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Transkript:

Eisen für Millionen? Ein Schweizer Hausarzt stellt einen Laborwert in Frage und schafft dadurch die Möglichkeit, Millionen Leidenden zu helfen/ Gespräch mit Dr. med. Beat Schaub, Binningen, über eine von ihm entdeckte Mangelkrankheit Unsere Gesellschaft hat sich längst daran gewöhnt, in hierarchischen Strukturen zu leben. Dennoch oder gerade deshalb empfinden wir es hoffnungsvoll und erfrischend, wenn Initiativen für Veränderungen von der Basis ausgehen. Demokratie von unten. Kirche von unten. Nun auch Medizin von unten. Sofern man darunter versteht, dass nicht nur an Universitäten und Instituten medizinisches Wissen geboren werden kann. Was, wenn in einer kleinen Hausarztpraxis Erkenntnisse gewonnen werden, die professoral bestimmte Laborwerte wackeln lassen? Um einen solchen Fall scheint es sich bei der Definition eines neuen Krankheitsbildes, des Eisenmangelsyndroms, zu handeln. PROVOkant: Herr Dr. Schaub, Sie haben vor kurzem die zweite Auflage eines kleinen Büchleins herausgebracht. Darin berichten Sie von Ihren Forschungen zu einem Krankheitsbild, das so noch nicht im Pschyrembel, dem großen Medizinischen Wörterbuch steht. Worum handelt es sich genau? Dr. Schaub: Sie haben Recht. Im Pschyrembel finden Sie, wenn Sie eine Eisenmangelkrankheit suchen, nur die Anämie, eine Blutarmut, die auf einem Defizit von Hämoglobin beruht. Wir haben aber herausgefunden, dass erheblich mehr Krankheitssymptome durch Eisenmangel hervorgerufen werden können. Wir sprechen deshalb vom Eisenmangelsyndrom. Und das kann schon vorliegen, wenn sich der entsprechende Laborwert des Betreffenden noch völlig in der Norm bewegt. Doch diese Norm stimmt nicht! Sie ist von der Schulmedizin nur so festgelegt worden. Man hat es nicht anders gewusst. Wenn sich aber jetzt neue Erkenntnisse aufdrängen, muss das unbedingt geändert werden. Welche Symptome außer der Blutarmut werden denn noch durch Eisendefizit verursacht? Nach heutigem Erfahrungsstand mindestens folgende: Erschöpfungszustände, das so genannte

2 Burn-out-Syndrom, depressive Verstimmungen, Migräne, Schlafstörungen, Kopf- und Nackenschmerzen, Konzentrationsstörungen, Schwindel, die Zappelei der Ritalin-Kinder, aber in eini gen Fällen auch Haarausfall, Fibromyalgie und sogar Reizdarm. Und wodurch haben Sie das herausgefunden? Im Wesentlichen durch intensive Aufmerksamkeit im Behandlungsalltag. Wenn ein Patient unter Migräne leidet, und Eisen hilft ihm, dann darf man doch vermuten, dass er Eisen brauchte und zu wenig davon im Körper hatte. Und wenn er dann noch beichtet, dass er nun auch viel besser schlafen könne, dann sollte man doch einen möglichen Zusammenhang auch damit nicht ü- bersehen. Also war Ihre Entdeckung mehr ein Zufall? Ja und nein. Vielleicht geschah es zufällig, dass sich eine Gruppe von Basler Ärztinnen und Ärzten, darunter auch ich, vor Jahren ausgerechnet mit dem Thema Müdigkeit und Erschöpfung beschäftigte. Wir haben damals aufgelistet, was man bei einem daran leidenden Patienten alles abklären müsste, um an die Ursachen zu kommen. Und da stießen wir auch auf die theoretische Möglichkeit des Eisenmangels. Später habe ich das zwar intuitiv, aber doch sehr bewusst wieder aufgegriffen. Und da fand ich tatsächlich einen Kausalzusammenhang. Eine spezielle Software erlaubte es mir nämlich mittlerweile, ziemlich exakt, Korrelationen zwischen ganz bestimmten Laborwerten und den verschiedensten Befindlichkeiten auszuweisen. So auch zwischen Eisenwert und Erschöpfung, Migräne usw.? Genau. Es stellte sich heraus, dass bei all den genannten Krankheitsbildern der Laborwert für Ferritin, das ist das Speichereisen, in der Regel unter 100 Nanogramm pro Milliliter Blut lag, oder aber nur wenig darüber. Und welche Werte begrenzen den bisher gültigen Normbereich? Sie werden von den verschiedenen Universitäten leider auch verschieden definiert. Im Mittel liegt

3 dieser Bereich zwischen 20 und 200. Allein diese gewaltige Spanne zeigt schon, wie bedenklich die bisher getroffenen Festlegungen sind. Man ließ sich bei ihnen offensichtlich davon leiten, dass bei sehr vielen Menschen, vor allem aber bei Frauen, der Wert nur wenig über 20 liegt, dabei aber meist keine Anämie auftritt. Ein verhängnisvoller Kurzschluss: Keine Anämie, kein Eisenmangel, keine Eisentherapie. Aber wenn, wie Sie herausgefunden haben, bei einem Wert zwischen 20 und 100 bereits Krankheitszeichen auftreten, wieso kommt es dann nicht auch zu einer Blutarmut? Weil unser Körper sehr klug ist. Er gibt uns zwar mit allerhand Beschwerden ein deutliches Signal für ein Defizit, aber mit den Beständen, die er eben noch hat, sichert er zunächst das Wichtigste ab: die Atmung, genauer den Transport des Sauerstoffs mit Hilfe der Eisenverbindung Hämoglobin, des roten Blutfarbstoffs. Erst wenn auch diese Reserven zur Neige gehen, alarmiert er auch mit Anämie. Zu diesem Zeitpunkt sind jedoch längst andere wichtige Körperfunktionen in Mitleidenschaft gezogen. Was sich z. B. in Erschöpfung, Schlafstörungen oder Kopfschmerzen zeigt? So ist es. Und wir können diese Erscheinungen in den meisten Fällen durchaus vermeiden oder beseitigen, wenn wir die Eisenspeicher wieder füllen. Wenn die Schulmedizin bisher bei den von Ihnen genannten Krankheitsbildern keinen Zusammenhang mit einem Eisendefizit sieht, wie therapiert sie diese dann? In der Regel mit Medikamenten, die die Symptome unterdrücken. So verordnet man zum Beispiel Schmerz- und Schlafmittel. Man gibt Antidepressiva oder - bei hyperaktiven Kindern - Ritalin. Behutsamere Ärzte wählen auch Physiotherapien wie Massagen, Bäder oder Gymnastik. Oder sie versuchen es mit komplementären Therapiemethoden, die Erfahrungsgemäß bei Eisenmangel nur selten wirksam sind. Sind sie in diesen Fällen grundsätzlich gegen Medikamente?

4 Nein, durchaus nicht. Aber man muss Prioritäten setzen und nicht den zweiten oder dritten Schritt vor dem ersten tun. Um ein Bild zu gebrauchen: Wenn eine Pflanze krankt weil sie unter Wassermangel leidet, dann nützen ihr Schädlingsbekämpfungsmittel zunächst gar nichts. Da muss ich ihr erst mal ausreichend Wasser geben. Vielleicht hat sie dann wieder genügend eigene Kraft, mit Schädlingen fertig zu werden. Wenn nicht, bleibt immer noch die Chemie. Beim Zappel-Philip ist es ähnlich. Eine amerikanische Studie besagt, dass 84 Prozent der Ritalin-Kinder an Eisenmangel leiden. Da drängt es sich doch geradezu auf, zunächst die Speicher aufzufüllen. Wir haben das in solchen Fällen mit sehr gutem Erfolg getan. Es ist aber nichts Neues, dass Ärzte einen Eisenmangel feststellen und deshalb Eisentabletten verschreiben. Richtig. Damit habe ich auch angefangen. Ganz getreu der Lehrmeinung. Aber bei Tablettengaben lässt doch eine Wirkung viel zu lange auf sich warten, mindestens einige Monate. Manchmal dauert es sogar Jahre, bevor sich überhaupt ein Effekt zeigt, und der ist meist nicht der Rede wert. Der Körper nimmt nämlich das Eisen in dieser Form nur sehr schlecht auf. Zudem zwingen oft beachtliche Nebenwirkungen, z. B. auf den Magen-Darm-Trakt, dazu, diese Therapie abzubrechen. Deshalb habe ich eines Tages versucht, es lieber zu spritzen, später auch zu infundieren. Die Unterschiede in der Wirkung waren wie Tag und Nacht! War das nicht sehr riskant? Natürlich habe ich mich erst sachkundig gemacht, u. a. bei den Universitätsspitälern in Basel und Zürich. Von dort wurde mir aber bestätigt, dass Infusionen von Eisensaccharose, wenn sie sachgemäß erfolgen, völlig unbedenklich sind. Heißt das, jeder Arzt kann diese Therapie anbieten? Sagen wir lieber: Jeder kann sich dafür sachkundig machen. Wir haben zu diesem Zweck ein computer- und internetgestütztes Therapieprogramm entwickelt. Es berücksichtigt neben dem Ferritinwert noch fünf weitere individuelle Variablen. Auf dieser Basis und mit Hilfe eines Internetkal-

5 kulators können wir die Infusionsgaben ganz individuell und zudem sehr genau berechnen. Zunächst für die schnelle Aufsättigung und später für die Erhaltung. Inzwischen haben wir unser Know-how an 28 Arztpraxen und Kliniken weitergegeben. Wir nennen sie Eisenzentren. In der Schweiz gibt es davon bereits 20, in Deutschland 8. Und in allen diesen Zentren werden die gleichen Therapieerfolge erzielt? Allem Anschein nach ja, obwohl die entsprechende Dokumentation nicht überall gleichermaßen intensiv erfolgt. Wo es hinreichend gut dokumentiert wird, zeigt sich in der Regel eine Erfolgsquote von 80 Prozent. Heißt das, die Kranken werden immer nur zu vier Fünfteln geheilt? Nein. Das heißt: Von den Patienten, die mit den in Rede stehenden Symptomen zu uns kommen, sind 80 Prozent meist schon nach vier Wochen beschwerdefrei oder fühlen sich zumindest deutlich besser. Zudem ist in den meisten Fällen keine Folgebehandlung mehr nötig. Bei den verbleibenden 20 Prozent hat es leider nicht geklappt. Da muss es andere Ursachen geben. Allerdings: Wessen Eisenspeicher gefüllt ist, der spricht generell auf Therapien besser an, da seine Regenerationskraft größer ist. In Ihrem Buch Lebendige Frauen schreiben Sie, das weibliche Geschlecht sei besonders von Eisenmangel betroffen. Das ist statistisch erwiesen und liegt vor allem daran: Frauen verlieren, beginnend mit der ersten Regelblutung bis hin zum Klimakterium, sehr viel Blut und damit natürlich auch Eisen. Man hat ausgerechnet, dass sie im Laufe ihres Lebens zusammengenommen rund 5 bis 10 Jahre bluten. Und die meisten von ihnen können das ihnen dabei verlustig gehende Eisen über die Nahrung nicht wieder ausgleichen. Oft steigt der viel zu tiefe Ferritinwert erst nach der Menopause wieder, und auch dann nicht immer ausreichend. Sind folglich die Männer besser dran?

6 In diesem Punkte auf jeden Fall, aber wir haben selbst in ihren Reihen Eisenmangel und entsprechende Symptome, vor allem bei den Älteren, aber auch, wie ich bereits andeutete, bei Kindern. Nach unseren Recherchen bilden all die Symptome, die zu vier Fünfteln von Eisenmangel verursacht werden, in der Summe die häufigste Krankheit überhaupt. Weltweit sind nach Schätzungen verschiedener Universitäten zwischen zwei und vier Milliarden davon betroffen. Allein in der Schweiz etwa eine Million. Ich stütze mich bei meinen Zahlen zum Beispiel auf die Aussagen von Professor Schäfer, Universität Münster, die er auf unserem ersten Basler Eisensymposium im Jahre 2006 gemacht hat. Wenn sich Ihre Erfahrungen auf der ganzen Linie bewahrheiten, würde damit eine enorme Verbesserung der Volksgesundheit ermöglicht. Läge das nicht total im Interesse der Krankenkassen und einer richtigen Gesundheitspolitik? Eigentlich ja. Allerdings lässt sich an Medikamenten, mit denen Symptome nur unterdrückt werden, noch immer gut verdienen. Zugegeben, auch die Therapie mit Eiseninfusionen, die an Ursachen rührt, ist nicht ganz billig: Das liegt nicht so sehr an der ärztlichen Leistung als vielmehr am Preis, den man für das bisher am besten geeignete und untersuchte Eisenpräparat zahlen muss. Doch in der Schweiz scheinen die Krankenkassen erkannt zu haben, dass es sich lohnt, kurzfristig etwas mehr Geld auszugeben und dadurch auf lange Frist erhebliche Summen zu sparen. Denn sie übernehmen die Kosten für diese Infusionen. Jedenfalls bis jetzt. Auch dann, wenn der Ferritinwert in der bisher festgelegten Norm liegt? Bei uns ja. In Deutschland hingegen muss man dann, so viel ich weiß, alles selbst bezahlen. Wäre es dann nicht an der Zeit, die Norm zu korrigieren? Und welchen Wert halten Sie für begründet? Es geht vor allem um die untere Grenze, das Minimum: Die dokumentierte Erfahrung besagt: Optimal wäre ein Wert zwischen 100 und 300,

7 und zwar bei Männlein wie Weiblein. Bei Kindern zwischen 100 und 200. Wer könnte das durchsetzen? In erster Linie die Universitäten. Sie haben die bisherigen Richtwerte zu verantworten und wären es Patienten wie Hausärzten eigentlich schuldig, das für richtig Erkannte offiziell zu sanktionieren. Ich glaube, das würde ihnen leichter fallen, wenn sie immer jene Nähe zu den an Eisenmangel leidenden Patienten suchten, wie sie die meisten Hausärzte Tag für Tag haben. Herr Dr. Schaub, wir danken Ihnen für das Gespräch. Biographisches Der Internist Dr. med. Beat Schaub, geboren 1956 in St. Gallen, Schweiz, studierte in Basel Medizin. Nach dem Examen absolvierte er ein Zusatzstudium der Homöopathie an der Universität Freiburg i. Br. Neun Dienstjahre im Spital u. a. in einer Rheumaklinik und einer Klinik für Psychosomatik sowie im Gerichtsärztlichen Dienst beendete er mit der Entscheidung gegen eine Krankenhaus-Laufbahn. Er eröffnete eine Praxis als Hausarzt in Binningen bei Basel. Hier behandelt er seine Patienten sowohl schulals auch komplementärmedizinisch und engagiert sich u. a. mit einer Stiftung für die vorurteilslose Nutzung aller Heilkünste, ein Anliegen, das er auch in seinem Buch Schulmedizin in der Sackgasse? vertritt. Sein zweites Buch Lebendige Frauen. Hundert Jahre Irrtum beschäftigt sich eingehend mit dem von ihm entdeckten Eisenmangelsyndrom.