I 1. Es ist Auslegungsfrage, ob das Vermächtnis zulasten des Erbteils des A voll bestehen bleibt. B kann ferner einen Zusatzpflichtteil nach 2305 von 1/20 verlangen. Nach dem RegE bleibt das Vermächtnis zulasten beider Erbteile bestehen. B muss sich entscheiden, ob er ausschlägt und seinen PT von ¼ verlangt oder annimmt und das Vermächtnis trägt. Nimmt er an, bekommt er seinen Erbteil von 1/5 (belastet mit wirtschaftlich 10.000,-- Vermächtnis, 1/5 des Gesamtvermächtnisses). Daneben kann er einen ZusatzPT verlangen. Unklar ist jedoch, ob bei der Berechnung eines Zusatzpflichtteils nach 2305 BGB Beschränkungen und Beschwerungen i.s. des 2306 BGB ausser Betracht bleiben oder berücksichtigt werden. Nach 2307 I 2 steht dem pflichtteilsberechtigten Vermächtnisnehmer ein Pflichtteil im Falle der Annahme des Vermächtnisses nur insoweit zu, als der Wert des Vermächtnisses hinter dem Wert des Pflichtteils zurückbleibt. Bei diesem Wertvergleich bleiben die angeordneten Beschränkungen und Beschwerungen des Vermächtnisnehmers kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung ausser Betracht. Nach dem Referentenentwurf war noch unklar, ob nach dem Wortlaut der neuen Vorschrift bei der Berechnung eines Zusatzpflichtteils nach 2305 BGB Beschränkungen und Beschwerungen i.s. des 2306 BGB außer Betracht bleiben oder berücksichtigt werden. Der Regierungsentwurf hat die im Vorfeld geäusserte Kritik berücksichtigt. Dem 2305 BGB soll folgender Satz angefügt werden: Bei der Berechnung des Wertes bleiben Beschränkungen und Beschwerungen der in 2306 bezeichneten Art außer Betracht. Somit ist nach dem Regierungsentwurf klar, dass der Pflichtteilsberechtigte seinen Erbteil betreffende Beschränkungen und Beschwerungen voll tragen muss, wenn er diesen nicht ausschlägt. Bei der Berechnung eines Zusatzpflichtteils nach 2305 BGB-RegE werden diese bestehen bleibenden Beschränkungen und Beschwerungen nicht berücksichtigt. 24